Sonntag, 31. Mai 2020

Vom Jakobus zum James

In einer Online-Predigtreihe zu COVID19 geht es derzeit um den Jakobusbrief. So entspann sich heute eine Diskussion über die englische Bezeichnung dieses Briefes: James.



Heute ging es nicht darum, wie es von Saulus zu Paulus, Simon zu Petrus, Abram zu Abraham oder Jakob zu Israel kam. Nein, mit Anmoderation der neuesten Predigt von Rick Warren entspann sich eine Diskussion darüber, warum denn der Jakobus im Englischen in James umbenannt wurde. Ich vermutete, dass das auf die King James Bibel zurückzuführen sei. Glaubhafte Quellen berichten, dass einige Amerikaner diese Übersetzung als den biblischen Urtext betrachten.

Wir wollten es aber genauer wissen und gerieten in einen linguistischen Wettbewerb. Frau und Tochter hatten einen gewissen Vorteil, da sie ihre Smartphones dabei hatten. Aber sie fanden die Antwort nicht. Mein Sohn rekelte sich auf dem bequemen Bürosessel und erwähnte gelangweilt, dass die Spanier den James sogar als Diego bezeichnen. Er hasst Spanisch, auch wenn es in der heutigen Predigt um das biblische Liebesgebot und dessen praktische Anwendung auf Nachbarn ging.

Da die Frage nach James nicht geklärt werden konnte, entließen wir ihn in sein Zimmer. Er durfte sein Handy holen und selbst suchen. Erwartungsgemäß schnell hatte er die Antwort gefunden:

Es beginnt mit der Aussprache der Buchstaben B und M. In beiden Fällen werden zunächst die Lippen zusammengepresst. Um ein B zu sprechen, werden die Lippen schnell wieder geöffnet und beim M bleiben die Lippen einfach zu.

Die Lateiner hatten zunächst aus Jakob den Jakobus gemacht. Solche Anwandlungen kennen wir auch aus dem Deutschen, wenn Sachsen ein "ne" oder Schwaben ein "le" anhängen. Ein Russischkenner hatte mal einen simplen Trick für die Aussprache der sechs russischen Fälle parat: Man müsse einfach nur die Endung nuscheln. So kam es dann wohl in den späteren lateinische Dialekten dazu, dass aus dem B ein genuscheltes M wurde. Jakomus war geboren.

Jakobus und Jakomus existierten noch eine ganze Weile parallel nebeneinander. Die Sprachen entwickelten sich weiter - auseinander. Irgendwann hieß der biblische Yaakov (hebräischer Urtext) in Italien Giacomo, in Frankreich Jaques, in Wales Iago, in Irland Seamus, in Schottland Hamish und in England James. James ist im Prinzip nur eine mit der Zeit erfolgte Vereinfachung des Namens Jakomus.

Seltsam jedoch, dass James nur im Neuen Testament als solcher auftaucht und im Alten Testament immer noch von Jacob berichtet wird. Das liegt wohl daran, dass die King James Bibel um 1600 als Revision der Bishop's Bible erstellt wurde. Die Bishop's Bible war aus dem hebräischen und dem griechischen Urtext übersetzt worden. So kam es zu den zwei Varianten Yaakov und Iakobos. King James war übrigens König Jakob I. von England und lebte von 1566 bis 1625. Er kann als britischer Nachahmer Luthers bezeichnet werden.

Nachdem das nun geklärt wäre, wäre noch interessant, wie es zu der Abwandlung von Jakobus in Diego kam. Wen das interessiert, wird vermutlich in den Weiten des Internets eine Antwort finden.

Donnerstag, 21. Mai 2020

Himmelfahrt und Vatertag

Das Erstaunen war groß, als ein dicker Umschlag im Briefkasten lag. Die Gemeinde gratulierte mir zum Vatertag.



Ein Päckchen löslicher Kaffee, Schokolade, Eukalyptus-Dragees, Gummitiere, ein Kugelschreiber und eine Grußkarte waren wie ein Überlebenspäckchen zusammengestellt. "Happy Father's Day!" stand auf der Karte und zeigte einen Vater, der mit seinem Zweijährigen an der Hand dem Horizont entgegen geht. Auf der Rückseite ein Bibelspruch, der Gott als Vater beschreibt, und weitere Hinweise auf die Wichtigkeit, seine eigene familiäre Vaterrolle verantwortungsbewusst auszufüllen.

Dieser neue Blickwinkel war interessant. Fällt doch der Vatertag in Deutschland durch ganz andere Schwerpunkte auf: Saufexzesse, pöbelnde Männergruppen, torkelnde Radfahrer, ein dreifaches Unfallaufkommen sowie ein Ausschluss von Frauen und Kindern während der Feierlichkeiten des Mannseins. Es wird vermutet, dass der Vatertag um 1900 von der Brauwirtschaft eingeführt wurde. Um dann einen ganzen Tag den wirtschaftlichen Interessen dieser Branche dienen zu können, wurde ein Feiertag genutzt. Himmelfahrt bot sich insofern an, weil Jesus an diesem Tag zu seinem Vater in den Himmel aufgefahren war.

Vatertag, Männertag, Herrentag sind Bezeichnungen, die je nach Region verwendet werden. Die Form des Begehens dieses Tages ist jedoch identisch. Allerdings nur in Deutschland. Einen Vatertag gibt es in vielen Ländern. Deutschland ist aber das einzige Land, das diesen Tag mit dem Himmelfahrtstag zusammengelegt hat. Die meisten Länder feiern den Vatertag am dritten Sonntag im Juni, gefolgt von zehn Ländern, die ihn am 19. März begehen. Der 19. März ist Josef, dem Mann der Maria, gewidmet.

Beim Muttertag - am zweiten Sonntag im Mai - schließt sich Deutschland terminlich den internationalen Gepflogenheiten an. 1923 kam er auf Initiative des Blumenhandels nach Deutschland. Also auch wieder ein starkes wirtschaftliches Interesse mit dem Vorwand, den Müttern mal etwas Gutes zu tun. Mütter, die gerne etwas geschenkt bekommen, bestehen zusätzlich auf dem 8. März, dem internationalen Frauentag. Dieser wurde ebenfalls in den 1920er Jahren etabliert, hatte aber eher einen revolutionären Charakter.

Mitte der 1990er Jahre schwappte noch das bislang unbekannte Halloween nach Deutschland. Diverse Einzelhandelsunternehmen hatten den Wendeboom mitgenommen und wollten nun einen weiteren Umsatzimpuls setzen. Der Erfolg war mäßig. Im Fahrwasser der Aktion bildete sich jedoch der nervige Nebeneffekt marodierender Kleinkinder heraus, die in morbider Verkleidung am Allerheiligen-Abend von Haus zu Haus ziehen und um Süßes oder Saures betteln. Es soll Eltern geben, die das lustig finden.

Das Überlebenspäckchen zum Vatertag wurde inzwischen sortiert und an die Familie verteilt. Den Kugelschreiber bekam meine Frau, die Gummibärchen mein Sohn, der Kaffee kommt für Notfälle in den Garten und die Schokolade - ähm - die ist schon aufgegessen.

Sonntag, 10. Mai 2020

Drive-In-Gottesdienst des Kolpingwerkes Hildesheim

Besondere Situationen wie das Kontaktverbot während Corona machen erfinderisch. In Hildesheim gab es am Ostersonntag einen ganz besonderen Gottesdienst, der die erforderlichen Hygieneregeln bediente.



Der Gottesdienst in Hildesheim war so einzigartig, dass er heute Eingang ins Morgenprogramm von radioeins fand. Thematisch ging es um Messen. Es gibt Leute, die Land vermessen. Es gibt Messen mit vielen Ausstellern und es gibt Messen in der katholischen Kirche. Das katholische Kolpingwerk wollte die Gottesdienstbesucher nicht online zusammenbringen, sondern in Natura.

Dazu wurde der Schützenplatz in Hildesheim ausgewählt. Dieser Platz fasst 400 Autos. In Form eines Autokinos wurde dort ein Gottesdienst veranstaltet. Um nah am Geschehen zu sein, sollten die Autoradios auf die Frequenz 105,3 von Radio Tonkuhle einstellen. Der Priester hatte alles dabei und stand auf einer mobilen Bühne. Davor die Besucher in ihren SUVs, Wohnwagen und PKWs.

Hier trafen sich Menschen in hochmotorisierten Limos und Fahrer von Kleinwagen. Wie vor der Straßenverkehrsordnung, waren sie auch hier alle gleich. In geistlicher Einheit erlebten sie den Gottesdienst vom Auto aus. Es gab eine Eucharistiefeier und einen finalen Segen. Anschließend - so wurde berichtet - seien die Fahrzeugführer mit einem Lächeln auf dem Gesicht vom Platz gerollt.

Da auch Besucher vor Ort waren, die sonst eher nicht zur Kirche gehen, sind weitere Gottesdienste dieser Art in Planung.

Sonntag, 3. Mai 2020

Jubilate online und offline - 3. Sonntag nach Ostern

In der Kirchengeschichte wurde der 3. Sonntag nach Ostern mit der Bezeichnung Jubilate versehen. Zu Jubilate habe ich eine ganz besondere Beziehung.


Das Wort Jubilate erzeugt bis heute ein breites Grinsen. An viele Gottesdienste aus meiner Kindheit in einer Berliner Baptistengemeinde kann ich mich nicht erinnern. Auch bei längerem Nachdenken fallen mir nur drei Gottesdienste ein, obwohl wir wohl regelmäßig dabei waren.

In einem der Gottesdienste waren meine Filzstifte heruntergefallen und langsam aber sicher unter den Bänken Richtung Kanzel gerollt. Als nächstes kann ich mich an eine Predigt erinnern, die so gut war, dass die gesamte Gemeinde betroffen in den Bänken saß. Vielleicht wäre mir auch noch deren Inhalt im Gedächtnis geblieben, wenn nicht unmittelbar danach Bruder B. nach vorne gegangen wäre und die Predigt noch einmal ausführlich zerredet hätte. Die Stimmung war danach komplett ruiniert.

Kein Wunder also, dass mir sonst nur noch eine Predigt haften geblieben ist. Es ging um Jubilate. Der Chef des Baptistenbundes höchst persönlich war erschienen: schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, schwarze Hornbrille, süßliche Stimme. Das Wort Jubilate wurde in seiner Predigt inflationär eingesetzt. Vielleicht hätte ich es mir auch gar nicht gemerkt, wenn er nicht bei jedem Jubilate verzückt nach oben geschaut und einen Freudensprung auf der Kanzel vollzogen hätte. So also predigt der oberste Bruder schlechthin. Jubilate: Bis heute schüttelt meine Mutter den Kopf, wenn ich dieses Wort in den Raum werfe.

Jubilate lässt sich ganz gut ins Deutsche übersetzen. Wir kennen ja das Jubeln - Neudeutsch Lobpreis. Man spricht heute sogar von der Generation Lobpreis, die sich vor etwa 20 Jahren entwickelt hat und in kontemporären Gemeinden wie ICF, Hillsong, Equippers oder ähnlichen Konstrukten tummelt. Die Generation Lobpreis ist um die 30, wechselt öfter mal die Gemeinde und kennt sich mäßig in der Bibel aus. Aber, Jubilate kann sie.

Meine Mutter ist inzwischen Mitglied in der evangelischen Landeskirche. Durch Corona hat nun auch die Landeskirche die Möglichkeit von Online-Gottesdiensten entdeckt. Regelmäßig stellt mir ein Freund aus dem Gemeindezentrum Marzahn Nord per WhatsApp die aktuellen Predigten auf YouTube zu. Und heute nun geht es um: Jubilate.

Auch das Robert Koch-Institut empfiehlt zurzeit die Online-Gottesdienste. Die Ansteckungsgefahr liegt bei null. Zudem erhöhen Online-Angebote die Teilnehmerzahl. Aber es gibt noch einen weiteren Vorteil: Wer sich persönlich bisher nie über eine Kirchenschwelle getraut hat, kann das jetzt ganz bequem und anonym vom Wohnzimmer aus tun. Übrigens gibt es auch gute Lobpreismusik bei YouTube. Diese kann man nach Herzenslust per Kopfhörer aufsaugen und dabei sein ganz persönliches Jubilate-Erlebnis haben.

Freitag, 1. Mai 2020

Konkrete Maßnahmen zur Durchführung von Gottesdiensten nach #COVID19

Die Bundesregierung und die Länderchefs haben sich bei ihrem gestrigen Online-Meeting lobend über die gute Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften geäußert. Es waren Konzepte vorgelegt worden, die inzwischen auch vom Robert Koch-Institut kommentiert wurden.



Die Arbeitsgruppe aus Vertretern der evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirche sowie jüdischer und muslimischer Dachverbände hat einen nachhaltig guten Eindruck bei der Bundesregierung hinterlassen. Auch die Presse hatte unentwegt nachgefragt, wann und in welcher Form es wieder mit Gottesdiensten losgehe. Allein dieses Segment der Corona-Bewältigung zeigt, dass die Bundesregierung nicht abgehoben agiert, sondern diverse Schnittmengen zur Einflussnahme durch die Gesellschaft vorhanden sind.

Um die Ausbreitung der Pandemie gezielt behindern zu können, sei eine Nachverfolgung der Infektionsketten notwendig. Dazu soll es demnächst eine App geben. Aber auch der Abstand zwischen Personen, die nicht in einem Haushalt leben, soll möglichst groß sein, damit keine Lücken in der Nachvollziehbarkeit der Verbreitung des Erregers entstehen.

Die folgenden Maßnahmen des Gesundheits- und Infektionsschutzes bei der Durchführung von Gottesdiensten und religiösen Handlungen sind zwar kein offizieller Bestandteil der Beschlüsse vom 30. April 2020, wurden aber als einzige Anlage dem Ergebnispapier beigefügt. Die oben genannten Glaubensgemeinschaften sind jedoch eine Selbstverpflichtung eingegangen, diese Maßnahmen einzuhalten.

Begrenzung der Teilnehmerzahl

Die Teilnehmerzahl soll sich an der Größe des Raumes orientieren. Auf keinen Fall darf es zu Menschenansammlungen kommen. Es soll auch nur das unbedingt notwendige liturgische Personal anwesend sein. Taufen, Beschneidungen, Trauungen und andere religiöse Feste sind im kleinen Kreise von Familienangehörigen und wenigen unverzichtbaren Personen durchzuführen. Auf Großveranstaltungen wie Konferenzen, Wallfahrten oder Prozessionen ist zu verzichten.

Abstand

Die allgemeinen Abstandsregeln von 1,5 bis 2 Metern gelten auch für Gottesdienste. So soll auch das Personal in diesem Abstand das Gebäude betreten und verlassen. Auch während der liturgischen Handlung ist dieser Abstand einzuhalten. Laufwege und mögliche Sitzplätze sind zu markieren. Nur Familien aus einem Haushalt dürfen zusammensitzen. Für größere Räume werden Ordner empfohlen. Ohnehin werden große Räume favorisiert, weil sich darin mehr Leute mit mehr Abstand aufhalten können. Auch bei der Seelsorge in Krankenhäusern, Pfarrbüros oder Privatwohnungen sind die entsprechenden Abstände einzuhalten.

Das Robert Koch-Institut verweist explizit auf Online-Gottesdienste. Diese haben mehrere Vorteile: kein Infektionsrisiko, Risikogruppen wie Senioren und Kranke können teilnehmen und die Reichweite ist größer.

Hygiene

Personen mit Krankheitssymptomen haben generell keinen Zutritt. Für die Durchsetzung dieser Regel sind Veranstalter und Ordner zuständig. Idealerweise tragen die Besucher eine Gesichtsmaske, die Mund und Nase bedeckt. Hier kann es zu länderspezifischen Abweichungen kommen. Körperkontakte wie Hände schütteln, küssen oder umarmen sind Tabu. Das gilt auch für liturgische Elemente mit Körperkontakt wie Handauflegung oder Abendmahl. Beichtstühle bleiben wegen ihrer räumlichen Beschaffenheit geschlossen. Für die Beichte müssen also kreative neue Formen mit Abstandswahrung geschaffen werden.

Gesangsbücher, Gebetsschals und Bibeln müssen Gottesdienstbesucher selbst mitbringen, da die Erreger eine bemerkenswert hohe Überlebensdauer auf sämtlichen Oberflächen aufweisen. Blasorchester, Chöre und Bands sind untersagt. Musik darf nur durch Einzelpersonen vorgetragen werden. Hier schlägt die Stunde des Mikrofons: Lautes Sprechen oder gemeinsames Singen sind wegen der exzessiven Verbreitung von Tröpfchen nicht erwünscht. Blasinstrumente sind ein absolutes No Go.

Weihwasserbecken bleiben leer, Handdesinfektion ist bereitzustellen, Kontaktflächen, Türen, Mikrofone, liturgische Geräte sind regelmäßig zu desinfizieren. Es ist für eine gute und natürliche Belüftung zu sorgen. Nach den Veranstaltungen sind die Kirchen und Gemeinderäume zu schließen.

Normalität

Eine Rückkehr zur Normalität wird noch eine Weile auf sich warten lassen. 14-tägig werden die Infektionszahlen und die Fortschritte der Forschung ausgewertet. Aufgrund dessen werden politische Entscheidungen getroffen. Bis mindestens Ende August sind Großveranstaltungen wie Volksfeste, Konzerte, Festivals, Sportevents untersagt. Auch ist noch nicht bekannt, wann und in welcher Intensität die erwartete zweite und dritte Welle der Pandemie über das Land zieht. Deshalb sei hier an zwei Worte erinnert, die die Kanzlerin in der gestrigen Pressekonferenz mehrfach in Zusammenhang gebracht hatte: Geduld und Verantwortung.