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Sonntag, 14. März 2021

Berlinprojekt: Online-Gottesdienst mit Abendmahl

Was macht eigentlich das Berlinprojekt im Kino Babylon während Corona? Heute habe ich mir den Online-Gottesdienst angeschaut.


Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) der sonst so angesagten Gemeinden der Stadt ist erstaunlich schwach. Als eine der ersten Gemeinden tauchte das Berlinprojekt auf Seite 2 der Suchergebnisse auf. Beginn sollte 11 Uhr sein. Eine sehr angenehme Zeit. Gut auch, dass der Gast nicht mit Zoom-Logins gegängelt wird, sondern sich in einen Livestream auf YouTube einklinken kann. Diese Anonymität entspricht den endemischen Bedürfnissen eines Städters und dem Stil des Berlinprojektes.

Das Berlinprojekt gehört zum Bund Freier evangelischer Gemeinden (FEG) und repräsentiert den kontemporären Sektor dieses Gemeindeverbandes. Schon der Ort der Gottesdienste kommt der Gesellschaft sehr entgegen: Kino Babylon in der Nähe des Alexanderplatzes. Während Corona dient das Kino lediglich als Bühne für die live übertragenen Gottesdienste. Wohl dem Kinobetreiber, der zurzeit solche Mieter hat. Entsprechend gut sah auch das eingefangene Bild aus: dunkelblauer Vorhang, goldene Zierleisten, orange Vase, gelbe Blumen, rote Pullover, schwarzes Klavier - alles farblich perfekt aufeinander abgestimmt und treffsicher ausgeleuchtet. Es gab mehrere Kamerapositionen. Die Liedtexte und Bibelverse wurden eingeblendet.

Den Rahmen bildete ein kleines Konzert von e.no - nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen Energielieferanten. Der Rest wurde vom Berlinprojekt-eigenen Lobpreisteam auf Deutsch vorgetragen. Es gab diverse Ansagen, Gebete und eine Bibellesung. Dann folgte eine längere Predigt, die in die Serie "Barmherzigkeit - Achtsam werden" eingebettet war. Für den Erstbesucher wäre eine Vorstellung der Akteure - insbesondere des Predigenden - hilfreich gewesen. Wer liest schon die Videobeschreibung bei YouTube? Dort stand der Name: Lorenz Timnik. Er sprach über die Speisung der 5.000 und teilte die Predigt dazu in drei interessante Punkte ein. Es ging um die Überforderung der Jünger, das Entgegenkommen von Jesus und die Arbeitsteilung zwischen Gott und uns. Seine Beispiele harmonierten mit dem Alltag eines Berliners. Seine Wortwahl traf die Generation zwischen 20 und 50.

Etwas ungewöhnlich für einen Online-Gottesdienst war das Abendmahl. Es lief in der gewohnten Form ab: mit Einleitung, Gebet, Brot zerbrechen und Kelch hochhalten. Das wäre der Moment gewesen, an dem die Zuschauer in die eigene Küche hätten eilen müssen, so sie Brot und Wein/Traubensaft nicht schon bereitgestellt hatten. Regelmäßige Besucher des Berlinprojektes waren sicher schon um 11 Uhr auf diesen Teil der Liturgie  vorbereitet.

Es folgten weitere Lobpreislieder und ein Abschlussstück von e.no. Beim Ausklang des Gottesdienstes waren immer noch knapp 60 Zuschauer im Livestream. Da gestreamte Videos bei YouTube dauerhaft gespeichert werden können, besteht die Möglichkeit zum zeitversetzten Ansehen. Inzwischen ist die Zahl der Interessenten schon auf 161 angewachsen und wird in den nächsten Tagen wohl die übliche Marke von 400 Zuschauern überschreiten.

Montag, 16. Dezember 2019

Saddleback Berlin - Nachruf auf Dave Schnitter

Dave Schnitter war ein wichtiger Teil des Gründungsteams von Saddleback Berlin. Mitte Dezember 2019 hat Dave Schnitter recht kurzfristig seine Gemeinde verlassen. Ein kurzer Nachruf:



Eigentlich heißt er David. Weil Englisch modern ist, hatte er sich in Dave umbenannt - gesprochen "dejff". Australier sprechen sogar von Daiff - ausgesprochen wie das Adjektiv "steif". Steif ist Daiff so gar nicht. Dave ist der gechillteste Pastor, der mir je begegnet ist. Ein Hipster vor dem Herrn. Er ist musikalisch begabt, hat Humor, ist integrativ und kommunikativ.

Dave war ein wichtiger Teil des Gesamtpaketes Saddleback Berlin. Das Gesamtpaket bestand aus drei Komponenten: dem Ruhepol Dave, dem professionellen Lobpreis und den alltagstauglichen Predigten von Rick Warren. Dieses Gesamtpaket hatte die Bedürfnisse unserer Familie bedient, nachdem wir uns zwei Jahre lang in der christlichen Szene Berlins umgeschaut hatten.

Und dann war Dave plötzlich weg. Ende November hatte die Gemeinde offiziell erfahren, dass Dave geht: Mitte Dezember - also noch vor Weihnachten. Bei Amerikanern werden solche Dinge wohl immer sehr schnell durchgezogen. Hire and Fire nennt man das. Saddleback Berlin ist eben doch nur ein Franchise-Projekt der amerikanischen Muttergemeinde. Dave war bei den Nazarenern als Predigtpastor ausgebildet worden, durfte aber bei Saddleback nur Lobpreis und das Drumherum machen. Er wollte endlich wieder predigen. Das hätte jedoch dem Schwergewicht Rick Warren den Sendeplatz streitig gemacht.

Dave ist nun bei Mosaik. Dort erhofft er sich ein Comeback als Prediger. Laut Webseite gibt es dort jedoch nur einen Akteur: Gründungspastor Neville Johnes. Mosaik ist ein Sammelbecken von Christen, die bei anderen coolen Gemeinden wie ICF, Hillsong, Berlin-Projekt oder Saddleback ausgestiegen waren.

Die Erfahrung zeigt, dass der Weggang einer so wichtigen Komponente wie Dave Schnitter eine Sogwirkung erzeugt. Bisher ist davon noch nicht so viel zu merken. Die ersten Bekannten sind ihm jedoch schon gefolgt. Andere liebäugeln mit einem Sondierungsbesuch bei Mosaik. Letzteres sollte in gut geplanten Etappen geschehen, da die Räume schon vor drei Jahren ihre Kapazitätsgrenze erreicht hatten.

In unserer Familienkonferenz haben wir entschieden, dass wir uns zukünftig wieder verschiedene Gemeinden der Stadt anschauen. Ob es für uns noch einmal so ein passendes Gesamtpaket wie  Saddleback Berlin geben wird, ist fraglich.

Mittwoch, 30. Oktober 2019

KCF 21 - Kongress Christlicher Führungskräfte findet 2021 in Berlin statt

Vom 11. bis 13. Februar 2021 soll in Berlin der Kongress Christlicher Führungskräfte (KCF) stattfinden. Gestern gab es ein Treffen für Multiplikatoren im Estrel an der Sonnenallee.



Das Treffen der Multiplikatoren lief auf einem unerwartet hohen professionellen Niveau.

Aus Erfahrung mit ähnlichen Veranstaltungen hatte ich erwartet, dass man sich in einem muffigen Nebengelass des Hotels zusammensetzt: dicker Teppich, schwere und ermüdende Luft, große Teeauswahl, eine stets leere Kaffeemaschine und vier Stunden zähes Ringen um Inhalte des zukünftigen Kongresses. Am Ende noch die Verteilung sämtlicher Aufgaben an Personen, die im Neinsagen nicht geübt sind.

Ganz anders der gestrige Abend: Es stand ein heller großer Saal zur Verfügung mit bequemen Stühlen und einer ausgesprochen guten Klimatisierung. Es gab Kaltgetränke und zwischendurch sogar ein hotelgerechtes Buffet. Die musikalische Begleitung wurde durch Martin Pepper höchst persönlich gestellt.

Anwesend waren etwa 70 Personen aus der christlichen Szene Berlins: Unternehmer, Leiter von Werken, Pastoren und sonstige Führungskräfte. Es war ein bunter Mix aus Personen, die einem regelmäßig begegnen, wenn es um ein Reich Gottes geht, das über den Tellerrand der eigenen Gemeinde hinaus gedacht ist.

Da ich selbst noch nie an einem KCF teilgenommen hatte, interessierten mich die Statements ehemaliger Kongressbesucher und die Vorschau auf die Themen des KCF 21. Ziele sind Vernetzung, Ermutigung und Coaching von Christen in Führungspositionen sowie ein Marktplatz zum Knüpfen neuer Geschäfts- und Beschäftigungsbeziehungen. Auch Pastoren zeigten sich gestern interessiert an der Gewinnung kompetenter Gemeindemitglieder.

In den vergangenen Jahren sei das Angebot von Privatcoaching sehr gut angekommen. Das wolle man 2021 in verstärktem Maße anbieten. Verantwortungsträger können dann endlich mal in einem geschützten und professionellen Rahmen ihr Herz ausschütten. Für Familienunternehmer wird es ebenfalls einen exklusiven Rahmen ohne externe Ohren geben, in dem sie sich über ihre Höhen und Tiefen austauschen können.

Für Young Professionals wird es einen Sonderpreis von 98 Euro geben. Alle anderen zahlen Preise oberhalb 300 Euro. Da sich der Mythos Fachkräftemangel nachhaltig in den Köpfen festgesetzt hat, sind Young Professionals gern gesehene Teilnehmer, die jedoch oftmals eines Sponsorings bedürfen. Es kann pauschal gesponsert werden. Die Tickets werden dann vom Kongressbüro an die ambitionierten Berufseinsteiger zugewiesen.

Inklusive der Referenten der Hauptvorträge klang alles sehr interessant. Am Ende des Meetings kamen jedoch Ambitionen auf, es allen Berlinern irgendwie recht machen zu wollen. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Ambitionen auf die geplante "Berlin-Insel" im Ausstellungsbereich beschränken. Der Ausstellungsbereich bietet übrigens Platz für 200 Stände.

Konzept, Kongressteam und Location lassen schon jetzt auf eine Veranstaltung schließen, die ihren Eintrittspreis wert sein wird.

Sonntag, 6. Januar 2019

20*C+M+B+19 und der Segen für die Bundesregierung

Auch 2019 sind wieder die Sternsinger unterwegs. Kinder aus dem Bistum Trier besuchten heute den Bundespräsidenten im Schloss Bellevue.



Das Sternsingen startete bereits am 28. Dezember. Traditionell wird jedoch erst am 6. Januar der Bundespräsident besucht. Damit beginnt die offizielle Segnung der Bundesregierung zum Neuen Jahr. Die Tür am Schloss war bereits gesäubert worden. 20*C+M+B+18 hatte Wind und Wetter überdauert und konnte noch bei den letzten Anlässen des Jahres 2018 an der Eingangstür gelesen werden. Nun war Platz für Neues.

Die Kinder aus dem Bistum Trier waren sehr fit mit Texten, Gesang und der Schreibweise des CMB. CMB steht für Christus Mansionem Benedicat und bedeutet, dass Christus die Wohnung/Herberge segnen solle. Die Schreibweise ist etwas kompliziert, ergibt sich aber aus dem Leben von Jesus. Zwischen die Jahreszahl wird zunächst ein Stern als Erinnerung an den Stern von Bethlehem gesetzt. Dann folgen das C und das M und das B sowie der Rest der neuen Jahreszahl - alles getrennt mit drei Kreuzen, die die drei Kreuze von Golgatha symbolisieren: 20*C+M+B+19.

20*C+M+B+19 Sternsinger Bistum Trier Schloss Bellevue Bundespräsident
20*C+M+B+19 Sternsinger aus dem Bistum Trier im Schloss Bellevue
Das Sternsingen setzt auf den "Magiern aus dem Orient" (Matthäus 2) auf. Diese wurden im Laufe der Kirchengeschichte in drei Könige umfunktioniert. Gemäß der Geschenke, die sie für Jesus mitgebracht hatten, bekamen sie dann noch die Namen Caspar, Melchior und Balthasar. Deshalb kleiden sich die Kinder in Samt und Zobelersatz. Auf den Köpfen tragen sie glänzende goldene Kronen. Das passt ja zum Schloss. Wer etwas spendet, bekommt den CMB-Segen an die Tür geschrieben.

Mit den Spendeneinnahmen, die sich in diesem Jahr auf knapp 50 Millionen Euro belaufen, werden 1.436 Projekte in 108 Ländern unterstützt. Fokus der Sternsinger aus Trier lag auf einem Hilfsprojekt für Kinder mit Behinderungen in Peru. Auch der Bundespräsident legte eine Spende ein. Zu diesem Zweck hatte ein Mädchen mit Königskostüm eine kleine goldene Schatztruhe umzuhängen.

Die Sternsinger binden regelmäßig Kinder mit Einschränkungen oder Down Syndrom in die Vorführungen ein. Im Schloss Bellevue wird das mit Wohlwollen aufgenommen. Der Bundespräsident ist nicht nur Mitglied einer sich als sozial bezeichnenden Partei, er lebt auch aktiv christliche Nächstenliebe und Fürsorge für Benachteiligte. Davon konnten wir uns kurz vor Weihnachten in der Wärmestube der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg überzeugen. Dort hatte er das protokollarische Timing um 20 Minuten überzogen, da er mit den Gästen der Wärmestube - zumeist Obdachlose - ins Plaudern geraten war.

Der königliche Besuch im Schloss zeigt aber auch, dass unsere Politiker Segen und Gebet brauchen. Das 20*C+M+B+19 an der Tür erinnert das ganze Jahr daran, immer mal wieder ein Gebet in die Führungsetagen der deutschen Politik zu senden. Morgen werden Sternsinger aus 27 Diözesen im Kanzleramt erscheinen. Am Dienstag besuchen Sternsinger aus ganz Europa das EU-Parlament in Brüssel. Fehlt jetzt nur noch eine weltweite Aktion mit Besuch bei der UNO.

Sonntag, 16. Dezember 2018

Band of Brothers and Sisters in Spandau

"Band of Brothers and Sisters" ist eine neue übergemeindliche Initiative in Berlin. Gestern besuchte ich die Dezember18-Konferenz der "Band of Brother and Sisters" in Spandau.



Wer "Band of Brothers and Sisters" hört, könnte sogleich an einen Gospelchor denken. Tatsächlich hat diese Band etwas mit Gospel (Gute Nachricht, Evangelium) zu tun. Allerdings ist die Band im Sinne von Team zu verstehen, als ein "Team von Brüdern und Schwestern".

Am Freitag startete in Spandau die Dezember18-Konferenz der "Brothers and Sisters". Es begann mit einem Abend des Kennenlernens, mit Lobpreis und Gebet. Es war auch eine Abordnung aus Süddeutschland angereist. Das relativ locker organisierte Treffen wurde von Dirk Koeppe einberufen. Dirk Koeppe ist Pastor in der LKG Westend.

Termine und der Weg nach Spandau

Wegen vorweihnachtlicher Terminüberschneidungen und des langen Weges nach Spandau hatte ich den gestrigen Vormittag für die Konferenz eingeplant. Ich hatte keine konkrete Vorstellung, was mich erwarten werde. Mehrere Vorträge zu interessanten Leitungsthemen standen auf dem Programm. Nachdem ich den Wagen auf dem Gelände abgestellt hatte, begegnete ich sogleich einer Frau aus Süddeutschland. Sehr freundlich. Begrüßung mit Vornamen.

Freundlich und mit Vornamen ging es auch im Saal weiter. Nur Dirk Koeppe war mir bekannt, obwohl ich ihn auch nur einmal kurz bei einer Allianz-Veranstaltung getroffen hatte. Egal, so viele neue Gesichter und dazu die Namen. Wie merkt man sich das nur? Joachim, Günther, Peter. Dann schneite Detlef Czech herein. Noch ein Bekannter. Es wurde immer voller und kurz vor Beginn erschien Swen Schönheit.

Wir waren schätzungsweise 25 Männer und Frauen aus sämtlichen Generationen mit einem Durchschnittsalter von 50. Die administrative Zusammensetzung war sehr heterogen. Geistliche Leiter wie Swen Schönheit, Pastoren wie Dirk Koeppe, Otto Normalchristen und Freelancer wie Detlef Czech saßen in Harmonie nebeneinander. Uns alle verband ein Gedanke: Lasst uns das Reich Gottes - den Einflussbereich von Jesus - in Berlin und Brandenburg ausweiten!

Impulsvorträge mit Inhalt

Dirk Koeppe berichtete sehr offen von seinem pastoralen Werdegang, den Höhen und Tiefen von Gemeindeentwicklung und seinem Wunsch, noch effizienter die Menschen in der Stadt mit Jesus bekannt zu machen. Dem schloss sich Swen Schönheit an. Er zeigte jede Menge Folien zur Illustration seiner Ausführungen. Ich war fasziniert über seine Sprachgewandtheit und die Ehrlichkeit, mit der er seine jeweilige Situation reflektierte. So ließ er sich nicht von einer gut gefüllten und quantitativ wachsenden Gemeinde blenden, sondern suchte Tiefe und förderte gezielt Leiter, die diese Tiefe weitertransportieren konnten. Inzwischen engagiert er sich bei der GGE, der Geistlichen Gemeindeerneuerung in der evangelischen Kirche.

GGE passte sehr gut zu dieser Konferenz. Prophetische Eindrücke, kräftiger Lobpreis und intensives Gebet bildeten den Rahmen für die Vorträge und Fragerunden. Die Referenten standen für einen Dialog mit dem Publikum zur Verfügung und hatten dabei alle Zeit, die sie brauchten.

Es folgte Detlef Czech. Sein Arbeitsgerät war das Flipchart. Er untermalte seine Ausführungen per Edding. Als erklärter Out-of-the-Box-Denker nahm er uns in seine Erfolge und Konflikte hinein, schilderte seinen Werdegang als Gemeindegründer und geistlichen Freelancer, der sein Ohr am Geist Gottes hat und dann auch mal sehr unkonventionelle Wege beschreitet. Wir stellten in der begleitenden Diskussion fest, dass es gar nicht so einfach ist, normgebundenes Denken abzulegen. Detlef Czech stellte auch heraus, dass Gebete am Bedürfnis und nicht am Wunsch orientiert sein sollten.

Schwerwiegende Impulse

In nur wenigen Stunden hatte ich einige schwerwiegende Impulse aufgenommen: Die Theologen waren sich einig, dass im Judentum - also sämtlichen Texten der Bibel - gefragt wird, statt zu vermuten und anzuklagen. Als Softwareentwickler berechne ich einfach selbst viele Situationen voraus und stelle generell zu wenige Fragen. Das ist ein Defizit, das ich schon seit einiger Zeit an meine journalistischen Coaches herantrage.

Selbsterkenntnis und Selbstoptimierung seien die initialen Voraussetzungen für den weiteren Erfolg im Reich Gottes. Daraus kann das Gebet um Gleichgesinnte folgen und daraus das Treffen mit diesen. Wir waren uns einig, dass das Reich Gottes nicht über Gemeindeprogramme gebaut wird, sondern über persönliche, ehrliche Beziehungen, die ein konkretes Wachstum in der Beziehung zu Jesus fördern. Swen Schönheit ging sogar so weit, dass eine auf Aktionismus gebaute Gemeinde auf Sand gebaut sei. Aktion kann immer nur die Folge von Vision und Mission sein, aber nie der Beginn, auch wenn die Aktion erst einmal erfolgreich scheint.

In der Pause diskutierten die Anwesenden in kleinen Grüppchen weiter. Peter Ischka bot Bücher und Z-Magazine an. Kekse und Salzstangen wurden geknabbert. Ich machte mich auf den Weg zu meiner Familie. Sie waren ins Umland zu einem Weihnachtsmarkt gefahren. Vorweihnachtliche Terminüberschneidung eben.

Freitag, 30. November 2018

Weihnachtsverspannungen und die Familien-Chronik

Christbaumschmuck eignet sich offensichtlich auch zum Sammeln. So hat das Deutsche Historische Museum (DHM) heute eine Sonderausstellung zu diesem Thema eröffnet. Ich habe am Presserundgang teilgenommen.


In der christlichen Szene ist die Nutzung des Weihnachtsbaumes umstritten. Besonders "rechtgläubige" Christen lehnen ihn als heidnisches Symbol ab. Schließlich werde auch in der Bibel nichts vom Weihnachtsbaum berichtet, ganz abgesehen von der Datierung der Geburt Jesu. Alles nur kirchengeschichtliches Beiwerk, das sich irgendwelche Prälaten zur Verweltlichung geistlicher Themen ausgedacht haben.

Die gestern im DHM eröffnete Sonderausstellung zum Christbaumschmuck aus zwei Jahrhunderten konnte die Frage nach dem Ursprung der Weihnachtsbaum-Tradition nicht erschöpfend klären. Fakt ist jedoch, dass der Baum um diese Jahreszeit in vielen Kulturen genutzt wird. So zeigt die Ausstellung eine sehr ambivalente Vermischung religiöser und ethnischer Baum-Behänge.

Christbaumschmuck DHM Deutsches Historisches Museum Sonderausstellung
Christbaumschmuck im Deutschen Historischen Museum (DHM) - Runen für den Julbaum
Wenn ein einschlägig bekanntes Möbelhaus aus Schweden mit seinen Jul-Wochen und dem Austausch des Weihnachtsbaumes gegen Möbel wirbt, liegt dem das nordische Jul-Fest zugrunde. In einer Vitrine war deshalb auch Jul-Schmuck in Form bunt bemalter Runen zu sehen. Diese hatte ein Mann mit straffer NS-Vergangenheit in Dresden gesammelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren plötzlich einige Teile seiner Biografie verschollen. Nicht so seine Julbaum-Runen. Als Experte für völkisches Denken hatte er damals auch über Runengebäck und ähnliches gelehrt.

In der Nachbarvitrine lag dann auch eine Weihnachtsbaumspitze mit Lametta und Hakenkreuz, dazu ein glitzerndes Hakenkreuz für die Zweige und eine plattgedrückte silberne Weihnachtskugel mit einem geprägten Hakenkreuz. Ein Kameramann ergatterte von einem erhöhten Standpunkt aus ein interessantes Motiv: Hakenkreuz hinter Davidstern. Dieser hing nämlich in den Vitrine gegenüber. Neben dem Davidstern hingen der Felsendom, arabische Behänge, Ikonen und der Chanukkaleuchter, alles im Format unserer bekannten Weihnachtskugeln.

Auf 80m² waren 500 Exponate ausgestellt. Die Hälfte davon waren in die "Weihnachtsverspannung" integriert. Diese Verspannung bildete mit gläsernen Köpfen von Marx und Luther, Krippen, Engeln, Kugeln, Menschen, Fahrzeugen und einem zentral verspannten Handy ein Dreieck, das wohl einen Weihnachtsbaum symbolisieren sollte.

Christbaumschmuck DHM Deutsches Historisches Museum Sonderausstellung
Christbaumschmuck im Deutschen Historischen Museum (DHM) - Generationen gehen dahin und dokumentieren das vor dem Weihnachtsbaum.
Interessant war, dass sich am Weihnachtsbaum so manch eine Familienchronik nachvollziehen ließ. So tauchten die Protagonisten als Babys, als Kinder, als Jugendliche, als Soldat, als Offizier und dann gar nicht mehr auf. Andere Personen waren weiterhin dabei, zeigten aber den üblichen biologischen Verfall, bis sie dann auch von den Fotos vor dem Weihnachtsbaum verschwanden. Auch in unserer Familie gibt es die Tradition dieses Gruppenfotos im engsten Kreise. Daran lässt sich ablesen, wann mein Schwager mal wieder auf Weltreise war, wann er seine Freundin kennengelernt hatte, wann unsere Väter gestorben waren, wie der Stand des Übergewichts war und wer gerade den Friseur besucht hatte.

Die Eröffnung der Ausstellung im DHM war gleichzeitig eine Steilvorlage für das Anschalten des Lichtes am Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue. Jedes Jahr, am Freitag vor dem ersten Advent, lädt der Bundespräsident Grundschüler aus irgendeiner Stadt in Deutschland ein und singt mit ihnen Weihnachtslieder. Anschließend dürfen sie das Licht einschalten und Kakao mit dem Präsidenten trinken. So auch heute, nur dass das Singen wegen des Regens im Schloss statt auf dem Vorplatz stattfand.

Samstag, 10. November 2018

Angst beim Männertag in der EFG Oberkrämer

Beim Männertag in Oberkrämer ging es diesmal um verschiedene Ängste und den Umgang damit. Erstmalig war ich zusammen mit meinem Sohn beim Männertag.



"Fürchte dich nicht", stand in großen Buchstaben auf einem schwarzen Briefumschlag, den wir unter unseren Stühlen hervorziehen konnten. Bis zum Ende des Männertages in der EFG Oberkrämer hatte niemand bemerkt, dass er über einem schwarzen Briefumschlag sitzt. Manchmal klemmt auch Schokolade unter dem Sitz und manchmal auch ein Kaugummi.

Auch mein Sohn bückte sich unter den Stuhl. Mit seinen 15 Jahren war er nun endlich so groß, dass ich ihn mal mit zum Männertag nehmen konnte. Meine Frau hatte das bisher immer blockiert. Während ich zwei Männern aus meiner Ex-Gemeinde noch sagen konnte, sie sollen bitte nicht den Klassiker bringen, sprach es prompt ein anderer Mann aus: "Bist du aber groß geworden". Mein Sohn schaute über mich hinweg und grinste die Männer an. In der JKB Treptow fühlen sie sich seit dem Verlassen unserer Ex-Gemeinde sehr wohl und genießen die abwechslungsreichen Predigten. Sie seien inzwischen in den großen Kinosaal des "Astra" umgezogen.

Der Männertag in Oberkrämer wird seit vielen Jahren thematisch vom Forum Wiedenest begleitet. Diesmal war sogar Ulrich Neuenhausen angereist. Er ist Leiter des Werkes. Wiedenest liegt ganz im Westen in einer Region südlich des Sauerlandes. Echte Berliner wissen wahrscheinlich nicht, wo das Sauerland liegt. Hier ein Tipp für Dortmund-Fans: Das Sauerland liegt südlich von Dortmund und Wiedenest noch etwas südlicher davon.

Aus dieser Region jedenfalls war Uli Neuenhausen angereist. Er machte einen sehr authentischen und alltagsbezogenen Eindruck. Er war kein typischer Kleriker und auch kein Mann, der sich um das Amt des Werksleiters gerissen hätte. Das machte ihn sympathisch und schaffte eine gute Basis zum Zuhören. Das Thema Angst hatte er sich wohl selbst ausgesucht und begründete es damit, dass er mit zunehmendem Alter deutlich mehr Ängste erlebe als früher.

In seinen Vorträgen ging es um verleugnete Angst, wodurch sich der Ängstliche selbst etwas vorlügt und dann eben falsche Entscheidungen trifft. Saul wurde als Beispiel für Fehlentscheidungen durch geleugnete Menschenfurcht zitiert. Die These: Geleugnete Angst macht das Leben zur Lüge.

Petrus diente als Beispiel für Angst, die durch einen Wechsel des Fokus erzeugt wurde. Beim Gehen über das Wasser schaute Petrus plötzlich auf die Umstände, die Wellen, statt auf Jesus. Dabei war Jesus so nah, dass er Petrus greifen und vor dem Ertrinken bewahren konnte. Lähmende Angst also, die entschiedenes Handeln verhindert. Das Wort Entscheidung kam bemerkenswert oft bei Uli Neuenhausen vor. Damit offenbarte er sich selbst als Entscheider. Entscheidungsfähigkeit ist eine sehr wichtige Eigenschaft begabter Leiter.

Das Dritte waren irrationale Ängste. Ängste, die keinen objektiven Bezug zu den tatsächlichen Umständen haben. Der Referent aus Wiedenest sprach viele Ängste quer Beet an, so dass sich letztlich wohl jeder Mann irgendwo getroffen gefühlt haben musste.

Es waren etwa 150 Männer im Saal. In der Küche standen einige Frauen der Gemeinde und kochten unentwegt Kaffee. Sie kümmerten sich auch um das Mittagessen und den Kuchen. Mein Vordermann zeigte die Gänsehaut auf seinem Arm, als die Männerstimmen den Lobpreis in den Gemeinderaum hineinsangen.

Nach dem Mittagessen - Linsensuppe mit Würstchen oder Milchreis mit Kirschen - fanden die üblichen Seminare statt. Eines ging um Mentoring, eines um mutig von Jesus zu erzählen und eines um die Offenbarung, also das finale Buch der Bibel. Die Schnittmenge zwischen meinem Sohn und mir war das Mentoring-Seminar. Es gab zwar auch einen gruppendynamischen Teil, aber die gewohnt gute Verpflegung sorgte für eine Kombination aus Verdauungs- und Mittagsmüdigkeit.

Zum Wachwerden war Matthias Burhenne aus Wiedenest angereist. Er moderierte den letzten Teil des Männertages. Mein Sohn war beeindruckt von dessen professioneller Moderatorenstimme. Die erste Übung zur Überwindung der Mittagsmüdigkeit war ein Spiel mit Lutschern. Wer eine Frage mit Ja beantworten konnte, musste seinen Lutscher an den Fragesteller abgeben. Ich mag keine Lutscher und war deshalb gewollt schnell raus aus dem Spiel. Ein junger Mann hatte 12 Lutscher bekommen. Er hatte immer die gleiche Frage gestellt: "Bist du ein Mann?"

Als es dunkel geworden war, neigte sich auch der Männertag in Oberkrämer seinem Ende entgegen. Es gab noch drei Lieder, Gebetsangebote, eine Kollekte und einen Segen. Dann fuhren die Männer aus Berlin und Umgebung in die Nacht. Ich war erstaunt, dass man auch mit Baustellen-Tempo 40 und 60 zu Hause ankommt.

Montag, 10. September 2018

Evangelische Allianz in Berlin

Die Evangelische Allianz kennt Otto Normalchrist eigentlich nur durch die Einladungen zur Gebetswoche Anfang des Jahres. In der letzten Woche besuchte ich ein Meeting von Verantwortlichen der Region Berlin und war überrascht.



Die Allianz-Gebetswoche gilt als das Flaggschiff der Deutschen Evangelischen Allianz. Grau-weißes Haar, muffige Gemeinderäume, uralte Lieder und Absitzen einer Pflichtveranstaltung sind die Assoziationen, die sich bezüglich der Gebetswoche eingebrannt haben. Die Allianz-Gebetswoche findet immer im Januar statt - oft begleitet von Kälte, Nässe, Schnee.

Entsprechend war auch meine Erwartungshaltung, als ich am Freitag die EFG Tempelhof ansteuerte. Einmal im Jahr trifft sich dort die Evangelische Allianz der Region und beredet die nächsten Aktivitäten. Als ich den Raum betrat, war ich jedoch überrascht:

Überraschung beim Alter

Etwa die Hälfte der Anwesenden war jünger als ich. Dynamische Pastoren aus Pankow, Prenzlberg oder Westend saßen an den Tischen und interessierten sich für eine Durchdringung der Stadt mit christlichen Inhalten. Eine Frau aus Tegel berichtete über das interkonfessionelle Gebet und Gebetskreise am Gymnasium ihrer Tochter. In Berlin gebe es sogar ein Gebetshaus, das 24/7 ausgelastet sei.

Es tut sich also etwas in Berlin. Insbesondere ist eine gravierende Verjüngung der Beter selbst festzustellen. Die jungen Aktivisten interessieren sich nicht mehr für konservierte Formen einer Januar-Gebetswoche, sondern beten, wo und wann es gerade passt. Eine ältere Teilnehmerin hatte sich das Frühgebet von Berufstätigen angeschaut und war beeindruckt über das Aufstehen zu nachtschlafender Zeit und die Intensität der Gebete.

Klimaveränderung in der Großstadt

Wie das Beispiel New York City zeigt, kann gemeinschaftliches Gebet und überkonfessionelles Handeln das Klima einer ganzen Stadt verändern. In New York City wurde klar definiert, dass eine große Stadt viele verschiedene Gemeinden braucht, um viele verschiedene Menschen erreichen zu können. Dort wird Diversität in Einheit gelebt - mit geistlichem Erfolg. Die Evangelische Allianz in Berlin hat auch solch ein Potenzial. Flankiert durch die drastische Verjüngung kann dieses Potenzial zur Entfaltung gebracht werden.

Von einmal pro Woche zu einer Woche pro Jahr

Als die Evangelische Allianz 1846 gegründet wurde, gab es eine Aufbruchsstimmung unter den evangelischen Christen. Die drei wichtigsten Ergebnisse der Gründungskonferenz in London waren das gemeinsame Gebet einmal pro Woche, die aktive Vernetzung von Gemeinden und ein Lebensstil, der Christen in der Gesellschaft sichtbar macht.

Das Gebet pro Woche wurde inzwischen auf eine Woche pro Jahr reduziert. Die anderen beiden Werte werden durch neue Gemeinden in der Stadt disruptiert. Das heißt, neue Gemeinden leben das einfach, während etablierte Gemeinden lieber im eigenen Saft schmoren und mal eben zur Allianz-Gebetswoche auf regionale Einheit machen.

Bei unseren Wanderungen durch die Stadt haben wir mehrere Parallelwelten erlebt, die oft nur wenige Meter voneinander entfernt existieren. Trotz sehr ähnlicher theologischer Prägung, gibt es keine Verzahnung. Dabei könnten Synergien entstehen, die sich positiv auf sämtliche Bereiche auswirken würden.

Gemeinsam

Die Evangelische Allianz in Berlin arbeitet sehr eng mit dem Gemeinsam für Berlin e.V. zusammen. Dieser verfolgt als Nebenschauplatz die gleichen Ziele wie die Allianz und bringt sogar Katholiken, Kopten und Orthodoxe an einen Tisch. Bei EINS sitzen die Christen unterschiedlicher Denominationen nicht nur an einem Tisch. Sie beten auch gemeinsam, haben gemeinsame Andachten und informieren sich gegenseitig über ihre Freuden und Herausforderungen. Daraus kann eine Bewegung entstehen, die tatsächlich die Stadt verändert - positiv wie New York City.

Das Treffen in der EFG Tempelhof war also eine positive Erfahrung mit einer Bewegung, die ich bisher als verstaubt und wenig relevant wahrgenommen hatte. Deshalb nahm ich mir eines der Informationshefte zur "Verantwortung der Christen in Staat und Gesellschaft" mit. Die Evangelische Allianz setzt sich nämlich auch im politischen Umfeld für biblische Werte ein und hat in Uwe Heimowski einen kompetenten Vertreter bei der Bundesregierung.

Die Evangelische Allianz bildet die Schnittmenge aus Christen, die ihre Basis in Jesus und der Bibel sehen und theologische Unterschiede wie das Tauf-Alter, die Form des Abendmahls, die Leitungsstrukturen und andere Sekundärthemen um der Einheit willen außen vor lassen können.

Montag, 3. September 2018

Startup.Life Berlin - Young Professionals treffen sich in der Digital Eatery

Startup.Life ist ein neues Format des Gemeinsam für Berlin e.V. und dient der Vernetzung junger Unternehmer und Führungskräfte aus der christlichen Szene Berlins.



Wer den Titel übersetzen kann, gehört dazu. Alle anderen können hier abbrechen und sich wieder ihren bevorzugten Themen zuwenden. Ich kann den Titel zumindest sinngemäß in Alltagsdeutsch übersetzen. Dennoch gehöre ich nur bedingt dazu. Warum? Mein erstes Start-up liegt 18 Jahre zurück und Young ist auch schon eine Weile her.

Bei Start-ups denkt der Beobachter der Berliner Wirtschaft an Firmen, die im Technologiesektor angesiedelt sind und eine Lebensdauer von maximal drei Jahren haben. Dann kommt entweder die Ernüchterung der Steuernachzahlung oder der Kapitalgeber steigt aus oder die Firma wird an einen Strohmann verkauft. Über 30% der Start-ups überleben tatsächlich die ersten drei Jahre nicht.

Heute Abend fand das erste Treffen - pardon Meeting - der christlichen Start-up-Szene in einer prominenten Location statt: der Digital Eatery in der Straße unter den Linden. Betreiber des digitalen Essens ist Microsoft. Wer hier seinen Cappuccino trinkt, kann hautnah die moderne Work-Life-Balance erleben. Zu Deutsch die Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Privatleben. Eine Bankerin kommentierte kürzlich einen Vortrag zum Arbeitsumfeld der Zukunft mit "Work-Life-Life-Life-Balance" und karikierte damit den eher ungesunden Trend zur spaßbezogenen Arbeitskultur. Studenten hatten dabei die Wünsche ihrer Kommilitonen erfasst und im Berlin Capital Club - gesprochen Börrlinn Käppitell Klapp - präsentiert.

Ich war heute extrem früh in der Digital Eatery und hatte leider mein Smartphone zu Hause in der Steckdose gelassen. Wer die Start-up-Phase überlebt hat, kommt normalerweise auch ohne ständige Erreichbarkeit aus. Hier hätte es aber zum guten Ton gehört und die Wartezeit auf den Beginn sehr gut überbrückt.

Die Damen von Gemeinsam für Berlin und Rainer Schacke vom BIT, dem Berliner Institut für urbane Transformation liefen emsig durch die Eatery und trafen die letzten Absprachen. Immer mehr junge Leute füllten den Raum. Gefühlt 30% waren regelmäßige Besucher von Saddleback. Der Rest verteilte sich auf die anderen Berliner Trendgemeinden wie ICF, Berlin Projekt oder Hillsong. Hinter mir saß Filmemacher Julius Schindler. Auch kein wirklicher Start-up, dafür aber erfahren im Crowd Founding - gesprochen Kraut Faunding. Crowd Founding bedeutet, dass Gelder für ein Projekt über die Crowd - eine Masse von Investoren - aufgebracht werden.

Kurz nach halb acht waren alle Plätze besetzt - sehr zur Freude der Veranstalter. Die Young Professionals waren bei namhaften Firmen wie Zalando tätig oder fühlten sich einfach als Führungskraft. Kaum jemand von denen, die ich im Saal erkannte, war tatsächlich Unternehmer. Ich ließ mich vom Programm überraschen.

Es gab drei kurze Einleitungen und den längeren Impuls-Vortrag einer Brasilianerin, der ich schon mehrfach bei Saddleback begegnet war. Es ging um Venture Capital, Burnout und das konsequente Leben christlicher Werte am Arbeitsplatz. Alle Programmpunkte wurden auf Englisch vorgetragen. Es outete sich niemand, dass er das nicht verstehe. Nur gut, sonst wäre ich für die Simultanübersetzung zuständig gewesen. Also konnte ich mich an der großen Tasse mit Café Americano festhalten und dem Vortrag lauschen. Gegen neun folgten noch drei kurze Elevator Pitches - Kurzvorstellungen von eigenen Angeboten - und dann war Schluss.

Da meine Life-Balance signalisierte, dass ich für heute keine Lust mehr auf Englisch habe, verließ ich relativ schnell die Location. Draußen standen die jungen Führungskräfte und unterhielten sich angeregt über ihre Profession oder andere Dinge. Auch im Saal waren noch viele Gespräche im Gange - alles auf Englisch - selbst unter Deutschen.

Das nächste Treffen von Startup.Life Berlin ist für November geplant. Der Markt für diese berufliche Vernetzung ist auf alle Fälle gegeben. Dass Christen unterschiedlicher Gemeinden auch außerhalb der Gemeinderäume zusammenkommen, ist mir schon lange wichtig. Passt es doch gut zum in New York vorgestellten Modell des Dreibein-Hockers oder den Prinzipien der 97 Prozent.

Montag, 16. April 2018

Heinrich Grüber und der Kirchenkampf der Nachkriegszeit

Und wieder lief mir ein wichtiger Akteur der Bekennenden Kirche über den Weg: Heinrich Grüber. Eher beiläufig erfuhr ich von einer Doktorarbeit über Grübers Wirken nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Ausführungen habe ich dann sogleich gelesen.



Wir genossen die Frühlingssonne, als wir zum Savoy schlenderten. Militärbischof Dr. Sigurd Rink sprach über die Geschichte seines Dienstgebäudes unmittelbar neben dem Bahnhof Zoo. Dort habe auch ReiBi Müller gesessen. Das niedliche ReiBi bedeutet Reichsbischof und war für die Christen der damaligen Zeit gar nicht niedlich. Der ReiBi gehörte den Deutschen Christen (DC) an, über deren Spezifika hier ja in letzter Zeit mehrfach berichtet wurde.

Die gegenüberliegende Bahnhofsmission war eine der Einrichtungen, die nach 1933 zuerst verboten worden war. Ein Zeichen für deren gute Arbeit. Im Gespräch über die DC fielen schnell die Namen Niemöller und Grüber. Eher beiläufig erwähnte der Bischof dazu, dass er seine Doktorarbeit über Heinrich Grüber geschrieben habe.

Schon wieder Grüber

Mir klappte die Kinnlade herunter. Stand doch ein Denkmal von Grüber direkt vor dem CVJM-Haus in Kaulsdorf. Doktor Rink als gebürtiger Hesse hätte doch über sonst welche praxisfernen Themen der Theologie schreiben können, aber ausgerechnet über Heinrich Grüber? Das war so spannend, dass ich nach dem Termin mit einem orangenen Buch und einer persönlichen Widmung das Haus verließ.

Sigurd Rink - Der Bevollmächtigte Probst Grüber und die Regierung der DDR - Doktorarbeit
Sigurd Rink "Der Bevollmächtigte - Probst Grüber und die Regierung der DDR" (Doktorarbeit)
An zwei Arzt-Terminen und einem Wochenende verschlang ich die 246 Seiten der Doktorarbeit. Titel: "Der Bevollmächtigte - Probst Grüber und die Regierung der DDR".

Die Arbeit stellt nicht nur eine fundierte Informationsquelle zu den politischen und kirchlichen Zuständen zwischen 1945 und 1958 dar. Sie zeigt auch sehr deutlich, dass dessen Autor Wert auf allgemeine Verständlichkeit legt. Sobald man sich mit dem Schriftbild angefreundet hat, liest sich das Werk sehr flüssig. In sehr seltenen Fällen werden Fremdwörter, lateinische Begriffe oder Zitate auf Englisch verwendet.

Pragmatiker und Diplomat

Systematisch nähert sich Sigurd Rink den jeweiligen Lebensabschnitten Heinrich Grübers. Dabei werden die politischen Zusammenhänge und Machtgeflechte mit den speziellen Begabungen Grübers in Verbindung gebracht. Heinrich Grüber war theologisch ausgebildet, hatte seinen Schwerpunkt jedoch immer in den sozialen Aspekten des barmherzigen Samariters gesehen. Das Samariter-Gleichnis war die rote Linie in seinen Entscheidungsprozessen und seinem sehr beherzten, schnellen und flexiblen Handeln. Heinrich Grüber war Pragmatiker und diplomatisch gewandt. Heute würde man ihn als Networker, Lobbyisten und Manager bezeichnen.

Grüber, der selbst einige Zeit im KZ gesessen hatte, kam in den 13 Jahren nach dem Krieg faktisch vom Regen in die Traufe. Getrieben vom Samariter-Vorbild kümmerte er sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und Kontakten um eine praktische Linderung der Not in Berlin. Er bewies Fingerspitzengefühl beim Umgang mit der russischen Besatzungsmacht und den Entscheidern beim Magistrat. Er vernetzte Hilfsorganisationen, Kirchenstellen, überkonfessionelle Akteure und Staatssekretäre. Auch international war er bekannt und anerkannt. So konnte er Einiges in Sicht auf die schwierige Versorgung mit Medikamenten und medizinischem Gerät erreichen.

Tatsachen schaffen und Kirche aushungern

Sobald die Seitenzahl dreistellig wurde, konnte ich das Buch kaum noch zur Seite legen. Stalins Tod, der vorauseilende Gehorsam der SED-Führung, die Vorbereitung juristischer Rahmenbedingungen zur Zerstörung der Kirche in Ostdeutschland und deren praktische Anwendung illustrierten einen Teil der Zeitgeschichte, dem ich mich in dieser Intensität und differenzierten Betrachtung noch nie genähert hatte.

Heinrich Grüber zieht sich zwar durch alle Kapitel hindurch, ist aber oftmals gar nicht der Hauptdarsteller. Spannend ist die Interaktion seiner Bezugspersonen. Diese standen immer auch im Spannungsfeld des beginnenden Kalten Krieges, der Besatzungsmacht, der Pressefehden und dem systematischen Aushungern der Kirche im Osten.

Jugend und Zukunft

Schon oft habe ich an dieser Stelle bemerkt, dass wir in den Gemeinden Berlins nur selten eine funktionierende Jugendarbeit angetroffen haben. Unser damaliges Gründungsprojekt in Marzahn hatte ja einen starken Fokus auf Jugendliche und eine entsprechend hohe Fluktuation. Das änderte sich nach etwa 10 Jahren, als die jugendliche Kern-Mannschaft die Zwanzig überschritten hatte. Die Zielgruppe änderte sich darauf in Richtung Mittdreißiger mit Kleinkindern. Die typische Demografie der angesagten Gemeinden Berlins.

Die Doktorarbeit von Sigurd Rink setzt hier noch einmal einen sehr klaren Akzent. In den 1950er Jahren entbrannte ein erbitterter Kampf um die Jugend im Osten Deutschlands. Die Freie Deutsche Jugend (FDJ) sollte die Themen besetzen und die Junge Gemeinde wurde aktiv verfolgt. Das Ergebnis bekamen wir Mitte der 1990er Jahre in Marzahn zu spüren. Atheismus in dritter Generation: "Den englischen Text verstehe ich, aber was ist ein Jesus?"

Good Guy - Bad Guy

Trotz seines Pragmatismus und seiner ausgeprägten Manager-Fähigkeiten, war Grüber durch und durch Diplomat und bezeichnete sich immer wieder selbst als Pontifex - Brückenbauer. Dialog und Zielerreichung in kleiner Runde waren seine Strategie. Dem gegenüber stand Bischof Otto Dibelius, sein Chef. Dieser ging die sowjetische Besatzungsmacht und die SED-Führung offen und konfrontativ an und zog sogar Vergleiche zur jüngst abgelösten Diktatur. Damit erzielte er zwar auch Effekte, aber keine, die der Kirche genützt hätten.

Grüber hatte mit seiner Diplomatie wesentlich mehr Erfolg. Allerdings auch nur bis 1958. Dann fühlte sich der Machtapparat der DDR so gefestigt, dass sämtliche Brücken zwischen evangelischer Kirche und Staat abgebrochen wurden. Der Ministerpräsident entzog Grüber die Akkreditierung und die Angelegenheiten der Kirche wurden an die Regionalebenen delegiert. Damit gab es keinen einheitlichen Ansprechpartner mehr und der Klassenfeind Kirche war als segmentierter Feind besser zu bekämpfen.

Selbst lesen

Man könnte hier sicher noch auf die Massenflucht, die fatalen Wirkungen des Militärseelsorge-Vertrages, die Sicht der Russen auf die Stellung der Kirche oder die legislativen Vorbereitungen eingehen. Das würde aber an dieser Stelle zu weit führen.

Ich jedenfalls fand die Lektüre äußerst spannend und kann das Buch in mehrfacher Hinsicht empfehlen: Geschichtsbildung, Charakterbildung und Durchblick in verschiedenen Macht-Konstruktionen bei Kirche, Organisationen und Staatsgebilden.

Donnerstag, 29. März 2018

Gottesdienste in Berlin

Bei der Suche nach Gottesdiensten am Osterwochenende in Berlin führte uns Google auf eine der vielen Webseiten von Gemeinsam für Berlin: www.Gottesdienst-in-Berlin.de



Seit über einem Jahr besuchen wir als Familie wieder regelmäßig eine Gemeinde in Berlin. Dort haben wir auch einige Dienste übernommen. Das wirkt sich auf die Besuchsfrequenz des Church Checkers aus. Da unser Pastor in seiner internationalen Gemeinde Fluktuation gewohnt ist und ein großes Herz für den Church Checker hat, sind wir jedoch frei, diesen Blog weiter zu bedienen.

So schaute ich heute bei Google, welche Gottesdienste über das Osterwochenende stattfinden. Ohne den Zusatz "gottesdienst" hätte ich nur Webseiten zum Tanzverbot am Karfreitag, fragwürdige Umzüge oder anderen gottlosen Kram gefunden. Nachdem ich die Suche auf "karfreitag gottesdienst berlin" erweitert hatte, wurde mir eine Webseite von Gemeinsam für Berlin präsentiert:

www.Gottesdienst-in-Berlin.de

Ähnlich der Webseite für Migrationskirchen kann bei Gottesdienst-in-Berlin.de nach Stilrichtung, Sprache, Besucherzahl, Uhrzeit und Kinderfreundlichkeit gefiltert werden. Bei Klick auf "Modern" oder "Jugendorientiert" oder "Französisch" oder "So. Abends" reduzieren sich die roten Pins auf der Google-Karte.

Weitere Informationen werden sichtbar, wenn die Mouse über die Pins fährt. Es erscheint dann der Name der Gemeinde. Bei Klick auf den Pin öffnet sich ein Infofeld mit Adresse, Webseite und den gewünschten Uhrzeiten. Ein weiterer Klick leitet zur Routenplanung per Auto oder Bahn. Sehr gut gemacht und leicht zu bedienen. Leider eine etwas längere Ladezeit der Gesamtübersicht beim Erstbesuch dieser Gottesdienst-Webseite.

Der Vorstand von Gemeinsam für Berlin wies kürzlich auf den erheblichen Pflegeaufwand dieser Datenbanken hin. Man müsse Datenschutzrichtlinien beachten, die Gemeinden um Erlaubnis fragen und einen Mitarbeiter zur nachhaltigen Pflege einsetzen. Aus diesem Grunde kann die Aktualität nicht garantiert werden. Es lohnt sich also in jedem Fall, vor einem Offline-Besuch die Webseite der jeweiligen Gemeinde zu besuchen.

In diesem Sinne ein gesegnetes Osterwochenende!

Donnerstag, 15. März 2018

Deutsche Christen und Bekennende Kirche im Großraum Marzahn

Die Denkweisen und das Wirken der Deutschen Christen hat heute kaum noch jemand auf dem Radar. Bekannt ist vielleicht noch, dass die Bekennende Kirche einen Gegenakzent gesetzt hatte. Gestern Abend informierten wir uns über die damaligen Konstellationen in den Ortsteilen Biesdorf, Mahlsdorf und Kaulsdorf.



Nationalsozialismus ist eng mit Zahlensymbolik verbandelt. So steht 88 für HH, die Abkürzung von Heil Hitler. Die 18 steht für AH wie Adolf Hitler und die 43 für DC wie Deutsche Christen. Das war wohl auch ein Grund dafür, dass die Kirche43 in Marzahn ihre 43 nur im Branding tragen durfte. Der Verein musste sich alternativ Junge Kirche Marzahn e.V. nennen, obwohl ein Marketing-Experte aus Bielefeld die 43 lediglich aus der alten Postleitzahl extrahiert hatte. Ortsgemeinde eben.

Wie schon vor ein paar Tagen in Dahlem festgestellt, ist die Geschichte der Kirche zwischen 1933 und 1945 sehr spannend. Die Art und Weise der Machtübernahme mit vollendeten Tatsachen, kurzfristigen Terminen und Denunzierungen passt in das hier schon mehrfach thematisierte Schema des Machtmissbrauchs. Prinzipiell läuft so etwas immer gleich ab. Im national-sozialistischen Berlin hatte es allerdings größere Ausmaße, wurde offen praktiziert und war lebensgefährlich.

Deutsche Christen

Die Deutschen Christen traten schon 1932 offen zu Tage. Die Mitglieder der DC einte ein klares Bekenntnis zum Führer mit der Umschrift 18. 1933 besetzten die DC sämtliche Gemeinde-Kirchenräte und offiziellen Kirchenämter. Zunächst bestand die Hoffnung, dass Hitler die gottlosen Strömungen der 1920er Jahre auf ein christliches Fundament zurückhole. Das entpuppte sich einige Jahre später jedoch als Irrtum. Die 43er reklamierten immer wieder Einheit in der deutschen Christenheit. Einheit unter der 18.

Bekennende Kirche

Die Bekennende Kirche setzte mutig einen Gegenakzent und konnte erst einmal relativ frei agieren. Ihre Mitgliedskarte war knallrot. Es wurde auch ein Pfarrernotbund gegründet, der Pfarrer unterstützen sollte, die wegen ihrer Abstammung nicht mehr offiziell für ihren Beruf zugelassen waren. Durch die fingierten Gemeindewahlen hatten die DC sämtliche Posten der kirchlichen Upline besetzt und regierten ihre Ansichten bis in die Ortsgemeinden durch.

Fließende Übergänge

Bei der gestrigen Veranstaltung im Bezirksmuseum fielen jede Menge Namen: Bischöfe, Pfarrer, Einwohner des Großraums Marzahn. Einige waren straffe Anhänger von 18 und 43. Andere bezeichneten sich als neutral, waren aber Anhänger von 18. Weitere Christen schlossen sich der Bekennenden Kirche an und stellten Jesus über die 18. Einige wechselten die Seiten. Andere wurden wegen belangloser Äußerungen ins Konzentrationslager geschickt.

Es war eine turbulente Zeit, die jedoch die viel beschworene Einheit innerhalb der DC ins Bröckeln brachte. Wenn Jesus aus dem Fokus gerät, kann das im Raum der Kirche nicht auf Dauer funktionieren. Doppelmitglieder von SA und DC überwarfen sich mit heidnischen SA-Leuten, gerieten in die Strukturen der Macht und wurden letztlich fallen gelassen.

Heinrich Grüber aus Kaulsdorf

Eigentlich sollte es um den Pfarrer Heinrich Grüber aus Kaulsdorf gehen. Dieser stellte aber bei der Fülle der Informationen nur eine Randfigur dar. Heinrich Grüber hatte auch die Rote Karte der Bekennenden Kirche und war aktiv an der Rettung konvertierter Juden beteiligt. Er selbst musste einige Jahre in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau verbringen. Schutzhaft nannte sich das.

Heinrich Grüber überlebte diese Zeit und wirkte nach dem Krieg als Bürgermeister von Kaulsdorf. Er versteckte viele Frauen und Mädchen vor den Massen-Vergewaltigungen durch russische Soldaten. Vom Regen in die Traufe. Beim Eichmann-Prozess sagte er 1961 als einziger Nicht-Jude aus. In einem guten Alter von 84 Jahren starb er in Berlin.

Sonntag, 11. März 2018

Transforum 2018 in der Josua Gemeinde Spandau

Das Transforum gibt es seit 2004. Es findet alle zwei Jahre statt. Es geht um den positiven Einfluss des Christseins auf die urbane Umgebung. Wer am Transforum 2018 teilnehmen wollte, musste nach Spandau fahren.



Ich war noch nie beim Transforum. Dabei hatte ich fast zehn Jahre lang die Webseite inklusive der Archiv- und Anmeldefunktionen betreut. So wusste ich immer, welche Referenten erwartet werden und um welche Themen es geht. Den Haupt-Initiator Gemeinsam für Berlin kenne ich ebenfalls von Anbeginn und gehe mit deren Zielen konform. Aber ich war noch nie beim Transforum.

Das Programm

Als vor ein paar Tagen der Rundbrief zum Transforum 2018 eintraf, suchte ich vergebens nach einem aussagekräftigen Programm. Wegen der Zeit-Effizienz besuche ich mehrtägige Veranstaltungen in der Regel nur gezielt zu bestimmten Programmteilen, verschaffe mir einen Überblick, sauge die Stimmung vor Ort auf, nehme ein paar Impulse mit und widme mich dann wieder anderen Tagesaufgaben. Manchmal habe ich den Artikel sogar schon in der Schublade, bevor ich losfahre. In seltenen Fällen werde ich dann vor Ort überrascht, so wie damals bei "Farm & Food 4.0".

Am Freitag Vormittag fiel mir plötzlich wieder das Transforum ein. Schnell rief ich die Webseite auf und versuchte dort ein konkretes Programm zu finden. Die Aufmachung moderner Webseiten ist ja sehr plakativ. So fand ich neben einem überdimensionierten Baumaschinen-Piktogramm einen kurzen Text mit der Überschrift "Antwortsuche". Darunter den Button "Workshops": Klick! Tatsächlich öffnete sich eine Liste mit Workshops.

Workshops

Einige Workshops erschienen mir interessant:
  • Lernen von den Start-ups - Tools für Gemeindeentwicklung
  • Christliches Netzwerk für die Stadt
  • Gemeindekonflikte erkennen und lösen
  • Altlasten Ost-West
  • Income Inequity - The growing Gap (Ungleiches Einkommen - die wachsende Kluft)
Dann schaute ich auf die Uhr und dachte an den Weg. Ja, der Weg: 30 Kilometer am Mittag quer durch die Stadt. Google avisierte eine Stunde Fahrzeit. Ein hartes Ringen begann. Per WhatsApp fragte ich einen Freund, ob er spontan mitkommen wolle. Nein, es war zu kurzfristig. Also widmete ich mich wieder dem Tagesgeschäft.

So lief auch in diesem Jahr das Transforum an mir vorbei.

3 Tage in Spandau

Das Transforum startete am Donnerstag und ging bis Samstag. Es fand diesmal in der Josua Gemeinde Spandau statt. Teilnehmer und Referenten kamen wie üblich aus verschiedenen Organisationen und Gemeinden. Das gemeinsame Thema ist seit dem ersten Transforum eine positive Klimaveränderung in der Stadt. Das Klima verändert sich, wenn sich Menschen für ein Leben mit Jesus entscheiden. Die spannende Entwicklung in New York City ist ein Beispiel dafür, dass es funktioniert. Erreicht werden kann es unter anderem durch Vernetzung der Christen, gemeinsames Gebet, Gemeindegründung, authentischen Lebensstil im Alltag, soziale Projekte oder Nachbarschaftshilfe.

Business-Transforum

Ich war übrigens auch noch nie beim Business-Transforum. Das Business-Transforum gibt es seit 2012. Es findet jährlich statt. Das aktuelle Business-Transforen vom 20. bis 21. April 2018 ist fast so gut erreichbar wie das normale Transforum 2018: Essen. Essen ist hier nicht der Imperativ zur Nahrungsaufnahme, sondern der Veranstaltungsort. Warum auch immer Essen? Teilnehmer und Protagonisten haben berichtet, dass das Business-Transforum intensiv und wertvoll sei. Es nehmen erfahrene Christen aus der Wirtschaft teil. Die Besetzung ist international.

Das Business-Transforum läuft ähnlich ab, wie das normale Transforum. Schwerpunkte sind allerdings Themen aus der Wirtschaft und Fragen nach den Bau des Reiches Gottes im Berufsumfeld.

Wer ein wenig in der Szene christlicher Unternehmer unterwegs ist, wird in Essen viele Bekannte treffen. Das bietet gute Kontaktmöglichkeiten am Rande der Workshops und Plenumszeiten. So manch ein spontaner Input erfrischt dann das Business. Weisheit und Erfahrung anderer Teilnehmer helfen zudem beim Treffen wichtiger Entscheidungen.

Aber  auch in diesem Jahr werde ich nicht am Business-Transforum teilnehmen. Ich habe einen anderen Termin.

Freitag, 2. März 2018

Requiem für Pater Alain-Florent Gandoulou

"Teuer ist in den Augen des HERRN der Tod seiner Frommen", heißt es in Psalm 116. Vor einer Woche ist der katholische Priester in seinem Berliner Büro ermordet worden. Heute hielt Erzbischof Heiner Koch das Requiem.



Vor einem Jahr lernte ich eine Frau kennen, die regelmäßig für die Caritas im Kongo unterwegs ist. Eines Tages geriet ihr Konvoi in einen illegalen Check-Point. Die Insassen des ersten Fahrzeuges wurden als Geiseln festgehalten. Ihr eigener Fahrer konnte wenden und fliehen. Die Splitter der Tür stecken immer noch in ihrem Fuß. Eine normale Karosserie hält bei Kalaschnikow-Beschuss gar nichts ab.

Kongo, Ost und West

Auch in Kongo gibt es eine Ost- und West-Trennung. Der Westen nennt sich Republik Kongo und war bis 1960 unter französischer Herrschaft. Der deutlich größere Osten nennt sich Demokratische Republik Kongo und war bis 1960 unter belgischer Hoheit. In beiden Teilen gilt Französisch als Amtssprache.

Kongo war auch das Geburtsland von Pater Alain-Florent Gandoulou, also die Republik Kongo im Westen. Er lebte schon viele Jahre in Deutschland. In den Kongo konnte er nicht mehr zurück, da er die dortige Politik kritisiert hatte. Bei seiner Gemeinde in Charlottenburg war er sehr beliebt. Nach den Gottesdiensten soll er immer wieder Leute zum Essen mit nach Hause genommen und sich sehr selbstlos um seine Gemeindemitglieder gekümmert haben. "Papa Alain" muss ein freundlicher und umgänglicher Mann gewesen sein.

Französisch in Berlin

Seine Gemeinde Paroisse Catholique Francophone wurde 1945 gegründet und bot zunächst den französischen Alliierten eine geistliche Heimat. Entsprechend nachhaltig waren auch seine Beziehungen zum Militär. So hatte er unter anderem an einem Pfingst-Gottesdienst beim Wachbataillon in Tegel teilgenommen. In Berlin leben weit über 18.000 Franzosen. Hinzu kommen Afrikaner, die Französisch aus ihren Heimatländern mitgebracht haben.

Pater Alain-Florent Gandoulou war am 11. August 1963 in Brazzaville geboren worden. 1991 wurde er zum Priester geweiht und arbeitete einige Jahre seiner Geburtsstadt. 1996 zog er nach Bonn (Bad Godesberg) und promovierte dort in Christlicher Gesellschaftslehre. Bis 2005 engagierte er sich in einer Bonner Gemeinde, ging dann nach Paris und startete 2009 seine Arbeit in Berlin. Ein intelligenter Mann also, der seine Chancen genutzt hatte und dabei ein nahbarer Ansprechpartner geblieben war. Ein Mann, der seinen Bezugspersonen ein Beispiel gelebten Glaubens vermitteln konnte.

Requiem

Requiem - Ruhe - für Pater Alain-Florent Gandoulou. Am 22. Februar 2018 wurde er im Streit von einem anderen Afrikaner ermordet. Der Tatort muss dem Szenario eines skandinavischen Krimis geglichen haben: Stichwunde im Kopf, beigefügt mit einem Regenschirm. Der mutmaßliche Täter wurde am Folgetag in Reinickendorf gefasst. Dieser war nur halb so alt wie der Papa Alain und kam aus Kamerun, dem nordwestlichen Nachbarland der Republik Kongo.

S-Bahn, Koch und neue Leute

Heute habe ich einen Fehler gemacht. Bei -8°C wollte ich mit der S-Bahn in die City fahren. Ich freute mich, dass sie schon im Bahnhof stand und auf mich wartete. "Der Zugverkehr ist unregelmäßig", tönte es regelmäßig durch den Lautsprecher. Schön warm war es in der Bahn. Nach einer halben Stunde stieg ich wieder aus. Die Bahn hatte sich keinen Zentimeter bewegt.

Pater Alain-Florent Gandoulou soll im Kongo beigesetzt werden - in seiner Geburtsstadt Brazzaville. Das heutige Requiem - die Gedenkmesse - mit Erzbischof Heiner Koch habe ich verpasst. Schade. Dennoch ist mir schon durch die Beschäftigung mit Papa Alain eine Person aus der christlichen Szene Berlins nahe gebracht worden, die ich bisher nicht kannte. Parallelwelten eben, die postmortal zu einer Welt - der neuen Welt Gottes - verschmelzen.

Montag, 8. Januar 2018

Souveräner Malteser Ritterorden

Die Malteser tragen das Kreuz im Wappen. Die Malteser kennt man von karitativen Einrichtungen und die Malteser haben sogar einen Botschafter, der Teil des Diplomatischen Korps ist. Heute wurde ein Ordensritter im Schloss Bellevue akkreditiert.



Der Bundespräsident ist als Protestant bekannt. Dennoch schaut er gerne über den ökumenischen Tellerrand. Im Juni letzten Jahres hatte er sich mit dem Patriarchen von Konstantinopel getroffen und war im Oktober zu einer Privataudienz beim Papst geflogen. Am Samstag hatte er die katholischen Sternsinger im Schloss Bellevue empfangen und heute stand die Akkreditierung des neuen Botschafters des Souveränen Malteser Ritterordens auf dem Plan.

Baron Maciej Heydel heißt Seine Exzellenz und stammt aus Polen. Er ist 56 und Unternehmensberater. In der polnischen Politik hatte er auch schon mitgewirkt. Die Google-Ergebnisse zum Ritterorden sind nicht so repräsentativ, dass man hier weiter drauf eingehen sollte. Hier verweise ich auf meine Erfahrungen bei der Suchmaschinen-Optimierung, auch SEO genannt.

Malteser Ritterorden Botschafter akkreditiert
Souveräner Malteser Ritterorden - Baron Maciej Heydel als Botschafter akkreditiert
Der Orden des Heiligen Johannes - gemeint ist Johannes der Täufer - wurde 1048 gegründet. Das war die Epoche der Kreuzzüge. Die ersten Immobilien waren eine Kirche, ein Hospital und ein Konvent. Der Orden hatte einen stark diakonischen Fokus und drei Hauptregeln: Armut, Enthaltsamkeit und Gehorsam. Bedingt durch die interreligiösen Konflikte im Nahen Osten kam noch die Komponente der Verteidigung hinzu. Dabei wurde eine weitere Regel aufgestellt: Waffen dürfen nicht gegen Christen erhoben werden.

1113 wurden dem Ritterorden seitens der Kirche gewisse Freiheiten eingeräumt, so dass vielfach theologische Laien zum Einsatz kamen. Während in Deutschland die Reformation im Gange war, nahmen die Ritter die Mittelmeerinsel Malta in Besitz. Das war 1530. Der heutige Name war demnach erst 500 Jahre nach der Gründung entstanden. Mit Malta stand dem Orden erstmals eigenes Land zur Verfügung.

Die geografische Lage und der Wunsch, das eigene Land zu behalten, ließen die Malteser zu einem effektiven Grenzposten gegenüber dem Osmanischen Reich werden. Ihre Stärken lagen im Kampf zur See. Neben den Osmanen hielten sie auch die Piraten aus Nordafrika fern. 1571 gelang ihnen bei der Seeschlacht von Lepanto ein entscheidender Schlag gegen die Osmanen. Dabei verloren die islamischen Gegner mindestens 100 Schiffe und etwa 30.000 Soldaten ihr Leben.

1798 übernahm der clevere Napoleon die Insel Malta. Die ritterliche Regel, nicht gegen Christen zu kämpfen, verhinderte den Widerstand gegen die Franzosen. Stattdessen zog sich der Orden auf das europäische Festland zurück. Im 20. Jahrhundert verschob sich der Schwerpunkt wieder zugunsten karitativer Aufgaben. Während der beiden Weltkriege gab es in dieser Hinsicht viel zu tun. So sind die Malteser heute eher als Hilfsdienst bekannt und weniger als Souveräner Malteser Ritterorden.

Mittwoch, 27. Dezember 2017

Renate Bergmann und das Krippenspiel

Renate Bergmann ist eine 82-jährige Omi, die das Internet nutzt und dieses aktiv in ihren Alltag einbindet. Alle zwei bis drei Wochen besucht sie den Gottesdienst und will nun auch ein Krippenspiel organisieren, an dem alle Generationen beteiligt sind.



Achtung! Gebürtige Sachsen oder Schwaben sollten das Buch nicht lesen. Erfahrungsgemäß fühlen sie sich durch den Humor des Berliners überfordert. Wir fanden das Buch jedenfalls sehr lustig und mussten mehrfach innehalten, um Luft zu holen und die Tränen abzuwischen.

Renate Bergmann liebt ihren Kiez: Spandau. Spandauer sind zwar der Meinung, dass sie nicht zu Berlin gehören. Das sieht der Stadtplan jedoch anders. Der Stadtteil Spandau befindet so weit im Westen, dass er schon fast wieder im Osten liegt: Brandenburg. Soweit die Insider-Informationen zum Kiez der Rentnerin.

Renate Bergmann - Wir brauchen viel mehr Schafe
Renate Bergmann - Wir brauchen viel mehr Schafe
Renate Bergmann hat mehrere Bekannte in ihrem Alter und erlebt mit diesen sehr alltägliche Dinge. Am liebsten geht sie zu Beerdigungen, da es dort immer kostenloses Essen gibt und die Tupper-Dosen für die Kühltruhe nachgefüllt werden können.

"Wir brauchen viel mehr Schafe" ist nicht das erste Buch, das wir von Renate Bergmann lasen. Es gibt bereits sechs Bände von der Online-Omi. Ich war zunächst skeptisch, ob die humoristische Linie wirkungsvoll fortgesetzt werde. Doch schon zu Beginn gab es so köstliche Pointen, dass ich die ersten 50 Seiten in einem Zuge durchlas.

Als meine Frau dann von ihrem Offline-Oma-Besuch eintraf, las ich ihr das noch einmal vor und gelangte in einem Rutsch bis Seite 102. Zwischendurch mussten wir mehrfach zum Taschentuch greifen, die Tränen abwischen und die normale Atmung zurückgewinnen. Selbst mein Sohn musste an verschiedenen Stellen lachen. In seinem Alter gilt das normalerweise als uncool. Er verfolgte die Vorlesung von seinem Zimmer aus.

Ach so, in diesem Band geht es um eine gewisse Frau Schlode, die das Adventsprogramm organisieren soll. Sehr zum Unbehagen von Renate Bergmann, die singende Kinder so gar nicht mag. Also nichts gegen Kinder, aber singen, musizieren oder tanzen sollten sie auf keinen Fall. Frau Schlode ist Kindergärtnerin und leitet sämtliche Chöre im Kiez.

Das Buch schildert auf seinen 169 Seiten, wie Renate Bergmann bei der Lösung des Problems vorgeht. Zwischendurch erfährt der Leser einige Episoden aus dem langen Leben der Seniorin und erhält Tipps für Weihnachtsgeschenke: Topflappen beispielsweise.

Immer wieder taucht auch Pfarrer Kampfert auf, der je nach Situation als einfühlsamer Charmeur, Herr Pfarrer oder als Pfaffe dargestellt wird. Die Vermengung von evangelischen und katholischen Eigenheiten offenbart, dass Renate Bergmann wohl doch zu selten im kirchlichen Umfeld unterwegs ist. Für die Story ist das unerheblich.

Viel Spaß beim Lesen!

Montag, 18. Dezember 2017

Bahnhofsmission am Zoo: Schwester Inge und andere wichtige Leute

Die Bahnhofsmission der Stadtmission ist eine prominente Einrichtung, die das soziale Engagement von Christen, Wirtschaft und Politik widerspiegelt. Heute war ich dabei, als Bundespräsident Steinmeier die Bahnhofsmission am Zoo besuchte.



"Hat sie der Bazillus auch schon erwischt?", wollte Schwester Inge wissen. Die pensionierte Schwester mit dem schlichten grauen Gewand und dem weißen Häubchen blickte mich mit ihren gütigen Augen an. Sie meinte den Bazillus ansteckenden Glaubens an Jesus. Als ich das bestätigte und hinzufügte, dass das wohl der einzige Bazillus sei, der keinen Heilungsprozess benötige, freute sie sich noch viel mehr.

Schwester Inge hatte ich bereits vor einem Jahr erlebt, als Joachim Gauck die Bahnhofsmission besucht hatte. Fünf Tage später fand der Anschlag auf den Breitscheidplatz statt. Letzterer jährt sich morgen - eine tragische Terminverknüpfung. Ich fragte Schwester Inge, ob der damalige Bundespräsident sein Versprechen eingelöst habe. Er wollte zum Abwaschen kommen. Ja, das habe er wenige Wochen nach Ende seiner Amtszeit in die Tat umgesetzt.

Bundespräsident Steinmeier Bahnhofsmission Stadtmission
Frank-Walter Steinmeier im Gespräch bei der Bahnhofsmission der Stadtmission
Als wir auf Christen in der Bundespolitik zu sprechen kamen, erfuhr ich vom Engagement Steinmeiers für die Bahnhofsmission. Er habe eine Fahrt mit dem Kälte-Bus absolviert, habe Essen ausgeteilt, sei maßgeblich an der Finanzierung der Hygienestation beteiligt und habe seine Doktorarbeit sogar über das Thema "Bürger ohne Obdach" geschrieben. Wieder leuchteten die Augen von Schwester Inge.

Einige der Punkte wiederholte der Bundespräsident in seiner Begrüßungsrede. Zudem sei er das vierte Mal innerhalb der letzten zwei Jahre bei der Stadtmission. An diesem Ort zeige sich, was "in der Gesellschaft noch zu erledigen ist". Er dankte "denen, die sich kümmern". Die Gäste erfuhren ferner, dass die Deutsche Bahn um die 500 Mitarbeiter für "Servicetage" in der Bahnhofsmission freistellt. Die Obdachlosen am Bahnhof Zoo kommen aus 80 Nationen. Das ist mehr als in den bekannten multi-ethnischen Gemeinden der Stadt.

Bundespräsident Steinmeier Bahnhofsmission Stadtmission
Elke Büdenbender im Gespräch bei der Bahnhofsmission der Stadtmission
"RBB", schallten Kinderstimmen durch den Raum, als eine weitere Kamera hereingetragen wurde. Eine Gruppe von Schülern hatte sich mit Obdachlosigkeit beschäftigt und ein Theaterstück dazu gestaltet: "Das andere Einmaleins". Sie führten den Akt "8x8 - gestohlen in der Nacht" auf. Wir wurden zudem Zeugen des neuen Kino-Spots der Stadtmission. Nur das ZDF hatte ihn vorab sehen dürfen. Darin redet ein Obdachloser mit vorbeihetzenden Passanten, fühlt sich in diese hinein und stellt dann fest: "Nur wie sich ein Zuhause anfühlt, weiß ich nicht mehr so genau."

Dann wechselten wir den Raum. Kameraleute drängten sich hinter die Absperrung im Speisesaal. Zwei Stühle am zentralen Tisch waren frei. Weihnachtsgebäck, Kaffeetassen mit Löffel und rote Servietten. Am präsidialen Geschirr-Spülbecken hatte ich ein wenig Bewegungsfreiheit - direkt hinter der ARD und deren Plüschmikrofon.

Einer der Mitarbeiter mit den markanten blauen Jacken bot der Presse seelsorgerliche Gespräche an. Es sei noch nicht zu spät für eine Bekehrung. Mission wird hier also wörtlich genommen.

Bundespräsident Steinmeier Bahnhofsmission Stadtmission
Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit Mitarbeitern der Bahnhofsmission
Dann kamen auch der Bundespräsident und seine Gattin. Er bat sie, an einen anderen Tisch zu gehen und setzte sich selbst auf einen der beiden freien Plätze vor mir. "Wo übernachten Sie?", fragte er den hageren Mann gegenüber. Zerzaustes Haar, langer Bart. Die First Lady, Elke Büdenbender, unterhielt sich angeregt am Nachbartisch. Durch die Aufteilung des Präsidentenpaares konnte jeder Tisch bedient werden. Beide wechselten die Plätze und unterhielten sich mit den Mitarbeitern und Stammgästen der Bahnhofsmission.

Über der Szenerie fiel der Blick immer wieder auf das Kreuz an der Wand. Jesus - in unsichtbarer Anwesenheit - hat sich bestimmt gefreut.

Montag, 11. Dezember 2017

Lunch bei Gemeinsam für Berlin

Vernetzung wird in der christlichen Szene unterbewertet. Immer wieder entdecken wir Parallelwelten oder Gemeinden, die regional gar nicht vernetzt sind. Heute besuchte ich das auf Vernetzung ausgelegte Lunch beim Gemeinsam für Berlin e.V.



In den letzten acht Jahren hatte ich verschiedene Wirtschafts-Clubs getestet und nur wenige Gruppen gefunden, bei denen Zeitaufwand, Kosten und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen.

Einer der interessanteren Wirtschaftsclubs wirbt zurzeit um meine Mitgliedschaft. Um eine weise Entscheidung zu treffen, musste ich mich erst einmal beraten. Am Vormittag führte ich deshalb zwei längere Telefonate mit dem Effekt, dass sich die gesamte Tagesplanung verschob. So klingelte ich erst zehn nach eins an der Tür von GfBerlin.

Pünktlich 13 bis 14 Uhr

Ein Blick in den Raum offenbarte mir, dass ich der fünfte Teilnehmer war. Das akademische Viertel, das in Gemeinden der City-Region üblich ist, gab es hier nicht. Pünktlicher Beginn und pünktliches Ende, fast wie beim Politischen Frühstück im Haus der Commerzbank am Pariser Platz. Pünktlich heißt: 13 bis 14 Uhr. Das Lunch findet etwa zweimal pro Monat statt und ist offen für jeden, der sich in der christlichen Szene vernetzen möchte. Die Kosten werden per Spende gedeckt.

Divergente Teilnehmer

Heute saßen eine NGO-Vertreterin, ein Gemeindegründer, ein Pastor, Andrea Meyerhoff von GfBerlin und der Church Checker zusammen. Leckeres Essen mit Nachtisch und Salat plus Kaffee wurden verzehrt und dabei jede Menge Infos und weiterführende Kontakte vermittelt. Visitenkarten wechselten ihre Besitzer. Da ich vermute, dass diese Art Zusammentreffen unter Chatham House Rules ablaufen, kann ich hier keine weiteren Details veröffentlichen.

Der Exit

Am Ende - also kurz nach zwei - gab uns Andrea noch jede Menge Flyer mit und warb für das Gebets-Event EINS, das am 20. Januar 2018 in Schöneberg stattfinden soll.

Anfahrt und Abfahrt konnten nur bedingt mit der Länge des Meetings in Einklang gebracht werden. Dennoch waren die Begegnungen so wertvoll, dass sich der Weg gelohnt hatte.

Die pünktliche Entlassung hatte sogar den Effekt, dass viele Themen nur angerissen werden konnten und eine abschließende Erörterung die Beibehaltung der neuen Kontakte erforderlich machte. Sehr cleveres Format!

Montag, 4. Dezember 2017

Limelight Collection - Creativity @Heilsarmee

Die Limelight Collection ist ein interessantes Format der Annäherung an Bibeltexte. Ein Berufskünstler leitet die kleine Gruppe bei der Entfaltung ihrer Kreativität an. Heute Abend habe ich Limelight in Prenzlberg besucht.



Nach dem Gottesdienst zeigte mir ein bekannter Schauspieler sein Smartphone. "Kennst du das?", wollte er wissen. Ich sah eine Einladung zu Limelight für Montagabend. Die Adresse war identisch mit der von Gemeinsam für Berlin. Hm, Montag? Der Männerabend bei Eben Ezer war mir zu weit: Lankwitz. Prenzlauer Berg hingegen wäre in 20 Minuten zu erreichen - mal unabhängig von der Parkplatzsuche betrachtet. Wegen eines Paralleltermins könne der Schauspieler selbst wohl nicht mitkommen.

So machte ich mich heute alleine auf den Weg. Den Parkplatz fand ich wenige Meter vom Haus entfernt. Pünktlich halb acht betrat ich die Räume der Heilsarmee. Diese befinden sich im Kellergewölbe der Kastanienallee 71 - freundlich, gemütlich und weihnachtlich geschmückt.

Mittzwanziger, Tee und Englisch

Mit meinem Erscheinen erhöhte sich die Teilnehmerzahl auf vier. Tee wurde angeboten. Es gab auch kleine Schokokekse. Sprache der Wahl war Englisch. Das Limelight Collective verstand jedoch auch Deutsch, so dass wir uns bilingual verständigen konnten.

Innerhalb des akademischen Viertels trafen weitere Leute ein, so dass wir letztlich mit neun Personen starteten. Den homogenen Altersdurchschnitt von Mitte zwanzig überschritt ich um einige Jahre - um nicht gleich das Wort Verdoppelung zu verwenden. Ich schaltete um auf den Ich-fühle-mich-jung-Modus. Zunächst setzten wir uns um eine große Decke und sangen Weihnachtslieder mit Tejas, einem Softwareguru aus dem Mittleren Osten. Tejas leitet übrigens die Jugendgruppe bei Saddleback, so dass sich hier völlig unerwartete Netzwerk-Verbindungen schlossen.

Matthäus 2

Dann bekamen wir eine kleine Einführung in Matthäus 2, 1-12. Alles auf englisch, aber egal. Wenigstens hatte ich am Sonntag den Akku nachgeladen, so dass meine Bibel-App wieder genutzt werden konnte. Außer Vulgata und Hebraica habe ich wohl nichts weiter auf dem Smartphone. Irgendwann ist der Speicher ja ausgereizt.

Nach einem entspannten Austausch über den Text verteilten wir uns im Raum. Buntstifte, Fasermaler, Kugelschreiber und Papier lagen bereit. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. So wurde gemalt, getextet, sinniert, gebetet, gesessen, getanzt, gesungen oder Gitarre gespielt.

Papier und blauer Buntstift

Ich nahm ein Blatt Papier und malte mit einem blauen Buntstift, was mich bei diesem Text bewegte. Ein großer Stern im Zentrum, ein Weg, der sich langsam durch die dunkle Umgebung schlängelte und dann mitten in den Stern hineinmündete. Darunter das verschlafene Jerusalem, eine zugeklappte Bibel und ein Königs-Apfel mit Kreuz-Ornamenten, oder wie auch immer diese Kugel heißt, die die Könige auf alten Gemälden in der Hand halten. Letzteres symbolisierte das schockierte Jerusalem, den erschrockenen König Herodes und die desinteressierten Schriftkenner. Vers 10 bewegt mich schon seit gut 30 Jahren, als wir diesen Text erstmalig genüsslich mit Kollegen in einer Nachtschicht auf uns wirken gelassen hatten.

Kunstbetrachtung

Nach ausreichend viel Zeit kamen wir wieder an der flauschigen Decke zusammen. Es gab Brot und Butter - pardon bread & butter - eventuell in Anlehnung an das gleichnamige Festival of Style and Culture. In einer kreativen Reihenfolge stellten wir die Ergebnisse vor. Es wurden Bilder herumgereicht und jeder konnte sich einen Augenblick lang hineinversetzen. Wir kamen über Farben, Formen und den tieferen Sinn ins Gespräch und entdeckten Dinge, die selbst der jeweilige Künstler noch nicht bemerkt hatte.

Texte und Tanz

Kurze Texte wurden gelesen und eine Frau aus Ghana tanzte dazu. Sie erklärte uns jede ihrer Bewegungen, so dass ich erstmalig ein Verständnis für Ballett-Choreografie vermittelt bekam. Die Bewegungsabläufe waren so genial, dass ich wohl mit heruntergeklappter Kinnlade auf der Decke gesessen haben muss.

Drei Stunden City-Kreativität

Auf diese Weise hatte ich gar nicht bemerkt, dass schon drei Stunden vergangen waren. Der Abend wurde mit einem Gebet abgeschlossen und alle halfen noch beim Aufräumen. Wie ich erfuhr, kamen die Kreativen aus verschiedenen Gemeinden der weiteren City-Region: Wedding, Moabit, Mitte, Prenzlberg. Englisch war eine gute Option für die allgemeine Verständigung gewesen. Halb zwölf war ich wieder zu Hause.

Limelight findet jeden Montag statt und bietet einen guten Rahmen zur freien Entfaltung der Kreativität. Die geschaffene Kunst wird ernst genommen und das eigene Denken auf eine spannende Entdeckungsreise geschickt. Die Werke werden für spätere Inspirationen archiviert - als Original oder als Foto.

Mittwoch, 22. November 2017

40 Tage Gebet @Saddleback

Kurzzeit-Aktionen wie 7 Tage Fasten, 6 Wochen Ehekurs oder 40 Tage Gebet eignen sich hervorragend zum Appetit machen. Gut, wenn die positiven Erfahrungen dieser Zeit die Beziehung zu Jesus nachhaltig prägen.



Rick Warren, der Hauptpastor von Saddleback in Kalifornien, ist bekannt für seine ausgereifte Didaktik. Begriffe werden in einzelne Buchstaben zerlegt und den Buchstaben Sinn stiftende Bedeutungen verliehen. Es wird mit Zahlen und Aufzählungen jongliert. Bei Seminaren gibt es dicke Begleithefte mit selbst zu ergänzenden Lückentexten. Zur sonntäglichen Predigt werden Zettel mit den Bibeltexten und Platz für eigene Notizen gereicht. Nahezu jede Zusammenkunft - ob Hauskreis, Mitgliederseminar oder Gottesdienst - wird mit einem Video unterlegt. Letzteres schon etwas zu viel für meinen Geschmack, auch wenn die Nutzung von Videos durchaus Vorteile hat.

40 Tage Gebet - weltweit und in Kleingruppen

Konzertierte Aktionen wie 40 Tage Gebet schweißen eine Gemeinde zusammen, fördern den Austausch über gemachte Erfahrungen und verbinden Personen, die sich vielleicht bisher nicht kannten.

Wir entschieden uns zur Einrichtung eines Kurzzeit-Hauskreises, an dem sogar unsere Kinder teilnehmen. Die bunten Begleithefte, die es übrigens auch auf Deutsch gibt, laden zum Mitmachen ein und bieten genug Platz für Notizen. Jeden Tag gibt es einen kurzen Bibeltext und drei Fragen dazu. Ich habe die Bearbeitung auf den Morgen gelegt, so dass der Tag gleich mit Gedanken über Gott beginnt. Einmal in der Woche treffen wir uns mit den Hauskreis-Teilnehmern und tauschen uns aus. Dazu gibt es - na, ratet mal - ein Video und Tee und Weihnachtsgebäck.

Vaterunser

Die Predigten am Sonntag flankieren das Thema, so dass wir uns in eine weltweite Aktion eingebunden fühlen. Am letzten Sonntag sprach Rick Warren über das Vaterunser (Matthäus 6, 9-13). Erstaunlich, was sich aus diesem Text immer wieder herausholen lässt. Der geborene Didaktiker aus Amerika teilte das Vaterunser auf den Tag auf. Das ist eine moderne Form des Gedächtnis-Trainings. Gegenstände, Zeit-Marken, Orte, Personen werden zu Erinnerungspunkten für andere Themen, so dass beispielsweise ein regelmäßiger Gebets-Impuls ausgelöst wird.

Der von Rick Warren skizzierte Tagesablauf mit Vaterunser sah wie folgt aus:

  1. Aufwachen - Dank an Gott
  2. Frühstück - Namen Gottes und deren persönliche Bedeutung
  3. Vormittag - Was sind Gottes Prioritäten in meinem Leben?
  4. Mittag - Was ist mein heutiger Bedarf?
  5. Nachmittag - Wen habe ich verletzt? Wem habe ich zu vergeben?
  6. Abend - Gebet um weise Entscheidungen
  7. Vor dem Einschlafen - Nimm eine ermutigende Wahrheit aus der Bibel in dich auf!

Bisher war mir auch noch gar nicht so bewusst aufgefallen, dass Jesus "so sollt ihr beten" statt "das sollt ihr beten" sagt. Damit gibt er einen Leitfaden statt eines auswendig zu lernenden Textes weiter.

Inzwischen haben wir die Halbzeit überschritten und konnten einige gute Erfahrungen machen. Diese schreiben wir in die Begleithefte und reden beim nächsten Treffen darüber. Ich bin gespannt auf die finalen zwei Wochen und was sich im globalen Maßstab durch diese Gebetszeit tut.