Sonntag, 11. Juni 2017

Kirche des Nazareners in Steglitz

Die Kirche des Nazareners ist eine Gemeinde-Bewegung, die vor etwa 100 Jahren ihren Anfang nahm. Auf Empfehlung eines Nazarener-Protagonisten besuchten wir heute die Johannes-Gemeinde in Steglitz.



Was hat Johannes mit Nazareth zu tun? Bereits im ersten Kapitel des Johannes-Evangeliums wird gefragt, ob aus Nazareth etwas Gutes kommen könne. Jesus verbrachte seine Kindheit und Jugend in Nazareth. Deshalb wurde er Nazarener genannt. Auch die Moslems sprechen von Nazarenern, wenn sie Christen meinen.

Erweckung 1908

Die Kirche des Nazareners ist eine weltweite Bewegung, die ihre Wurzeln im Methodismus hat. Ihr Startpunkt kann auf die Erweckungsbewegung von 1908 in den USA datiert werden. Innerhalb von fünfzig Jahren hatten sich die Nazarener über verschiedene Länder verteilt und waren 1958 auch in Deutschland angekommen, zunächst in Frankfurt am Main.

In den 1990er Jahren galt es bei Jugendlichen in Berlin als trendy, die Gebetskonzerte der Nazarener zu besuchen. So gehört Musik auch heute noch zu den definierten Grundwerten:

  • Gemeinschaft mit viel Lobpreis
  • Bibel kennen lernen in Hauskreisen und Seminaren
  • Authentisch als Christ den Alltag meistern
  • Missionsprojekte unterstützen

Bible Belt Steglitz

Die heute besuchte Johannes-Gemeinde gehört zum Verband der Kirche des Nazareners. Im Umkreis von etwa 100 Metern treffen sich mindestens sechs weitere Gemeinden, darunter auch Powerhouse Ministries. Letztere nutzt die Räume der Nazarener, die jeden Samstag zusätzlich an eine arabische Gemeinde untervermietet sind. Wrangelstraße als "Bible Belt" von Berlin.

Ein besonderes Merkmal der Johannes-Gemeinde ist wohl die ausgesprochen herzliche Willkommenskultur und integrative Atmosphäre. Der Lobpreis ist entschleunigt. Die Liedtexte werden präzise auf der Leinwand eingeblendet. Der Gemeindesaal bietet Platz für rund 70 Personen. Heute waren etwa 50 Erwachsene mit mehreren Kindern erschienen. Als besonderes Highlight durften die Kinder die gesamte Lobpreiszeit bei den Eltern bleiben und gingen dann in ihr Programm. Jugendliche sahen wir keine.

Virale Wirkung nach Lukas 13

Statt Pastor Martin Wahl predigte ein Gast aus Alabama, der sich zurzeit um Flüchtlinge in Griechenland kümmert. Der Amerikaner Jacob hatte spontan das Thema Trinitatis (Drei-Einigkeit) gewechselt und war seinem Eindruck gefolgt, dass heute Lukas 13 dran sei. In den Versen 18 bis 21 geht es um das Reich Gottes im Vergleich mit dem Senfkorn und dem Sauerteig.

Ein oft gelesener und bekannter Text, aber mit vielen neuen Sichtweisen. So hatte ich mir bisher noch nie darüber Gedanken gemacht, dass der Sauerteig biblisch eher negativ belegt ist. Sauerteig galt damals als Metapher für Korruption und hatte auch beim Passah-Mahl nichts zu suchen. Soll das Reich Gottes also in Korruption bestehen? Nein, Jesus widmet die Bilder um und zeigt anhand dessen, dass menschliche Maßstäbe von rein und unrein eben nur menschliche Maßstäbe sind. Auch das Senfkorn galt als unrein und gehörte nicht in einen gepflegten Gemüsegarten. Zu viral breite es sich aus und sauge den anderen Nutzpflanzen die Nährstoffe ab. Eine sehr spannende Auslegung.

Als wir uns losgerissen hatten ...

Nach dem Segen strebten viele der Besucher dem Tisch mit Getränken und Kuchen entgegen. Andere kamen auf uns zu, so dass wir längere Zeit im Saal standen und über die IGA, die Nazarener und gemeinsame Bekannte redeten. Wir mussten uns regelrecht losreißen.

Das Auto war durch die pralle Sonne gut beheizt. Während der Hinweg nur 34 Minuten gedauert hatte, nahm der Rückweg fast eine Stunde in Anspruch. Das lag nicht an der Fahrrad-Sternfahrt, sondern an den unzähligen Baustellen in der Stadt.