Sonntag, 26. April 2020

Alltagstaugliche Predigten von Rick Warren

Unsere Tochter konnte sich durchsetzen. Keine Experimente. Keine Gottesdienste von bisher unbekannten Gemeinden aus entfernten Teilen der Welt. Nein, es sollte wieder Saddleback sein.



Die knapp 20 Saddleback-Gemeinden weltweit sind das Schauen von Videos gewohnt. Rick Warren oder einer der Pastoren aus Kalifornien predigt und wird per Leinwand in die lokalen Gemeinderäume transportiert. Der lokale Gemeinderaum war heute unser Wohnzimmer. Die Familie wollte die deutsche Übersetzung hören, so dass sich im Folgenden ein Gottesdienst auf Denglisch entfaltete:

Lokalpastor Rob McGee und seine Frau zelebrierten zunächst ihr humorvolles Vorprogramm - auf Englisch. Es folgte Musik von Lobpreisleiter Diazno. Dieser sitzt gerade wegen Corona in Nigeria fest. Eine andere Afrikanerin zeigte uns ihr Wohnzimmer und spielte ein zweites Stück. Die Ansagen von Rob waren auf Englisch. Allerdings war Rob plötzlich seitenverkehrt. Namensschild und Wohnzimmer waren gespiegelt. Auch hatte er eine sehr interessante Elektroinstallation über dem Kopf. Lange schwarze Kabel hingen von der Decke herab und endeten in vier simplen Glühlampen. Wohnkultur in Zehlendorf.

Die Predigt war mit einer deutschen Stimme synchronisiert. Wir stellten fest, dass wir wegen unserer medialen Rundreise die ersten vier Teile der Predigtreihe verpasst hatten. Egal, die Predigten von Rick Warren bilden auch innerhalb von Predigtreihen eine schlüssige Einheit.

Rick Warren hat schon viel durchgemacht und kann daher sehr authentisch über die Herausforderungen unseres Alltags reden. Fast jede Predigt enthält Handwerkszeug, das sich an den folgenden Tagen praktisch nutzen lässt. Vor drei Jahren hatte er die Challenge (Wettbewerb) aufgestellt, jeden Morgen 10 Punkte aufzuschreiben, für die man dankbar ist. Das mache ich bis heute.

In der aktuellen Predigt ging es um praktische Tipps für den Alltag in Corona-Zeiten. Er empfahl, die Bibel aufgeschlagen ans Bett zu legen. Noch bevor der Fuß den Boden berührt, solle man einen kleinen Abschnitt lesen. Abends, bevor man das Licht ausschaltet, solle man einen weiteren Abschnitt lesen und auf diesem Wege eine Gewohnheit zum regelmäßigen Bibellesen entwickeln. Flankierend dazu empfahl er das Aufschreiben von Versen, die man dann auswendig lernen könne. Simpel, aber wirkungsvoll. Als Sofortmaßnahme entschloss ich mich, die Bibel auf dem Schreibtisch immer offen zu lassen und den ganzen Tag über darin zu lesen. Bisher hatte ich sie nach der Morgenandacht zugeklappt. Ist sie bereits offen, liest man darin viel öfter.

Nach dem Online-Gottesdienst schnappten wir uns das Grillfleisch und zogen als Familie in den Garten. Wer im selben Haushalt lebt, darf auch gemeinsam seine Freizeit verbringen. Schade, dass unsere beliebten Grillpartys momentan nicht erlaubt sind.

Freitag, 24. April 2020

#COVID19 - bald wieder Offline-Gottesdienste

Seit zwei Wochen wird in der Bundespressekonferenz regelmäßig gefragt, wann und unter welchen Auflagen wieder Gottesdienste stattfinden dürfen. Gemeint sind damit Gottesdienste vor Ort in den Gemeinderäumen.



Es habe "ausgesprochen hilfreiche Gespräche" gegeben. Am 17. April 2020 hatten sich Vertreter der Religionsgemeinschaften erstmalig mit Staatsekretär Kerber im Innenministerium getroffen. Schnell hatten sie sich auf die Einrichtung einer Arbeitsgruppe verständigt. Ziel war die Erarbeitung eines Konzeptes zum Wiederanlauf von Gottesdiensten und Veranstaltungen in den Gemeinderäumen.

Eine große Zeitung war von der Verschleppung des Vorgangs durch die muslimische Seite ausgegangen. Das konnte vom Ministerium nicht bestätigt werden. Alle Zuarbeiten seien fristgerecht eingegangen - eine zweistellige Anzahl von Vorschlägen. Daraus sei ein "gutes, tragfähiges Konzept" erarbeitet worden. Momentan werde es durch das Robert Koch-Institut geprüft. Auch die Bundesländer schauen noch einmal drüber.

Gerade Letztere überholen die Kanzlerin gerne mal bei der Lockerung der Corona-Regeln. In diplomatisch gefärbtem Deutsch bezeichnet man das als "unterschiedliche Entwicklung". Deshalb bleibt abzuwarten, ob sich die Länder und einzelnen Gemeinden an die Vorgaben des Konzeptes halten. Einige Gemeinden könnten im Überschwang der Harmonie für eine wundersame Infektionsvermehrung sorgen. Eine freikirchliche Konferenz mit über 2.000 Teilnehmern im Februar im Elsass hatte in diesem Zusammenhang für erhebliche mediale Aufregung gesorgt.

Die oben genannte Arbeitsgruppe bestand aus Vertretern der evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirche sowie des Zentralrats der Juden und des Koordinierungsrates der Muslime. In der Sache "baldige Versammlungen nach Corona" waren sich alle einig und konnten deshalb konstruktive Ergebnisse erzielen. Eine ungewohnte Einheit wie derzeit in der Großen Koalition.

Allein die Freikirchen mit ihren 1,3 Millionen Mitgliedern waren nicht an der Ausarbeitung der Konzepte beteiligt. Den Freikirchen fehlt ein entsprechender Dachverband. Auch wenn sich die Deutsche Evangelische Allianz als solch ein Dachverband ansieht, scheint sie doch von der Politik nicht wirklich wahrgenommen zu werden. Auch bei ihrer Zielgruppe hat sie eher ein verstaubtes Image, das einmal im Jahr durch die Allianz-Gebetswoche in Erscheinung tritt.

Modernen Freikirchen kann Corona nahezu egal sein. Ihre zahlreichen Gottesdienstbesucher verfolgen die Predigten und den Lobpreis auch gerne von zu Hause aus. Kleingruppentreffen gestalten sie per Videokonferenz. Parallel dazu wird die leidende Gastronomiebranche durch Pizza-Bestellungen unterstützt. Auch wir haben uns inzwischen an internationale Gottesdienste per Livestream gewöhnt.

Sonntag, 19. April 2020

Gospelhouse Baden-Baden und die tierisch gute Predigt

Auf der Suche nach weiteren interessanten Online-Gottesdiensten schlug unsere Tochter das Gospelhouse Baden-Baden vor. Das Gospelhouse Baden-Baden hatte sie als Unterstützer ihres Schulprojektes in Madagaskar kennengelernt.



Neun Uhr war für uns so früh, dass wir den Livestream anhalten mussten. Mein Sohn quälte sich aus dem Bett und wir stopften noch hastig die letzten Bissen des Frühstücks rein. Neben dem angehaltenen Video aus dem Gospelhouse Baden-Baden wurden bereits herzliche Grüße aus Südafrika, Süddeutschland, Berlin und anderen Orten ausgetauscht. Es wurde auch ein gewisser Rainer gegrüßt. Eine weitere Beteiligung am Chat wurde mir untersagt, weil meine Frau eingeloggt war.

Die journalistische Regel "Hintergrund macht Bild gesund" hatte das Gospelhouse verinnerlicht und projizierte grüne Palmblätter auf die Wand hinter der Lobpreisband. Letztere bestand aus vier Personen, die sich bemühten, den vorgeschriebenen Corona-Abstand einzuhalten. Vielleicht wohnten sie aber auch im selben Haushalt. Es gab einige mitreißende Lieder, zu denen der Text eingeblendet wurde. Wir kannten diese und konnten mitsingen.

Nach der Kollekte mit Hinweis auf PayPal und andere Kontoverbindungen folgte ein weiteres Lied. Dann begann die Predigt. Diese war der vierte Teil einer Predigtreihe zu herrschaftlichen Tieren der Bibel mit dem Titel "tierisch gut". Adler, Lamm und Löwe waren bereits thematisiert worden als König der Lüfte, Lamm Gottes und Löwe von Juda. Heute war der Hirsch dran. Der Hirsch taucht in der Bibel recht selten auf und wurde uns als König des Waldes vorgestellt.

Die Gedanken schweiften ab zu einer Diskussion, die ich vor ein paar Tagen über das Erlegen von Wildschweinen geführt hatte. Man brauche dafür ein Jagdgewehr mit hoher Durchschlagskraft. Die Kugel müsse die richtige Stelle treffen und das Tier komplett durchbohren. Wegen der weiterfliegenden Kugel weist die Berufsgenossenschaft regelmäßig auf den Kugelfang hin. Vom Hochstand aus landet die Kugel normalerweise im Erdboden. Ein Horizontalschuss könnte dem erlegten Tier jedoch noch einen Pilzsucher oder Wanderer beigesellen.

In der Predigt ging es aber nicht um die Jagd. Ein Hirsch werde - so er nicht gejagt wird - etwa 20 Jahre alt. Seine Höhe entspricht dem Abstand, der aktuell für Corona vorgeschrieben ist: 1,5 Meter. Im Schwarzwald gebe es Rothirsche und Damhirsche. Vor Corona hatten sie sich immer weiter in den Wald zurückgezogen, weil doch zu viele Menschen Pilze suchend, wandernd oder jagend durch den Schwarzwald gestreift waren. Jetzt, wo sich die Menschen zurückgezogen haben, können sie sich wieder etwas weiter hinauswagen.

Zwei wesentliche Dinge werden in der Bibel über den Hirsch berichtet: Er lechzt nach frischem Wasser und er kann Hindernisse überspringen. Pastorin Nicole Oppermann baute ihre kurze und knackige Predigt um die Eigenschaften und Verhaltensweisen des Hirsches auf und schlug weitere Brücken zu unserer Beziehung mit Gott.

Verliert ein Hirsch beispielsweise sein Geweih, dauere es hundert Tage, bis dieses nachgewachsen ist. In dieser Zeit überziehe eine gut durchblutete Haut das Geweih. Wenn es ausgewachsen ist, streife der Hirsch diese Haut ab. Nicole Oppermann verglich das mit dem Wachstumsprozess eines Christen, der alte Gewohnheiten abstreife und als stärker gewordener Christ daraus hervorgehe.

Nach weniger als 40 Minuten war der Online-Gottesdienst zu Ende. Die Familie verkrümelte sich in sämtliche Bereiche der Wohnung. Nur ich blieb auf der Couch liegen: Soll ich aufstehen? Und dann? Erstmal duschen oder gleich den Artikel schreiben?

Freitag, 17. April 2020

Hope is Rising mit Campus für Christus

Campus für Christus ist eigentlich eine Studentenbewegung. Heute schauten wir uns den Livestream Hope is Rising an.



Ein guter Freund, der inzwischen seinen Vorruhestand auslebt, informierte uns nun schon zum zweiten Mal über Hope is Rising. Die Werbung war reißerisch aufgemacht und soll vermutlich die Zielgruppe von Campus für Christus ansprechen: Studenten. Da auch wir uns noch jung fühlen, verabredeten wir uns zu 20 Uhr im Wohnzimmer und schalteten den Beamer ein.

Meine Frau hatte schon den ganzen Tag verzweifelt ihre Hörgeräte gesucht. Den ganzen Tag über kam es zu akustischen Missverständnissen. Aber Dank Campus für Christus fanden wir die kleinen Hilfsgeräte - beim Aufklappen des Laptops.

Der Livestream war bewusst als Amateurvideo deklariert. Dennoch enthielt er professionelle Anteile. Das Programm war sehr abwechslungsreich. Wichtig, wenn man eine Online-Community für 90 Minuten bei der Stange halten will. Es gab eine Einleitung aus der Schweiz. Dann folgten Hip Hop von O Bros und ein kurzer Input aus dem Keller eines Campus-Leiters. Der Keller war in morbidem Grün gestrichen.

Es folgten mehrere rockige Musikstücke von Planet Shakers aus Australien. Wir fragten uns, wie die das mit den acht Stunden Zeitunterschied zwischen Melbourne und Deutschland machen? Vermutlich doch eine Aufzeichnung. Im Internet lässt sich sowas leicht kaschieren. Es folgte ein weiterer Input aus dem ICF München. Dabei lernten wir, dass die Quarantäne eine biblische Grundlage hat. Das Wort Quarantäne leitet sich vom lateinischen Wort quadraginta (vierzig) ab. Das ist die Zeit, die sich Kranke absondern sollen, bis sie genesen oder nicht mehr ansteckend sind.

Zum Abschluss von Hope is Rising wurden zwei weitere Lieder gespielt. Der Ton war leider völlig übersteuert. Aber das passiert eben bei einem Livestream. Danach verließen Frau und Tochter das Wohnzimmer. Die Nähmaschine im Schlafzimmer setzte ihr Werk fort: Gesichtsmasken.

Ein Reinschauen bei Hope is Rising lohnt sich durchaus. Man lernt neue Bands kennen und bekommt mehrere Inputs von fitten christlichen Leitern. Allein der Moderator mit seinem weißen Feinripphemd war heute etwas anstrengend.

Freitag, 10. April 2020

Karfreitag mit Lobpreis aus Nigeria

Corona hat den Charme, dass man Gottesdienste überregional erleben kann, ohne das Haus verlassen zu müssen. Am Karfreitag sangen wir bei einem Lobpreis mit, der aus Nigeria geliefert wurde.



Saddleback Berlin ist eine internationale Gemeinde, die bei 300 Mitgliedern und Freunden etwa 50 Nationen repräsentiert: Europäer, Asiaten, Australier, Nord- und Südamerikaner, echte Berliner und Afrikaner. Auch beim Lobpreisteam steht selten dieselbe Nation zweimal auf der Bühne.

Lobpreisleiter Diazno ist Nigerianer. Mitte März hatte er sich in seine Heimat aufgemacht. Dort wollte er heiraten - eine Nigerianerin. Zweimal dieselbe Nation bei Saddleback? OK, unsere Familie besteht auch zu 100% aus eingeborenen Berlinern. Ansonsten sind internationale Familien absolut üblich. Team.F bietet für regelmäßig auftretende Spannungen zwischen den Kulturkreisen Seminare an.

Kaum verheiratet, stand das Paar plötzlich vor geschlossenen Flughäfen und Grenzen. Egal, sie haben sich und das Internet. Dazu gibt es zwischen Deutschland und Nigeria nur eine Stunde Zeitunterschied.

Gelegentlich hört man das Wort Nigeria in den Nachrichten. Einige Deutsche wissen noch, dass Nigeria in Afrika liegt. Aber wo dort? Am besten erklärt sich das wohl mit der Sahel-Zone. Diese erstreckt sich über den Norden Afrikas von Westen bis Osten und umfasst die riesigen Wüstenflächen von Mali, Niger, Tschad und Sudan. Nigeria liegt direkt südlich von Niger und hat im Süden einen langen Küstenstreifen zum Atlantik.

Etwa 50% der Bevölkerung Nigerias sind Christen. Diese leben im südlichen Teil des Landes. Im Norden - also Richtung Sahelzone - leben die etwa 40% Moslems. Rebellengruppen gibt es im gesamten Land. Diese scharen sich um die vielen Goldvorkommen. Das Gold wird in der Regel nach Sudan oder Äthiopien transferiert und anschließend über Katar, Indien und die Schweiz gewaschen. Danach kommt es zur Terrorfinanzierung in die Region zurück. Erwähnt sei auch das Thema Fake-Rechnungen für Außenhandelsgeschäfte. Diese machen über 50% des Außenhandelsvolumens aus. Apropos Handel: Nigeria ist führend im Menschenhandel. Begünstigt wird das durch die regionalen Flüchtlingsbewegungen. 2019 gab es 2,2 Millionen Inlandsflüchtlinge. Für 2050 wird eine Verdreifachung der Bevölkerung erwartet.

Diazno und seine Frau setzten sich heute auf ihre Couch in Nigeria. Dahinter ein Bild, das Jesus als Löwe und König darstellt. Dann wurde die Kamera eingeschaltet und es ging los. Diazno und seine Frau rissen uns musikalisch mit. Teilweise waren sie in ihrem Gesang so gefangen, dass sie sich aus dem Fokus der Kamera bewegten. Dabei hatten sie nur eine Gitarre und zwei Stimmen. Das aber perfekt aufeinander zugeschnitten. Der Lobpreis ging etwa eine Stunde und wurde nur durch einen kurzen Input und Gebete unterbrochen.

Wir sind gespannt, wann wir Diazno und seine Frau live in Berlin auf der Bühne sehen werden.

Sonntag, 5. April 2020

Hillsong Australien im Livestream

Wenn schon Online-Gottesdienst, dann gerne auch mal richtig international. Deshalb entschieden wir uns heute für die ganz andere Seite der Erdkugel und waren gespannt auf den Gottesdienst von Hillsong Australien.



Niemand aus der Familie konnte auf Anhieb sagen, wie viele Stunden Zeitunterschied zwischen uns und Australien liegen. Die AEST (Australien Eastern Standard Time) gilt in Sidney und ist uns acht Stunden voraus. Klingt recht wenig. Hillsong ist sehr medienaffin und hat extra eine Domain für seine Livestreams eingerichtet: online.hillsong.com

Auf der Startseite gibt es jede Menge Kacheln, die zu den verschiedenen Standorten von Hillsong führen oder zu speziellen Themen. Irgendwann hatten wir uns zum aktuellen Gottesdienst durchgeklickt. Dieser wurde zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Sprachen angeboten: Mandarin klang gesund, wäre aber an der Sprachbarriere gescheitert. So entschieden wir uns für einen Gottesdienst auf Englisch, der um 11:30 Uhr unserer Zeit starten sollte.

Kaum war der Countdown auf null gezählt, saß die Familie vor der Leinwand und wartete gespannt auf das australische Programm. Zunächst trat meine Lieblingsbesetzung von Hillsong United auf. Vier Musiker plus einer unbekannten Anzahl von Kameraleuten waren in einem Studio zusammen. Abstand weniger als 1,5 Meter und kein Mundschutz. Oberhalb des Videos hatte Hillsong einen Text angebracht, dass die Aufnahmen nach den gesetzlichen Corona-Regelungen angefertigt worden seien. In Australien wird ja einiges lockerer gesehen als hier.

Nach drei Liedern, die meine Kinder sogar kannten, wurde auf eine Bühne umgeschaltet. Dort stand Brian Houston. Zusammen mit seiner Frau hatte er 1983 die Hillsong Bewegung angestoßen. Die damals gegründete Gemeinde in Sidney hieß "Hills Christian Life Centre". Das extrem schnelle Wachstum bis in den fünfstelligen Bereich hinein mündete in eine weltweite Gründung von Gemeinden. Der Name "Hillsong Church" wurde 1999 eingeführt. Wer eine Hillsong-Gemeinde in seinem Heimatort betreiben möchte, muss bestimmte Standards erfüllen und sich dem zentralen Franchise-Konzept unterordnen. So ist es kaum verwunderlich, wenn der Gottesdienst in Berlin rein liturgisch dem Vorbild in Sidney folgt.

Zurück zur Liturgie: Zunächst warb Brian Houston um Spenden. Dass das eine Weile dauern kann, war uns noch gut vom jüngsten Besuch bei Hillsong Berlin bekannt. Nur, dass die Australier die Ausführungen des Pastors mit einem Clip über die Einfachheit des Spendenvorgangs flankierten. Als rein fiktiver Betrag wurden 100 $ dargestellt. Als dann jedoch die Auswahl "weekly" (wöchentlich) gezeigt wurde, fielen unsere Kinnladen nach unten.

Nach der Kollekte folgte die Predigt. Diese war gut strukturiert und hatte einen klaren roten Faden. Es ging um Namen. Den eigenen Namen, die Namen Gottes, die Änderung von Namen und den Segen, der mit Namen verbunden ist. Brian Houston untermalte das mit sehr vielen Bibelstellen. Die Länge der Predigt wurde von den Kindern durch entsprechende Körperhaltungen quittiert: Meine Tochter lag von der Couch bis zum Sessel bäuchlings auf dem Wohnzimmertisch. Gleichzeitig diente der Wohnzimmertisch als Auflage für die Stirn meines Sohnes. Wir hatten ihm verboten, sein Handy aus der Hosentasche zu holen.

Zum Gebet positionierten sich alle wieder. Ich machte Dehnungsübungen mit der Wade. Als Abschluss wurden noch zwei Stücke von Hillsong United gespielt. Das zweite Stück war vermutlich eine ältere Aufzeichnung. Denn der Saal und die Bühne waren nachweislich voll mit Musikern und Gottesdienstbesuchern. Oben rechts flimmerte immer noch der Hinweis, dass alle Aufnahmen nach den aktuellen Corona-Regeln angefertigt worden waren.

Samstag, 4. April 2020

Johannes Hartl online aus dem Gebetshaus Augsburg

Links zu Videos von Johannes Hartl aus dem Gebetshaus Augsburg bekomme ich oft zugespielt. Heute habe ich mich erstmalig auf ein solches Video eingelassen.



Wenn mir liebe Freunde bisher einen Link zu Johannes Hartl übermittelt hatten, hatte ich relativ schnell draufgeklickt - insbesondere wenn per WhatsApp meine Antwortzeit evaluierbar war. Das Video selbst erlebte dann regelmäßig ein Absprungtiming, das unter einer Minute lag. Gründe waren das Erblicken der Laufzeit des Videos, die Einleitung mit Hebraismen gefüllten Sätzen und dieser an eine Badeanstalt erinnernde beige-graue Noppenhintergrund. Hebräisch finde ich zwar tendenziell ganz nett, aber doch bitte nicht mitten am Tag zwischen E-Mail-Check und dem Absprung zu McFit.

Nach drei Wochen ohne McFit und unzähligen E-Mail-Checks beschloss ich einen neuen Versuch mit Johannes Hartl. Schnell verzogen sich die Kinder in ihre Zimmer. Meine Frau war bereit zum Mitgucken. Gerade war wieder eine Einladung über Campus für Christus gekommen. Den Live-Stream hatten wir aber verpasst. Während Corona verliert man jegliches Zeitgefühl. Deshalb schauten wir auf dem YouTube-Kanal des Gebetshauses Augsburg nach. Der Kanal hat stattliche 43.500 Abonnenten und knapp 12 Millionen Videoaufrufe.

Zum Warmgucken schauten wir uns einen 90-Sekunden-Clip über professionelle Hilfe bei Psychosen an. Man brauchte schon strake Nerven für die Kombi aus gelbem Sessel und mittelalterlichem Schwarz-Weiß-Hintergrund mit großen roten Flecken. Ein leichter Touch von Tatortreiniger. Dann wagten wir uns an ein einstündiges Video mit dem Titel "Krisen bewältigen".

Das dunkel geblümte Sakko von Johannes Hartl kompensierte den beige-grauen Noppenhintergrund. Wir konzentrierten uns auf den katholischen Theologen und dessen Worte. Bald hatten sie das optische Ambiente überlagert. Was der Mann sagte, hatte Hand und Fuß, war gut strukturiert und wurde permanent per Flipchart illustriert. Die dargelegte Vorgehensweise im Umgang mit Krisen deckte sich mit unseren Erfahrungen. Er ging darauf ein, dass man an Krisen reifen oder zerbrechen könne.

Komfort, Kontrolle und Freiheit gehörten zwar zu unserem allgemeinen Erleben. Diese seien aber nicht selbstverständlich. Corona beispielsweise könne innerhalb weniger Momente alle drei Komponenten wegbrechen lassen. Und das sei auch gut so, weil Krisen die Persönlichkeit eines Menschen reifen lassen. Gott schaffe zwar selbst keine Krisen, aber er nutze diese zum Training von Menschen, die er anschließend für bestimmte Handlungen oder Positionen einsetzen möchte. Menschen, die Krisen erlebt haben und daran gereift seien, seien deutlich glücklicher als Menschen, die noch nie eine wirkliche Krise erlebt hätten.

Das Video war wirklich spannend und wurde deshalb wohl auch schon von 120.000 Leuten angesehen. Damit hat das Video Potenzial, als erstes die Schallmauer von einer Million zu durchbrechen. Es gibt auch ältere Videos mit sechsstelligen Zugriffszahlen, aber das Krisen-Video ist erst seit zwei Wochen online. Mal sehen, wann wir mal wieder den Kanal des Gebetshauses durchstöbern.