Sonntag, 28. Januar 2018

Alt-Katholiken in Wilmersdorf

Angeregt durch eine Begegnung bei EINS besuchten wir heute den Gottesdienst der Alt-Katholiken in Wilmersdorf. Die katholische Freikirche ist zentral gelegen und hat am Innsbrucker Platz einen eigenen Autobahnanschluss.



Heute fuhren wir zu viert nach Wilmersdorf. 10:30 Uhr war ein guter Kompromiss zwischen Mittagessen und familiärer Morgen-Hektik. Überpünktliches Erscheinen sicherte uns einen guten Parkplatz. Neben dem Matchbox-Laden Cars & Boxes führte eine kleine Treppe in die Räume der Berliner Alt-Katholiken. Die Tür sah verschlossen aus, war sie aber nicht.

Wir betraten eine helle Stube mit Bildern in freundlichen Pastelltönen. An den Wänden klebten goldene Kreuze. Durch einen Vorhang schauten wir in einen weiteren Raum. Dort stand ein Tisch und darüber hing ein Gemälde von Josef-Hubert Reinkens.

Freikirche auf Katholisch

Reinkens wurde 1873 als erster Bischof der Alt-Katholiken geweiht und noch im selben Jahr von der preußischen Regierung als gleichberechtigt zu römisch-katholischen Bischöfen anerkannt. Damit hatte die katholische Kirche wieder eine Trennung erlebt. 1054 hatte sie sich schon von der orthodoxen Ostkirche verabschieden müssen, 1517 von den Protestanten und diesmal von den Alt-Katholiken. Während alt intuitiv mit konservativ gleichgesetzt wird, bedeutet es bei den Alt-Katholiken eher uralt, also Katholizismus aus einer Zeit, als es noch keine Unfehlbarkeit des Papstes und andere nachgelagerte Dogmen gab.

Mit ihren 145 Jahren sind die Alt-Katholiken eine recht junge Freikirche. Fast so jung wie der Mülheimer Verband, nur eben mit dreimal so vielen Mitgliedern. Während evangelische Freikirchen gerne die alten Liturgien über den Jordan werfen, praktizieren die Alt-Katholiken einen moderaten Übergang vom üblichen Stil der Landeskirche zum familiären Stil der Freikirche. So stand im Saal ein modernes Taufbecken, Kerzen, ein Altar, eine Kanzel und zwei Kruzifixe. Es gab Messdiener, Glöckchen, die Eucharistie - Abendmahl - und Gewänder in den Farben des Kirchenjahres.

Abendmahl, Weihnachten und Familien-Gottesdienst

Das Abendmahl durfte von allen genommen werden, die getauft waren und eine irgendwie geartete Kommunion absolviert hatten. So stellten auch wir uns in den Kreis und machten uns mit den Alt-Katholiken EINS.

Die Tatsache, dass hier immer noch Weihnachten zelebriert wurde, erstaunte uns. Der Vikar erklärte, dass die Weihnachtszeit erst am 2. Februar mit Mariä Lichtmess ende. Kein Wunder also, dass wir neben unzähligen weiteren Liedern auch "O, du Fröhliche" sangen und vor dem Altar Stall und Krippe bewundern konnten.

Heute war Familien-Gottesdienst und die Kinder durften den Hauptteil der Predigt übernehmen. Das heißt, sie wurden zum herbeigetragenen Gemälde von Josef-Hubert Reinkens befragt. Dabei lernten wir, dass der Mann auf dem Bild der erste Bischof gewesen sei und Bischöfe immer ein Kreuz auf der Brust tragen. "Außer vielleicht, wenn sie in Jerusalem den Tempelberg besuchen", dachte ich. Ein weiteres Bild zeigte eine Nonne - Computerausdruck. Zusammen mit den Kindern wurde festgestellt, dass Nonnen beten, putzen und kochen. Es wurde Kirchengeschichte vermittelt und die Wichtigkeit von Namen herausgestellt. Die Kinder wurden namentlich aufgerufen und jeweils eine Kerze für sie angezündet.

Eine Gemeinde weit und breit

Insgesamt nahmen etwa 50 Personen am Gottesdienst teil. Davon 20% Kinder. Da es in Berlin nur eine alt-katholische Gemeinde gibt, kamen die Besucher auch aus der weiteren Umgebung. Mit 23 Kilometern Anfahrt bewegten wir uns im Nahbereich. Die Alt-Katholiken in Berlin-Wilmersdorf sind im Radius von 200 Kilometern so ziemlich die einzigen ihrer Denomination. Dennoch haben die Räume ihre Wachstumskapazitäten ausgeschöpft. 20 Personen mehr würden einen Umzug erforderlich machen. Hier übrigens eine interessante Studie zu den Wachstumsschwellen von Gemeinden (bereitgestellt von https://der-leiterblog.de/).

Fast allen Anwesenden konnten wir während eines Friedensgrußes die Hände schütteln. Nach den jüngsten Klinik-Aufenthalten betrachte ich dieses liturgische Element sehr ambivalent. Es wird jedoch in vielen Gemeinden praktiziert. Laut Ansage sollte es heute wieder das traditionelle Familien-Gottesdienst-Mittagessen geben. Den Köchen winkt am Jahresende ein selbst gebasteltes Geschenk.

Da wir außer während des Friedensgrußes in unserer Anonymität belassen wurden, entfernten wir uns relativ zeitnah aus der umgebauten Wohnung im Hochparterre. Auf dem Rückweg entschlossen wir uns zum Test eines Inders am Winterfeldtplatz. Das war eine sehr gute Entscheidung, die zur Nachahmung anregt.

Donnerstag, 25. Januar 2018

Lebende bei den Toten

Eine Grabstein-Odyssee veranlasste mich heute, die tägliche Walking-Runde zu erweitern. Die Strecke wurde damit etwa doppelt so lang und führte mich über den Parkfriedhof Marzahn.



Die Lebenserfahrung lehrt, dass Versicherungen und Grabsteine nie bei Bekannten in Auftrag gegeben werden sollten. Mein Schwiegervater war Ende 2016 gestorben. Der Grabstein wurde über die Familie eines Mitschülers meines Sohnes bestellt. Ein Kunstprojekt sollte der Stein werden mit rötlicher Marmorierung, aufgesetzten Buchstaben und zwei Stäben zwischen den beiden Teilen des Steins. Im Katalog erinnerte er ein wenig an die Darstellung der Gesetzestafeln Moses.

Dunkler Fleck und Baufortschritt

Ein halbes Jahr später stand der Stein am Grab. Die Stäbe fehlten. Ein dunkler Fleck bildete sich hinter dem Bibelspruch. Meine Schwiegermutter war frustriert. Sie legte das Schwarz nicht ab und ging immer wieder zum Grab, um nach dem Baufortschritt zu schauen. Nach einem Jahr wurden die Stäbe montiert. Der Stein sah nun aus, als hätte er Anschlüsse für warmes und kaltes Wasser. Er befand sich außerdem im gleichen Zustand, wie die Badegäste in unserem tunesischen Hotel, nachdem die Betonspritze an der benachbarten Baustelle undicht geworden war.

Gestern erhielten wir die Info, dass alles in Ordnung sei. Sogar ein Bild war dabei. Das wollte ich mir gleich in natura ansehen. So verlegte ich meine Walking-Runde über den Friedhof.

Orientierungsvermögen

Wie schon im Zusammenhang mit meinem Hörtest erwähnt, bin ich geübt in der selektiven Wahrnehmung. Dinge, die mich nicht interessieren, fallen einfach raus und bieten damit Kapazität für interessante Dinge. Das kann gelegentlich unpraktisch sein, insbesondere wenn ich mich an Orten orientieren muss, zu denen ich keine wirkliche Beziehung habe. Dazu gehören Friedhöfe. Besonders fatal kann das enden, wenn diese Friedhöfe die Grundfläche eines Quadratkilometers haben und ich ein bestimmtes Grab finden muss.

Ich kam heute von der anderen Seite. Beim letzten Mal hatte ich mir gemerkt, dass der Weg von dieser Seite aus sehr lang ist, länger als gewünscht. Zusätzlich hatte ich mir eine Steinfläche gemerkt, auf der eine knallrote Blume lag. Eine knallrote, dahinwelkende Blume ist sicher keine geeignete Erinnerungsmarke für einen Ort, der auf Zeitlosigkeit ausgerichtet ist. Leben, Vergänglichkeit und Ewigkeit treffen hier aufeinander. Gleichmäßigen Schrittes stapfte ich den Weg entlang. Friedhofsarbeiter pflegten die Grünanlagen. Ein kleiner Kipper stand hinten auf dem Weg. Hier abbiegen? Nein, weiter!

Leben, Tod und Ewigkeit

Und tatsächlich, erspähte ich dort rechts die knallrote Blume auf dem flachen Stein: Urnen-Begräbnis. Der Blick haftete auf der Blume und der Schritt ging nach rechts. Hier war der Weg. Leben und Tod so nah beieinander. Ich lebe, die Blume welkt und was ist jetzt mit meinem Schwiegervater, der schon in die Ewigkeit übergegangen ist? Ist er hier? Ist er woanders? Diese Frage konnte ich nicht beantworten und ging weiter zu seinem Grab.

Der Stein sah diesmal sauber bearbeitet aus. Auch die Pflanzen waren bei der Montage nicht niedergetrampelt worden. OK, wir hatten 350 Euro als Reklamationssumme veranschlagt. Ich machte Fotos und sendete diese per WhatsApp an Frau und Schwiegermutter. Die Erfahrung zeigt, dass der Grabstein gelegentlich auch als Meilenstein der Trauerbewältigung dienen kann.

Dann ging ich weiter. Der Rest des Weges war unkritisch. Den kannte ich besser. Einmal links und einmal rechts. Dann verließ ich den Friedhof.

Ziel und Segen

Auf der Zielgeraden hatte ich den starken Impuls, den kleinen Schlenker an der Senioren-Residenz meiner Mutter vorbei zu gehen. Das Walking nutze ich gerne zum Gebet. So betete ich auf diesem Abschnitt für meine Mutter.

Als ich kurz vor dem Eingang angelangt war, kam meine Mutter heraus. Perfektes Timing. Sie hatte einen Blumenstrauß in der Hand. Wir umarmten uns. Sie sagte mir, dass sie nach Karlshorst zu einer Beerdigung fahre. Soundso sei gestorben, den ich aber nicht kannte. "Tschüss und ..", die übliche Floskel "viel Spaß" blieb mir im Halse stecken. Meine Mutter durchbohrte mich mit ihren Blicken. Sie ahnte, was mir auf der Zunge lag. "... einen gesegneten Tag!", wünschte ich ihr und wir gingen unserer Wege.

Mittwoch, 24. Januar 2018

Berliner Kneipengespräche: Erklär-Videos aus dem Kiez

Die Kneipenkultur gehört zu Berlin wie das Gell zum Schwaben. Der ungehemmte Zuzug verschiebt jedoch die kulturellen Eigenheiten und drängt die Eingeborenen zusehends in den Status einer Minderheit. Dem begegnet die Internetmission Berlin mit regionalen Erklär-Videos zum christlichen Glauben.



Eine Lokalität in Berlin-Lankwitz bildet die Kulisse für die Erklär-Videos der Internetmission Berlin. Paule und Kasulske unterhalten sich bei einem Bierchen über die elementaren Fragen des Ljobens - ähm zu Deutsch Glaubens.

Die thematische Bandbreite ist enorm. Kasulske fragt nach Luther, erzählt von seiner Gänsehaut in der Kirche, redet mit Paule über das Beten vor dem Essen, trauert zusammen mit seinem Kneipenkumpel und quetscht ihn über das Leben nach dem Tod aus. Es gibt eine kleine Rahmenhandlung, zwei Bier und gelegentlich auch eine Zigarette. Die Frisur von Paule variiert je nach Jahreszeit. Beide Darsteller wirken authentisch. Kameraführung und Schnitt sind professionell.

Was sonst nur Seminare, Webinare und Bücher vermitteln, wird in den Kurz-Filmen auf flapsige Weise diskutiert. Die Länge der Videos liegt zwischen vier und acht Minuten. Dadurch sind sie auch gut geeignet als Gottesdienst-Intro. Die Wissensvermittlung erfolgt kurzweilig und auf Berlinerisch. Neubürger und Berliner können inhaltlich und sprachlich etwas dazulernen.

Aus den Dreharbeiten ist eine kleine Bewegung von Kneipen-Gottesdiensten hervorgegangen, die sich von Lankwitz aus über Berlin verbreitet.

Bei der Neugestaltung der Webseite von Gott-in-Berlin hat auch der YouTube-Kanal ein Facelifting erfahren. Dort gibt es seit Neuestem eine Playlist mit allen Kneipen-Videos. Das Reinschauen lohnt sich. Viel Freude dabei!

Samstag, 20. Januar 2018

Katholisch + Evangelisch + Orthodox + Koptisch = EINS

EINS war eines der ersten Gebets-Events für Berlin, an dem mehrere Hundert Christen unterschiedlicher - überaus unterschiedlicher - Prägung teilnahmen. Wir besuchten EINS heute in der EFG Schöneberg.



"Was bitte sind Alt-Katholiken?", fragte ich den jungen Mann an unserem Tisch. Die römisch-katholische Kirche hatte wohl nach Luther eine weitere Reformation erlebt, aus der die Alt-Katholiken hervorgegangen waren. Alt ist hier im Sinne von Fundament zu verstehen. Die Alt-Katholiken haben sich auf die allgemeine = katholische Kirche besonnen und lehnen die Unfehlbarkeit des Papstes ab.

Es entwickelte sich ein gutes Gespräch mit Menschen, deren Augen leuchteten, wenn es um EINS ging, nämlich Jesus als gemeinsame Grundlage. Weitere Bekannte gesellten sich dazu. Bald waren vier Gemeinden am Tisch vertreten. Wir trafen insgesamt sehr viele Alt-Bekannte quer durch die christliche Szene Berlins. Durchweg fitte Leute, denen die positive Entwicklung der Stadt wichtig ist.

Von EINS bis Erweckung

Auch die Erweckung um 1900 hatte mit gemeinsamen Gebetstreffen begonnen. Damals hatten sich die Christen gegenseitig um Vergebung gebeten, weil so viele trennende Dogmen und Praktiken den Blick auf EINS versperrt hatten, nämlich auf Jesus. Danach war es wie in der Apostelgeschichte abgegangen. EINS in Schöneberg bot dasselbe Potenzial. Mit dem Unterschied, dass noch Kopten, Orthodoxe und Katholiken dabei waren.

Multi-Kulti

An den Kopten waren wir bereits auf dem Weg zur EFG Schöneberg vorbeigeeilt und hatten noch überlegt, welcher Ethnie sie zuzuordnen seien. "Inder", meinte meine Frau. Ich verortete sie in Afrika. Dass man sich in der Herkunft täuschen kann, zeigten uns später der griechisch-orthodoxe Archimandrit und die südkoreanische Moderatorin. Beide kamen aus Duisburg.

Der hohe Anteil an Afrikanern, Asiaten, Syrern, Iranern und anderen Nicht-Muttersprachlern sorgte dafür, dass etwa die Hälfte der Gebetsstationen bei EINS mehrsprachig durchgeführt wurde. Fürbitte, Tanz, Singen und weitere Ausdrucksformen kamen zum Einsatz. Manch ein Teilnehmer betete erstmalig in einem neuen Stil und fühlte sich dadurch bereichert. Überhaupt herrschte den ganzen Nachmittag und Abend eine bemerkenswerte Harmonie.

Ökumene und Buffet

Musikalisch wurden wir von Afrikanern und Kopten begleitet. Die Predigt hielt Tobias Schöll vom Christus-Treff in Treptow. Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg hielt ein Grußwort. Der ÖRBB wird von Emanuel Sfiatkos von der griechisch-orthodoxen Kirche geleitet. Sehr bunt also das Event und gut aufeinander abgestimmt.

Griechen und Afrikaner waren für das Catering zuständig. Sie hatten zwei lange Buffets aufgebaut und einige Mitarbeiter zum Verteilen der spannenden Nationalgerichte dahinter gestellt. Wie üblich ging ich antizyklisch vor und hatte relativ schnell einen Zwischen-Snack, Besteck und Teller für unsere 5er-Gruppe besorgt. Die Befüllung der Teller musste in Eigenregie erfolgen. Das klappte auch ganz gut - schließlich ist Lebenszeit zu kostbar, um sie mit langem Warten zu verplempern. Während bekannte Pastoren noch in der Schlange standen, brachte ich unsere Teller zur Geschirrablage und versorgte die Wartenden mit einem Zwischen-Snack vom Buffet. Sie hatten aber gute Gespräche in der Reihe - wir am Tisch.

Gebetskonzert

Nach dem Essen sollte es ein Gebetskonzert mit BerlinUniteD geben. Da wir ständig alte Bekannte und neue Leute trafen, kamen wir kaum aus dem Untergeschoss heraus. Der Saal oben war inzwischen restlos mit Jugendlichen besetzt. "Wo gehen die eigentlich alle zur Gemeinde?", wollte meine Frau wissen. Bei unseren Streifzügen durch die Stadt hatten wir fast nur Gemeinden angetroffen, bei denen die Generation zwischen 10 und 20 fehlte.

Wir begaben uns auf die Empore und fanden sogar noch zwei Sitzplätze. Die Band rockte das Haus. Drei unbekannte Lieder. Der Pastor neben uns kannte die auch nicht. Trotzdem eine mitreißende Stimmung. Dann trat wieder Tobias Schöll auf. Am Flipchart entfaltete er eine kraftvolle Predigt zu Adam, Eva, dem System des Todes und der Überwindung dieses Systems durch Jesus mit dem System des Lebens.

Die Predigt war so kraftvoll, dass Jugendliche in Scharen nach vorne kamen und sich ein XP auf die Hand schrieben. Ein Zeichen, dass sie Jesus als Chef über ihr Leben anerkannten und Teil der Überwindung sein wollten. XP (Chi Ro) sind die griechischen Initialen für Christus - Χριστός - Christós.

Abgang

Da wir nun schon fünf Stunden bei EINS waren und auch nicht mehr so ganz mit der Altersstruktur harmonierten, entschlossen wir uns zur Heimreise. Zusammen mit dem Pastor neben uns verließen wir die Empore. Luftballons wurden durch den Saal geworfen. Diese sollten knallen, damit die Zettel mit den entsprechenden Gebetsthemen freigesetzt werden konnten. Jugend eben. Schade, dass unsere Kinder nicht dabei waren.

Wir holten die Winterjacken und wurden Zeugen einer ernst gemeinten Forderung an die EINS-Initiatoren: "Sowas müsste es jeden Monat geben!"

Montag, 8. Januar 2018

Souveräner Malteser Ritterorden

Die Malteser tragen das Kreuz im Wappen. Die Malteser kennt man von karitativen Einrichtungen und die Malteser haben sogar einen Botschafter, der Teil des Diplomatischen Korps ist. Heute wurde ein Ordensritter im Schloss Bellevue akkreditiert.



Der Bundespräsident ist als Protestant bekannt. Dennoch schaut er gerne über den ökumenischen Tellerrand. Im Juni letzten Jahres hatte er sich mit dem Patriarchen von Konstantinopel getroffen und war im Oktober zu einer Privataudienz beim Papst geflogen. Am Samstag hatte er die katholischen Sternsinger im Schloss Bellevue empfangen und heute stand die Akkreditierung des neuen Botschafters des Souveränen Malteser Ritterordens auf dem Plan.

Baron Maciej Heydel heißt Seine Exzellenz und stammt aus Polen. Er ist 56 und Unternehmensberater. In der polnischen Politik hatte er auch schon mitgewirkt. Die Google-Ergebnisse zum Ritterorden sind nicht so repräsentativ, dass man hier weiter drauf eingehen sollte. Hier verweise ich auf meine Erfahrungen bei der Suchmaschinen-Optimierung, auch SEO genannt.

Malteser Ritterorden Botschafter akkreditiert
Souveräner Malteser Ritterorden - Baron Maciej Heydel als Botschafter akkreditiert
Der Orden des Heiligen Johannes - gemeint ist Johannes der Täufer - wurde 1048 gegründet. Das war die Epoche der Kreuzzüge. Die ersten Immobilien waren eine Kirche, ein Hospital und ein Konvent. Der Orden hatte einen stark diakonischen Fokus und drei Hauptregeln: Armut, Enthaltsamkeit und Gehorsam. Bedingt durch die interreligiösen Konflikte im Nahen Osten kam noch die Komponente der Verteidigung hinzu. Dabei wurde eine weitere Regel aufgestellt: Waffen dürfen nicht gegen Christen erhoben werden.

1113 wurden dem Ritterorden seitens der Kirche gewisse Freiheiten eingeräumt, so dass vielfach theologische Laien zum Einsatz kamen. Während in Deutschland die Reformation im Gange war, nahmen die Ritter die Mittelmeerinsel Malta in Besitz. Das war 1530. Der heutige Name war demnach erst 500 Jahre nach der Gründung entstanden. Mit Malta stand dem Orden erstmals eigenes Land zur Verfügung.

Die geografische Lage und der Wunsch, das eigene Land zu behalten, ließen die Malteser zu einem effektiven Grenzposten gegenüber dem Osmanischen Reich werden. Ihre Stärken lagen im Kampf zur See. Neben den Osmanen hielten sie auch die Piraten aus Nordafrika fern. 1571 gelang ihnen bei der Seeschlacht von Lepanto ein entscheidender Schlag gegen die Osmanen. Dabei verloren die islamischen Gegner mindestens 100 Schiffe und etwa 30.000 Soldaten ihr Leben.

1798 übernahm der clevere Napoleon die Insel Malta. Die ritterliche Regel, nicht gegen Christen zu kämpfen, verhinderte den Widerstand gegen die Franzosen. Stattdessen zog sich der Orden auf das europäische Festland zurück. Im 20. Jahrhundert verschob sich der Schwerpunkt wieder zugunsten karitativer Aufgaben. Während der beiden Weltkriege gab es in dieser Hinsicht viel zu tun. So sind die Malteser heute eher als Hilfsdienst bekannt und weniger als Souveräner Malteser Ritterorden.

Samstag, 6. Januar 2018

20*C+M+B+18 Sternsinger aus der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue

Die Sternsinger kamen in diesem Jahr aus der Diözese Eichstätt. Gegen elf klopften sie im Schloss Bellevue an. Ihnen wurde geöffnet und sie durften den Segensspruch 20*C+M+B+18 an die Tür schreiben.



Als ich kurz nach halb elf eintraf, war das Atrium des Präsidialamtes mit Kleinen und Großen gefüllt. Die Kleinen hatten stabile goldene Kronen auf den Köpfen und waren in lange bunte Umhänge gehüllt. Ich bahnte mir den Weg zum WC und machte dabei noch ein Gruppenfoto vor dem Weihnachtsbaum. Anschließend waren die gut 20 Presseleute verschwunden. Ich eilte ihnen nach und fand noch eine gute Bildposition vor dem Schloss.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
20*C+M+B+18 Sternsinger der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue
20*C+M+B+18

Vor wenigen Tagen war mir eher zufällig aufgefallen, dass die Buchstaben des CMB-Segens im letzten Jahr falsch herum an die Schloss-Tür geschrieben worden waren: 20*C+B+M+17. Ein Pressekollege stellte den lateinischen Segen "Christus mansionem benedicat" um und bemerkte, dass der Sinn auch mit CBM gegeben wäre. Beim Winterurlaub am Fuß von Schloss Neuschwanstein hatten wir gesehen, dass auch in katholischen Regionen kaum jemand die korrekte Schreibweise des CMB beherrscht. Eine besondere Vielfalt war bei der Setzung von Stern und Kreuzen zu entdecken.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
Eva schreibt 20*C+M+B+18 an die Eingangstür von Schloss Bellevue
Die korrekte Schreibweise zeigten uns heute die Kinder aus der Diözese Eichstätt. Eine Diözese ist ein kirchlicher Verwaltungsbezirk und wird auch Bistum genannt, da diesem Bezirk ein Bischof vorsteht. Im evangelischen Sprachgebrauch nennt man solch einen Bezirk auch Sprengel.

Klopft an und es wird euch aufgetan!

Zunächst liefen die Kinder um den großen Weihnachtsbaum vor dem Schloss, bogen dann auf den Weg ein, den die Staatsgäste befahren und nahmen schließlich auf der Treppe ihre Positionen ein. Die Kronen glänzten in der Wintersonne. Es war kühl, aber nicht windig. Sterne aus Holz wurden justiert. Eva, Elisabeth und Jonas machten sich bereit für den großen Auftritt. Kurzes Zögern - Klopfen!

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
Sternsinger betreten das Schloss Bellevue
Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender öffneten die Tür und wurden von den Kindern begrüßt. Nach einem Lied wurde die Tür ein weiteres Mal geöffnet und eine Leiter kam zum Vorschein. Eva durfte den Segensspruch an die Tür schreiben. Diesmal auf den linken Flügel. Zufall oder politische Korrektheit?

Es folgten zwei weitere Strophen von "Seht ihr unsern Stern dort stehen". Dann durften die kleinen Gäste mit den goldenen Kronen das Schloss betreten. Wir nahmen einen anderen Weg und trafen die Sternsinger im großen Saal wieder. Zur plüschigen Bundesfahne hatten sich zwei Königsgruppen gesellt. Die Kinder mit den Blasinstrumenten standen am Fenster zum Garten. Als auch die begleitenden Eltern und Prälaten im Saal waren, kamen der Präsident und seine Gattin.

Gottes Segen ist das Wichtigste!

Neben mehreren Liedern gab es eine kurze Rede des Präsidenten, in der er sagte, dass der Segen Gottes das Wichtigste ist. Segen gab es viel an diesem Vormittag. Draußen an der Tür und im großen Saal. Den Abschluss bildete ein Segenslied zum gestrigen 62. Geburtstag von Frank-Walter Steinmeier.

60 Jahre, Indien und Kakao

Die Sternsinger besuchen den jeweils amtierenden Bundespräsidenten seit 1983 - damals noch Karl Carstens in der Villa Hammerschmidt (Bonn). Das "Dreikönigssingen" ist fast so alt wie Herr Steinmeier und dient der Sammlung von Spenden für Not leidende Kinder.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
Sternsinger nehmen die Spende des Bundespräsidenten und seiner Gattin entgegen
Heute bekamen die Sternsinger eine Spende für Minderjährige in Indien, die durch Bildung und alternative Erwerbsmöglichkeiten aus diskriminierenden Situationen herausgeholt werden können. Zur Untermalung stellten die kleinen Könige eine Szene aus dem indischen Arbeitsalltag dar. Als der gesundheitsschädliche Staub aus dem bunten Material geklopft wurde und das Präsidentenpaar umnebelte, klackerten die Kameras.

Kein Kinderbesuch ohne Kakao. Die Kleinen strömten in den Salon Luise und die Schlossdiener eilten ihnen mit den Kakao-Tabletts hinterher. Ich verließ den goldigen Schauplatz und machte noch ein Foto von der Schrift an der Tür.

Video:
Sternsinger aus der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue

Montag, 1. Januar 2018

Silvester bei der Verklärung des Herrn in Marzahn

Gestern besuchten wir die katholische Kirche "Von der Verklärung des Herrn" in Marzahn. Die Kirche steht an der Landsberger Allee und ist nur wenige Minuten von der evangelischen Dorfkirche Marzahn entfernt.



Gegen halb vier schrillte unsere Klingel. Fragend schaute ich mich um.Alle zuckten mit den Schultern. Durch die Wechselsprechanlage klang die Stimme meiner Schwiegermutter. Un-geplant!

Schwiegermutter und Pfannkuchen

Kurz darauf der nächste Schreck: Die am Vormittag gekauften Pfannkuchen wurden für den sofortigen Verzehr freigegeben. Das war zwar tendenziell gut - aber - nur fünf Stück? Gab es eine zweite Lage? Nein - meine Frau sagte, sie wolle uns "beim Abnehmen helfen" und hatte tatsächlich nur fünf Pfannkuchen bestellt. Pro Person einen Pfannkuchen! Alle hatten die gleiche Marmeladenfüllung und befanden sich in der Metamorphose von luftig zu fest. Von daher hatte der spontane Besuch meiner Schwiegermutter den Alterungsprozess der Pfannkuchen rechtzeitig abgebrochen.

Die Oma hatte uns als Zwischenstation zur katholischen Kirche aufgesucht. Dort sollte um 17:00 Uhr eine ökumenische Andacht stattfinden. Das passte uns gar nicht, da wir am Vormittag bereits beim Gottesdienst waren und jetzt eigentlich unseren Jahresrückblick basteln wollten.

Jahresrückblick und Krippe

Wir änderten den Plan, ließen die Kinder mit dem Jahresrückblick zu Hause und begleiteten die Mutter durch die Nacht. Zumindest sah es aus wie Nacht. Nach Gebet war auch der Weg sicher und die Knaller trafen immer nur die Anderen.

15 Minuten zu früh erreichten wir die Kirche und konnten uns noch Plätze in der dritten Reihe aussuchen. Langsam füllte sich der Saal und alte Bekannte begrüßten uns. Vor dem Altar war eine Weihnachtsszene mit Jesus, Eltern und Hirten aufgebaut. Erwachsene und Tiere fokussierten das Baby in der Mitte. Die Szenerie strahlte einen tiefen Frieden aus.

Der Kantor übte noch schnell ein neues Lied mit den Anwesenden ein. Neu für die Gemeinde, ansonsten schon 80 Jahre alt: Jochen Klepper. Viele der Andachtsbesucher waren etwa 20 Jahre nach dieser Komposition geboren.

Jahreslosung und Jahresrückblick

Pünktlich um fünf klingelte ein Glöckchen und vier Herren schritten durch den Hauptgang nach vorne: Einer in weißem Kleid, zwei in schwarzem Kleid und einer in Jeans und Sakko. Die Herren in Schwarz unterschieden sich durch die Beffchen in reformiert und uniert. Ein Lutherischer mit komplett geteiltem Beffchen war nicht dabei. Dennoch ökumenisch genug für die Altjahresandacht.

Die Elemente des Gottesdienstes rotierten zwischen Weiß, Schwarz und Sakko. Die Predigt hielt der Unierte. Sein Thema war die 2017er Jahreslosung aus Hesekiel 36, 26. Dass jemand von den Anwesend tatsächlich "ein neues Herz" in 2017 bekommen habe, sah er für unwahrscheinlich an. Ich wollte das in dem Moment nicht relativieren, da ihn das wohl aus dem niedergeschriebenen Konzept gebracht hätte. bei der Reha in Teltow hatte ich Menschen mit einem buchstäblich neuen fleischernen Herzen erlebt. Ganz abgesehen von den Themen, die Jesus in mir nachjustiert hatte.

Den monatsweise vorgetragenen Jahresrückblick teilten sich die anderen drei Herren. Es wurde auf politische und gemeindliche Ereignisse eingegangen. So konnten die G20-Kravalle in einem Zuge mit der Seniorenfreizeit aufgezählt werden. Besondere Freude hatte ich bei der Liste des katholischen Paters und beschloss einen Folgebesuch bei einer seiner nächsten Predigten.

Lieder und Kollekte

Zwischendurch sangen wir Lieder aus einem grauen Gesangsbuch. Der Kantor trat dabei mehrfach mit Solo-Einlagen in Erscheinung. Die ökumenische Altjahresandacht endete mit einem Lied aus 1944: Bonhoeffer - Von guten Mächten. Es folgten der Segen von Pater Josef Kahmann und das Postludium.

Danach waren die vier Protagonisten verschwunden. Auch die avisierte Kollekte war nicht gesammelt worden. Ohne pyrotechnische Zwischenfälle gelangten wir nach Hause. Im Fahrstuhl packte meine Schwiegermutter ihre Kollekte ins Portemonnaie zurück. Der familiäre Teil des Abends konnte beginnen.