Freitag, 30. November 2018

Weihnachtsverspannungen und die Familien-Chronik

Christbaumschmuck eignet sich offensichtlich auch zum Sammeln. So hat das Deutsche Historische Museum (DHM) heute eine Sonderausstellung zu diesem Thema eröffnet. Ich habe am Presserundgang teilgenommen.


In der christlichen Szene ist die Nutzung des Weihnachtsbaumes umstritten. Besonders "rechtgläubige" Christen lehnen ihn als heidnisches Symbol ab. Schließlich werde auch in der Bibel nichts vom Weihnachtsbaum berichtet, ganz abgesehen von der Datierung der Geburt Jesu. Alles nur kirchengeschichtliches Beiwerk, das sich irgendwelche Prälaten zur Verweltlichung geistlicher Themen ausgedacht haben.

Die gestern im DHM eröffnete Sonderausstellung zum Christbaumschmuck aus zwei Jahrhunderten konnte die Frage nach dem Ursprung der Weihnachtsbaum-Tradition nicht erschöpfend klären. Fakt ist jedoch, dass der Baum um diese Jahreszeit in vielen Kulturen genutzt wird. So zeigt die Ausstellung eine sehr ambivalente Vermischung religiöser und ethnischer Baum-Behänge.

Christbaumschmuck DHM Deutsches Historisches Museum Sonderausstellung
Christbaumschmuck im Deutschen Historischen Museum (DHM) - Runen für den Julbaum
Wenn ein einschlägig bekanntes Möbelhaus aus Schweden mit seinen Jul-Wochen und dem Austausch des Weihnachtsbaumes gegen Möbel wirbt, liegt dem das nordische Jul-Fest zugrunde. In einer Vitrine war deshalb auch Jul-Schmuck in Form bunt bemalter Runen zu sehen. Diese hatte ein Mann mit straffer NS-Vergangenheit in Dresden gesammelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren plötzlich einige Teile seiner Biografie verschollen. Nicht so seine Julbaum-Runen. Als Experte für völkisches Denken hatte er damals auch über Runengebäck und ähnliches gelehrt.

In der Nachbarvitrine lag dann auch eine Weihnachtsbaumspitze mit Lametta und Hakenkreuz, dazu ein glitzerndes Hakenkreuz für die Zweige und eine plattgedrückte silberne Weihnachtskugel mit einem geprägten Hakenkreuz. Ein Kameramann ergatterte von einem erhöhten Standpunkt aus ein interessantes Motiv: Hakenkreuz hinter Davidstern. Dieser hing nämlich in den Vitrine gegenüber. Neben dem Davidstern hingen der Felsendom, arabische Behänge, Ikonen und der Chanukkaleuchter, alles im Format unserer bekannten Weihnachtskugeln.

Auf 80m² waren 500 Exponate ausgestellt. Die Hälfte davon waren in die "Weihnachtsverspannung" integriert. Diese Verspannung bildete mit gläsernen Köpfen von Marx und Luther, Krippen, Engeln, Kugeln, Menschen, Fahrzeugen und einem zentral verspannten Handy ein Dreieck, das wohl einen Weihnachtsbaum symbolisieren sollte.

Christbaumschmuck DHM Deutsches Historisches Museum Sonderausstellung
Christbaumschmuck im Deutschen Historischen Museum (DHM) - Generationen gehen dahin und dokumentieren das vor dem Weihnachtsbaum.
Interessant war, dass sich am Weihnachtsbaum so manch eine Familienchronik nachvollziehen ließ. So tauchten die Protagonisten als Babys, als Kinder, als Jugendliche, als Soldat, als Offizier und dann gar nicht mehr auf. Andere Personen waren weiterhin dabei, zeigten aber den üblichen biologischen Verfall, bis sie dann auch von den Fotos vor dem Weihnachtsbaum verschwanden. Auch in unserer Familie gibt es die Tradition dieses Gruppenfotos im engsten Kreise. Daran lässt sich ablesen, wann mein Schwager mal wieder auf Weltreise war, wann er seine Freundin kennengelernt hatte, wann unsere Väter gestorben waren, wie der Stand des Übergewichts war und wer gerade den Friseur besucht hatte.

Die Eröffnung der Ausstellung im DHM war gleichzeitig eine Steilvorlage für das Anschalten des Lichtes am Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue. Jedes Jahr, am Freitag vor dem ersten Advent, lädt der Bundespräsident Grundschüler aus irgendeiner Stadt in Deutschland ein und singt mit ihnen Weihnachtslieder. Anschließend dürfen sie das Licht einschalten und Kakao mit dem Präsidenten trinken. So auch heute, nur dass das Singen wegen des Regens im Schloss statt auf dem Vorplatz stattfand.

Samstag, 10. November 2018

Angst beim Männertag in der EFG Oberkrämer

Beim Männertag in Oberkrämer ging es diesmal um verschiedene Ängste und den Umgang damit. Erstmalig war ich zusammen mit meinem Sohn beim Männertag.



"Fürchte dich nicht", stand in großen Buchstaben auf einem schwarzen Briefumschlag, den wir unter unseren Stühlen hervorziehen konnten. Bis zum Ende des Männertages in der EFG Oberkrämer hatte niemand bemerkt, dass er über einem schwarzen Briefumschlag sitzt. Manchmal klemmt auch Schokolade unter dem Sitz und manchmal auch ein Kaugummi.

Auch mein Sohn bückte sich unter den Stuhl. Mit seinen 15 Jahren war er nun endlich so groß, dass ich ihn mal mit zum Männertag nehmen konnte. Meine Frau hatte das bisher immer blockiert. Während ich zwei Männern aus meiner Ex-Gemeinde noch sagen konnte, sie sollen bitte nicht den Klassiker bringen, sprach es prompt ein anderer Mann aus: "Bist du aber groß geworden". Mein Sohn schaute über mich hinweg und grinste die Männer an. In der JKB Treptow fühlen sie sich seit dem Verlassen unserer Ex-Gemeinde sehr wohl und genießen die abwechslungsreichen Predigten. Sie seien inzwischen in den großen Kinosaal des "Astra" umgezogen.

Der Männertag in Oberkrämer wird seit vielen Jahren thematisch vom Forum Wiedenest begleitet. Diesmal war sogar Ulrich Neuenhausen angereist. Er ist Leiter des Werkes. Wiedenest liegt ganz im Westen in einer Region südlich des Sauerlandes. Echte Berliner wissen wahrscheinlich nicht, wo das Sauerland liegt. Hier ein Tipp für Dortmund-Fans: Das Sauerland liegt südlich von Dortmund und Wiedenest noch etwas südlicher davon.

Aus dieser Region jedenfalls war Uli Neuenhausen angereist. Er machte einen sehr authentischen und alltagsbezogenen Eindruck. Er war kein typischer Kleriker und auch kein Mann, der sich um das Amt des Werksleiters gerissen hätte. Das machte ihn sympathisch und schaffte eine gute Basis zum Zuhören. Das Thema Angst hatte er sich wohl selbst ausgesucht und begründete es damit, dass er mit zunehmendem Alter deutlich mehr Ängste erlebe als früher.

In seinen Vorträgen ging es um verleugnete Angst, wodurch sich der Ängstliche selbst etwas vorlügt und dann eben falsche Entscheidungen trifft. Saul wurde als Beispiel für Fehlentscheidungen durch geleugnete Menschenfurcht zitiert. Die These: Geleugnete Angst macht das Leben zur Lüge.

Petrus diente als Beispiel für Angst, die durch einen Wechsel des Fokus erzeugt wurde. Beim Gehen über das Wasser schaute Petrus plötzlich auf die Umstände, die Wellen, statt auf Jesus. Dabei war Jesus so nah, dass er Petrus greifen und vor dem Ertrinken bewahren konnte. Lähmende Angst also, die entschiedenes Handeln verhindert. Das Wort Entscheidung kam bemerkenswert oft bei Uli Neuenhausen vor. Damit offenbarte er sich selbst als Entscheider. Entscheidungsfähigkeit ist eine sehr wichtige Eigenschaft begabter Leiter.

Das Dritte waren irrationale Ängste. Ängste, die keinen objektiven Bezug zu den tatsächlichen Umständen haben. Der Referent aus Wiedenest sprach viele Ängste quer Beet an, so dass sich letztlich wohl jeder Mann irgendwo getroffen gefühlt haben musste.

Es waren etwa 150 Männer im Saal. In der Küche standen einige Frauen der Gemeinde und kochten unentwegt Kaffee. Sie kümmerten sich auch um das Mittagessen und den Kuchen. Mein Vordermann zeigte die Gänsehaut auf seinem Arm, als die Männerstimmen den Lobpreis in den Gemeinderaum hineinsangen.

Nach dem Mittagessen - Linsensuppe mit Würstchen oder Milchreis mit Kirschen - fanden die üblichen Seminare statt. Eines ging um Mentoring, eines um mutig von Jesus zu erzählen und eines um die Offenbarung, also das finale Buch der Bibel. Die Schnittmenge zwischen meinem Sohn und mir war das Mentoring-Seminar. Es gab zwar auch einen gruppendynamischen Teil, aber die gewohnt gute Verpflegung sorgte für eine Kombination aus Verdauungs- und Mittagsmüdigkeit.

Zum Wachwerden war Matthias Burhenne aus Wiedenest angereist. Er moderierte den letzten Teil des Männertages. Mein Sohn war beeindruckt von dessen professioneller Moderatorenstimme. Die erste Übung zur Überwindung der Mittagsmüdigkeit war ein Spiel mit Lutschern. Wer eine Frage mit Ja beantworten konnte, musste seinen Lutscher an den Fragesteller abgeben. Ich mag keine Lutscher und war deshalb gewollt schnell raus aus dem Spiel. Ein junger Mann hatte 12 Lutscher bekommen. Er hatte immer die gleiche Frage gestellt: "Bist du ein Mann?"

Als es dunkel geworden war, neigte sich auch der Männertag in Oberkrämer seinem Ende entgegen. Es gab noch drei Lieder, Gebetsangebote, eine Kollekte und einen Segen. Dann fuhren die Männer aus Berlin und Umgebung in die Nacht. Ich war erstaunt, dass man auch mit Baustellen-Tempo 40 und 60 zu Hause ankommt.