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Sonntag, 6. Januar 2019

20*C+M+B+19 und der Segen für die Bundesregierung

Auch 2019 sind wieder die Sternsinger unterwegs. Kinder aus dem Bistum Trier besuchten heute den Bundespräsidenten im Schloss Bellevue.



Das Sternsingen startete bereits am 28. Dezember. Traditionell wird jedoch erst am 6. Januar der Bundespräsident besucht. Damit beginnt die offizielle Segnung der Bundesregierung zum Neuen Jahr. Die Tür am Schloss war bereits gesäubert worden. 20*C+M+B+18 hatte Wind und Wetter überdauert und konnte noch bei den letzten Anlässen des Jahres 2018 an der Eingangstür gelesen werden. Nun war Platz für Neues.

Die Kinder aus dem Bistum Trier waren sehr fit mit Texten, Gesang und der Schreibweise des CMB. CMB steht für Christus Mansionem Benedicat und bedeutet, dass Christus die Wohnung/Herberge segnen solle. Die Schreibweise ist etwas kompliziert, ergibt sich aber aus dem Leben von Jesus. Zwischen die Jahreszahl wird zunächst ein Stern als Erinnerung an den Stern von Bethlehem gesetzt. Dann folgen das C und das M und das B sowie der Rest der neuen Jahreszahl - alles getrennt mit drei Kreuzen, die die drei Kreuze von Golgatha symbolisieren: 20*C+M+B+19.

20*C+M+B+19 Sternsinger Bistum Trier Schloss Bellevue Bundespräsident
20*C+M+B+19 Sternsinger aus dem Bistum Trier im Schloss Bellevue
Das Sternsingen setzt auf den "Magiern aus dem Orient" (Matthäus 2) auf. Diese wurden im Laufe der Kirchengeschichte in drei Könige umfunktioniert. Gemäß der Geschenke, die sie für Jesus mitgebracht hatten, bekamen sie dann noch die Namen Caspar, Melchior und Balthasar. Deshalb kleiden sich die Kinder in Samt und Zobelersatz. Auf den Köpfen tragen sie glänzende goldene Kronen. Das passt ja zum Schloss. Wer etwas spendet, bekommt den CMB-Segen an die Tür geschrieben.

Mit den Spendeneinnahmen, die sich in diesem Jahr auf knapp 50 Millionen Euro belaufen, werden 1.436 Projekte in 108 Ländern unterstützt. Fokus der Sternsinger aus Trier lag auf einem Hilfsprojekt für Kinder mit Behinderungen in Peru. Auch der Bundespräsident legte eine Spende ein. Zu diesem Zweck hatte ein Mädchen mit Königskostüm eine kleine goldene Schatztruhe umzuhängen.

Die Sternsinger binden regelmäßig Kinder mit Einschränkungen oder Down Syndrom in die Vorführungen ein. Im Schloss Bellevue wird das mit Wohlwollen aufgenommen. Der Bundespräsident ist nicht nur Mitglied einer sich als sozial bezeichnenden Partei, er lebt auch aktiv christliche Nächstenliebe und Fürsorge für Benachteiligte. Davon konnten wir uns kurz vor Weihnachten in der Wärmestube der Heilig-Kreuz-Kirche in Kreuzberg überzeugen. Dort hatte er das protokollarische Timing um 20 Minuten überzogen, da er mit den Gästen der Wärmestube - zumeist Obdachlose - ins Plaudern geraten war.

Der königliche Besuch im Schloss zeigt aber auch, dass unsere Politiker Segen und Gebet brauchen. Das 20*C+M+B+19 an der Tür erinnert das ganze Jahr daran, immer mal wieder ein Gebet in die Führungsetagen der deutschen Politik zu senden. Morgen werden Sternsinger aus 27 Diözesen im Kanzleramt erscheinen. Am Dienstag besuchen Sternsinger aus ganz Europa das EU-Parlament in Brüssel. Fehlt jetzt nur noch eine weltweite Aktion mit Besuch bei der UNO.

Mittwoch, 26. Dezember 2018

Suche Frieden und jage ihm nach! Psalm 34, 15 b

Das Los der Herrnhuter Brüdergemeine für das Jahr 2019 fiel auf die Psalmen. In Psalm 34, 15 steht die Jahreslosung, die allgemein mit "Suche Frieden und jage ihm nach!" wiedergegeben wird.



Mitte Dezember lagen die ersten Grußkarten im Briefkasten. Zwei Absender, über deren Karten ich mich besonders freute. Die erste Karte war mit einen Fraktur-W und dem lateinischen Ausspruch "semper talis" (immer gleich) versehen. Die zweite Karte trug ein Kreuz mit dem Schriftzug "Domini sumus" (des HERRN sind wir). Latein war aber nicht alles, was mich erfreute: Auf der zweiten Karte war auch die Jahreslosung für 2019 abgedruckt.

Das Los für 2019

In Herrnhut gibt es große Behälter mit Bibelsprüchen, aus denen die Losungen gezogen werden. Das Los für das Jahr 2019 war auf Psalm 34, 15 gefallen: "Suche Frieden und jage ihm nach!".

Lose werfen ist eine durchaus biblische Angelegenheit. So hatten die Priestergewänder gemäß der Mosebücher spezielle Taschen zur Aufbewahrung von Losen. Lose wurden zur Ermittlung des ersten Königs von Israel geworfen. Der zweite König, David, warf Lose, um Gottes Antworten zu ermitteln. Die Soldaten unter dem Kreuz warfen das Los um die Kleidung von Jesus und die Apostel warfen das Los zur Nachberufung eines neuen zwölften Mannes. Seit knapp 300 Jahren wird nun auch in Herrnhut das Los geworfen und Bibelzitate für Jahr, Monat, Woche und Tag ermittelt.

Psalm 34, 15

"Suche Frieden und jage ihm nach!" ist eine der möglichen Übersetzungsvarianten von Psalm 34, 15. Zunächst ist zu beachten, dass das nur der zweite Teil eines viel längeren Verses ist. Der Vers beginnt mit "Weiche ab vom Bösen und tue Gutes!". Hier gibt es kaum Spielraum bei der Übersetzung. Egal, ob man den Text direkt aus dem Hebräischen, aus der Septuaginta (griechisch) oder der Vulgata (lateinisch) übersetzt. Allein das erste Wort sur kann widerstehen oder zurückkehren oder abkehren oder abweichen vom Bösen oder vom Übel (me-rah) bedeuten.

Interessanter ist die Übersetzung des zweiten Teils "Suche Frieden und jage ihm nach!". Das erste Wort baqesch wird normalerweise für Bitten, Erbitten, Ersuchen verwendet. Wenn beispielsweise der Tourist mit offenem Mund vor der Klagemauer in Jerusalem steht und plötzlich einen Stoß in die Seite bekommt gepaart mit dem Ausspruch "Vaqascha", dann heißt das "Bitte!" Er soll bitte Platz machen, damit auch noch andere Leute durchkommen. Baqesch kann aber auch mit "Suche!" übersetzt werden.

Erbitte Frieden!

Hieronymus folgt dem nur bedingt bei der Übersetzung aus dem Griechischen und Hebräischen. Aus der Septuaginta übersetzt er mit inquire (Erforsche!), was wir von der Inquisition kennen, dem Erforschen dessen, was jemand alles so falsch gemacht haben könnte. "Erforsche den Frieden!" würde das im Deutschen heißen. Seine Übersetzung aus dem Hebräischen nutzt das Wort quaere (Suche! Frage! Untersuche!). Was nun? Sollen wir den Frieden untersuchen? Sollen wir ihn suchen? Oder sollen wir ihn erbitten? Und welches Wort steht im Urtext überhaupt für Frieden? Richtig: Schalom! "Baqesch Schalom we-radfehu!", ist dort zu lesen.

Das Wort Frieden ist aber nur ein Teilaspekt von Schalom. Unser Frieden könnte sich auf eine friedliche See, die Zeit zwischen zwei Kriegen oder den inneren Frieden beziehen. Laut Langenscheidt kann Schalom folgendes bedeuten: Frieden, Ruhe, Wohlbefinden, Gutes, Wohlergehen, Entschädigung, Reparation oder Wiedergutmachung. Am besten gefallen mir im gelben Wörterbuch der Schalom-Emeth, der echte Frieden, und der Isch-Schlomo, der Mensch des Vertrauens.

Verfolge ihn!

Würde ich mit Altgriechisch nicht auf Kriegsfuß stehen, würde ich diese Sprache hier auch noch einfließen lassen. Aber man kann nicht alles haben. Außerdem geht es ja nicht um den Kriegsfuß, sondern um Frieden, den Schalom. Ich persönlich tendiere zu "Erbitte Frieden!". We-radfehu kann ins Deutsche übertragen werden mit "und erstrebe ihn", "und eifere ihm nach", "und sei ehrgeizig" oder "und verfolge ihn".

Letzteres ist besonders pikant, da das hebräische Wort mit dem Konsonantenstamm "rdf" tatsächlich auch für unser Substantiv Verfolgung verwendet wird. Verfolgen oder nachjagen trifft den Sinn wohl am besten. Hieronymus nutzt das Wort "persequere". Dieses Wort begegnet uns zweimal in Apostelgeschichte 9. Dort wird Saulus von Jesus gefragt, warum dieser ihn denn verfolge: "Saul Saul, quid me persequeris?" und "Ego sum Iesus, quem tu persequeris!" (Ich bin Jesus, den du verfolgst!). Streicht man das "per" am Anfang weg, ergibt sich ein deutlich positiverer Sinn, nämlich die bekannte Sequenz, die Folge. Wenn Jesus seinen potenziellen Schülern zuruft "Sequere me!", dann übersetzt Luther das mit "Folge mir nach!"

Hinterherlaufen oder entgegengehen?

Wir sollen also Frieden erbitten und diesem dann konsequent nachfolgen. Seit einigen Jahren hängt mir ein Spruch aus der Finanzdienstleistung im Gedächtnis: "Man soll dem Geld nicht hinterherlaufen. Man muss ihm entgegengehen." Warum dem Frieden nachjagen, wenn man ihm auch entgegengehen könnte? Vers 15 aus Psalm 34 schließt beides ein. Das Erbitten oder Suchen geht dem Frieden entgegen und das Nachjagen macht den Frieden nachhaltig. Bitten, empfangen und erhalten stecken in diesem kleinen Vers, der im Hebräischen nur aus drei Wörtern mit insgesamt 13 Buchstaben besteht - sehr kompakt.

"Erbitte Frieden und folge ihm konsequent nach!" Den Rest müssen sich nun Heerscharen von Pfarrern und Pastoren ausdenken, die in der ersten Januarwoche eine Predigt über diesen Text abzuliefern haben. Ich hingegen lehne mich entspannt zurück und freue mich über die Weihnachtskarten: "Semper talis" ist der Leitspruch des Wachbataillons und "Domini sumus" das Motto der Militärseelsorge.

Montag, 10. Dezember 2018

Feliz Navidad und der Owie lacht

Weihnachtslieder werden über sprachliche Grenzen hinweg gesungen. Gestern erlebten wir einen internationalen Gottesdienst mit sprachlichen Fallen.



Im Eingangsbereich unserer Gemeinde stehen 50 kleine Fähnchen. Zu jedem der Fähnchen gibt es hier mindestens eine Person. Als beste sprachliche Schnittmenge dient Englisch, obwohl auch Afrikaner, Asiaten und Lateinamerikaner zu den Besuchern zählen. Afrikaner sprechen oft französisch und Südamerikaner spanisch.

Die Übersetzerin hatte es leicht. Die Weihnachtsgeschichte wurde auf Kinderdeutsch vorgelesen und die Übersetzung ins Englische stand an der Leinwand. Ein Großteil der Kinder disruptiert den Trend der Start-up-Szene und will lieber auf Deutsch kommunizieren. Das zwang die Mitarbeiter dazu, dieser Präferenz zu folgen. Hauptsache, die Kinder hören und machen das, was ihnen gesagt wird.

Während die Erwachsenen im großen Saal schon Weihnachtslieder auf Englisch, Spanisch und Deutsch sangen, wurden die lieben Kleinen in die reichlich vorhandenen Kostüme gesteckt. Es gab eine riesige Schafherde, viele Hirten, Ochs und Esel, viele Engel, aber nur zwei Könige, so dass meine Tochter den dritten König stellen musste. Vermutlich war sie Balthasar, da sie Caspar und Melchior vor sich her schob. Ein Geschichtenerzähler saß am Rand vor dem bunt geschmückten Weihnachtsbaum und las auf Deutsch.

Dazwischen immer wieder Weihnachtslieder und Eltern, die mit ihren Smartphones die goldigen Kindlein knipsten und sogleich viral im Internet verbreiteten. Als wieder eine Kinderherde zur Bühne kam, sangen wir "Stille Nacht, heilige Nacht". Ich war so fasziniert von diesem Monumentalfilmaufgebot an Kindern, dass ich fast die Stelle mit dem lachenden Owie verpasst hätte. "Owie lacht", sang ich meiner Frau ins Ohr. Sie lachte diesmal gar nicht. Zu sehr war sie auf die Kinder konzentriert.

Der Abend nahm seinen Lauf und auch "Feliz Navidad" wurde gesungen. Mein Sohn lernt schon seit vielen Jahren Spanisch. Das heißt, er hat Spanisch, lernt es aber nicht. Entsprechend sehen seine Noten aus. Er hasst das Fach. Dennoch machte er gestern eine folgenschwere Entdeckung. "Ano heißt aber etwas ganz anderes", raunte er meiner Frau zu. Es folgte der Owie-Effekt und sie klärte auch mich auf. Breites Grinsen beim iterierten Refrain: "Feliz Navidad Prospero Ano y Felicidad".

Über dem N von Ano fehlte die kleine Welle. Der Start-up würde von einer Tilde sprechen. Diese kleine Welle veränderte den Sinn des Wortes signifikant. Aufgeregt ging meine Frau zum Techniker, der die Folien aufgelegt hatte. Er solle dringend die kleine Welle über das N setzen. Breites Grinsen auch auf seinem Gesicht. Wir fragten den Technik-Leiter, wie lange denn schon von dieser Folie gesungen werde und ob noch keiner unserer vielen Spanischsprecher einen Hinweis dazu gegeben hätte.

Nein, es gab bisher keinen Hinweis und von der Folie werde seit fünf Jahren gesungen. Wir holten einen Spanier hinzu und fragten, ob ihm beim Lied etwas aufgefallen sei. Ob wir etwas anders singen, als es sein müsse. Er grübelte kurz und lächelte plötzlich verschmitzt in sich hinein. Breites Grinsen und dann schallendes Lachen. Seine amerikanische Frau kam hinzu. Sie verstand den Zusammenhang mit der fehlenden Welle erst, nachdem unser Technikchef auf seinen Hintern gezeigt hatte. Amerikaner lachen über solche Themen aber nicht.

Mit Feliz Navidad gibt es nun das zweite Weihnachtslied, das uns zukünftig zur Zeit und zur Unzeit zum Schmunzeln bringen wird.

Samstag, 8. Dezember 2018

First Christmas mit der Stadtmission im Ringcenter

Die Berliner Stadtmission hat den 2. Samstag im Advent genutzt, die originale Weihnachtsgeschichte mit Text, Spiel und Gesang aufzuführen. Die Kulisse stellte das zentrale Weihnachtshaus im Ringcenter am S-Bahnhof Frankfurter Allee.



Buff - "Du kannst das jetzt reklamieren gehen", sagte ich und hielt meiner Frau die kleine Tüte von Conrad Electronic unter die Nase. "Hat nicht geklappt?" - "Ich schmeiße jetzt die Mikrowelle in den Müll." Was war passiert?

Meine Frau hatte die Idee, heute Nachmittag zum Rixdorfer Weihnachtsmarkt zu fahren. Rixdorf ist eine sehr fromme Gegend mit Herrnhuter Brüdergemeine und Böhmischen Dörfern. Auch wenn ich Weihnachtsmärkte nicht mag, wollte ich meine Gattin heute mal begleiten. Einfach, um mit ihr zusammen zu sein. Untypisch war auch, dass ich ihre Entscheidung für die öffentlichen Verkehrsmittel akzeptierte.

Abstecher zu Conrad

In Neukölln stiegen wir in die U-Bahn um. Auf den Displays war zu lesen, dass der Rixdorfer Weihnachtsmarkt wegen Unwetterwarnung heute nicht stattfinde. Das glaubten wir nicht. Bei Google-Maps stand, dass der Weihnachtsmarkt geöffnet sei. So fuhren wir zunächst unter Rixdorf hindurch und zum Herrmannplatz. Dort kauften wir bei Conrad Electronic eine Sicherung für unsere Mikrowelle. Die Mikrowelle stand schon seit Monaten halb zerlegt im Flur und es war nirgends eine passende Sicherung dafür zu bekommen. Auch nicht bei Amazon. Conrad hatte noch genau eine Sicherung, die zwar nur 15 statt 16 Ampere verkraften konnte, aber egal. Das seltene Stück kostete 15 Euro. Dafür war eine kleine Conrad-Tüte dabei.

Im Nieselregen schlenderten wir noch etwas durch Neukölln. Straßenverkehr und sonstiges Ambiente erinnerten an Istanbul. Auch die Gerüche. Bei Karstadt entdeckten wir ein neues Geschäftsmodell: Tür auf- und einen Becher hinhalten. Meine Frau warf Münzen in den Becher von zwei russischen U-Bahnmusikern. Können muss honoriert werden.

Rixdorf und die Böhmischen Dörfer

Wieder sahen wir die Laufschrift, dass der Rixdorfer Weihnachtsmarkt ausfalle. Wir glaubten das immer noch nicht. So ging es wohl vielen Berlinern, die mit uns am U-Bahnhof Karl-Marx-Straße ausstiegen. Spätestens hier war ich froh, dass wir nicht mit Auto unterwegs waren. Es regnete. Autos und Fußgänger soweit das Auge reichte. Dann bogen wir in die lauschigen Gassen von Rixdorf ein. Eine ganz andere Welt unmittelbar neben Istanbul. Man fühlte sich plötzlich wie im weihnachtlichen Erzgebirge. Überall die Herrnhuter Weihnachtssterne von winzig bis riesig in unterschiedlichen Farben.

Als wir uns dem historischen Kern von Rixdorf näherten, stellten wir fest, dass die U-Bahn Recht gehabt hatte. Es waren nur sehr wenige Buden geöffnet und an der Bühne stand schon das THW für den Sturmeinsatz bereit. Wir schlenderten im Regen über den Platz und dann langsam Richtung S-Bahnhof. Das Timing passte perfekt zu einer Alternativ-Veranstaltung, die ich noch in der Hinterhand hatte: Berliner Stadtmission im Ringcenter.

Berliner Stadtmission im Ringcenter

Das Ringcenter liegt direkt am S-Bahnhof Frankfurter Allee. Man fällt regelrecht von der S-Bahn in dessen Nebeneingang. Aus der Tiefe waren weihnachtliche Klänge zu hören. Wir folgten der Musik. An zentraler Stelle war ein Knusperhäuschen aufgebaut - das Weihnachtshaus. Die Musiker von der Stadtmission übten noch einmal ihre Stücke. Direkt vor der Bühne saßen Kinder mit Bommelmützen und Müttern. Die Mütter hatten kaum Platz, da wenige Meter weiter ein Smoothie-Stand seine fruchtigen Getränke anbot. Die Stadtmissionare wirkten sehr beschäftigt und der Platz war eng. Deshalb fuhren wir wieder eine Etage höher und schauten von der deutlich besseren Position zu. Das sah der mitgebrachte Kameramann wohl auch so und folgte uns.

Das Programm ging etwa eine halbe Stunde und war auf die Location abgestimmt. Es gab einen raschen Wechsel von Text, Theater und Musik. Dabei schlüpften einige der Akteure in verschiedene Rollen: Gesang, Engel, schwangere Elisabeth, Cajon, Joseph, Hirte, Bass-Ukulele und Maria. Die Übergänge funktionierten so perfekt, dass diese Personalunion kaum auffiel.

Mehrfach wurde ein Rückblick auf das Geschehene gegeben. Schließlich war ein ständiges Kommen und Gehen zu verzeichnen. Einkaufscenter eben. Nur das Publikum direkt vor der Bühne war recht konstant. Eine Frau mit Kopftuch filmte die gesamte Weihnachtsgeschichte mit ihrem Smartphone. Ein Vater machte mehrere Fluchtversuche, wurde aber von seinem kleinen Sohn zum Dableiben gezwungen. Neben uns tanzten Kunden zu "Gloria in excelsis Deo". Das Programm hatte die Stadtmission mit "First Christmas" angekündigt. Damit sollte auf den Ursprung des Weihnachtsfestes und auf Jesus aufmerksam gemacht werden. Das war nach unserer Einschätzung gelungen.

Die Stadtmissionare boten nach dem Programm noch Gespräche an, zogen sich jedoch bald in das Weihnachtshäuschen zurück. Schade, wir wollten noch kurz "Hallo" gesagt haben. So irrten wir durch das Ringcenter und fanden tatsächlich den Ausgang zur S-Bahn. Wenn Jesus schon das Timing bestimmt, dann richtig: Auf den Stufen zum Bahnsteig trafen wir noch eine gute Freundin und konnten uns gleich zum morgigen Adventsgottesdienst verabreden.

Als wir zu Hause waren, holte ich die zerlegte Mikrowelle hervor und setzte die neue Sicherung ein. Die Uhr leuchtete. Ich drehte den Knopf auf 30 Sekunden und drückte auf "Micro": Buff.

Freitag, 30. November 2018

Weihnachtsverspannungen und die Familien-Chronik

Christbaumschmuck eignet sich offensichtlich auch zum Sammeln. So hat das Deutsche Historische Museum (DHM) heute eine Sonderausstellung zu diesem Thema eröffnet. Ich habe am Presserundgang teilgenommen.


In der christlichen Szene ist die Nutzung des Weihnachtsbaumes umstritten. Besonders "rechtgläubige" Christen lehnen ihn als heidnisches Symbol ab. Schließlich werde auch in der Bibel nichts vom Weihnachtsbaum berichtet, ganz abgesehen von der Datierung der Geburt Jesu. Alles nur kirchengeschichtliches Beiwerk, das sich irgendwelche Prälaten zur Verweltlichung geistlicher Themen ausgedacht haben.

Die gestern im DHM eröffnete Sonderausstellung zum Christbaumschmuck aus zwei Jahrhunderten konnte die Frage nach dem Ursprung der Weihnachtsbaum-Tradition nicht erschöpfend klären. Fakt ist jedoch, dass der Baum um diese Jahreszeit in vielen Kulturen genutzt wird. So zeigt die Ausstellung eine sehr ambivalente Vermischung religiöser und ethnischer Baum-Behänge.

Christbaumschmuck DHM Deutsches Historisches Museum Sonderausstellung
Christbaumschmuck im Deutschen Historischen Museum (DHM) - Runen für den Julbaum
Wenn ein einschlägig bekanntes Möbelhaus aus Schweden mit seinen Jul-Wochen und dem Austausch des Weihnachtsbaumes gegen Möbel wirbt, liegt dem das nordische Jul-Fest zugrunde. In einer Vitrine war deshalb auch Jul-Schmuck in Form bunt bemalter Runen zu sehen. Diese hatte ein Mann mit straffer NS-Vergangenheit in Dresden gesammelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren plötzlich einige Teile seiner Biografie verschollen. Nicht so seine Julbaum-Runen. Als Experte für völkisches Denken hatte er damals auch über Runengebäck und ähnliches gelehrt.

In der Nachbarvitrine lag dann auch eine Weihnachtsbaumspitze mit Lametta und Hakenkreuz, dazu ein glitzerndes Hakenkreuz für die Zweige und eine plattgedrückte silberne Weihnachtskugel mit einem geprägten Hakenkreuz. Ein Kameramann ergatterte von einem erhöhten Standpunkt aus ein interessantes Motiv: Hakenkreuz hinter Davidstern. Dieser hing nämlich in den Vitrine gegenüber. Neben dem Davidstern hingen der Felsendom, arabische Behänge, Ikonen und der Chanukkaleuchter, alles im Format unserer bekannten Weihnachtskugeln.

Auf 80m² waren 500 Exponate ausgestellt. Die Hälfte davon waren in die "Weihnachtsverspannung" integriert. Diese Verspannung bildete mit gläsernen Köpfen von Marx und Luther, Krippen, Engeln, Kugeln, Menschen, Fahrzeugen und einem zentral verspannten Handy ein Dreieck, das wohl einen Weihnachtsbaum symbolisieren sollte.

Christbaumschmuck DHM Deutsches Historisches Museum Sonderausstellung
Christbaumschmuck im Deutschen Historischen Museum (DHM) - Generationen gehen dahin und dokumentieren das vor dem Weihnachtsbaum.
Interessant war, dass sich am Weihnachtsbaum so manch eine Familienchronik nachvollziehen ließ. So tauchten die Protagonisten als Babys, als Kinder, als Jugendliche, als Soldat, als Offizier und dann gar nicht mehr auf. Andere Personen waren weiterhin dabei, zeigten aber den üblichen biologischen Verfall, bis sie dann auch von den Fotos vor dem Weihnachtsbaum verschwanden. Auch in unserer Familie gibt es die Tradition dieses Gruppenfotos im engsten Kreise. Daran lässt sich ablesen, wann mein Schwager mal wieder auf Weltreise war, wann er seine Freundin kennengelernt hatte, wann unsere Väter gestorben waren, wie der Stand des Übergewichts war und wer gerade den Friseur besucht hatte.

Die Eröffnung der Ausstellung im DHM war gleichzeitig eine Steilvorlage für das Anschalten des Lichtes am Weihnachtsbaum vor dem Schloss Bellevue. Jedes Jahr, am Freitag vor dem ersten Advent, lädt der Bundespräsident Grundschüler aus irgendeiner Stadt in Deutschland ein und singt mit ihnen Weihnachtslieder. Anschließend dürfen sie das Licht einschalten und Kakao mit dem Präsidenten trinken. So auch heute, nur dass das Singen wegen des Regens im Schloss statt auf dem Vorplatz stattfand.

Sonntag, 28. Januar 2018

Alt-Katholiken in Wilmersdorf

Angeregt durch eine Begegnung bei EINS besuchten wir heute den Gottesdienst der Alt-Katholiken in Wilmersdorf. Die katholische Freikirche ist zentral gelegen und hat am Innsbrucker Platz einen eigenen Autobahnanschluss.



Heute fuhren wir zu viert nach Wilmersdorf. 10:30 Uhr war ein guter Kompromiss zwischen Mittagessen und familiärer Morgen-Hektik. Überpünktliches Erscheinen sicherte uns einen guten Parkplatz. Neben dem Matchbox-Laden Cars & Boxes führte eine kleine Treppe in die Räume der Berliner Alt-Katholiken. Die Tür sah verschlossen aus, war sie aber nicht.

Wir betraten eine helle Stube mit Bildern in freundlichen Pastelltönen. An den Wänden klebten goldene Kreuze. Durch einen Vorhang schauten wir in einen weiteren Raum. Dort stand ein Tisch und darüber hing ein Gemälde von Josef-Hubert Reinkens.

Freikirche auf Katholisch

Reinkens wurde 1873 als erster Bischof der Alt-Katholiken geweiht und noch im selben Jahr von der preußischen Regierung als gleichberechtigt zu römisch-katholischen Bischöfen anerkannt. Damit hatte die katholische Kirche wieder eine Trennung erlebt. 1054 hatte sie sich schon von der orthodoxen Ostkirche verabschieden müssen, 1517 von den Protestanten und diesmal von den Alt-Katholiken. Während alt intuitiv mit konservativ gleichgesetzt wird, bedeutet es bei den Alt-Katholiken eher uralt, also Katholizismus aus einer Zeit, als es noch keine Unfehlbarkeit des Papstes und andere nachgelagerte Dogmen gab.

Mit ihren 145 Jahren sind die Alt-Katholiken eine recht junge Freikirche. Fast so jung wie der Mülheimer Verband, nur eben mit dreimal so vielen Mitgliedern. Während evangelische Freikirchen gerne die alten Liturgien über den Jordan werfen, praktizieren die Alt-Katholiken einen moderaten Übergang vom üblichen Stil der Landeskirche zum familiären Stil der Freikirche. So stand im Saal ein modernes Taufbecken, Kerzen, ein Altar, eine Kanzel und zwei Kruzifixe. Es gab Messdiener, Glöckchen, die Eucharistie - Abendmahl - und Gewänder in den Farben des Kirchenjahres.

Abendmahl, Weihnachten und Familien-Gottesdienst

Das Abendmahl durfte von allen genommen werden, die getauft waren und eine irgendwie geartete Kommunion absolviert hatten. So stellten auch wir uns in den Kreis und machten uns mit den Alt-Katholiken EINS.

Die Tatsache, dass hier immer noch Weihnachten zelebriert wurde, erstaunte uns. Der Vikar erklärte, dass die Weihnachtszeit erst am 2. Februar mit Mariä Lichtmess ende. Kein Wunder also, dass wir neben unzähligen weiteren Liedern auch "O, du Fröhliche" sangen und vor dem Altar Stall und Krippe bewundern konnten.

Heute war Familien-Gottesdienst und die Kinder durften den Hauptteil der Predigt übernehmen. Das heißt, sie wurden zum herbeigetragenen Gemälde von Josef-Hubert Reinkens befragt. Dabei lernten wir, dass der Mann auf dem Bild der erste Bischof gewesen sei und Bischöfe immer ein Kreuz auf der Brust tragen. "Außer vielleicht, wenn sie in Jerusalem den Tempelberg besuchen", dachte ich. Ein weiteres Bild zeigte eine Nonne - Computerausdruck. Zusammen mit den Kindern wurde festgestellt, dass Nonnen beten, putzen und kochen. Es wurde Kirchengeschichte vermittelt und die Wichtigkeit von Namen herausgestellt. Die Kinder wurden namentlich aufgerufen und jeweils eine Kerze für sie angezündet.

Eine Gemeinde weit und breit

Insgesamt nahmen etwa 50 Personen am Gottesdienst teil. Davon 20% Kinder. Da es in Berlin nur eine alt-katholische Gemeinde gibt, kamen die Besucher auch aus der weiteren Umgebung. Mit 23 Kilometern Anfahrt bewegten wir uns im Nahbereich. Die Alt-Katholiken in Berlin-Wilmersdorf sind im Radius von 200 Kilometern so ziemlich die einzigen ihrer Denomination. Dennoch haben die Räume ihre Wachstumskapazitäten ausgeschöpft. 20 Personen mehr würden einen Umzug erforderlich machen. Hier übrigens eine interessante Studie zu den Wachstumsschwellen von Gemeinden (bereitgestellt von https://der-leiterblog.de/).

Fast allen Anwesenden konnten wir während eines Friedensgrußes die Hände schütteln. Nach den jüngsten Klinik-Aufenthalten betrachte ich dieses liturgische Element sehr ambivalent. Es wird jedoch in vielen Gemeinden praktiziert. Laut Ansage sollte es heute wieder das traditionelle Familien-Gottesdienst-Mittagessen geben. Den Köchen winkt am Jahresende ein selbst gebasteltes Geschenk.

Da wir außer während des Friedensgrußes in unserer Anonymität belassen wurden, entfernten wir uns relativ zeitnah aus der umgebauten Wohnung im Hochparterre. Auf dem Rückweg entschlossen wir uns zum Test eines Inders am Winterfeldtplatz. Das war eine sehr gute Entscheidung, die zur Nachahmung anregt.

Samstag, 6. Januar 2018

20*C+M+B+18 Sternsinger aus der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue

Die Sternsinger kamen in diesem Jahr aus der Diözese Eichstätt. Gegen elf klopften sie im Schloss Bellevue an. Ihnen wurde geöffnet und sie durften den Segensspruch 20*C+M+B+18 an die Tür schreiben.



Als ich kurz nach halb elf eintraf, war das Atrium des Präsidialamtes mit Kleinen und Großen gefüllt. Die Kleinen hatten stabile goldene Kronen auf den Köpfen und waren in lange bunte Umhänge gehüllt. Ich bahnte mir den Weg zum WC und machte dabei noch ein Gruppenfoto vor dem Weihnachtsbaum. Anschließend waren die gut 20 Presseleute verschwunden. Ich eilte ihnen nach und fand noch eine gute Bildposition vor dem Schloss.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
20*C+M+B+18 Sternsinger der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue
20*C+M+B+18

Vor wenigen Tagen war mir eher zufällig aufgefallen, dass die Buchstaben des CMB-Segens im letzten Jahr falsch herum an die Schloss-Tür geschrieben worden waren: 20*C+B+M+17. Ein Pressekollege stellte den lateinischen Segen "Christus mansionem benedicat" um und bemerkte, dass der Sinn auch mit CBM gegeben wäre. Beim Winterurlaub am Fuß von Schloss Neuschwanstein hatten wir gesehen, dass auch in katholischen Regionen kaum jemand die korrekte Schreibweise des CMB beherrscht. Eine besondere Vielfalt war bei der Setzung von Stern und Kreuzen zu entdecken.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
Eva schreibt 20*C+M+B+18 an die Eingangstür von Schloss Bellevue
Die korrekte Schreibweise zeigten uns heute die Kinder aus der Diözese Eichstätt. Eine Diözese ist ein kirchlicher Verwaltungsbezirk und wird auch Bistum genannt, da diesem Bezirk ein Bischof vorsteht. Im evangelischen Sprachgebrauch nennt man solch einen Bezirk auch Sprengel.

Klopft an und es wird euch aufgetan!

Zunächst liefen die Kinder um den großen Weihnachtsbaum vor dem Schloss, bogen dann auf den Weg ein, den die Staatsgäste befahren und nahmen schließlich auf der Treppe ihre Positionen ein. Die Kronen glänzten in der Wintersonne. Es war kühl, aber nicht windig. Sterne aus Holz wurden justiert. Eva, Elisabeth und Jonas machten sich bereit für den großen Auftritt. Kurzes Zögern - Klopfen!

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
Sternsinger betreten das Schloss Bellevue
Frank-Walter Steinmeier und Elke Büdenbender öffneten die Tür und wurden von den Kindern begrüßt. Nach einem Lied wurde die Tür ein weiteres Mal geöffnet und eine Leiter kam zum Vorschein. Eva durfte den Segensspruch an die Tür schreiben. Diesmal auf den linken Flügel. Zufall oder politische Korrektheit?

Es folgten zwei weitere Strophen von "Seht ihr unsern Stern dort stehen". Dann durften die kleinen Gäste mit den goldenen Kronen das Schloss betreten. Wir nahmen einen anderen Weg und trafen die Sternsinger im großen Saal wieder. Zur plüschigen Bundesfahne hatten sich zwei Königsgruppen gesellt. Die Kinder mit den Blasinstrumenten standen am Fenster zum Garten. Als auch die begleitenden Eltern und Prälaten im Saal waren, kamen der Präsident und seine Gattin.

Gottes Segen ist das Wichtigste!

Neben mehreren Liedern gab es eine kurze Rede des Präsidenten, in der er sagte, dass der Segen Gottes das Wichtigste ist. Segen gab es viel an diesem Vormittag. Draußen an der Tür und im großen Saal. Den Abschluss bildete ein Segenslied zum gestrigen 62. Geburtstag von Frank-Walter Steinmeier.

60 Jahre, Indien und Kakao

Die Sternsinger besuchen den jeweils amtierenden Bundespräsidenten seit 1983 - damals noch Karl Carstens in der Villa Hammerschmidt (Bonn). Das "Dreikönigssingen" ist fast so alt wie Herr Steinmeier und dient der Sammlung von Spenden für Not leidende Kinder.

20*C+M+B+18 Sternsinger Diözese Eichstätt Schloss Bellevue
Sternsinger nehmen die Spende des Bundespräsidenten und seiner Gattin entgegen
Heute bekamen die Sternsinger eine Spende für Minderjährige in Indien, die durch Bildung und alternative Erwerbsmöglichkeiten aus diskriminierenden Situationen herausgeholt werden können. Zur Untermalung stellten die kleinen Könige eine Szene aus dem indischen Arbeitsalltag dar. Als der gesundheitsschädliche Staub aus dem bunten Material geklopft wurde und das Präsidentenpaar umnebelte, klackerten die Kameras.

Kein Kinderbesuch ohne Kakao. Die Kleinen strömten in den Salon Luise und die Schlossdiener eilten ihnen mit den Kakao-Tabletts hinterher. Ich verließ den goldigen Schauplatz und machte noch ein Foto von der Schrift an der Tür.

Video:
Sternsinger aus der Diözese Eichstätt im Schloss Bellevue

Mittwoch, 27. Dezember 2017

Renate Bergmann und das Krippenspiel

Renate Bergmann ist eine 82-jährige Omi, die das Internet nutzt und dieses aktiv in ihren Alltag einbindet. Alle zwei bis drei Wochen besucht sie den Gottesdienst und will nun auch ein Krippenspiel organisieren, an dem alle Generationen beteiligt sind.



Achtung! Gebürtige Sachsen oder Schwaben sollten das Buch nicht lesen. Erfahrungsgemäß fühlen sie sich durch den Humor des Berliners überfordert. Wir fanden das Buch jedenfalls sehr lustig und mussten mehrfach innehalten, um Luft zu holen und die Tränen abzuwischen.

Renate Bergmann liebt ihren Kiez: Spandau. Spandauer sind zwar der Meinung, dass sie nicht zu Berlin gehören. Das sieht der Stadtplan jedoch anders. Der Stadtteil Spandau befindet so weit im Westen, dass er schon fast wieder im Osten liegt: Brandenburg. Soweit die Insider-Informationen zum Kiez der Rentnerin.

Renate Bergmann - Wir brauchen viel mehr Schafe
Renate Bergmann - Wir brauchen viel mehr Schafe
Renate Bergmann hat mehrere Bekannte in ihrem Alter und erlebt mit diesen sehr alltägliche Dinge. Am liebsten geht sie zu Beerdigungen, da es dort immer kostenloses Essen gibt und die Tupper-Dosen für die Kühltruhe nachgefüllt werden können.

"Wir brauchen viel mehr Schafe" ist nicht das erste Buch, das wir von Renate Bergmann lasen. Es gibt bereits sechs Bände von der Online-Omi. Ich war zunächst skeptisch, ob die humoristische Linie wirkungsvoll fortgesetzt werde. Doch schon zu Beginn gab es so köstliche Pointen, dass ich die ersten 50 Seiten in einem Zuge durchlas.

Als meine Frau dann von ihrem Offline-Oma-Besuch eintraf, las ich ihr das noch einmal vor und gelangte in einem Rutsch bis Seite 102. Zwischendurch mussten wir mehrfach zum Taschentuch greifen, die Tränen abwischen und die normale Atmung zurückgewinnen. Selbst mein Sohn musste an verschiedenen Stellen lachen. In seinem Alter gilt das normalerweise als uncool. Er verfolgte die Vorlesung von seinem Zimmer aus.

Ach so, in diesem Band geht es um eine gewisse Frau Schlode, die das Adventsprogramm organisieren soll. Sehr zum Unbehagen von Renate Bergmann, die singende Kinder so gar nicht mag. Also nichts gegen Kinder, aber singen, musizieren oder tanzen sollten sie auf keinen Fall. Frau Schlode ist Kindergärtnerin und leitet sämtliche Chöre im Kiez.

Das Buch schildert auf seinen 169 Seiten, wie Renate Bergmann bei der Lösung des Problems vorgeht. Zwischendurch erfährt der Leser einige Episoden aus dem langen Leben der Seniorin und erhält Tipps für Weihnachtsgeschenke: Topflappen beispielsweise.

Immer wieder taucht auch Pfarrer Kampfert auf, der je nach Situation als einfühlsamer Charmeur, Herr Pfarrer oder als Pfaffe dargestellt wird. Die Vermengung von evangelischen und katholischen Eigenheiten offenbart, dass Renate Bergmann wohl doch zu selten im kirchlichen Umfeld unterwegs ist. Für die Story ist das unerheblich.

Viel Spaß beim Lesen!

Sonntag, 24. Dezember 2017

Stallweihnacht in Bad Reichenhall

Die Stallweihnacht in Bad Reichenhall hat Tradition und zieht Gäste aus dem gesamten Bundesgebiet an. Ein Pressekollege war vor Ort und animierte mich zu diesem Artikel.



An der Mütze von General Pfeffer scheiden sich die Geschmäcker. General Pfeffer leitet das Einsatzführungskommando und ist damit für die Auslandseinsätze zuständig. Seine Mütze ist hellgrau, leicht zerknautscht und mit einem Blümchen versehen: Edelweiß. Er trägt die Mütze mit Stolz. Zeichnet sie ihn doch als Angehörigen der Gebirgsjäger aus.

Gebirgsjäger Stallweihnacht Bad Reichenhall
Edelweiß - Zeichen der Gebirgsjäger
Tragtiere und Gebirgsjäger

Gebirgsjäger haben nichts mit Wildschweinen, Wölfen, Bären oder Rehen zu tun.

Gebirgsjäger jagen durch unwegsames Bergland und gelten als eine der agilsten Truppen der Bundeswehr. Dort, wo Hubschrauber und Fahrzeuge versagen, klettern die Gebirgsjäger durch das Gelände. Logistische Hilfe bekommen sie durch Tragtiere. Diese tragen die Jäger oder deren Lasten. Fast so wie damals, als sich Maria und Joseph auf den Weg nach Bethlehem machten.

Schon Esra räumte den Tragtieren eine besondere Bedeutung ein. Er zählte diese zusammen mit den Priestern und Leviten auf: 736 Pferde, 245 Maultiere, 435 Kamele und 6.720 Esel (Esra 2, 66-67).

Die Tragtier-Kompanie der Gebirgsjäger ist in Bad Reichenhall stationiert. Bad Reichenhall liegt so tief im Südosten Bayerns, dass es nicht mehr weit bis zur Adria ist.

Tradition seit 1962

Fern von der Heimat wollten es sich die jungen Soldaten 1962 etwas gemütlich machen. Sie beschenkten die Tiere mit Äpfeln und improvisierten eine kleine Weihnachtsfeier mit Liedern und Lukas-Evangelium. In den folgenden Jahren kamen auch Verwandte dazu, so dass die Location bald gewechselt werden musste. Den Verwandten folgten Gäste aus Deutschland und der ganzen Welt. Mitte Dezember fand in Bad Reichenhall die 56. Stallweihnacht statt. Es gab eine Aufführung für Kinder und drei Aufführungen für Erwachsene.

Der Bischof

Erstmalig war auch der Evangelische Militärbischof Dr. Sigurd Rink dabei. Er zeigte sich sehr beeindruckt und sprach die Empfehlung aus, diese Tradition an sämtlichen Standorten im In- und Ausland zu etablieren: Weihnachtslieder und Weihnachtsgeschichten nach Matthäus und Lukas.

Die Gebirgsjäger sind dabei noch nah bei ihren Verwandten. Anders sieht es bei den Soldaten in Mali, Afghanistan und den weiteren 13 Einsatzgebieten aus. Sigurd Rink besucht regelmäßig diese Standorte und kümmert sich um die seelsorgerliche Betreuung.

Stallweihnacht 2017 Bad Reichenhall - Foto Militärseelsorge Roger Töpelmann
Stallweihnacht 2017 in Bad Reichenhall - Foto Militärseelsorge / Töpelmann
Tragtierwesen 230

Die Stallweihnacht wurde in diesem Jahr von 18 Darstellern der 23. Gebirgsjäger-Brigade und des Einsatz- und Ausbildungszentrums für Tragtierwesen 230 gestaltet. Es traten zudem Maultiere, Schafe, Gämsen, Hirtengruppen, regionale Musiker und der Volksliederchor Inzell auf. Jedes Jahr gibt es einen Wettbewerb um den Zuschlag für die musikalische Mitarbeit.

An die Musiker werden bestimmte Anforderungen gestellt. Sie müssen nämlich auch Alphörner, Hackbretter, Saitenbläser, Tuba, Bassflügelhörner, Kontrabässe, Zithern oder Klarinetten bedienen können.

Vielen Dank übrigens an Dr. Roger Töpelmann aus dem Pressestab des Militärbischofs. Er war vor Ort und hatte mir den finalen Anstoß zu diesem Artikel gegeben.

Montag, 18. Dezember 2017

Bahnhofsmission am Zoo: Schwester Inge und andere wichtige Leute

Die Bahnhofsmission der Stadtmission ist eine prominente Einrichtung, die das soziale Engagement von Christen, Wirtschaft und Politik widerspiegelt. Heute war ich dabei, als Bundespräsident Steinmeier die Bahnhofsmission am Zoo besuchte.



"Hat sie der Bazillus auch schon erwischt?", wollte Schwester Inge wissen. Die pensionierte Schwester mit dem schlichten grauen Gewand und dem weißen Häubchen blickte mich mit ihren gütigen Augen an. Sie meinte den Bazillus ansteckenden Glaubens an Jesus. Als ich das bestätigte und hinzufügte, dass das wohl der einzige Bazillus sei, der keinen Heilungsprozess benötige, freute sie sich noch viel mehr.

Schwester Inge hatte ich bereits vor einem Jahr erlebt, als Joachim Gauck die Bahnhofsmission besucht hatte. Fünf Tage später fand der Anschlag auf den Breitscheidplatz statt. Letzterer jährt sich morgen - eine tragische Terminverknüpfung. Ich fragte Schwester Inge, ob der damalige Bundespräsident sein Versprechen eingelöst habe. Er wollte zum Abwaschen kommen. Ja, das habe er wenige Wochen nach Ende seiner Amtszeit in die Tat umgesetzt.

Bundespräsident Steinmeier Bahnhofsmission Stadtmission
Frank-Walter Steinmeier im Gespräch bei der Bahnhofsmission der Stadtmission
Als wir auf Christen in der Bundespolitik zu sprechen kamen, erfuhr ich vom Engagement Steinmeiers für die Bahnhofsmission. Er habe eine Fahrt mit dem Kälte-Bus absolviert, habe Essen ausgeteilt, sei maßgeblich an der Finanzierung der Hygienestation beteiligt und habe seine Doktorarbeit sogar über das Thema "Bürger ohne Obdach" geschrieben. Wieder leuchteten die Augen von Schwester Inge.

Einige der Punkte wiederholte der Bundespräsident in seiner Begrüßungsrede. Zudem sei er das vierte Mal innerhalb der letzten zwei Jahre bei der Stadtmission. An diesem Ort zeige sich, was "in der Gesellschaft noch zu erledigen ist". Er dankte "denen, die sich kümmern". Die Gäste erfuhren ferner, dass die Deutsche Bahn um die 500 Mitarbeiter für "Servicetage" in der Bahnhofsmission freistellt. Die Obdachlosen am Bahnhof Zoo kommen aus 80 Nationen. Das ist mehr als in den bekannten multi-ethnischen Gemeinden der Stadt.

Bundespräsident Steinmeier Bahnhofsmission Stadtmission
Elke Büdenbender im Gespräch bei der Bahnhofsmission der Stadtmission
"RBB", schallten Kinderstimmen durch den Raum, als eine weitere Kamera hereingetragen wurde. Eine Gruppe von Schülern hatte sich mit Obdachlosigkeit beschäftigt und ein Theaterstück dazu gestaltet: "Das andere Einmaleins". Sie führten den Akt "8x8 - gestohlen in der Nacht" auf. Wir wurden zudem Zeugen des neuen Kino-Spots der Stadtmission. Nur das ZDF hatte ihn vorab sehen dürfen. Darin redet ein Obdachloser mit vorbeihetzenden Passanten, fühlt sich in diese hinein und stellt dann fest: "Nur wie sich ein Zuhause anfühlt, weiß ich nicht mehr so genau."

Dann wechselten wir den Raum. Kameraleute drängten sich hinter die Absperrung im Speisesaal. Zwei Stühle am zentralen Tisch waren frei. Weihnachtsgebäck, Kaffeetassen mit Löffel und rote Servietten. Am präsidialen Geschirr-Spülbecken hatte ich ein wenig Bewegungsfreiheit - direkt hinter der ARD und deren Plüschmikrofon.

Einer der Mitarbeiter mit den markanten blauen Jacken bot der Presse seelsorgerliche Gespräche an. Es sei noch nicht zu spät für eine Bekehrung. Mission wird hier also wörtlich genommen.

Bundespräsident Steinmeier Bahnhofsmission Stadtmission
Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit Mitarbeitern der Bahnhofsmission
Dann kamen auch der Bundespräsident und seine Gattin. Er bat sie, an einen anderen Tisch zu gehen und setzte sich selbst auf einen der beiden freien Plätze vor mir. "Wo übernachten Sie?", fragte er den hageren Mann gegenüber. Zerzaustes Haar, langer Bart. Die First Lady, Elke Büdenbender, unterhielt sich angeregt am Nachbartisch. Durch die Aufteilung des Präsidentenpaares konnte jeder Tisch bedient werden. Beide wechselten die Plätze und unterhielten sich mit den Mitarbeitern und Stammgästen der Bahnhofsmission.

Über der Szenerie fiel der Blick immer wieder auf das Kreuz an der Wand. Jesus - in unsichtbarer Anwesenheit - hat sich bestimmt gefreut.

Freitag, 6. Januar 2017

20*C+M+B+17

20*C+M+B+17 ist in unserer protestantischen Region recht selten zu sehen. In Gegenden mit katholischer Prägung kennt diese Kreideaufschriften wohl jeder.



Als mein Sohn eines Tages vom Religionsunterricht nach Hause kam, klebte er ein Schild mit der Aufschrift "20*C+M+B+13" an die Eingangstür. Stolz erklärte er: "Das heißt Christus mansionem benedicat". Das klang gut und wird normalerweise mit "Christus segne dieses Haus" übersetzt.

Dabei bedeutet "mansio" eher Herberge oder Aufenthaltsort, zumal "manere" (bleiben) im Wortstamm steckt. Das gerne als Segnen übersetzte "benedicere" heißt eigentlich "Gutes reden".

Christus mansionem benedicat

Das Schild sensibilisierte mich für diesen mit Kreide an die Türen oder den Zugangsbereich geschriebenen Text. Er fiel mir vorwiegend in C-geleiteten Ministerien, dem Kanzleramt, dem Konrad-Adenauer-Haus oder dem Schloss Bellevue auf. Auch die Landesvertretung Sachsen war mit diesem Schriftzug versehen. Das erweckte ein gewisses Maß an Sympathie.

Sternsinger

Im letzten Jahr sah ich dann auch erstmalig Fotos von den knuffigen Sternsingern, die nach Berlin gereist waren und die Eingangsbereiche verschiedener Gebäude der Bundesregierung beschriftet hatten. Die Sternsinger verkleiden sich dazu wie die Weisen aus dem Morgenland und tragen mindestens einen goldenen Stern am Holzstab vor sich her. Sie singen Lieder und sammeln Spenden.


20*C+M+B+17 Schloss Bellevue
20*C+M+B+17 an der Eingangstür zum Schloss Bellevue
 
Besucher aus dem Orient

Am sechsten Januar, dem Erscheinungstag des Herrn oder auch Epiphanie genannt, wird der Weisen aus dem Morgenland gedacht. Im Urtext wird sogar von Magiern (griechisch "magoi", lateinisch "magi") geredet, was allerdings nicht so gut ins traditionelle Konzept passt. Die Hebräer sprechen von "Chachamim", was so viel wie "die Weisen" bedeutet. Daraus wurden dann drei Könige mit den Namen Caspar, Melchior und Balthasar gemacht.

In Matthäus 2 werden jedoch weder die Anzahl noch die Namen erwähnt. Lediglich die Geschenke "Gold, Weihrauch und Myrrhen" werden in Mt 2,11 genannt. Diese stellen einen Bezug zur Zahl Drei und den Namen der Besucher aus dem Orient her:

Ceseph ist das hebräische Wort für Geld, Melech das hebräische Wort für König und Beelaschatzar (siehe Daniel 7,1 oder Daniel 8,1) ist ein akkadischer Name, der "Herr, schütze mein Leben" bedeuten soll.

Das C+M+B in der Mitte der Beschriftung könnte also einmal auf die Anfangsbuchstaben der Orientalen und alternativ auf den oben zitierten Segen bezogen werden. Wobei letztere Bedeutung die offizielle ist.

Warum aber stehen der Stern und die Kreuze zwischen den Buchstaben?

Der Stern hinter der Hunderterstelle des Jahres steht für den Stern, dem die Weisen gefolgt waren. In Vers 10 des zweiten Matthäus-Kapitels lesen wir, dass sie den Stern sahen und hoch erfreut wurden. Im Lateinischen wird von "gaudio magno valde" geredet. Dieser Vers begeistert mich jedes Mal aufs Neue.

Die drei Kreuze hinter jedem der drei Buchstaben steht für den Segen "Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Ich hätte hier noch die nahe liegende Assoziation zu den drei Kreuzen auf Golgatha gehabt.

20*C+M+B+17

Insgesamt eine schöne Tradition. Ich werde mal mit meinem Sohn reden, ob er uns wieder solch ein Schild bastelt.

Donnerstag, 24. Dezember 2015

Heilig Abend bei ICF Tempelhof

ICF steht für praxisnahe Predigten und Professionalität. Das war auch am heutigen Weihnachtsabend zu erleben. Wegen der vielen Verwandten und sonstigen Gäste musste die Christvesper per Video in andere Räume übertragen werden.



Die Parkplatzsituation am Ullsteinhaus ähnelte der Situation verfügbarer Herbergen in Bethlehem zur Geburt Jesu. Wir parkten zwar nicht im Heu, aber in einer Querstraße vor einem Industriegelände.

Kleinbusse parkten ein, junge Leute und altersmäßig durchmischte Familien liefen an uns vorbei in Richtung Ullsteinhaus zu ICF Tempelhof. Wir hatten ebenfalls diesen Tipp bekommen und wollten unbedingt pünktlich dort sein wegen der guten Plätze. Für mindestens drei Leute sollten wir noch Stühle freihalten. Als wir vierzig Minuten vor Beginn eintrafen, war schon ein reges Treiben auf der ICF-Etage zu verzeichnen. Eine freundliche junge Dame reichte uns einen gut gefüllten Teller mit selbst gebackenen Plätzchen. Das erfreute auch die Kinder.

Auf der rechten Seite fanden wir einige zusammenhängende Plätze und sogar die drei Stühle für unsere Bekannten. Jacken und Taschen hatten in Ermangelung von Badehandtüchern bereits viele Stühle als besetzt markiert. Auch wir nutzen Jacken, Taschen und Körperfülle zur großzügigen Reservierung der Sitze. Überall entdeckten wir bekannte Gesichter, winkten ihnen zu oder fädelten uns zum klassischen Gruß per Händedrück aus der Sitzreihe. Relativ bald konnten wir auch die drei reservierten Plätze übergeben. Standhaft hatten wir gekämpft - oder so. Jedenfalls gab es darauf noch eine Tasse Kaffee.

Kurz vor Beginn erfolgte die Ansage, dass der Raum voll sei und man im Nachbarraum per Video am Geschehen teilnehmen könne.

Der Gottesdienst begann. Saisonaler Countdown in weihnachtlicher Stickerei-Optik, ausgeklügelte Lichttechnik und professionelle Musikdarbietungen als Solo, Quartett oder Chor. Teilweise konnte auch die Gemeinde mitsingen. Kernstück des Gottesdienstes stellte ein Poetry Slam dar. Pastor Stefan Hänsch und weitere Sprecher hatten sich weihnachtliche Pullover angezogen und sprachen ihre beeindruckenden Reime zur Weihnachtsgeschichte in Verknüpfung zur Gegenwart und wurden dabei visuell begleitet von Kindern in Schafts-, Königs-, Hirten- und Maria-Josef-Kostümen. Per Video wurde mehrfach ein Leser der biblischen Weihnachtsbegebenheiten eingeblendet.

Die Altersspanne der Gäste lag von Null bis Hundert, die Kleidung von Jeans bis Dresscode Cocktail - und alle waren am Ende zufrieden. Das muss man erstmal schaffen.

Das Programm war sehr abwechslungsreich und hielt die Gäste bis zum Schluss bei der Sache. Beim Verlassen des Hauses trafen wir weitere Bekannte und konnten noch einmal auf den nachgefüllten Plätzchenteller greifen. Sehr schön!

Sonntag, 20. Dezember 2015

Weihnachtsessen beim CVJM Kaulsdorf

Gemeinsames Essen und ein auch für Gäste ohne christlichen Hintergrund verständlicher Input sind Markenzeichen des CVJM Kaulsdorf. Das demonstrierte auch das heutige Weihnachtsessen mit vorherigem Gottesdienst.



Und wieder hatten wir uns auf den Gottesdienst beim CVJM-Kaulsdorf gefreut. Diesmal war Weihnachtsessen angekündigt und über siebzig Gäste waren erschienen. Aus unserem direkten Umfeld waren acht Personen dabei.

Die Begrüßung war wie üblich sehr herzlich und es gab wieder viel zu erzählen. Altersmäßig war es sehr gut durchmischt und man fand mit Senioren und Jugendlichen sofort das passende Gesprächsthema. Sehr gut!

Auch den heutigen Prediger kannten wir. Es war der Schauspieler Rolf-Dieter Degen. Vor vielen Jahren hatten wir uns als Mitarbeiter des Kreativteams in der Lukas-Gemeinde Schöneberg von ihm coachen lassen. Damals gab es dort noch Gästegottesdienste und das Kreativteam hatte Serien von Theaterstücken und Overhead-Schattenspielen aufgesetzt, die teilweise selbst ausgedacht oder von anderen Gemeinden übernommen worden waren.

Rolf-Dieter Degen sprach über die Ereignisse der Weihnachtsgeschichte und stellte interessante Bezüge zum geschichtlichen Umfeld her. So war uns bisher gar nicht bekannt, dass Herodes kurz vor der Geburt Jesu viele Pharisäer hatte hinrichten lassen. Die Pharisäer dienen ja in den Evangelien eher als Negativbeispiele für einen machthungrigen Klerus, der es mit dem Gebot nach Exodus 20 Vers 7 (Missbrauch des Namens Gottes) nicht so genau nahm. Interessant war auch der Aspekt, dass die Schriftgelehrten dem Herodes zwar sagten, dass der Messias im etwa neun Kilometer entfernten Bethlehem geboren werden solle, selbst sich jedoch nicht in Bewegung setzten. Theorie und Praxis. Diese Distanz hatten wir heute gerade von unserer Wohnung zum CVJM (OK, per Auto) zurückgelegt. Die Sterndeuter aus dem Orient hatten wohl mindestens das Hundertfache an Strecke per Kamel und jeder Menge antiker Gefahren hinter sich.

Umrahmt wurde die Predigt von mehreren Chorauftritten. Die Gäste konnten mitsingen.

Danach wurde das Buffet aufgebaut und es gab Klöße, Rotkohl, Wildgulasch und Putengeschnetzeltes. Alles sehr lecker. Die Gespräche wurden fortgesetzt oder durch Platztausch neue Leute kennen gelernt. Ein gelungener Auftakt für das bevorstehende Weihnachtsfest!

Sonntag, 6. Dezember 2015

Weihnachtssingen und Chanuka

Advent und Weihnachten füllen die Terminkalender des Berliners. Das gilt auch für christliche Angebote. Hier wird eine Tour vom Weihnachtssingen in der Advent-Kirche bis zum Entzünden des Chanuka-Leuchters vor dem Brandenburger Tor beschrieben.



Passend zum 2. Advent - 2015 auch als Nikolaustag bekannt - waren wir am Nachmittag zum Weihnachtssingen in der Evangelischen Kirchengemeinde Advent an der Danziger Straße.

Die Adventkirche hat kirchenmusikalisch so Einiges zu bieten. Der Kinderchor, der Posaunenchor und der Erwachsenenchor waren an verschiedenen Stellen des architektonisch äußerst interessanten Gebäudes verteilt. Das Haus steht an der Ecke Danziger Straße / Heinz-Bartsch-Straße, hat eine nahezu quadratische Grundfläche, ist mit der Eingang-Altar-Achse von Westen nach Osten ausgerichtet und wirkt wie eine transportable innerstädtische Kompaktkirche als sakralbauliches Pendant zum urban beliebten MINI oder SMART. Passt an jede Ecke, wenngleich auch nicht in jede Parklücke.

Apropos Parklücke: Wir waren mit der Bahn unterwegs und kamen trotz der guten Anbindung mal wieder so knapp, dass wir die Plätze auf der Empore im Südflügel benutzen mussten. Die Bänke waren nicht festgeschraubt, was in der Folge nicht ganz ungefährlich war, da man sich zum Bewundern des Kinderchores im Altarbereich etwas weiter nach vorne beugen musste.

Dafür hatten wir einen direkten Blick auf den Bläserchor im unteren Nordflügel. Der Bläserchor überraschte uns mit Swing und Jazz und ab und zu mal einem klassisch gespielten Weihnachtslied. Der Saal und unsere Sitzbank schwankten. Kinder kamen jedoch nicht zu Schaden.

Dann wechselte das Programm wieder zum Kinderchor oder dem gemischten Chor rechts neben uns auf der Empore. Dieser wurde von Isabel Pauer geleitet. Ihre Power entfaltete sich durch mehrfachen Ab- und Aufstieg zwischen Hauptsaal und Empore und mitreißende Kanonisierung der Gäste.

Der Pfarrer trat nur kurz zu Beginn und zum Ende auf. Wir waren sehr beeindruckt von dieser Mitmach-Aufführung und verließen die gut besuchte Kirche.

An der frischen Luft wurde uns der Vorschlag unterbreitet, gleich noch zum Brandenburger Tor zu fahren, wo heute Abend ein großer Chanuka-Leuchter entzündet werden solle. Na super: Paris, Französische Botschaft, jüdisches Fest, Menschenansammlung - was für eine tolle Idee kurz nach den Anschlägen von Paris. OK, Gruppenzwang macht mutig. So fuhren wir also mit Tram und S-Bahn zum Brandenburger Tor und harrten der Dinge, die da stattfinden würden.

Zwischen einem Weihnachtsbaum und dem Brandenburger Tor war ein riesiger weißer Leuchter aufgebaut, daneben ein Partyzelt, ein Aufpustbär in Lebensgröße, viele Stühle mit Reserviert-Schildern und jede Menge rot-weiße Gitter. Die Gitter und die hohe Polizei-Präsenz beruhigten uns etwas. Da wir noch viel Zeit bis zum offiziellen Beginn hatten, konnten wir uns gute Plätze sichern - wie wir dachten. Frau und Kinder holten von irgendwo Kaffee und heiße Schokolade.

Dann füllte sich der Bereich mit den Sitzplätzen. Gelockte Herren mit schwarzen Mänteln und auffälligen schwarzen Hüten traten auf die Bühne und machten Stimmung mit hebräischem Rap. Wer sich das nicht vorstellen kann, denke einfach an ZZ-Top mit N.Y.C.C.-Mucke auf Ivrith.

Plötzlich fluteten wie aus dem Nichts die Officials an uns vorbei. Sie hatten wohl vorher in der Commerzbank gefeiert. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters war dabei. Der amerikanische Botschafter Emerson und der britische Botschafter Sebastian Wood waren bei der uniformen Optik mit langen dunklen Mänteln und roten Schals kaum von den weiteren mehr oder weniger wichtigen Männern des schwarz-roten Mantelknäuels zu unterscheiden.

Botschafter Emerson, Monika Grütters und weitere Personen hielten ihre Reden und dann wurden unzählige Leute in das Partyzelt geholt. Wahrscheinlich war den dortigen Akteuren inzwischen auch schon so kalt wie uns. Dort musste es jetzt schon sehr warm sein. Noch wärmer wurde es, als Frau Grütters die Hebebühne bestieg und zwei der Flammen entzündete. Schade, dass ich keine Kamera dabei hatte. Das war ein guter Blickwinkel.

Sebastian Wood verließ mit seiner chinesischen Frau Sirinat den Ort des Geschehens. Das taten wir in Sicht auf die zu erwartende Fülle der öffentlichen Verkehrsmittel auch und - fuhren mit Bus und Bahn zurück nach Marzahn.