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Sonntag, 19. Januar 2020

Martin Luther in Steglitz

Steglitz - der Bible Belt von Berlin. Heute besuchten wir den Gottesdienst der Martin-Luther-Kirche in der Nähe des Botanischen Gartens.



Das Navi führte uns einen interessanten Weg. Wegen der Libyen-Konferenz war die Innenstadt gesperrt. Die Innenstadt ist das Nadelöhr, wenn man nach Steglitz fahren möchte. Meine Frau nutzte die Zeit, um das Bonusprogramm ihrer Hebräisch-App zu absolvieren: "Ani koneh Tick schechor" (Ich kaufe eine schwarze Tasche.), "Atta jodea lizlol?" (Kannst du tauchen?) - Wir kamen über die sprachlichen Unterschiede von Können und Befähigung ins Gespräch. Nach einer halben Stunde waren wir in Steglitz und bogen in ein blumiges Wohngebiet ein: Hyazinthenstraße, Tulpenstraße, Hortensienstraße.

Martin Luther war eingerüstet. Am Gerüst ein großes Schild der Lotto-Stiftung. "Aha, Oma finanziert den Bau der Kirche", bemerkte mein Sohn. Eine ältere Dame verschwand unter den Gerüsten. Wir folgten ihr und gelangten in einen hellen Vorraum. Dort wurden wir bereits vom Pfarrer begrüßt: schwarzer Talar und sehr freundlich. Ein anderes freundliches Gemeindemitglied drückte uns ausreichend Gesangsbücher in die Hand. Die Kirchenbänke waren mit Kissen belegt, so dass auch längere Gottesdienste möglich waren. Die Kirche war gut temperiert.

Bemerkenswert war die natürliche Freundlichkeit, die sämtliche Gottesdienstbesucher ausstrahlten. Man fühlte sich sofort willkommen. Es gab einige Familien und ältere Besucher, jedoch kaum Jugendliche. Die Kinder durften nach einem kurzen gemeinsamen Beginn in ihr eigenes Programm gehen. Die Anfangsliturgie nahm einige Zeit in Anspruch.

Dann folgte die Predigt. Dazu hatte sich der Pfarrer an eine Kanzel gestellt und seine Kollegin an die andere Kanzel. Beide zeigten uns, wie eine Dialogpredigt funktioniert. Das war recht interessant, weil sie sich einerseits die inhaltlichen Bälle zuwarfen und andererseits die Fragen und Bedenken des anderen auflösten. der Predigttext stand in Jeremia und war durch die Losungen vorgegeben worden. Während die Pfarrerin zunächst überlegt hatte, einen anderen Text zu nehmen, ging ihr Kollege darauf ein, dass Gott in all den herausfordernden Umständen immer noch alles im Griff habe.

Zum Abschluss des Gottesdienstes gab es noch ein gemeinsames Abendmahl, den Segen und ein Postludium von der Orgel. Meine Frau bemerkte, dass die Orgel endlich mal flott gespielt worden sei. So habe man die Lieder gut mitsingen können.

Die oben schon erwähnte Willkommenskultur setzte sich im Vorraum weiter fort. Kaffee und Kuchen wurden uns auf eine charmante Weise regelrecht aufgedrängt. Einige Gemeindemitglieder sprachen uns an und wollten wissen, ob mein Sohn Konfirmand ist. Unsere eigene Besuchergruppe war inzwischen auf sieben Personen angewachsen: Freunde aus Saddleback, Arbeitskollegen und wir. Die Kollegen wohnen in Steglitz und sehen im kurzen Fußweg einen erheblichen Mehrwert. Der Gottesdienstbeginn um 11 ist ebenfalls gut auf jüngere Besucher abgestimmt. Ganz abgesehen von dem angenehmen Klima in der Martin-Luther-Kirche.

Sonntag, 22. April 2018

Lutherisch auf Farsi in der Dreieinigkeits-Gemeinde Steglitz

Gottfried Martens aus der Dreieinigkeits-Gemeinde ist durch die Presse bekannt geworden. Er engagiert sich für Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten. Heute haben wir einen Doppelgottesdienst in Steglitz besucht.



Mein Begleiter trieb mich zur Eile. Wenn wir nicht pünktlich vor Ort seien, bekämen wir keinen Sitzplatz mehr. Über 1.000 Menschen mit Fluchtgeschichte gehören wohl zur Dreieinigkeits-Gemeinde in Steglitz. So entschieden wir uns, schon zur vorgelagerten Beichtandacht zu erscheinen. Diese begann um zehn.

Das Gemeindehaus steht auf einem Eckgrundstück in der Steglitzer Südendstraße. Parkplätze waren an der Straße vorhanden. Aus dem Küchenfenster klangen orientalische Klänge. Überall Schilder mit arabischen Schriftzeichen. Im Eingangsbereich wurden wir freundlich begrüßt. Ein dunkelhaariger Mann reichte uns die drei benötigten Gesangsbücher und ein separates Liedblatt.

Sieben Kreuze und Vergebung

Da die Familie nicht dabei war, konnten wir uns in der dritten Reihe platzieren. Kirchenbänke mit Kissen. Im Altarbereich zählte ich sieben Kreuze: Kanzel, Kerzen, Altarkreuze und ein herzugetragenes Aufstellkreuz. Das war eine Steilvorlage für die Beichtandacht. Wir hatten ja schon einige lutherische Gemeinden erlebt, wo auf der Sündhaftigkeit des Besuchers herumgeritten wurde - teilweise mit bedrohlich gestalteten Liedtexten an der Wand.

Hier wurde ein klarer Gegenakzent gesetzt: Ja, es gibt immer wieder Sünde, aber es gibt auch Vergebung. So stand die Beichtandacht im Zeichen der Vergebung. Gruppen von etwa 20 Personen kamen in den Altarbereich, knieten sich nieder und bekamen auf Deutsch, Farsi und Englisch Vergebung zugesprochen. Dazu legte Gottfried Martens jedem die Hand auf. Auch mein Begleiter reihte sich ein und war dann im gefühlt siebten Durchlauf dabei. Die Wartenden nahmen kein Ende. Ich war beeindruckt.

200 Plätze und kein Smartphone

Die Sitzplätze im Saal und auf der Empore müssen um die 200 Personen fassen. An jedem Platz - also sechs Mal pro Holzbank - war ein Hinweis auf Farsi und Deutsch angebracht, dass wir uns der Gegenwart Gottes bewusst sein sollten und deshalb jegliche Benutzung von Smartphones als respektlos anzusehen ist. Wer sein Smartphone benutzen möchte, solle den Saal verlassen und erst nach dem Gottesdienst wieder betreten. Eine deutliche Ansage, die wohl ihre Gründe hat.

Der Übergang zwischen Beichtandacht und Gottesdienst dauerte etwa zehn Minuten. Der Saal füllte sich noch etwas, so dass die 200 Plätze nahezu ausgereizt waren. Niemand starrte auf sein Handy. Alle konzentrierten sich auf die Liturgie. Pfarrer Martens zelebrierte die lutherische Liturgie mit Hingabe und fast komplett ohne Textvorlage. Die Liturgie schien in ihm zu leben.

Da gefühlt 90% der Anwesenden Farsi sprachen, wurden die Bibeltexte auch in Farsi verlesen. Es wurde sehr viel gesungen: Kirchenlieder, Jugendlieder von 1990 und schwungvolle Lieder auf Farsi. Ich verstand kein Wort - doch: Pontius Pilatus. Farsi ist Amtssprache im Iran, in Afghanistan und in Tadschikistan. Als indogermanische Sprache klingt sie gar nicht arabisch, obwohl Farsi die gleichen Schriftzeichen hat. Es gibt weltweit etwa 70 Millionen Muttersprachler.

Verfall und Erneuerung

Mit Hingabe predigte Gottfried Martens über einen Text aus dem zweiten Korintherbrief: "Wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so werden wir doch am inneren Menschen von Tag zu Tag erneuert" (2. Korinther 4, 16). Nachts um drei habe er die Predigt vorbereitet - nach einem Tag der Herausforderungen und Rückschläge beim Einsatz für seine zum Christentum konvertierten Gemeindemitglieder. Am eigenen Körper erlebe er, wie er ermüdet. In der nächsten Woche fallen einige Veranstaltungen aus, da er "Schlaf-Urlaub" mache.

Ein Leuchten kam in seine Augen, als er den zweiten Teil des Predigttextes betrachtete. Wir werden täglich am inneren Menschen erneuert und erfrischt. Sehr plastisch malte er uns mit seinen Worten die Spannung zwischen äußerem Verfall und innerer Erneuerung - renovatur im Lateinischen - vor Augen. Ich betete für ihn, dass er in der nächsten Woche wirklich diese innere Kraft tanken kann.

Abendmahl mit Weißwein

Zum Abschluss des Gottesdienstes gab es Abendmahl. Dieses dauerte über eine halbe Stunde. Es müssen um die zehn Gruppen zu je zwanzig Leuten nach vorne gekommen sein. Der Pfarrer legte die Oblaten in den Mund jedes Einzelnen. Dann kam der Kelch mit Weißwein. Gerade der Wein muss eine besondere Herausforderung für ehemalige Moslems sein. Ein starkes Zeichen der Lebensveränderung.

Nach dem Gottesdienst verabschiedete Gottfried Martens alle Besucher persönlich. Äußerlich vom Stress gezeichnet, aber innerlich erneuert. Das verriet sein Blick, als er uns verabschiedete. Wir schauten noch kurz in den Essenssaal im Erdgeschoss und verließen dann die Dreieinigkeits-Gemeinde in Steglitz.

Samstag, 10. Februar 2018

Orthodoxie: Vesper beim Griechen

Die griechisch-orthodoxe Kirchengemeinde Christi Himmelfahrt zu Berlin haben wir schon lange auf der Agenda. Heute Abend besuchten wir die Vesper in der Steglitzer Mittelstraße.



Orthodoxie setzt sich aus den griechischen Wörtern orthós und dóxa zusammen. Orthós bedeutet richtig und dóxa steht für Glaube oder Meinung. In der Zusammensetzung heißt das also rechtgläubig. Da es auch jüdische Orthodoxie und islamische Orthodoxie (Sunniten) gibt, kann der Begriff nicht exklusiv der Ostkirche zugeschrieben werden.

Die orthodoxe Kirche orientiert sich an den ökumenischen Konzilen bis 787. Sie distanzierte sich vor etwa 1.000 Jahren von der katholischen - übersetzt allgemeinen - Kirche. 1054 fand das sogenannte morgenländische Schisma statt. Schisma bedeutet Spaltung - auch wenn es für unsere Ohren etwas anders klingt. Die orthodoxe Kirche wird von einem Patriarchen geleitet und ist hauptsächlich in Südosteuropa anzutreffen.

Erste Berührungspunkte

Orthodoxe Sakralbauten hatte ich punktuell schon betreten, mich aber nie genauer damit beschäftigt. Es bestand ein latenter Kontakt zum Archimandriten des Ökumenischen Patriarchats. Wir waren uns bei der Internetmission, beim Besuch des Patriarchen und bei EINS begegnet.

Im Flyer der Kirchengemeinde Christi Himmelfahrt zu Berlin stand 18:00 Uhr und im Internet 19:30 Uhr mit Ausrufezeichen. Das passte gut in unsere Tagesplanung. Wir waren mal wieder sehr pünktlich vor Ort und quetschten uns durch die Breite Straße. Diese war sehr eng, da rechts und links geparkt werden durfte. Das wurde so rege genutzt, dass wir erst nach einigem Hin- und Herfahren einen freien Platz fanden.

Beim Griechen

Vor der Kirche in der Mittelstraße standen Griechen, so wie man sie von Taverna Rhodos oder ähnlichen Restaurants kennt. Sie sprachen Deutsch. Da parallel Fasching gefeiert wurde, waren sie erstaunt, dass wir die Vesper, den Abend-Gottesdienst, besuchen wollten. Wir öffneten die Haustür und standen in einem kleinen Vorraum, der mit Kerzenhaltern, Tischen und Leuten gefüllt war. Eine steile Treppe führte in den Abgrund. Rechts ging es in einen Saal. Auch dieser war voll mit Besuchern. Fast alle in Jacken - sitzend und stehend.

Der Blick fiel auf einen bemerkenswerten Altarbereich. Kunstvolle Schnitzereien, goldene Ikonen, freier Blick zum Altar hinter der Holzwand und Blick auf ein riesiges Gemälde hinter dem Altar. Soweit wir das erkennen konnten, waren das die überdimensionierte Maria mit dem kleinen Jesus auf dem Schoß. An der rechten Seite gab es ein Gemälde mit Stephanus (Apostelgeschichte 6-7) und darunter ein Kreuz mit INBI. Nicht INRI - das wäre R wie Rex in der lateinischen Westkirche gewesen - INBI mit B wie Basileus (König).

Zettel, Predigt, Sprachkompetenz

Der Archimandrit stand vor dem Eingang zum Allerheiligsten und las Zettel vor. Namen über Namen. Ich verstand ab und zu mal "Alexander" - ansonsten nur Bahnhof. Liturgie inklusive Ansagen und Predigt liefen auf Griechisch. Griechisch ist so gar nicht meine Sprache. Griechisch ist ähnlich ausschweifend wie Russisch oder Deutsch. Das griechische Neue Testament hat bei vergleichbarer Textgröße gut 100 Seiten mehr als in den Kompaktsprachen Latein und Hebräisch. Ein Geschenk an die Umwelt oder einfach nur Effizienz.

Es trat der unerwartete Moment ein, dass alle Zettel verlesen waren. Wie bei einem Nachrichtensprecher waren sie in einem Korb gelandet, den ein kleiner Junge hielt. Später erfuhren wir, dass an diesem Abend der Toten gedacht wurde. Dann stand die Gemeinde auf. Einige gingen. Da wir kein Wort - außer ab und zu Christós - verstanden, vermuteten wir, dass im Stehen der Predigt gelauscht wurde. Es müssen so um die zehn Minuten gewesen sein.

Im Saal standen etwa 200 Besucher. Die Sitzplätze reichten nicht aus und auch die Stehplätze waren knapp. Es gab noch eine Empore und den Vorraum. Es konnten also nur 1,5% der in Berlin lebenden Griechen (Statistik 12/2016) an diesem Gottesdienst teilnehmen.

Gebäck und Gemeinschaft

Dann muss es wohl Ansagen gegeben haben. Einige der Anwesenden bekreuzigten sich. Dann begann eine Massenbewegung in Richtung Altarbereich. Dort standen Schüsseln mit Gebäck und Kerzen. Gespannt folgten wir dem Geschehen, ohne uns vom Platz zu bewegen. Über die Schulter bekamen wir eingepackte Kuchenstücke gereicht. Es folgten Becher mit süßen Nüssen, weiteres Gebäck und eine Art Pfannkuchen. Die Frauen mit den Schüsseln waren sehr freundlich und jeder im Raum bekam etwas ab. Ich klebte meinen Kaugummi ins Taschentuch und verzehrte die herzugetragenen Leckereien.

Der Archimandrit kam auf uns zu und erklärte, dass die 19:30 Uhr kurzfristig vorverlegt worden waren. Wir sollten am besten mal an einem Sonntag kommen. Das können wir gerne machen. Wissen wir doch nun, dass pünktliches Erscheinen und das Bleiben bis Ultimo keine Pflicht sind. Bei einer sonntäglichen Gottesdienstzeit von 9:00 bis 11:45 Uhr lässt sich das sicher flexibel gestalten oder mit einem anderen Gottesdienst kombinieren, insbesondere wenn in der Kirchengemeinde Christi Himmelfahrt alles auf Griechisch abläuft - ohne Simultanübersetzung oder multilinguale Folien an der Wand.

Archimandrit heißt übersetzt: Klostervorsteher. Während der Unterhaltung mit ihm bekamen wir weitere Leckereien und den dringend benötigten Löffel gereicht. Sehr freundlich, die Griechen! Obwohl die sakralen Ausdrucksformen der rechtgläubigen Griechen so diametral von unserem Kulturverständnis abwichen, fühlten wir uns doch integriert. Schnittmenge: Χριστός - Christós.

Unsere Beobachtungen ergaben, dass jetzt der Gemeinschaftsteil lief, der mit dem Heimweg abzuschließen sei. So tauchten wir in die Menge ein, schwammen dem Ausgang entgegen und wanderten zum Parkplatz. Eine interessante Erfahrung, die es bei einem Folgebesuch zu ergänzen gilt.

Samstag, 3. Februar 2018

Beit Schomer Israel in Steglitz

Die Gemeinde "Beit Schomer Israel" versteht sich als jüdisch-messianische Gemeinde. Vielen ist sie als "Beit Sar Shalom" bekannt. Die Anfänge lassen sich auf das Jahr 1995 datieren. Heute besuchten wir die Gemeinde an ihrem Standort in Steglitz.



"Shabbat Shalom", wurden wir bereits auf dem Hof des Gardeschützenwegs 96A begrüßt. Ein Mann mit weißem Hemd und Kippa stand auf dem Parkplatz. Kinder turnten um ihn herum. Eine Mutter räumte ihren Kleinbus leer. Herzliches Willkommen und Smalltalk auf dem Weg zum Eingang. Große hebräische Buchstaben wiesen auf Beit Sar Shalom und Beit Schomer Israel hin. Ersteres ist ein übergeordnetes Missionswerk und Letzteres der eigentliche Name der Gemeinde.

Shabbat Shalom

Durch eine Glastür betraten wir die Räume. Sie waren von Licht durchflutet und die wenigen Anwesenden kamen mit herzlichen Shabbat-Shalom-Grüßen auf uns zu. Eine bemerkenswert gute Willkommenskultur. Ich hatte die Kippa vergessen und bekam eine angeboten. Sie war leider nicht kompatibel mit meiner Frisur. Deshalb setzte ich sie wieder ab.

Ein A5-Blatt mit dem Programm verriet uns, dass von elf bis zwölf Liturgie und Thora-Lesung stattfinden werden und bis halb zwei der Gottesdienst mit Lobpreis und Predigt folgen sollen. "Wie lange willst du bleiben?", fragte mein Begleiter. Ich zeigte auf 13:30 Uhr. Für danach waren noch eine Gebetszeit und ein Nachmittagsseminar zur Kindererziehung avisiert.

Bedenke, vor wem du stehst!

Bis elf Uhr hatte sich der Raum tatsächlich gefüllt. Etwa 100 Besucher schauten Richtung Südost auf einen schlichten Thora-Schrank. Darüber auf Hebräisch der Spruch: "Bedenke, vor wem du stehst!"

Das Lobpreis-Team flankierte den Altarbereich auf der Südwest-Seite. Sie stimmten die Lieder auf Hebräisch, Deutsch und Russisch an. Die Folien wurden präzise gewechselt. Teilweise waren fünf Sprachen abgebildet: Hebräisch im Original, Hebräisch in lateinischer Umschrift, Deutsch, Russisch, Englisch. Es gab auch Folien, auf denen das Hebräische in Kyrillisch umgeschrieben war. Auf alle Fälle konnte jeder mitsingen. Ich entschied mich für die hebräischen Buchstaben. Endlich mal Praxis in der Urtext-Sprache.

Auch Aufstehen und Hinsetzen wurden gut geleitet. Unbedarfte Besucher konnten allen Elementen folgen. Die Liturgie-Abschnitte wurden zudem per Beamer in sämtlichen Sprachen an die Wand neben dem Thora-Schrank projiziert.

Anziehungskraft der Thora

Einige Männer mit Gebetsmänteln nahmen die Rolle aus dem Schrank, trugen sie durch den Saal, legten sie nach einem bestimmten Ritual auf den Tisch, rollten sie auf, lasen etwas vor, verpackten sie wieder und stellten sie in den Schrank zurück. Das Herumtragen der Thora löste eine emotionale Reaktion bei den Besuchern aus. Mit Armen, Handys und Bibeln wurde die samtige Hülle der Schriftrolle berührt und anschließend das Handy geküsst: Ehrfurcht vor der Bibel und die Erwartung eines besonderen Segens.

Im ersten Teil, dem sogenannten Shacharith, gab es einen kurzen Kommentar zum Text der Lesung. Dabei wurde Jithro als Respektsperson im Leben Moses vorgestellt. Jithro sei kein Name, sondern ein Titel: Vornehmer, Exzellenz. J-T-R bildet den Wortstamm für jater und bedeutet soviel wie überschüssig, mehr, groß, viel, übermäßig. Der Kommentator zitierte auch den wichtigen Vers "Lo-tov Hadavar asher atha osse" - "Nicht gut die Sache, die du tust" aus Schmot - pardon Exodus 18 Vers 17. Damit wies Jithro seinen Schwiegersohn Mose darauf hin, dass er seine Aufgaben verteilen solle. Ein Prinzip, mit dem sich auch heutige Pastoren noch schwer tun. Gegen Vers 18 ist Vers 17 sogar noch moderat formuliert.

Wer ist die Zielgruppe?

Zwischen traditioneller Liturgie und Gottesdienst gab es eine kurze Pause und einige personelle Veränderungen. Es strömten erstaunlich viele Menschen herein, die offensichtlich früher in Russland gelebt hatten. Die russische Fraktion machte gefühlt 60% der Anwesenden aus. Nur wenige hätte man auf der Straße als Menschen mit jüdischer Abstammung erkannt. Die weiteren Besucher überdeckten ihre deutsche Herkunft mit Gebetsmänteln, Kippas und auffälligen Chai-Ketten (Chai = Leben).

Es war auf den ersten Blick nicht festzustellen, wer eigentlich die Zielgruppe von Beit Shomer Israel wäre. Zunächst vermutete ich, dass die Gemeinde ein Sammelbecken für Spätaussiedler und christliche Israelfreunde aus den Gojim (Heidenvölker) sei. Auf Nachfrage wurde uns erklärt, dass sogar 40% der Gemeinde aus messianischen Juden bestehe. Israelfreunde seien zwar gerne gesehen, die Zielgruppe seien jedoch ganz klar Juden mit einer Beziehung zu Jeshua Hamashiach (Jesus dem Christus). Letzteres ist übrigens auch der definierte Fokus der weltweit aktiven Organisation Beit Sar Shalom.

Abba und der Rabbi

In der Predigt von Rabbi Wladimir Pikman ging es um Abba: Gott als Papa und seine damit verbundenen Eigenschaften. Wladimir Pikman sprach Russisch und wurde sehr professionell ins Deutsche übersetzt. Er bezog auch das Publikum ein, indem er immer wieder Fragen stellte. Zum Abschluss des Gottesdienstes wurde die Kollekte eingesammelt und ein hebräischer Segen gesprochen.

Gelebte Gastfreundschaft

Vor dem Altar wurde ein Tisch mit zwei Broten aufgestellt. Die beiden Brote sollten die doppelte Ration Manna am Vortag des Shabbats symbolisieren. Viele der Anwesenden bedienten sich daran. Wir wurden zum Mittagessen eingeladen. Allerdings waren wir nach zweieinhalb Stunden Liturgie und Gottesdienst etwas unter Zeitdruck geraten. Wir bedankten uns und verließen das gastliche Haus.

Auf dem Heimweg tauschten wir unsere Eindrücke aus und schafften es gerade noch rechtzeitig zum Kaffee mit den Omas. Apropos Heimweg:

Rabbi Wladimir Pikman war 1995 - so wie wir damals - zwecks Gemeindegründung nach Marzahn gekommen. Während wir unseren Fokus auf Einheimische legten, konzentrierten sich Wladimir und Inna Pikman im Ortsteil Ahrensfelde auf Aussiedler mit jüdischen Wurzeln. Durch eine gute Vernetzung innerhalb Berlins, konnten sie für die schnell wachsende messianische Gemeinde Räume der EFG Bethel und der LKG Eben Ezer nutzen. Die Standorte Steglitz und Lichterfelde sind allerdings knapp 30 Kilometer quer durch die Stadt vom ursprünglichen Wirkungsort Ahrensfelde entfernt.

Montag, 2. Oktober 2017

Gesprächsforum Leben + Glauben mit Pianist Sam Rotman

Die Abende im Best Western Steglitz bieten immer wieder eine gute Gelegenheit, Freunde oder den Chef mitzubringen. Gestern Abend spielte Sam Rotman Stücke von Beethoven und Rachmaninow.



Wir waren früh dran - gestern Abend beim Gesprächsforum Leben + Glauben. Meine Frau kam von zu Hause und ich aus der Reha-Klinik in Teltow. Unser Timing war nahezu perfekt. An Tisch 8 sollten wir diesmal sitzen. Die liebevoll per Hand geschriebenen Namenskarten standen bereits an den Plätzen. Vier alte Bekannte aus der Lukas-Gemeinde sollten uns beim Hören und Essen Gesellschaft leisten.

Kleiner Mann - große Energie

Weitere Bekannte erschienen, so dass der Abend ohne große Aufwärm-Phase seinen Lauf nahm. Hallo, kräftiger Händedruck, Umarmung, kurze News und dann war es auch schon 18 Uhr. Der kleine Sam Rotman setzte sich an den polierten Flügel und schmetterte Beethoven in die Tasten. Alles auswendig!

Dazu gab er mit seiner sagenhaften Radio-Stimme Erklärungen ab. Er erläuterte auch die weiteren Stücke von Rachmaninow und wurde dabei von Joe Hartung übersetzt. Der Pianist, der wohl zu den 25 der Besten seiner Instrumenten-Klasse zählt, sprach Englisch. Dennoch kannte er einige Wörter wie "Schade", "Ja" und "Danke".

Nach jedem Stück hauchte er ein "Ja!" in den Raum, schwang seine Hände wie ein Schwan im Fluge zur Seite, stand auf und verbeugte sich. Applaus. Dann die Erklärung des nächsten Stückes und einige Worte zum Komponisten.

Jesus versus Konzertflügel

Im letzten Viertel seines Konzertes erzählte er von sich selbst. Der 1950 geborene Rotman berichtete von seinen Eltern, seiner Geburt und Schulzeit in Nordamerika und seiner Begegnung mit Jesus. Jesus sei ihm wichtiger als die Musik. Immerhin war es Jesus gelungen, sein Innerstes zu verändern. Sam habe viele Masken getragen, sei sehr religiös und korrekt gewesen - rein äußerlich - und habe innen sehr viel Müll mit sich herumgetragen. Jesus habe das verändert. Die Begeisterung für die Beziehung zu Jesus sprudelte nur so aus ihm heraus.

Diätplan

Gegen 19:30 Uhr wurde das Buffet eröffnet. Ich hatte meinen Diätplan im Kopf und hielt mich an die unzähligen Varianten Fisch, Salate ohne Dressing sowie Ballaststoffe und ungesättigte Fettsäuren. Das ging erstaunlich gut. Die Gäste neben mir verspeisten Fleisch, Pilze, Brownies und andere leckere Dinge. Mal ganz abgesehen vom trockenen Rotwein an den Nachbartischen. Wir hatten stilles Wasser bestellt.

Termine und anderes

Am Tisch tauschten wir uns über die gemeinsame Vergangenheit und neueste Entwicklungen aus. Nach dem Essen wurden Fragen an Sam Rotman verlesen, die er sehr offen beantwortete. Es folgten Terminhinweise für Paar-Abende, Männertreffen und Gott begegnen am Meer mit Maike Behn und Joe Hartung.

Da meine Frau mit dem ÖPNV unterwegs war, mussten wir uns sehr bald von den Gesprächspartnern losreißen. Auf dem Weg durch die Lobby traf ich Bekannte aus Eben Ezer und bot ihnen eine Mitfahrgelegenheit nach Lichterfelde an. Während meine Frau auf den Bus wartete, hetzte ich mit meinen Fahrgästen durch die Nebenstraßen von Steglitz. Dass ich zu schnell war, merkte ich an ihrer Atemlosigkeit. Das Ausdauertraining in der Kardio-Klinik trägt Früchte.

Sonntag, 11. Juni 2017

Kirche des Nazareners in Steglitz

Die Kirche des Nazareners ist eine Gemeinde-Bewegung, die vor etwa 100 Jahren ihren Anfang nahm. Auf Empfehlung eines Nazarener-Protagonisten besuchten wir heute die Johannes-Gemeinde in Steglitz.



Was hat Johannes mit Nazareth zu tun? Bereits im ersten Kapitel des Johannes-Evangeliums wird gefragt, ob aus Nazareth etwas Gutes kommen könne. Jesus verbrachte seine Kindheit und Jugend in Nazareth. Deshalb wurde er Nazarener genannt. Auch die Moslems sprechen von Nazarenern, wenn sie Christen meinen.

Erweckung 1908

Die Kirche des Nazareners ist eine weltweite Bewegung, die ihre Wurzeln im Methodismus hat. Ihr Startpunkt kann auf die Erweckungsbewegung von 1908 in den USA datiert werden. Innerhalb von fünfzig Jahren hatten sich die Nazarener über verschiedene Länder verteilt und waren 1958 auch in Deutschland angekommen, zunächst in Frankfurt am Main.

In den 1990er Jahren galt es bei Jugendlichen in Berlin als trendy, die Gebetskonzerte der Nazarener zu besuchen. So gehört Musik auch heute noch zu den definierten Grundwerten:

  • Gemeinschaft mit viel Lobpreis
  • Bibel kennen lernen in Hauskreisen und Seminaren
  • Authentisch als Christ den Alltag meistern
  • Missionsprojekte unterstützen

Bible Belt Steglitz

Die heute besuchte Johannes-Gemeinde gehört zum Verband der Kirche des Nazareners. Im Umkreis von etwa 100 Metern treffen sich mindestens sechs weitere Gemeinden, darunter auch Powerhouse Ministries. Letztere nutzt die Räume der Nazarener, die jeden Samstag zusätzlich an eine arabische Gemeinde untervermietet sind. Wrangelstraße als "Bible Belt" von Berlin.

Ein besonderes Merkmal der Johannes-Gemeinde ist wohl die ausgesprochen herzliche Willkommenskultur und integrative Atmosphäre. Der Lobpreis ist entschleunigt. Die Liedtexte werden präzise auf der Leinwand eingeblendet. Der Gemeindesaal bietet Platz für rund 70 Personen. Heute waren etwa 50 Erwachsene mit mehreren Kindern erschienen. Als besonderes Highlight durften die Kinder die gesamte Lobpreiszeit bei den Eltern bleiben und gingen dann in ihr Programm. Jugendliche sahen wir keine.

Virale Wirkung nach Lukas 13

Statt Pastor Martin Wahl predigte ein Gast aus Alabama, der sich zurzeit um Flüchtlinge in Griechenland kümmert. Der Amerikaner Jacob hatte spontan das Thema Trinitatis (Drei-Einigkeit) gewechselt und war seinem Eindruck gefolgt, dass heute Lukas 13 dran sei. In den Versen 18 bis 21 geht es um das Reich Gottes im Vergleich mit dem Senfkorn und dem Sauerteig.

Ein oft gelesener und bekannter Text, aber mit vielen neuen Sichtweisen. So hatte ich mir bisher noch nie darüber Gedanken gemacht, dass der Sauerteig biblisch eher negativ belegt ist. Sauerteig galt damals als Metapher für Korruption und hatte auch beim Passah-Mahl nichts zu suchen. Soll das Reich Gottes also in Korruption bestehen? Nein, Jesus widmet die Bilder um und zeigt anhand dessen, dass menschliche Maßstäbe von rein und unrein eben nur menschliche Maßstäbe sind. Auch das Senfkorn galt als unrein und gehörte nicht in einen gepflegten Gemüsegarten. Zu viral breite es sich aus und sauge den anderen Nutzpflanzen die Nährstoffe ab. Eine sehr spannende Auslegung.

Als wir uns losgerissen hatten ...

Nach dem Segen strebten viele der Besucher dem Tisch mit Getränken und Kuchen entgegen. Andere kamen auf uns zu, so dass wir längere Zeit im Saal standen und über die IGA, die Nazarener und gemeinsame Bekannte redeten. Wir mussten uns regelrecht losreißen.

Das Auto war durch die pralle Sonne gut beheizt. Während der Hinweg nur 34 Minuten gedauert hatte, nahm der Rückweg fast eine Stunde in Anspruch. Das lag nicht an der Fahrrad-Sternfahrt, sondern an den unzähligen Baustellen in der Stadt.

Sonntag, 21. Mai 2017

RESET Berlin sorgt für Updates in Friedenau

RESET Berlin ist ein Jahr jünger als unser Sohn und gehört zum Ecclesia-Verband, der wiederum ein Teil des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) ist. Heute besuchten wir den Gottesdienst im ehemaligen Computerladen an der Bundesallee.



Meine Winterräder hatte ich in der Nähe von RESET Berlin gekauft und stellte bei der Montage fest, dass die keine RDC-Sensoren haben. RDC-Sensoren messen den Luftdruck und melden ihn ans Cockpit. Gelbes Warnsymbol! Nach dem Einbau der Sensoren brauchten die Räder einen RESET.

Mit einem Reifendruck von 2,4 bis 2,7 Bar rollten wir heute auf die Location von RESET Berlin in der Bundesallee zu. Als wir den Eckladen mit der markanten Schrift sahen, bogen wir ab und fanden etwa hundert Meter weiter einen Parkplatz.

Cappuccino, Milchkaffee, Filterkaffee

Zum Konzept der Besucherführung gehört es, dass die Räume von der Nebenstraße aus betreten werden. Wir öffneten die Tür und standen sofort in einem kleinen Vorraum mit Theke. Die Dame dahinter fragte uns, was wir denn trinken möchten. "Kaffee", sagte ich und wurde durch die Gegenfrage sofort in einen Entscheidungsnotstand versetzt: Cappuccino, Milchkaffee, Filterkaffee und weitere Arten von Kaffee wurden genannt. Filterkaffee kannte ich. Den zapfte ich aus einer großen silbernen Kanne. Meine Frau ließ sich eines der anderen Getränke zubereiten.

Im Saal standen elf kleine Tische mit Barhockern. Der Raum hatte ein Fassungsvermögen von maximal siebzig Personen. Auf den Tischen standen Schälchen mit Kaffeebohnen und Teelichten.

Gemeinsames Essen

Der Gottesdienst bei RESET beginnt um 10:30 Uhr. Es gibt kein akademisches Viertel. Wer schon um zehn kommt, kann die halbe Stunde vorher zum Frühstücken und Netzwerken nutzen. Langsam-Esser dürfen während der Lobpreiszeit im Saal den Rest verzehren. Es gebe einmal im Monat auch ein Mitbring-Buffet, welches nach dem Gottesdienst verspeist werde. Kaffee-Atmosphäre und gemeinsames Essen ist ein wichtiges Merkmal von RESET.

Säule des Hauses und Säulen der Gemeinde

Wir kamen mit dem Pastor Jim Johnson, seiner Frau und einigen Leuten aus der Gemeinde ins Gespräch. Dann setzten wir uns an einen Tisch direkt vor der Bühne. Neben uns - also mitten im Raum - stand eine Säule. Sie muss wohl eine tragende Rolle für das darüber liegende Mietshaus spielen. Ansonsten wäre sie ein Fall für die nächste Baumaßnahme. Heute trug sie den Beamer, eine Kamera und die Verantwortung dafür, dass Tisch 9 nur akustisch dem Geschehen folgen konnte.

Apropos Säule: Die Gemeinde hat ein breit aufgestelltes Leitungsteam, das sogar Sprechstunden anbietet. Der Pastor ist also kein Alleinunterhalter. Er kann delegieren und die Mitglieder von RESET ihren Gaben gemäß agieren lassen.

Kurz vor Beginn stellte sich der Pastor mit den Akteuren zusammen und betete für den Gottesdienst. Es gab einen Werbeblock für Kleingruppen und eine längere Lobpreiszeit. Das Team mit zwei Gitarren und einem Keyboard war recht jung. Überhaupt gab es in der Gemeinde viele Mittzwanziger. Es wurde mehrfach betont, dass es sonst voller sei. Zwanzig Personen hätten heute noch gepasst.

Englisch, Deutsch und Römer

Pastor Jim predigte auf Englisch. Er wurde von der Bühne aus übersetzt, so dass wir das wichtige Thema doppelt hören konnten. Evangelium pur: Römer 6, 6-7 und weitere Bibelstellen untermalten die Folgen der Kreuzigung. Durch das Blut von Jesus seien die Sünden abgewaschen worden. Tod und Kreuz seien darüber hinaus ein Zeichen für neue Lebensqualität. Eine Lebensqualität, die nicht mehr vom "Selbst" bestimmt werde:

Gott an erster Stelle; Gott mit höchster Priorität; dann der Rest: Familie, Kinder, Eltern, Beruf, Träume. Das sei jedoch kein Freibrief für geistlich begründete Verantwortungslosigkeit. RESET der Denkmuster, RESET der Prioritäten, RESET der Entscheidungsgrundlagen.

Während der Predigt versuchten Frau und Sohn, den Kaffeebohnen aus der Deko ihren ursprünglichen Duft zu entlocken. Sie zerbröselten diese auf dem Tisch und streuten sie anschließend ins Teelicht. Als das nicht gelang, stellte ich die Bohnenschale an meine Ecke des Tisches und schirmte sie mit vier Tassen vom weiteren Zugriff durch die Familie ab. RESET!

UPDATE bei RESET

Im Zuge von Gebet und Segen wurde angesagt, dass in fünf Minuten das UPDATE beginne. UPDATE ist Englisch und bedeutet im Kontext von RESET: Gemeindeversammlung. Fünf Minuten sind ein sportliches Limit. Deshalb verließen wir schnell die Räume.

In der Nähe gab es nur zwei Restaurants. Deshalb fuhren wir nach Schöneberg-City und testeten dort einen Perser. In diesem Falle keinen Teppich, sondern ein Restaurant mit dem Namen Shayan. Da die Körbe für "das Opfer" nur Gemeinde-Leuten gereicht worden waren, reichte das Bargeld für fünf Mahlzeiten, zwei Mango-Lassis und drei Softdrinks.

Montag, 20. Februar 2017

Gesprächsforum - Reich werden mit Josef Müller

Josef Müller ist ein passgenaues Abbild des "verlorenen Sohnes" aus Lukas 15, 11-32. Gestern Abend erlebten wir ihn im Best Western in Steglitz.



Neunzehn Tische waren zum Dinner eingedeckt. Die Platzierung stand fest und wurde bereits am Eingang zum Großen Saal mitgeteilt. Neben meinem Namen stand ein TV. Da ich keine Kamera dabei hatte, fragte ich nach und erfuhr, dass "TV" die Abkürzung für "Tischverantwortlicher" sei. Ich solle anschließend lediglich einen weiteren Fragebogen ausfüllen und könne an der nächsten Mitarbeitersitzung teilnehmen. Auch in Steglitz.

Unser Tisch war regional sehr divergent besetzt: Lankwitz, Gesundbrunnen und Marzahn. Um den Smalltalk anzukurbeln, drehten wir zunächst die Tischkarten so um, dass jeder die jeweiligen Namen lesen konnte. Alle endeten mit "Mann". Wir einigten uns auf ein Arbeits-Du und gaben einige persönliche Eckdaten zum Besten.

Ambiente und Kollegen

Die Abendveranstaltungen des Gesprächsforums Leben + Glauben finden auf hohem gesellschaftlichen Niveau statt und eignen sich damit hervorragend zum Einladen von Kollegen und Geschäftspartnern. Das Buffet ist nachhaltig gut und punktet mit dem Alleinstellungsmerkmal, dass es logistisch so ausgereift ist, dass keine langen Wartezeiten entstehen. Allein die Getränke-Kellner schienen bei den über hundert Besuchern gestern etwas überfordert zu sein.

Koffer voller Geld

Josef Müller passte als Referent ideal in den Rahmen. Josef Müller war Teil der Nobelszene Münchens, hatte einen schwarzen Rolls Royce mit weißem Fahrer und einen weißen Rolls Royce mit einem schwarzen Fahrer. Wegen eines Autounfalls sitzt er seit seinem Jugendalter im Rollstuhl. Deshalb wählte er einen Beruf, dem er vom Schreibtisch aus nachgehen konnte. Er wurde Steuerberater und wollte sehr schnell viel Geld verdienen. In Koffern transportierte er Gelder aus Drogen- und Waffengeschäften nach Deutschland und legte diese mit einem hohen Gewinnpotenzial an. Das rächte sich jedoch über das begleitende Risiko. Plötzlich hatte er Schulden in Millionenhöhe und die amerikanische Mafia am Hals. Er kompensierte das durch Mandanten, die ihm mehrere Millionen borgten.

Die amerikanischen Strafverfolger konnten das kriminalistische Bedrohungsproblem zwar parallel lösen. Die Schulden blieben. Diesmal jedoch bei seinen engeren Bezugspersonen. Auch heute noch gehen die Erlöse aus den Büchern an seine Gläubiger und zeigen einen Wandel der Persönlichkeit nach Lukas 19, 1-10 (Zachäus).

Knast nach Römer 8, 28

Es gab einige Berührungspunkte mit dem Glauben an Gott und einer persönlichen Ansprache durch Jesus. Die erste wörtliche Anrede auf Deutsch bekam er in seinem Hotelzimmer in Florida. Diese Ansprache war so einschneidend, dass er kurz darauf nach Europa zurückflog und sich dort den Behörden stellen wollte. Diese kamen seiner Zeitplanung zuvor und verhafteten ihn in einem Wiener Hotelzimmer. Wegen Geldwäsche wurde er zu mehreren Jahren Haft verurteilt. In seiner Münchner Gefängniszelle las er das Neue Testament und suchte aktiv den Kontakt zu Gott. Dieser offenbarte sich kurz darauf sehr deutlich durch eine tiefe überfließende Freude, von der Menschen berichten, die ihre "Bekehrung" datieren können. Er rollte dann mit seinem Stuhl auf den Gang und umarmte einige seiner härtesten Zellennachbarn, küsste sie und sagte ihnen dass Gott sie liebt. Nachdem sie sich aus ihrer Starre erholt hatten, gingen sie zum Arzt und baten um dieselben Pillen, die Josef bekommen haben musste.

Ab dem Moment fuhr Josef Müller auf der Bühne richtig ab. Die Begeisterung für Jesus floss nur so aus ihm heraus. Der Rollstuhl bewegte sich von einer Ecke der Bühne zur anderen. Auch die anschließenden Fragen beantwortete er sehr authentisch wie jemand, der Jesus inhaliert hatte und in einer sehr engen Beziehung zu ihm steht.

Unverständnis versus Begeisterung

Während durchaus positives Feedback von den Gästen kam, schaute ich auch in skeptische Gesichter. Rolls Royce, Boote, Hotelzimmer, Koffer voller Banknoten korrelieren auch im Ambiente des Gesprächsforums Leben + Glauben nicht unbedingt mit dem Alltag der Gäste. So hörten wir auch Einschätzungen, die Josef Müller in die Ecke eines egozentrischen Aufschneiders stellten.

Dennoch hatte der Lebensbericht Früchte getragen und mindestens ein Teilnehmer hatte an diesem Abend eine Beziehung zu Jesus begonnen.

Aus meiner Sicht war Josef Müller authentisch. Trotz seiner Querschnittslehmung hatte er sich Humor und Lebensfreude bewahrt. Er hatte dem angeborenen Optimismus und dem erlebten materiellen Überfluss noch den größten Reichtum hinzugefügt: die persönliche Beziehung zu Jesus.

Montag, 26. September 2016

Gesprächsforum und die Illusion von der Integration

Das Gesprächsforum Leben + Glauben ist ein niederschwelliges Format, zu dem auch Freunde und Kollegen eingeladen werden können. In gehobener Atmosphäre des Best Western in Steglitz werden provokante Themen behandelt. Gestern referierte ein ehemaliger Moslem zum Thema "Warum ich kein Terrorist geworden bin".



Mit knapp 150 Teilnehmern an neunzehn Tischen war die Veranstaltung des Gesprächsforum Leben+ Glauben ausgebucht. Der "Große Saal" des Best Western in Steglitz war wie zu einem Gala-Dinner eingedeckt. Das Buffet war vorbereitet. Kellner, ältere Herrschaften, Männer in Anzügen und Damen in formalen Kostümen liefen durch den Saal und schauten nach ihren Tischkarten. Wir hatten uns für Dresscode "Smart Casual" entschieden. Das passt fast immer.

Begegnung mit den Fehlgeleiteten

Als Referent war der als politisch inkorrekt gehandelte Nassim Ben Imam angekündigt. Inkorrekt war er in vielerlei Hinsicht. Es fing damit an, dass er vor vielen Jahren als Moslem nach Deutschland gekommen war. Als zuwandernder Islamist war er davon ausgegangen, dass alle Deutschen Christen seien.

Christen gehören nach dem Koran zu den "Fehlgeleiteten". Waren doch die "Nazarener" gemäß mehrerer Suren mit den Juden "uneins über die Schrift". Deshalb musste der Koran als letzte Warnung und Aufklärung in "klarer arabischer Sprache" herabgesendet werden. Dass Christen Ungläubige sind, manifestierte sich für den Redner in den kurzen Röcken der Frauen, in der Werbung mit halbnackten Damen, Single-Haushalten und anderen Dingen, die er aus seiner Kultur nicht kannte.

Vom Terroristen zum Christen

Deshalb entschloss er sich, Terrorgruppen zu organisieren und die "wahre Leitung des Koran" im Rahmen asymmetrischer Konflikte durchzusetzen. Dieses Ziel hätte er wohl weiter verfolgt, wenn er nicht einen BGS-Beamten getroffen hätte, der ihm das Christsein der Bibel gemäß erklärt hätte. Den letzten Kick zu seiner Konvertierung bekam er, als er einige christliche Motorrad-Rocker kennen lernte. Ihre Art war für ihn überzeugend. So überzeugend, dass er den Verlust seiner gesamten sozialen Kontakte in die islamistische Szene in Kauf nahm und Christ wurde.

Das stellte einen Hochverrat gegenüber seiner bisherigen Religion dar und gefährdet bis heute sein Leben. Während sich die engste Familie so langsam wieder annähert und sein Vater inzwischen auch konvertiert ist, geht er davon aus, dass die Verwandten zweiten Grades mit seiner Ermordung sehr gerne "die Schande" von der Familie nehmen würden.

Seine Geschichte und theologische Ausbildung machen ihn zu einem Insider, der wie Nabeel Qureshi, fundiert über beide Seiten reden und entsprechende Vergleiche anstellen kann. Und genau hier wird es wieder politisch inkorrekt. Beschäftigt man sich mit dem Koran selbst, so unterscheidet sich dessen Hauptlinie maßgeblich von der Hauptlinie der Bibel. Gefühlte 80% beschäftigen sich mit den Qualen der Ungläubigen im Feuer des Jenseits, ein weiterer Teil iteriert die Geschichten von Noah, Abraham, Lot und Mose in einer äußerst lückenhaften Weise. Die Bibel vermittelt einen erfahrbaren und auf Beziehung zur Menschheit orientierten Gott sowie die stellvertretende Übernahme unserer Schuld durch Jesus. Letzteres wird im Koran vehement abgestritten.

Die wenigsten Moslems haben jemals den Koran komplett gelesen. Das notwendige Wissen wird in der Moschee vermittelt und konzentriert sich auf wenige Punkte, nämlich dass der Koran nicht hinterfragt werden darf und dass der Gläubige sich durch die Armensteuer, regelmäßiges Gebet, das festgesetzte Fasten und das Glauben an das Jenseits auszeichnet.

Europa und die politische Korrektheit

Die politisch korrekte Abendland-Meinung wäre, dass man ja ohnehin nicht alles glauben könne, was in der Bibel stehe. Das seien nur Fabeln und Geschichten, die sich die Frauen am Lagerfeuer erzählt hätten. Gott sei schließlich überall, auch in den Bäumen und Pflanzen und den Tieren. Damit versucht sich der Ungläubige beim Moslem anzubiedern. Der Moslem nimmt den vermeintlichen Christen als jemanden wahr, der weder ein belastbares Fundament hat, noch an den einen Gott als souveräne Person glaubt.

Der Koran bietet ein Fundament, das nicht hinterfragt werden darf. Bei Gastfreundschaft, der Hingabe von "Gut und Blut" und im Eifer um den Ruf seines Propheten ist selbst der säkularisierte Moslem dem "ungläubigen" Christen in der westlichen Welt überlegen. Hinzu kommt, dass Abtreibung bei Moslems kein Thema ist und die Verbreitung dieser Religion auf simple demographische Weise voranschreitet.

Laut Nassim Ben Imam seien viele friedliche Moslems noch lange kein Beweis dafür, dass der Islam im Kern eine friedliche Religion sei. Selbst die Kreuzzüge seien letztlich nur eine Reaktion auf muslimische Eroberungen gewesen. Aufgrund des religiösen Führungsanspruchs des Korans sei gar keine Integration in eine Gesellschaft von Ungläubigen vorgesehen. Dazu heißt es in Sure 4,91: "Sie wünschen, dass ihr ungläubig werdet, wie sie ungläubig sind, und dass ihr (ihnen) gleich seid. Nehmet aber keinen von ihnen zum Freund, ehe sie nicht auswanderten in Allahs Weg. Und so sie den Rücken kehren, so ergreifet sie und schlagt sie tot, wo immer ihr sie findet", und ergänzend dazu in Sure 8,40: "Und kämpfet wider sie, bis kein Bürgerkrieg mehr ist und bis alles an Allah glaubt".

Der weltweiten Islamisierung ist mit europäischen Denkmustern nicht beizukommen. Im Kämmerlein werden sich islamische Führer weiterhin über die fundamentlosen Christen kaputtlachen, die in ihrer humanistischen Gutgläubigkeit nicht realisieren wollen, dass der Koran explizit zu Unwahrheit und Scheinverträgen mit Ungläubigen als taktisches Mittel aufruft (siehe Sure 9,4-5).

Der Koran rechtfertigt das mit einem Wesenszug Allahs in Sure 13,42: "Allahs aber ist die List allzumal. Er weiß, was jede Seele tut, und wahrlich, die Ungläubigen werden schon sehen, wem der Lohn der Wohnung sein wird". Oder in Sure 8,30: "... und Allah schmiedete Listen; und Allah ist der beste der Listenschmiede".

Aber welcher Ungläubige glaubt das schon?

Prof. Rainer Mannel zitierte bereits vor drei Jahren bezüglich der Konflikte in Syrien und Nordwestafrika: "Die Geschichte lehrt ständig, findet aber keine Schüler."

Und Jesus stellt in Joh 8,45 fest: "Weil ich die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht."

Mögliche Lösung - Träume und authentisches Christsein

Zur Überwindung der divergenten Denkmuster ist eine Brücke erforderlich, die auf der geistlichen Ebene gebaut wird.

Der Moslem glaubt, dass seine Seele während des Schlafes zu Allah geht (Sure 6,60). Deshalb wird Träumen eine besondere Bedeutung beigemessen. Viele konvertierte Moslems hatten zunächst Jesus im Traum gesehen und dann nach Christen gesucht, die sie beim Durchschreiten der engen Pforte (Mt 7,13-14) begleiten.

An dieser Stelle sind Christen gefragt, die die Grundlagen ihres Glaubens kennen, diese ernst nehmen und authentisch im Alltag umsetzen. Solche Menschen hatten auch Nabeel Qureshi und Nassim Ben Imam überzeugt.

Sonntag, 3. Juli 2016

Manfred Siebald in der EFG Wannsee

Manfred Siebald ist seit 1970 als Liedermacher unterwegs und schildert mit Gitarre und Gesang die Facetten seines Glaubenslebens. Heute war er bei den Baptisten am Wannsee zu Gast.



Manfred Siebald war unseren Kindern nicht bekannt. Gehört er doch einer Generation an, die mit dem Kassettenrecorder im Zug saß und auf der Fahrt zur Jugendfreizeit die ahnungslosen Fahrgäste beschallte. Heute fuhren wir ohne Kassetten diametral durch Berlin, um unseren Kindern ein Urgestein der zeitgenössischen christlichen Musikszene zu demonstrieren. Manfred Siebald hatte sich zu einer Matinee im Gottesdienst der Baptistengemeinde Wannsee angekündigt.

Als wir kurz vor elf eintrafen, läuteten die Glocken, was ein bemerkenswertes Alleinstellungsmerkmal für eine Baptistengemeinde ist. Das helle Gemeindehaus muss anhand der Farbgebung um die Jahrtausendwende renoviert worden sein. Durch die hohen Fenster konnten wir in das Grün der Wannsee-Umgebung blicken. Die Polsterstühle waren fast alle besetzt. Unsere Bekannten hatten unter höchstem Einsatz von Schals, Taschen und Ansehen vier Plätze für uns frei gehalten. Nur dadurch konnten wir zwei Reihen hinter dem bekannten Liedermacher sitzen.

Nach einer kurzen Einleitung und Begrüßung durch den Gemeindeleiter der EFG Wannsee begann das Programm. Manfred Siebald nutzte eine Gitarre, eine viersaitige Ukulele, zwei Mikrofone und seine Stimme. Thematisch hangelte er sich an den guten Vorsätzen entlang, die zu Sylvester niedergeschrieben werden und zur Mitte des Jahres hin durchaus zu reflektieren seien. In den Liedern wurden Jesus und Gott direkt genannt oder kamen verklausuliert in den Texten vor.

"Ins Wasser fällt ein Stein", "Gott lädt uns ein zu seinem Fest", "Es geht ohne Gott in die Dunkelheit" und andere bekannte Lieder stammen von ihm. Davon sangen wir heute allerdings nur wenige gemeinsam. Einen Großteil kannten wir nicht und konzentrierten uns deshalb auf die anspruchsvollen Texte. Besonders war ein Lied über "Wo warst du Gott" hängen geblieben, wo diese provokante Frage einmal in einem positiven Kontext von bestandener Prüfung, gefundener Liebe des Lebens, Bewahrung beim Treppensturz und ähnlichen Situationen gestellt wurde. Ehrlichkeit und Authentizität waren weitere Themen, die sich durch sämtliche Texte zogen.

Manfred Siebald sang und redete völlig frei. Nur beim Lesen einer kurzen Geschichte nahm er ein Buch zur Hand. Er schreibt also auch Bücher. In seinen 68 Lebensjahren war er sehr produktiv und hatte, wie für einen 68er typisch, die Gesangsgepflogenheiten so manch einer evangelischen Freikirche revolutioniert.

100 Minuten Liedermacher inklusive Zugabe muss man mögen. So wurde das umfangreiche Programm mit dem durchgängigen roten Faden vom Publikum mit Applaus aufgenommen. Meine Tochter war jedoch in einen seichten Schlaf gefallen, mein Sohn bog und knackte seine Finger, ältere Herren lauschten regungslos dem Gesang und einige Frauen wippten begeistert mit. Die Gemeindeleitung freute sich über diesen hochkarätigen Gast und die heutige Spendensammlung für das Flüchtlingsprojekt am Wannsee.

Nach dem Gottesdienst liefen wir die Königstraße entlang und fanden mal wieder einen Inder. Bei leckerem Essen und Mango-Lassi reflektierten wir das Konzert und erfuhren, dass unsere Begleiter oft die CDs von Manfred Siebald durch ihre Wohnung schallen lassen.

Freitag, 24. Juni 2016

Grillabend mit Leben + Glauben

Das Gesprächsforum Leben + Glauben ist ein niederschwelliges Format, zu dem Christen ihre Nachbarn, Kollegen und Geschäftspartner einladen können. Vortragsveranstaltungen im gehobenen Rahmen mit ausgesuchten Referenten gehören ebenso dazu wie Grillabende im kleineren Kreis.



Als der Wagen über das altgermanische Kopfsteinpflaster der Alemannenstraße rumpelte, beschäftigte mich nur ein Gedanke: "Wird der Johannisbeerquark hinter meinem Sitz noch in der Schüssel sein, wenn wir am Ziel eintreffen?". Kurz darauf brachte ein Blick in den Fond die Erleichterung. Der Quark hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Kühlakku und Kühltasche hatten bei 36°C Außentemperatur gute Dienste geleistet.

Heute war Grillparty mit dem Gesprächsforum Leben + Glauben angesagt. Auf der Terrasse stand Joe und heizte den Grill ein. Wilfried lief emsig hin und her und versorgte die Gäste mit kalten Getränken. Der Pool war abgedeckt und zwei Frauen unterhielten sich auf einer Klappliege. Wir stellten uns zu Wolfgang Boguslawski an den Pool und unterhielten uns über seine Gemeindebesuche, Open Doors und das subtile bis offensive Mobbing christlicher Flüchtlinge. Wilfried bot Badehosen an, aber plötzlich wollte niemand mehr in den Pool springen.

Bis 19:00 Uhr trafen immer mehr Gäste, Salate und Nachspeisen ein. Joe hatte so gut eingeheizt, dass Fleisch, Wurst und Spieße aufgelegt werden konnten. Die Gespräche wurden fortgesetzt, Plätze an den Tischen organisiert und neue Kontakte geknüpft. Dabei bekamen wir weitere spannende Insider-Informationen über Uganda, die Saddleback Church und verschiedene christliche Wirtschaftsvereinigungen. Währenddessen rannte Wilfried um die Tische und versorgte die Gäste mit Getränken, Fleisch und Spießen. Ein klarer Fall von "dienender Leiterschaft" oder eben Ausübung des laut Starkoch Roland Werk vergessenen Gebotes der Gastfreundschaft. Letzteres war mir gerade besonders beim Lesen von Matthäus 25 aufgefallen, wo es in den Versen 35 bis 44 mehrfach um Handlungen der Gastfreundschaft geht.

Um Gastfreundschaft ging es anschließend auch in der großen Runde von etwa zwanzig Christen aus allen Ecken der Stadt. Wolfgang berichtete aus seiner langjährigen Berufserfahrung. Er hatte im Notaufnahmelager Marienfelde gearbeitet, wo auch ehemalige Ostberliner beim Umzug ins damalige Westberlin eine kurze Zwischenstation machen mussten. Dieser Erfahrungsschatz mit Flüchtlingen steht nun Open Doors, dem Sprachrohr verfolgter Christen, zur Verfügung. Flüchtlinge und Mission wurden ja lange Zeit als externe und vorwiegend afrikanische Angelegenheit angesehen. Nun sind diese beiden Themen im eigenen Land zu bedienen. Wenn ihr nicht zu uns kommt, kommen wir zu euch. Gastfreundschaft und eine professionelle Auseinandersetzung mit kulturellen Unterschieden ist gefragt.

Wolfgang berichtete von ehemaligen Moslems, die oft nach dem gleichen Schema Christen wurden. Jesus selbst war ihnen in Träumen und Visionen erschienen. Auf Nachfrage im Gebet zeigte sich Jesus immer deutlicher und die Begegnungen waren in der Regel mit Licht, Freundlichkeit und teilweise einem angenehmen Duft verbunden. Ähnliche Berichte hatten wir schon mehrfach gehört. Je nach ehemaliger Stellung in der muslimischen Hierarchie fällt dann auch der Verfolgungsgrad aus. Christen gelten in islamischen Ländern ohnehin als gesellschaftlicher Abschaum und werden zur Mülltrennung oder anderen weniger qualifizierten Tätigkeiten eingesetzt. Begegnet ein Moslem auf die oben beschriebene Weise Jesus und entscheidet sich dann gar für eine Beziehung mit ihm, wird er seiner sämtlichen sozialen Kontakte entledigt. Besonders hart trifft es Frauen in solch einer Situation. Hut ab vor Menschen, die das dann trotzdem durchziehen!

Gelingt diesen Menschen die Flucht ins christliche Abendland, finden sie sich plötzlich im Bauch eines trojanischen Pferdes voll islamistischer Asylbewerber wieder, die die traditionelle Behandlung von Christen innerhalb des Containerraummoduls (CRM) fortsetzen. Interessant sei laut Wolfgang der Klimaunterschied in Räumen, wo muslimische und christliche Flüchtlinge untergebracht seien. Lüge und Missbrauch ertragen keine Öffentlichkeit. Durch die vermehrte Bekanntmachung und Anzeige islamistischer Übergriffe entwickeln auch Bundesregierung, Polizei und Verfassungsschutz eine neue Sensibilität für interkulturelle und interreligiöse Konflikte.

Als immer mehr Mücken im Landeanflug auf meine Frau waren, wurde Insektenspray gereicht und in eine Gebetsgemeinschaft übergeleitet. Der Lichtsensor reagierte auf Bewegungen und erhellte regelmäßig die Runde der reifen, gut verwurzelten, gestandenen und erfahrenen Christen. Ich war beeindruckt von dem Privileg, Teil dieser Runde zu sein.

Ausgerüstet mit Flyern und unserer Quarkschüssel rumpelten wir gegen 23:00 Uhr über die altgermanischen Straßen und dachten über das Wertesystem des christlichen Abendlandes nach.

Sonntag, 17. April 2016

Powerhouse Ministries of God in Steglitz

Powerhouse Ministries of God ist eine junge Gemeinde in Steglitz. Die Besucher sind vorwiegend Schwarze aus dem Süden Berlins, was entsprechend das Temperament von Lobpreis, Predigt und Gottesdienst beeinflusst. Der Gottesdienst beginnt pünktlich und läuft gut strukturiert ab. Es wird Deutsch und Englisch gesprochen. Da die Sprachen mehrfach wechseln, sind Englischkenntnisse von Vorteil. Die Altersstruktur ist durchmischt, geht aber in Richtung junge Familien. Singles fühlen sich dort ebenfalls wohl. Die herzliche und interessierte Aufnahme von Gästen ist ein weiteres Plus der Gemeinde.



"Bei Spring waren wir in einer Kneipe. Da wurden von einem Kirk Smith Gospels und Anbetungslieder gesunden. Das war eine Stimmung", war der Kommentar eines befreundeten Ehepaares im Seniorenalter. Kirk Smith rockt alle Generationen und hatte als schwarzer Pastor bereits bei The Voice of Germany mitgemacht.

Heute stand seine Gemeinde in Steglitz auf dem Programm: Power House Ministries of God. Trotz seiner Popularität geht es Kirk Smith um Ministries of God und nicht um Ministries of Kirk. Trotz seiner Begabungen ist er ein bescheidener Mann. Er ist verheiratet, hat fünf Kinder und kommt aus Chicago. Das Power House wurde vor vier Jahren gegründet und spricht insbesondere Menschen mit internationalen Wurzeln an. Gepredigt wird auf Englisch mit deutscher Übersetzung. Das hat den Vorteil, dass man den Inhalt gleich doppelt hört und sich deshalb besser merken kann.

Der heutige Input hatte mich emotional so bewegt, wie schon lange keine Predigt mehr.

Power House Ministries of God
Power House Ministries of God - Lichtspiel im Garten
Es begann damit, dass Bibeln ausgeteilt wurden und jeder seine Bibel hochhalten sollte. Auch Smartphone war möglich. Kirk wollte sicher gehen, dass jeder Gottesdienstbesucher mitlesen kann. Der behandelte Text stand in Johannes Neun. "Der Blindgeborene", sagte ich zu meiner Frau und merkte eine übermäßige Freude in mir aufsteigen. "Dein Lieblingstext", gab sie zurück und lächelte.

Es ging um die Verse Eins bis Elf, wo Jesus zunächst über die vermeintliche Sünde des Blindgeborenen befragt wird, dann erklärt, dass es um die Praktizierung eines weiteren Werkes Gottes gehe und er dann auf unkonventionelle Weise den Blinden per Spucke und Staub heilte. Jesus sandte den Blinden dann zum Teich Schiloach, der übersetzt "gesendet" heißt. Danach kam der Blinde als Sehender wieder und berichtete von dem Moment, wo Jesus ihm die Augen geöffnet hatte. Ein Text voller Parallelen zu unserer Begegnung mit Jesus und den Punkten, wo er uns unkonventionell eine neue Sicht gegeben hat.

Die etwa dreißig Gottesdienstbesucher waren sehr freundlich und interessierten sich für einander und für uns. Auch während des Gottesdienstes gab es mehrere Gelegenheiten zu überschwänglichen Begrüßungen und Segenswünschen. Einmal hatte sich dabei im hinteren Teil des Saales eine so herzliche Menschentraube gebildet, dass Kirk die Leute in die Realität des Programms zurückholen musste.

Kirk Smith predigte sich so intensiv in den Text hinein, dass immer mehr Knöpfe seines Hemdes geöffnet, die Hemdsärmel umgeschlagen und die Krawatte gelockert wurde. Teilweise kam die Übersetzerin kaum hinterher. Dennoch war der rote Faden zu erkennen und es wurden immer wieder aktuelle Beispiele aus seinem Alltag einbezogen.

Nach dem Gottesdienst wurden wir noch ins Nachbarhaus zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Ein Gottesdienstbeginn von 15:00 Uhr eignet sich dafür sehr gut. Kirk erzählte uns, dass er gerne früher beginnen würde. Das gehe aber momentan nicht, da sich die Power House Ministries of God die Räume mit zwei weiteren Gemeinden teilen. Überhaupt entdeckten wir heute ein sehr reichhaltiges christliches Leben im näheren Umkreis der Wrangelstraße in Steglitz. Die Gemeindehäuser sind den ganzen Sonntag über gut belegt mit verschiedenen deutschen und internationalen Gemeinden.

Inzwischen bin ich auch über die Internetmission Berlin mit Kirk verbandelt und freue mich schon auf seine ersten Videoproduktionen für den YouTube-Kanal von GOTTinBerlin.de.

Montag, 29. Februar 2016

Gesprächsforum Leben + Glauben

Das Gesprächsforum Leben + Glauben bietet eine gute Plattform zum Mitbringen von Freunden und Bekannten zu professionellen Vorträgen an einem neutralen gepflegten Ort außerhalb der Gemeinde. Die Themen werden mit niederschwelligen christlichen Inhalte vermittelt, so dass sich niemand überrumpelt fühlen muss.



Das Best Western in Steglitz ist sehr zentral gelegen. Direkt neben der Stadtautobahn verfügt es über ein großes Parkhaus und entsprechende Räumlichkeiten für Tagungen und Konferenzen. Die Außenoptik des Hotels erregt zwar einige Skepsis, aber diese steht ja auch bei anderen Bauten wie dem Hotel Maritim am Bendlerblock im Widerspruch zur Innenarchitektur.

Die Einladung zum gestrigen Gesprächsforum Leben + Glauben avisierte mein Spezialthema "die Kunst zu kritisieren, ohne zu verletzen". Als Referent war Unternehmensberater Ralf Juhre angekündigt. Wir waren gespannt.

Die Schilder und Pfeile leiteten uns treffsicher zum Ballsaal, wo wir gleich mehrere Bekannte aus der christlichen Szene der Stadt trafen. Kurzer Check-in, Mäntel abgeben und hinein in die illustre Gesellschaft von Unternehmern und leitenden Angestellten. Die liebevoll per Hand geschriebenen Tischkärtchen mit unseren Namen standen in der Nähe der Bühne auf Tisch 14. Unsere sechs Tischnachbarn hatten bereits Platz genommen. Mit einer provozierten Sogwirkung drehten wir unsere Schilder um und kamen auf diese Weise erst einmal über unsere Namen ins Gespräch. Das Eis war gebrochen.

Dann entfaltete Ralf Juhre das Thema. Vieles war bekannt. Allerdings ist es gut, bekannte Prinzipien immer wieder neu zu verinnerlichen. Während sich meine Frau für den richtigen Einstiegssatz bei für Kritik resistenten Gesprächspartnern interessierte, blieb bei mir hängen, dass ein wichtiges Moment des effektiven Kritisierens die Kontrolle der eigenen Emotionen ist. Das sei nicht so einfach, wenn Kritik durch Verbitterung motiviert sei oder eingehende Kritik auf alte Verletzungen stoße. Der Themenkomplex ist zu groß, um alle Facetten bis hin zu Vergebung und Heilung zu beleuchten. Ralf Juhre überzog seinen spannenden Vortrag ohnehin schon und musste mehrfach auf das angerichtete Buffet hingewiesen werden. Er ging damit recht entspannt um, zumal er die Zuhörer auf seiner Seite hatte.

Das Buffet war seinen Preis wert. Wir waren erstaunt, wie gut die Versorgung der etwa hundertdreißig Gäste organisiert war. Wir mussten nicht einmal antizyklisch vorgehen, um in einer vertretbaren Zeit wieder am Tisch zu sitzen. Da kennen wir ganz andere Szenarien.

An den Tischen ging es längst nicht mehr um die Bedeutung und Herkunft der Namen, sondern um familiäre Herausforderungen, die Mitarbeiterführung und um das Thema Kritik. Es konnten kleine Zettel mit Fragen beschrieben werden, die der Referent nach dem Essen noch beantworten wollte. Es kamen viele solcher Zettel zusammen, die aber dennoch alle geklärt werden konnten. Wir stellten fest, dass das Thema ein wirklich breites Interesse geweckt hatte und die Auseinandersetzung mit Kritik in verschiedenste Richtungen ging. Entsprechend intensiv wurde Ralf Juhre auch anschließend noch von Fragenden belagert.

Aber was hat Kritik mit Glauben zu tun? Auf eine angenehme Art waren gelegentlich Bibelzitate oder christliche Werte in den Vortrag eingeflossen, die aber keineswegs aufdringlich wirkten. Ein Gast, der von seinem christlichen Bekannten eingeladen worden war, zeigte sich anschließend erstaunt darüber, dass die christlichen Inhalte so niederschwellig vermittelt worden waren. Wir hatten dann noch ein kurzes aber gutes Gespräch über Taufe, Christsein im Alltag und das Einlassen auf eigene Erfahrungen mit Jesus.