Freitag, 21. Juni 2019

Der Bischof und die wehrhafte Demokratie

Die Bundeswehr ist ungewollt zu einer Parallelwelt der Gesellschaft geworden. Ebenso leben auch Christen als Bundeswehrangehörige in einer christlichen Parallelwelt. Als Sigurd Rink vor einigen Jahren zum ersten Evangelischen Militärbischof berufen wurde, fiel er aus allen Wolken. Er war doch als Friedensaktivist und Fundamentalpazifist bekannt.



Zurzeit übernachte ich öfter in Kasernen als in Hotels. Auch sonst habe ich regelmäßig mit Offizieren und Soldaten zu tun. Deshalb war ich gespannt auf ein Buch, das der Evangelische Militärbischof Sigurd Rink geschrieben hatte: "Können Kriege gerecht sein?"

Sigurd Rink nähert sich dem Thema Christ und militärische Gewalt auf verschiedenen Ebenen an. Zunächst beschreibt er seinen eigenen Werdegang, seine Kindheit im Internat, sein frühes Glaubensumfeld, seinen Einstieg in die Friedensbewegung, seine Herausforderungen im Gemeindealltag und seinen Umdenkungsprozess während des Völkermordes in Ruanda.

Und dann plötzlich die Anfrage, erster Evangelischer Militärbischof zu werden. Bei seiner Buchvorstellung Anfang Juni 2019 sagte Sigurd Rink, dass er wohl schon immer einen "Hang zu Grenzbereichen der Ethik" gehabt habe. Er habe sich bereits mit Geschäftsethik befasst und dafür ordentlich Prügel einstecken müssen - aus den eigenen Reihen.

Sigrud Rink "Können Kriege gerecht sein?"
Evangelischer Militärbischof Sigrud Rink: "Können Kriege gerecht sein?"
Prügel muss er nun auch für dieses Buch einstecken. Seine Familie hat ihm bereits avisiert, dass er jede Menge Exemplare zum nächsten großen Treffen mitbringen solle und man ihn entsprechend auseinander nehmen werde. Der Militärbischof ist aber inzwischen den Gegenwind gewohnt. er sitzt zwischen sämtlichen Stühlen: Familie, Gesellschaft, Bundeswehr, Klerus, alte Freunde. In Gemeindekirchenräten wird diskutiert, ob "so jemand" überhaupt predigen dürfe. Beim Kirchenkaffee nach dem Gottesdienst wird er von aufgebrachten Zuhörern angegangen.

Sigurd Rink sieht das sportlich. Wie ein glatt gewaschener Fels steht er in der Brandung der Angriffe der lieben Geschwister. Weiß er doch, welch einen Segen sein Dienst in der Bundeswehr bringt. Er ist viel unterwegs und besucht die Soldaten an ihren Standorten und im Auslandseinsatz. Wenn er auftaucht, gibt es erst einmal einen Beer-Call, bei dem sich nach Feierabend die Soldaten um ihn scharen und von ihren persönlichen Herausforderungen reden. Erst am Folgetag kümmert sich der Bischof um seine Kollegen vor Ort. Die Militärseelsorge ist nicht in die Strukturen der Bundeswehr eingefügt, sondern agiert als externer Bestandteil. Militärseelsorger haben keine Berichtspflicht und können deshalb über sehr intime und pikante Themen schweigen. Das Vertrauen der Truppe in die Seelsorger ist hoch. Gelegentlich werde ich selbst Zeuge davon.

Der Militärbischof nähert sich mit Ernst, Intelligenz und Offenheit für Umdenkungsprozesse neuen Themen an. Er bildet sich nach Abwägung eines größeren Kontextes eine Meinung und steht dann auch zu dieser. Deshalb enthält das Buch nach der biografischen Einleitung noch weitere Teile. Im zweiten Teil zeigt der Autor, dass sich sämtliche Kirchenväter von Augustinus bis Luther mit dem Thema Christ und Soldat oder Christ und bewaffnete Regierung auseinandersetzen mussten. Er beschreibt deren Denkprozesse und die auch heute noch in der Militärethik genutzten Grundsätze.

Ein besonders langer Abschnitt widmet sich den aktuellen Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Die eigenen Erfahrungen vor Ort bettet er in einen flüssig lesbaren Kontext sicherheitspolitischer Zusammenhänge ein. Immer wieder wird klar: Er bildet sich seine eigene Meinung und vertritt diese auch gegenüber der Verteidigungsministerin. Apropos Verteidigungsministerin: Diese hatte das Buch bereits gelesen und zeigte sich beeindruckt.

Ich fand das Buch sehr hilfreich zur Nachschärfung des eigenen Standpunktes gegenüber der wehrhaften Demokratie. Das Buch und die authentische Persönlichkeit des Schreibers ermutigten mich, ebenfalls zu meiner Meinung zu stehen, auch wenn es Widerstände aus den eigenen Reihen gibt.

Montag, 10. Juni 2019

Pfingskonferenz der AVC in Nidda

Über Pfingsten besuchte die Tochter des Church Checkers in Nidda eine Konferenz der AVC. Hier ihr Bericht:



Die alljährliche Pfingstkonferenz von AVC fand in dieser kleinen Stadt statt. AVC steht für „Aktion für verfolgte Christen und Notleidende“. Der Verband wurde 1972 gegründet, um verfolgten Christen in der damaligen Sowjetunion beizustehen. Inzwischen hat er sich zu einem großen Missionswerk entwickelt, welches Missionare in allerhand Länder auf der ganzen Welt entsendet, zum Beispiel nach Madagaskar und in die Philippinen.

Über das Pfingstwochenende versammelten sich zur „Mission Live Konferenz 2019“ Menschen aus der Umgebung, Jugendgruppen aus ganz Deutschland und Missionare von überall. Den Start bildete am Freitag die Pastorenkonferenz. Missionare und Pastoren berichteten von ihrem Wirken in Sibirien, Sudan und Süddeutschland und konnten sich bei Kaffee und Kuchen von ihren Strategien und Erfahrungen erzählen. Einig waren sich alle in dem Punkt, dass Mission Zeit braucht. Viele Evangelisten verbringen Jahre an einem Ort, bis sie überhaupt eine Gemeinde gründen können oder von einem  Baum steigen können, wie ein Pastor aus dem Südsudan erzählte. Er sei auf einen Baum geklettert und habe von dort aus gepredigt, bis sich die Dorfältesten bekehrt hatten. Erst dann sei er heruntergestiegen. Harte Zeiten erfordern eben harte Maßnahmen.

Das restliche Wochenende über gab es Gottesdienste, durch reichlich leckeres Essen unterbrochen. Die Predigten hatten oft den Heiligen Geist als Thema, denn schließlich war es ja Pfingsten. Die Rolle des Heiligen Geistes als Leiter und Anwalt wurde teils mit Bibelgeschichten, teils mit den Erlebnissen der Sprecher in fernen Ländern veranschaulicht. Mit Gottes Hilfe konnten in Syrien fahrbare Kliniken gebaut, Schulen in abgeschotteten Dörfern errichtet und viele Menschen mit der Guten Nachricht von Gottes Vergebung erreicht werden. Wer an dieser Konferenz teilnahm, hatte ein neues Herz für die Mission bekommen und war begeistert, den nächsten Schritt zu gehen oder andere bei diesem Schritt zu unterstützen.

Doch warum war gerade die Tochter des Church Checkers bei einer Missions-Konferenz in Nidda? Ich habe mein Abitur frisch in der Tasche und werde ab September einen Freiwilligendienst in Madagaskar machen. Mit französischen Missionaren als Chefs werde ich in einer Schule, die vom AVC unterstützt wird, arbeiten. Das macht mich zu einem Teil der AVC-Missionare und so wurden andere Freiwillige und ich am Ende der Konferenz offiziell ausgesendet, um in Ländern, die auf dem ganzen Globus verteilt sind, ein Licht zu sein. Wer mehr darüber erfahren möchte, der schaue gerne auf meinem Blog Madi in Mada vorbei.

Auf der Konferenz wurde deutlich: Gott wirkt überall. Nicht nur in Afrika, Asien und Südamerika, sondern auch in Nidda.