Donnerstag, 29. März 2018

Gottesdienste in Berlin

Bei der Suche nach Gottesdiensten am Osterwochenende in Berlin führte uns Google auf eine der vielen Webseiten von Gemeinsam für Berlin: www.Gottesdienst-in-Berlin.de



Seit über einem Jahr besuchen wir als Familie wieder regelmäßig eine Gemeinde in Berlin. Dort haben wir auch einige Dienste übernommen. Das wirkt sich auf die Besuchsfrequenz des Church Checkers aus. Da unser Pastor in seiner internationalen Gemeinde Fluktuation gewohnt ist und ein großes Herz für den Church Checker hat, sind wir jedoch frei, diesen Blog weiter zu bedienen.

So schaute ich heute bei Google, welche Gottesdienste über das Osterwochenende stattfinden. Ohne den Zusatz "gottesdienst" hätte ich nur Webseiten zum Tanzverbot am Karfreitag, fragwürdige Umzüge oder anderen gottlosen Kram gefunden. Nachdem ich die Suche auf "karfreitag gottesdienst berlin" erweitert hatte, wurde mir eine Webseite von Gemeinsam für Berlin präsentiert:

www.Gottesdienst-in-Berlin.de

Ähnlich der Webseite für Migrationskirchen kann bei Gottesdienst-in-Berlin.de nach Stilrichtung, Sprache, Besucherzahl, Uhrzeit und Kinderfreundlichkeit gefiltert werden. Bei Klick auf "Modern" oder "Jugendorientiert" oder "Französisch" oder "So. Abends" reduzieren sich die roten Pins auf der Google-Karte.

Weitere Informationen werden sichtbar, wenn die Mouse über die Pins fährt. Es erscheint dann der Name der Gemeinde. Bei Klick auf den Pin öffnet sich ein Infofeld mit Adresse, Webseite und den gewünschten Uhrzeiten. Ein weiterer Klick leitet zur Routenplanung per Auto oder Bahn. Sehr gut gemacht und leicht zu bedienen. Leider eine etwas längere Ladezeit der Gesamtübersicht beim Erstbesuch dieser Gottesdienst-Webseite.

Der Vorstand von Gemeinsam für Berlin wies kürzlich auf den erheblichen Pflegeaufwand dieser Datenbanken hin. Man müsse Datenschutzrichtlinien beachten, die Gemeinden um Erlaubnis fragen und einen Mitarbeiter zur nachhaltigen Pflege einsetzen. Aus diesem Grunde kann die Aktualität nicht garantiert werden. Es lohnt sich also in jedem Fall, vor einem Offline-Besuch die Webseite der jeweiligen Gemeinde zu besuchen.

In diesem Sinne ein gesegnetes Osterwochenende!

Montag, 19. März 2018

Hätte Jesus Sushi gegessen?

Wenn der Kellner bei einem BMW-Treffen fragt, wer denn den Cappuccino bestellt habe, wandern alle Blicke zu den wenigen Frauen im Saal. Ähnliches wird wohl passieren, wenn das Wort Sushi fällt. Nachfolgend eine nicht ganz ernst gemeinte Auseinandersetzung mit Sushi und dessen biblischer Relevanz.



Entscheidungen spielen in der neuen Predigtreihe eine große Rolle. Laut Pastor Dave Schnitter gäbe es Entscheidungen mit Langzeitfolgen und unbedeutende Entscheidungen. Seiner Meinung nach gehöre die Entscheidung eines Paares, ob Sushi oder Döner gegessen werde, zu den weniger wichtigen Entscheidungen. Das sehe ich anders. Man stelle sich vor, der mitessende Mann erleidet durch Sushi eine Fischvergiftung. Er wird dadurch arbeitsunfähig oder lebt sogar vorzeitig ab.

Letzteres hätte den Vorteil, dass er die Versichertengemeinschaft nur kurzzeitig belastet und - so er Christ war - nun das ewige Leben in der Gegenwart Gottes beginnen kann. Hatte er noch keine Beziehung zu Jesus, wäre das ein trauriger Abstieg in die Hölle - und das nur wegen einer Fehlentscheidung: Sushi.

Was ist Sushi überhaupt?

Damit sich nicht alle Männer selbst damit auseinander setzen müssen, habe ich recherchiert. Sushi ist ein japanisches Gericht - da haben wir es wieder: Gericht. Dieses Gericht besteht aus kaltem gesäuerten Reis. Hinzu kommen roher oder geräucherter Fisch, rohe Meeresfrüchte, Seetang, Gemüse, Tofu und Ei. Fisch, Gemüse und Ei sind ja soweit OK. Aber Seetang und Tofu? Allerdings wurde ich bereits Zeuge davon, wie Männer aus Friedrichshain oder Prenzlauer Berg Tofu aßen.

Reis scheint ein elementarer Bestandteil von Sushi zu sein. Laut Wikipedia und anderer Quellen wurde der Reis etwa 2.000 Jahre vor der biblischen Weltschöpfung im heutigen China kultiviert. Die ältesten Funde stammen jedoch aus der Zeit der Sintflut. Als David mit König Saul zu tun hatte, war der Reis bereits im Anmarsch auf Persien. Indien war schon von Reis überschwemmt worden. Als Antiochus in Jerusalem sein Unwesen trieb und von den Makkabäern eins auf die Mütze bekam, schwappte der Reis ins Römische Reich hinüber. Die Römer kannten Reis als Heilpflanze.

Jesus und Reis?

So kann davon ausgegangen werden, dass auch Jesus mit Reis in Berührung gekommen war. Reis wird in der deutschen Bibel-Übersetzung nur in Hesekiel 17 Vers 22 erwähnt: "Von den obersten seiner Schoße will ich ein zartes Reis abbrechen und will es auf einen hohen und erhabenen Berg pflanzen". Das hebräische Wort für Reis im Sinne von Sushi lautet Orez (אורז). Vokalisiert man Orez auf Erez, ergibt sich das Wort für Zeder. Erez findet die Volltextsuche 25 Mal im hebräischen Urtext. Fast alle Stellen haben einen klaren Bezug zum Libanon mit seinen Zedern. Erez ist übrigens nicht mit Eretz zu verwechseln. Eretz heißt Land und hat am Ende ein anderes Z (ארץ).

Fisch: 4 + 3 = 7

Da das alles etwas kompliziert klingt, widmen wir uns nun einem weiteren wichtigen Bestandteil von Sushi: Fisch. Fisch heißt auf Hebräisch Dag und wird mit den zwei Konsonanten D und G geschrieben. D hat den Zahlenwert 4 und G den Zahlenwert 3, was eine Quersumme von 7 ergibt. Cool, gell? Der Fisch als christliches Symbol ergibt mit seinen 4 (irdische Dimensionen) plus 3 (göttliche Einheit) die Zahl 7 (Vollkommenheit). Eine in sich verschachtelte Zahlensymbolik, über die sich beim nächsten Besuch eines Asia Imbiss nachdenken ließe.
 
Ach ja, Sushi wird auf Hebräisch übrigens סושי geschrieben. Bitte falsch herum lesen. סושי hat den Zahlenwert 376 - ist aber eigentlich auch egal.

Hatte Jesus Sushi gegessen?

Was fangen wir nun mit diesem Wissen an? Erst einmal ist festzustellen, dass Jesus theoretisch Sushi hätte essen können, da Reis und Fisch im damaligen Israel bekannt waren. Fische werden in der Bibel jedoch vorwiegend mit Geld im Maul, mit Brot als Beilage oder mit Jona im Bauch erwähnt. Wenn Jesus also Sushi gegessen haben sollte, ist das zumindest nicht überliefert.

Gelegentlich bin ich optimierungsfähig. So gibt es in Potsdam ein Restaurant, wo selbst ich Sushi esse. Meine Frau hatte den Besuch dieses Restaurants vor drei Jahren als Kompromiss erzwungen. Vorab hatte sie eine gemeinsame Probefahrt im Jaguar XE über sich ergehen lassen müssen. Wenigstens kennt mich in Potsdam niemand und - Sushi schmeckt dort sogar.

Donnerstag, 15. März 2018

Deutsche Christen und Bekennende Kirche im Großraum Marzahn

Die Denkweisen und das Wirken der Deutschen Christen hat heute kaum noch jemand auf dem Radar. Bekannt ist vielleicht noch, dass die Bekennende Kirche einen Gegenakzent gesetzt hatte. Gestern Abend informierten wir uns über die damaligen Konstellationen in den Ortsteilen Biesdorf, Mahlsdorf und Kaulsdorf.



Nationalsozialismus ist eng mit Zahlensymbolik verbandelt. So steht 88 für HH, die Abkürzung von Heil Hitler. Die 18 steht für AH wie Adolf Hitler und die 43 für DC wie Deutsche Christen. Das war wohl auch ein Grund dafür, dass die Kirche43 in Marzahn ihre 43 nur im Branding tragen durfte. Der Verein musste sich alternativ Junge Kirche Marzahn e.V. nennen, obwohl ein Marketing-Experte aus Bielefeld die 43 lediglich aus der alten Postleitzahl extrahiert hatte. Ortsgemeinde eben.

Wie schon vor ein paar Tagen in Dahlem festgestellt, ist die Geschichte der Kirche zwischen 1933 und 1945 sehr spannend. Die Art und Weise der Machtübernahme mit vollendeten Tatsachen, kurzfristigen Terminen und Denunzierungen passt in das hier schon mehrfach thematisierte Schema des Machtmissbrauchs. Prinzipiell läuft so etwas immer gleich ab. Im national-sozialistischen Berlin hatte es allerdings größere Ausmaße, wurde offen praktiziert und war lebensgefährlich.

Deutsche Christen

Die Deutschen Christen traten schon 1932 offen zu Tage. Die Mitglieder der DC einte ein klares Bekenntnis zum Führer mit der Umschrift 18. 1933 besetzten die DC sämtliche Gemeinde-Kirchenräte und offiziellen Kirchenämter. Zunächst bestand die Hoffnung, dass Hitler die gottlosen Strömungen der 1920er Jahre auf ein christliches Fundament zurückhole. Das entpuppte sich einige Jahre später jedoch als Irrtum. Die 43er reklamierten immer wieder Einheit in der deutschen Christenheit. Einheit unter der 18.

Bekennende Kirche

Die Bekennende Kirche setzte mutig einen Gegenakzent und konnte erst einmal relativ frei agieren. Ihre Mitgliedskarte war knallrot. Es wurde auch ein Pfarrernotbund gegründet, der Pfarrer unterstützen sollte, die wegen ihrer Abstammung nicht mehr offiziell für ihren Beruf zugelassen waren. Durch die fingierten Gemeindewahlen hatten die DC sämtliche Posten der kirchlichen Upline besetzt und regierten ihre Ansichten bis in die Ortsgemeinden durch.

Fließende Übergänge

Bei der gestrigen Veranstaltung im Bezirksmuseum fielen jede Menge Namen: Bischöfe, Pfarrer, Einwohner des Großraums Marzahn. Einige waren straffe Anhänger von 18 und 43. Andere bezeichneten sich als neutral, waren aber Anhänger von 18. Weitere Christen schlossen sich der Bekennenden Kirche an und stellten Jesus über die 18. Einige wechselten die Seiten. Andere wurden wegen belangloser Äußerungen ins Konzentrationslager geschickt.

Es war eine turbulente Zeit, die jedoch die viel beschworene Einheit innerhalb der DC ins Bröckeln brachte. Wenn Jesus aus dem Fokus gerät, kann das im Raum der Kirche nicht auf Dauer funktionieren. Doppelmitglieder von SA und DC überwarfen sich mit heidnischen SA-Leuten, gerieten in die Strukturen der Macht und wurden letztlich fallen gelassen.

Heinrich Grüber aus Kaulsdorf

Eigentlich sollte es um den Pfarrer Heinrich Grüber aus Kaulsdorf gehen. Dieser stellte aber bei der Fülle der Informationen nur eine Randfigur dar. Heinrich Grüber hatte auch die Rote Karte der Bekennenden Kirche und war aktiv an der Rettung konvertierter Juden beteiligt. Er selbst musste einige Jahre in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Dachau verbringen. Schutzhaft nannte sich das.

Heinrich Grüber überlebte diese Zeit und wirkte nach dem Krieg als Bürgermeister von Kaulsdorf. Er versteckte viele Frauen und Mädchen vor den Massen-Vergewaltigungen durch russische Soldaten. Vom Regen in die Traufe. Beim Eichmann-Prozess sagte er 1961 als einziger Nicht-Jude aus. In einem guten Alter von 84 Jahren starb er in Berlin.

Sonntag, 11. März 2018

Transforum 2018 in der Josua Gemeinde Spandau

Das Transforum gibt es seit 2004. Es findet alle zwei Jahre statt. Es geht um den positiven Einfluss des Christseins auf die urbane Umgebung. Wer am Transforum 2018 teilnehmen wollte, musste nach Spandau fahren.



Ich war noch nie beim Transforum. Dabei hatte ich fast zehn Jahre lang die Webseite inklusive der Archiv- und Anmeldefunktionen betreut. So wusste ich immer, welche Referenten erwartet werden und um welche Themen es geht. Den Haupt-Initiator Gemeinsam für Berlin kenne ich ebenfalls von Anbeginn und gehe mit deren Zielen konform. Aber ich war noch nie beim Transforum.

Das Programm

Als vor ein paar Tagen der Rundbrief zum Transforum 2018 eintraf, suchte ich vergebens nach einem aussagekräftigen Programm. Wegen der Zeit-Effizienz besuche ich mehrtägige Veranstaltungen in der Regel nur gezielt zu bestimmten Programmteilen, verschaffe mir einen Überblick, sauge die Stimmung vor Ort auf, nehme ein paar Impulse mit und widme mich dann wieder anderen Tagesaufgaben. Manchmal habe ich den Artikel sogar schon in der Schublade, bevor ich losfahre. In seltenen Fällen werde ich dann vor Ort überrascht, so wie damals bei "Farm & Food 4.0".

Am Freitag Vormittag fiel mir plötzlich wieder das Transforum ein. Schnell rief ich die Webseite auf und versuchte dort ein konkretes Programm zu finden. Die Aufmachung moderner Webseiten ist ja sehr plakativ. So fand ich neben einem überdimensionierten Baumaschinen-Piktogramm einen kurzen Text mit der Überschrift "Antwortsuche". Darunter den Button "Workshops": Klick! Tatsächlich öffnete sich eine Liste mit Workshops.

Workshops

Einige Workshops erschienen mir interessant:
  • Lernen von den Start-ups - Tools für Gemeindeentwicklung
  • Christliches Netzwerk für die Stadt
  • Gemeindekonflikte erkennen und lösen
  • Altlasten Ost-West
  • Income Inequity - The growing Gap (Ungleiches Einkommen - die wachsende Kluft)
Dann schaute ich auf die Uhr und dachte an den Weg. Ja, der Weg: 30 Kilometer am Mittag quer durch die Stadt. Google avisierte eine Stunde Fahrzeit. Ein hartes Ringen begann. Per WhatsApp fragte ich einen Freund, ob er spontan mitkommen wolle. Nein, es war zu kurzfristig. Also widmete ich mich wieder dem Tagesgeschäft.

So lief auch in diesem Jahr das Transforum an mir vorbei.

3 Tage in Spandau

Das Transforum startete am Donnerstag und ging bis Samstag. Es fand diesmal in der Josua Gemeinde Spandau statt. Teilnehmer und Referenten kamen wie üblich aus verschiedenen Organisationen und Gemeinden. Das gemeinsame Thema ist seit dem ersten Transforum eine positive Klimaveränderung in der Stadt. Das Klima verändert sich, wenn sich Menschen für ein Leben mit Jesus entscheiden. Die spannende Entwicklung in New York City ist ein Beispiel dafür, dass es funktioniert. Erreicht werden kann es unter anderem durch Vernetzung der Christen, gemeinsames Gebet, Gemeindegründung, authentischen Lebensstil im Alltag, soziale Projekte oder Nachbarschaftshilfe.

Business-Transforum

Ich war übrigens auch noch nie beim Business-Transforum. Das Business-Transforum gibt es seit 2012. Es findet jährlich statt. Das aktuelle Business-Transforen vom 20. bis 21. April 2018 ist fast so gut erreichbar wie das normale Transforum 2018: Essen. Essen ist hier nicht der Imperativ zur Nahrungsaufnahme, sondern der Veranstaltungsort. Warum auch immer Essen? Teilnehmer und Protagonisten haben berichtet, dass das Business-Transforum intensiv und wertvoll sei. Es nehmen erfahrene Christen aus der Wirtschaft teil. Die Besetzung ist international.

Das Business-Transforum läuft ähnlich ab, wie das normale Transforum. Schwerpunkte sind allerdings Themen aus der Wirtschaft und Fragen nach den Bau des Reiches Gottes im Berufsumfeld.

Wer ein wenig in der Szene christlicher Unternehmer unterwegs ist, wird in Essen viele Bekannte treffen. Das bietet gute Kontaktmöglichkeiten am Rande der Workshops und Plenumszeiten. So manch ein spontaner Input erfrischt dann das Business. Weisheit und Erfahrung anderer Teilnehmer helfen zudem beim Treffen wichtiger Entscheidungen.

Aber  auch in diesem Jahr werde ich nicht am Business-Transforum teilnehmen. Ich habe einen anderen Termin.

Freitag, 2. März 2018

Requiem für Pater Alain-Florent Gandoulou

"Teuer ist in den Augen des HERRN der Tod seiner Frommen", heißt es in Psalm 116. Vor einer Woche ist der katholische Priester in seinem Berliner Büro ermordet worden. Heute hielt Erzbischof Heiner Koch das Requiem.



Vor einem Jahr lernte ich eine Frau kennen, die regelmäßig für die Caritas im Kongo unterwegs ist. Eines Tages geriet ihr Konvoi in einen illegalen Check-Point. Die Insassen des ersten Fahrzeuges wurden als Geiseln festgehalten. Ihr eigener Fahrer konnte wenden und fliehen. Die Splitter der Tür stecken immer noch in ihrem Fuß. Eine normale Karosserie hält bei Kalaschnikow-Beschuss gar nichts ab.

Kongo, Ost und West

Auch in Kongo gibt es eine Ost- und West-Trennung. Der Westen nennt sich Republik Kongo und war bis 1960 unter französischer Herrschaft. Der deutlich größere Osten nennt sich Demokratische Republik Kongo und war bis 1960 unter belgischer Hoheit. In beiden Teilen gilt Französisch als Amtssprache.

Kongo war auch das Geburtsland von Pater Alain-Florent Gandoulou, also die Republik Kongo im Westen. Er lebte schon viele Jahre in Deutschland. In den Kongo konnte er nicht mehr zurück, da er die dortige Politik kritisiert hatte. Bei seiner Gemeinde in Charlottenburg war er sehr beliebt. Nach den Gottesdiensten soll er immer wieder Leute zum Essen mit nach Hause genommen und sich sehr selbstlos um seine Gemeindemitglieder gekümmert haben. "Papa Alain" muss ein freundlicher und umgänglicher Mann gewesen sein.

Französisch in Berlin

Seine Gemeinde Paroisse Catholique Francophone wurde 1945 gegründet und bot zunächst den französischen Alliierten eine geistliche Heimat. Entsprechend nachhaltig waren auch seine Beziehungen zum Militär. So hatte er unter anderem an einem Pfingst-Gottesdienst beim Wachbataillon in Tegel teilgenommen. In Berlin leben weit über 18.000 Franzosen. Hinzu kommen Afrikaner, die Französisch aus ihren Heimatländern mitgebracht haben.

Pater Alain-Florent Gandoulou war am 11. August 1963 in Brazzaville geboren worden. 1991 wurde er zum Priester geweiht und arbeitete einige Jahre seiner Geburtsstadt. 1996 zog er nach Bonn (Bad Godesberg) und promovierte dort in Christlicher Gesellschaftslehre. Bis 2005 engagierte er sich in einer Bonner Gemeinde, ging dann nach Paris und startete 2009 seine Arbeit in Berlin. Ein intelligenter Mann also, der seine Chancen genutzt hatte und dabei ein nahbarer Ansprechpartner geblieben war. Ein Mann, der seinen Bezugspersonen ein Beispiel gelebten Glaubens vermitteln konnte.

Requiem

Requiem - Ruhe - für Pater Alain-Florent Gandoulou. Am 22. Februar 2018 wurde er im Streit von einem anderen Afrikaner ermordet. Der Tatort muss dem Szenario eines skandinavischen Krimis geglichen haben: Stichwunde im Kopf, beigefügt mit einem Regenschirm. Der mutmaßliche Täter wurde am Folgetag in Reinickendorf gefasst. Dieser war nur halb so alt wie der Papa Alain und kam aus Kamerun, dem nordwestlichen Nachbarland der Republik Kongo.

S-Bahn, Koch und neue Leute

Heute habe ich einen Fehler gemacht. Bei -8°C wollte ich mit der S-Bahn in die City fahren. Ich freute mich, dass sie schon im Bahnhof stand und auf mich wartete. "Der Zugverkehr ist unregelmäßig", tönte es regelmäßig durch den Lautsprecher. Schön warm war es in der Bahn. Nach einer halben Stunde stieg ich wieder aus. Die Bahn hatte sich keinen Zentimeter bewegt.

Pater Alain-Florent Gandoulou soll im Kongo beigesetzt werden - in seiner Geburtsstadt Brazzaville. Das heutige Requiem - die Gedenkmesse - mit Erzbischof Heiner Koch habe ich verpasst. Schade. Dennoch ist mir schon durch die Beschäftigung mit Papa Alain eine Person aus der christlichen Szene Berlins nahe gebracht worden, die ich bisher nicht kannte. Parallelwelten eben, die postmortal zu einer Welt - der neuen Welt Gottes - verschmelzen.