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Sonntag, 24. April 2022

JKB Treptow im Astra Filmpalast

Der Astra Filmpalast in Berlin-Johannisthal scheint die Corona-Pandemie gut überlebt zu haben. Auch die JKB Treptow feiert dort nach wie vor ihre Gottesdienste.

Fünf Jahre ist es her, dass wir die JKB Treptow besucht haben. Damals waren wir angetan von der Gastfreundschaft und dem zeitgemäßen Lobpreis. Diesmal trafen wir sehr knapp am Astra Filmpalast ein, fanden aber sofort einen Parkplatz. Am Eingang wurden wir freundlich begrüßt und erfuhren, dass der Gottesdienst immer erst fünf Minuten nach elf starte. Wir eilten die Treppen hinauf zu Kino 5, erspähten eine freie Reihe und ließen uns in die bequemen Sitze fallen.

Eine junge Frau, die heute Geburtstag hatte, moderierte den Gottesdienst: flüssig und mit angenehmer Stimme. Drei Männer bildeten das Lobpreisteam mit Bass, Schlagzeug und Gitarre. Die Lieder kannten wir weitestgehend. Ergänzend liefen die Texte über die Kinoleinwand.

Nach zehn Minuten begann die Predigt. Es ging um einen der Buchstaben der Aufforderung "SEGNE". Das heutige E stand für "Erst zuhören". Nathanael Bader entfaltete das Thema mit Alltagsbeispielen und anhand eines Bibeltextes, in dem Jesus einen Blinden in Jericho heilt. Der Blinde macht zunächst lautstark auf sich aufmerksam, wird dann zu Jesus durchgelassen und von Jesus gefragt, was er denn für ein Anliegen habe. Auch wenn Jesus alles weiß, möchte er doch mit uns kommunizieren und von uns selbst gesagt bekommen, was uns beschäftigt.

Sehr ungewohnt war für uns, dass die Predigt schon nach 22 Minuten vorbei war. In den letzten Jahren haben wir regelmäßig Predigten zwischen 40 und 70 Minuten gehört, wobei die Aufnahmefähigkeit auch bei gut vorgetragenen Themen nach 20 Minuten erschöpft war. JKB-Insider wussten zu berichten, dass wegen der Live-Übertragung bei YouTube genau auf das Timing geachtet werde. Und tatsächlich war der Gottesdienst mit abschließenden Liedern, Ansagen, Geldsammlung, Gratulation an die Moderatorin und Segen Punkt fünf nach zwölf zu Ende.

Der Kinosaal war an diesem Sonntag mit etwa 70 Personen im Alter zwischen 20 und 60 besetzt. Meine Frau fand das zu homogen. Ich fand es gut. Gut fand ich auch die Berichte über Grillpartys in der Nachbarschaft. Apropos Nachbarschaft: Im Großraum Johannisthal hatte ich meine Kindheit und Jugend verbracht und konnte meiner Frau während der Fahrt einige Highlights des Stadtteils zeigen und Episoden aus der Vergangenheit erzählen.

Die JKB Treptow ist einen Besuch wert: Gäste werden herzlich empfangen, aber nicht vereinnahmt. Gemeinschaft und integrative Veranstaltungen haben einen hohen Stellenwert. Die Gemeinde hat verschiedene Hauskreise und bietet Glaubenskurse an. Wer nach dem Gottesdienst noch etwas in Johannisthal verweilen möchte, findet direkt neben dem Kino jede Menge Restaurants und Cafés.

Sonntag, 17. April 2022

Die Kreative an der Industriebahn in Weißensee

Unser letzter Besuch bei "Die Kreative" liegt schon über sechs Jahre zurück. In der Zwischenzeit hat sich die Gemeinde deutlich weiterentwickelt und ist nun auch an einem anderen Standort zu finden.

Vor sechs Jahren war "Die Kreative" noch eine homogene Gruppe mit suboptimaler Willkommenskultur, die sich im Kino Colosseum in Prenzlauer Berg zum Gottesdienst traf. Skeptisch verfolgte ich Berichte von Neumitgliedern, die erzählten, dass sich die Willkommenskultur deutlich verbessert habe und nun auch sämtliche Altersgruppen dort vertreten seien. Als dann auch andere Freunde vom Lobpreis und dem personellen Umfang schwärmten, konnten wir uns dem Ruf zur Evaluation nicht mehr verschließen. Zunächst schauten wir uns zwei Predigten mit Kreative-Pastor Christopher Domes an und beschlossen, die Gemeinde auch einmal live zu besuchen.

Dieser Moment war gekommen, als wir im Jetlag-Delirium nach unserer ausgedehnten Costa-Rica-Reise über einen geeigneten Oster-Gottesdienst nachsannen. Neben Pastor Domes war auch der Beginn des Gottesdienstes um 10.30 Uhr als Konstante geblieben. Ansonsten hatte sich viel verändert. Wobei der begriff der "Weiterentwicklung" deutlich besser passt, als "Veränderung". Wegen der wirtschaftlichen Folgen von Corona musste das Colosseum geräumt werden. Die Gemeinde ist nun in einer abgefahrenen Location An der Industriebahn in Weißensee beheimatet. Gleich um die Ecke befindet sich meine favorisierte BWM-Niederlassung.

Vor dem Haus gab es erstaunlich viele freie Parkplätze. Beim Betreten wurden wir mehrfach sehr freundlich begrüßt. Der große in Mattschwarz gestrichene Raum war abgedunkelt. Dadurch kamen die imposante Technik und die raffinierte Beleuchtung besonders gut zur Geltung. An mehreren Stellen waren Kameras für den Livestream positioniert. Wir zählten die Stuhlreihen und Sitzplätze nicht, waren jedoch von der Menge überrascht. Hinter den Sitzplätzen war ein Bereich für Kleinkinder aufgebaut. Einige davon krabbelten bereits über die großen Verkehrsteppiche.

Zwischen 10.20 und 10.30 füllte sich der Saal zusehends. Der Gottesdienst begann pünktlich mit Lobpreis. Dieser unterwarf sich keiner liturgischen Eile und dauerte 40 Minuten. Die Lieder waren in Sprache und Entstehungsdatum gut durchmischt, so dass keine Langeweile aufkam. Band, Text-Screen und Lichttechnik überzeugten auf professionellem Niveau.

Dann folgte eine Einleitung und die Begrüßung des Gastpredigers mit einem Video. An diesem Ostersonntag war OM-Gründer George Verwer höchstpersönlich in Weißensee erschienen. George Verwer ist über 80 Jahre alt und versprüht immer noch sein missionarisches Feuer. Die von der Bühne aus übersetzte Predigt war ein Mix aus Lebensgeschichte und Bücherwerbung. Ein cleveres Stilmittel, das dem Aufbau von Webseiten ähnelt: Einige wichtige Infos werden geliefert und weitere Infos können über Klick auf diesen oder jenen Link alias das Lesen dieses oder jenes weiterführenden Buches gewonnen werden.

Am Ende der Predigt stand der Aufruf, sich auf ein "Sende mich!" einzulassen. In der nachfolgenden Lobpreiszeit konnten Besucher, die sich angesprochen fühlten, nach vorne gehen und für sich beten lassen. Wer fertig war, konnte zur Kaffeetheke hinter den Sitzreihen gehen und seine sozialen Gemeindekontakte pflegen. Genau dort trafen wir alte Bekannte, die auch mal gucken wollten. Das freute uns und rundete den Besuch bei "Die Kreative" ab.

Sonntag, 14. März 2021

Berlinprojekt: Online-Gottesdienst mit Abendmahl

Was macht eigentlich das Berlinprojekt im Kino Babylon während Corona? Heute habe ich mir den Online-Gottesdienst angeschaut.


Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) der sonst so angesagten Gemeinden der Stadt ist erstaunlich schwach. Als eine der ersten Gemeinden tauchte das Berlinprojekt auf Seite 2 der Suchergebnisse auf. Beginn sollte 11 Uhr sein. Eine sehr angenehme Zeit. Gut auch, dass der Gast nicht mit Zoom-Logins gegängelt wird, sondern sich in einen Livestream auf YouTube einklinken kann. Diese Anonymität entspricht den endemischen Bedürfnissen eines Städters und dem Stil des Berlinprojektes.

Das Berlinprojekt gehört zum Bund Freier evangelischer Gemeinden (FEG) und repräsentiert den kontemporären Sektor dieses Gemeindeverbandes. Schon der Ort der Gottesdienste kommt der Gesellschaft sehr entgegen: Kino Babylon in der Nähe des Alexanderplatzes. Während Corona dient das Kino lediglich als Bühne für die live übertragenen Gottesdienste. Wohl dem Kinobetreiber, der zurzeit solche Mieter hat. Entsprechend gut sah auch das eingefangene Bild aus: dunkelblauer Vorhang, goldene Zierleisten, orange Vase, gelbe Blumen, rote Pullover, schwarzes Klavier - alles farblich perfekt aufeinander abgestimmt und treffsicher ausgeleuchtet. Es gab mehrere Kamerapositionen. Die Liedtexte und Bibelverse wurden eingeblendet.

Den Rahmen bildete ein kleines Konzert von e.no - nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen Energielieferanten. Der Rest wurde vom Berlinprojekt-eigenen Lobpreisteam auf Deutsch vorgetragen. Es gab diverse Ansagen, Gebete und eine Bibellesung. Dann folgte eine längere Predigt, die in die Serie "Barmherzigkeit - Achtsam werden" eingebettet war. Für den Erstbesucher wäre eine Vorstellung der Akteure - insbesondere des Predigenden - hilfreich gewesen. Wer liest schon die Videobeschreibung bei YouTube? Dort stand der Name: Lorenz Timnik. Er sprach über die Speisung der 5.000 und teilte die Predigt dazu in drei interessante Punkte ein. Es ging um die Überforderung der Jünger, das Entgegenkommen von Jesus und die Arbeitsteilung zwischen Gott und uns. Seine Beispiele harmonierten mit dem Alltag eines Berliners. Seine Wortwahl traf die Generation zwischen 20 und 50.

Etwas ungewöhnlich für einen Online-Gottesdienst war das Abendmahl. Es lief in der gewohnten Form ab: mit Einleitung, Gebet, Brot zerbrechen und Kelch hochhalten. Das wäre der Moment gewesen, an dem die Zuschauer in die eigene Küche hätten eilen müssen, so sie Brot und Wein/Traubensaft nicht schon bereitgestellt hatten. Regelmäßige Besucher des Berlinprojektes waren sicher schon um 11 Uhr auf diesen Teil der Liturgie  vorbereitet.

Es folgten weitere Lobpreislieder und ein Abschlussstück von e.no. Beim Ausklang des Gottesdienstes waren immer noch knapp 60 Zuschauer im Livestream. Da gestreamte Videos bei YouTube dauerhaft gespeichert werden können, besteht die Möglichkeit zum zeitversetzten Ansehen. Inzwischen ist die Zahl der Interessenten schon auf 161 angewachsen und wird in den nächsten Tagen wohl die übliche Marke von 400 Zuschauern überschreiten.

Sonntag, 14. Februar 2021

Credo Kirche und der Online-Gottesdienst aus Elberfeld

Der Name Credo Kirche war mir schon öfter über den Weg gelaufen. Heute besuchten wir erstmalig einen Online-Gottesdienst des Standortes Wuppertal-Elberfeld.


Beim Frühstück überlegten wir, welchen Online-Gottesdienst wir uns denn heute mal anschauen wollen. "Schau doch einfach, was Google vorschlägt", warf meine Tochter ein. Gute Idee! Die erste Seite war mit EKBO (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz), Bibel TV, katholisch.de, EKD (Evangelische Kirche Deutschland), pro Medienmagazin und ZDF vollgepflastert. Dann noch ein Beitrag des rbb (Radio Berlin-Brandenburg) über durch Rechtsextreme gekaperte Online-Gottesdienste. Aber nichts, wonach wir suchten. Auf Seite 2 dann endlich ein Link zur Credo Kirche.

Credo? Kinder der Werbung kennen Credo noch aus den 1980er Jahren: Gleißende Morgensonne. Eine Frau reißt das Fenster auf. Musik und Gesang: "Das ist mein Credo, Credo, Credo. Credo mit aufregenden Düften. Und der Tag kann kommen." Was wohl kaum jemand weiß: Das besungene Deo hat ein altes lateinisches Glaubensbekenntnis zweckentfremdet. Credo heißt übersetzt nämlich "ich glaube". In Credo stecken so schöne Worte wie Akkreditierung (Beglaubigung) oder Kredit.

Bei der Credo-Kirche geht es um den Glauben an Jesus. Das wurde in der heutigen Predigt sehr deutlich. Pastor des Elberfelder Standortes, Christian Knorr, startete eine vierteilige Predigtreihe zum Thema "in Jesus". Diese hangelt sich am Epheser-Brief entlang. Einen Brief, den ich selbst gestern gerade in mich aufgesogen hatte. Laut Christian Knorr solle man den Text nicht einfach nur so lesen, sondern sich von der Liebe und Fülle in Jesus aufsaugen lassen. Die Predigt war durchzogen mit Wortwitz und genialen Beispielen aus dem Alltag. So konnte man dem Gesagten gut folgen. Die Gemeinde kommentierte fleißig im nebenstehenden Chatbereich. Teilweise war die ganze Leiste voll mit "Amen". Über 300 Zuschauer verfolgten den Life-Stream auf YouTube. Das ist im oberen Bereich dessen, was wir bisher bei Online-Gottesdiensten erlebt haben.

Umrahmt wurde der Gottesdienst durch die üblichen Ansagen und eine ausgedehnte Lobpreiszeit. Eine Band und mehrere Sängerinnen nahmen die Zuschauer mit in die Anbetung. Alle Lieder wurden auf Deutsch gesungen und die Texte wurden eingeblendet. Für neue Besucher wäre noch ein Hinweis auf Name und Funktion der Akteure hilfreich gewesen. Vielleicht beim nächsten Mal. Um die Gemeinschaft innerhalb der Credo Kirche nicht abflachen zu lassen, konnten sich die Leute nach dem Gottesdienst auf virtuelle Räume verteilen und dort den gewohnten Austausch pflegen. Im März finden auch wieder jede Menge Seminare statt, an denen man sich online beteiligen kann.

Nach eineinhalb Stunden war der Gottesdienst vorbei. Meine Tochter fand den Gottesdienst gut. Ich sehe das auch so. Der Rest der Familie konnte sich dazu nicht äußern, da er im Technik-Team unserer eigenen Gemeinde eingesetzt war.

Wer die Credo Kirche nach dem Lockdown offline besuchen möchte, muss sich ganz weit in den Westen Deutschlands oder nach Skandinavien begeben: Es gibt zwei Standorte in Wuppertal, einen in Solingen sowie zwei Gründungsprojekte in Hamm und Helsinki (Finnland).

Sonntag, 24. Januar 2021

Online-Gottesdienst bei der Bethel Church in Redding

Wegen technischer Probleme war die Übertragung des geplanten Gottesdienstes eingefroren. So entschieden wir uns kurzerhand für einen Besuch bei der Bethel Church in Redding.


Noch unter der Dusche war zu vernehmen, dass es Probleme bei der Übertragung des Vorprogramms zum Gottesdienst gab. Als ich ins Wohnzimmer kam, war das Bild eingefroren und im begleitenden Chat wurde das Technik-Team zum Durchhalten ermutigt. Weil unser Sohn in diesem Team mitarbeitet, diskutierten wir zunächst, ob es familiär fair wäre, auf einen anderen Gottesdienst umzuschalten. Egal: Wir schalteten auf den Live-Gottesdienst von Mosaik Berlin um. Deren Pastor, Dave Schnitter, begann eine neue Predigtreihe zu Barmherzigkeit. Das Thema ist zwar wichtig, aber in den letzten Monaten immer wieder durchgekaut worden. Was tun?

"Die Follower von Soundso schauen sich immer Bethel an", warf meine Frau ein. Daraufhin suchten wir den Live-Gottesdienst der Bethel Church. Deren Hauptsitz liegt allerdings in Redding. Redding liegt im nordkalifornischen Nirgendwo und hat einen Zeitunterschied von neun Stunden. Dort war es also gerade zwei Uhr nachts und keine geeignete Zeit für eine Live-Übertragung. So stöberten wir auf deren YouTube-Kanal und fanden einen halbwegs aktuellen Gottesdienst. Er sollte etwa zwei Stunden dauern.

Den größten Teil dieser zwei Stunden nahm der Lobpreis ein. Nach einer kurzen Begrüßung ging es auch schon los. Die Lieder wurden in Super-Long-Maxi-Versionen gespielt, aber sehr authentisch vorgetragen. Im Vergleich zu Hillsong fehlten Make-up, Schmuck und Show. Auch die Stimmen waren bei Weitem nicht so markant wie beim australischen "Wettbewerber".

Nach einer Stunde gab es Ansagen zum Gemeindeleben und einen längeren Block zum Spenden. Wenn man nur reichlich spende, bekomme man richtig viel von Gott zurück. Inhaltlich deckte sich das zwar mit unseren Erfahrungen, wurde aber so penetrant vorgetragen, dass es schon wieder manipulativ wirkte. Etwas überrepräsentiert waren auch die Johnsons: Candace Johnson machte die Begrüßung, Bill Johnson gab einen kurzen und guten Input nach dem Lobpreis und Eric Johnson hielt die Predigt. Neben Bill, Eric und Candace gibt es noch Beni, Brian und Jenn Johnson, die alle als Senior Leiter oder Senior Pastoren geführt werden. Zustände, wie sie auch in kleineren Gemeindeverbänden Deutschlands anzutreffen sind. Eine zu starke Verschwägerung in der Leitungsebene kann eine Menge Probleme nach sich ziehen. Von daher war es ein ermutigendes Zeichen, dass sich Eric und Candace in diesem Gottesdienst verabschiedet haben. Eric sprach von seinen 18 Jahren bei Bethel und dass er gespannt auf die nächsten Etappen seines Lebens ist.

Nach der Predigt verabschiedete sich auch die sichtlich gerührte Candace von der Gemeinde. Dann war Schluss. Einfach so - ohne Lied - ohne Abbau des Spannungsbogens - einfach Schluss - wie beim Rodeo in Texas, wo nach zwei Stunden mitten im Turnier das Licht angeschaltet und die Gäste zum Verlassen der Arena aufgefordert werden. Auch hier gibt es einen Unterschied zu Hillsong. Bei Hillsong gibt es nach der Predigt noch ein Abschlusslied.

Sonntag, 10. Mai 2020

Drive-In-Gottesdienst des Kolpingwerkes Hildesheim

Besondere Situationen wie das Kontaktverbot während Corona machen erfinderisch. In Hildesheim gab es am Ostersonntag einen ganz besonderen Gottesdienst, der die erforderlichen Hygieneregeln bediente.



Der Gottesdienst in Hildesheim war so einzigartig, dass er heute Eingang ins Morgenprogramm von radioeins fand. Thematisch ging es um Messen. Es gibt Leute, die Land vermessen. Es gibt Messen mit vielen Ausstellern und es gibt Messen in der katholischen Kirche. Das katholische Kolpingwerk wollte die Gottesdienstbesucher nicht online zusammenbringen, sondern in Natura.

Dazu wurde der Schützenplatz in Hildesheim ausgewählt. Dieser Platz fasst 400 Autos. In Form eines Autokinos wurde dort ein Gottesdienst veranstaltet. Um nah am Geschehen zu sein, sollten die Autoradios auf die Frequenz 105,3 von Radio Tonkuhle einstellen. Der Priester hatte alles dabei und stand auf einer mobilen Bühne. Davor die Besucher in ihren SUVs, Wohnwagen und PKWs.

Hier trafen sich Menschen in hochmotorisierten Limos und Fahrer von Kleinwagen. Wie vor der Straßenverkehrsordnung, waren sie auch hier alle gleich. In geistlicher Einheit erlebten sie den Gottesdienst vom Auto aus. Es gab eine Eucharistiefeier und einen finalen Segen. Anschließend - so wurde berichtet - seien die Fahrzeugführer mit einem Lächeln auf dem Gesicht vom Platz gerollt.

Da auch Besucher vor Ort waren, die sonst eher nicht zur Kirche gehen, sind weitere Gottesdienste dieser Art in Planung.

Sonntag, 19. April 2020

Gospelhouse Baden-Baden und die tierisch gute Predigt

Auf der Suche nach weiteren interessanten Online-Gottesdiensten schlug unsere Tochter das Gospelhouse Baden-Baden vor. Das Gospelhouse Baden-Baden hatte sie als Unterstützer ihres Schulprojektes in Madagaskar kennengelernt.



Neun Uhr war für uns so früh, dass wir den Livestream anhalten mussten. Mein Sohn quälte sich aus dem Bett und wir stopften noch hastig die letzten Bissen des Frühstücks rein. Neben dem angehaltenen Video aus dem Gospelhouse Baden-Baden wurden bereits herzliche Grüße aus Südafrika, Süddeutschland, Berlin und anderen Orten ausgetauscht. Es wurde auch ein gewisser Rainer gegrüßt. Eine weitere Beteiligung am Chat wurde mir untersagt, weil meine Frau eingeloggt war.

Die journalistische Regel "Hintergrund macht Bild gesund" hatte das Gospelhouse verinnerlicht und projizierte grüne Palmblätter auf die Wand hinter der Lobpreisband. Letztere bestand aus vier Personen, die sich bemühten, den vorgeschriebenen Corona-Abstand einzuhalten. Vielleicht wohnten sie aber auch im selben Haushalt. Es gab einige mitreißende Lieder, zu denen der Text eingeblendet wurde. Wir kannten diese und konnten mitsingen.

Nach der Kollekte mit Hinweis auf PayPal und andere Kontoverbindungen folgte ein weiteres Lied. Dann begann die Predigt. Diese war der vierte Teil einer Predigtreihe zu herrschaftlichen Tieren der Bibel mit dem Titel "tierisch gut". Adler, Lamm und Löwe waren bereits thematisiert worden als König der Lüfte, Lamm Gottes und Löwe von Juda. Heute war der Hirsch dran. Der Hirsch taucht in der Bibel recht selten auf und wurde uns als König des Waldes vorgestellt.

Die Gedanken schweiften ab zu einer Diskussion, die ich vor ein paar Tagen über das Erlegen von Wildschweinen geführt hatte. Man brauche dafür ein Jagdgewehr mit hoher Durchschlagskraft. Die Kugel müsse die richtige Stelle treffen und das Tier komplett durchbohren. Wegen der weiterfliegenden Kugel weist die Berufsgenossenschaft regelmäßig auf den Kugelfang hin. Vom Hochstand aus landet die Kugel normalerweise im Erdboden. Ein Horizontalschuss könnte dem erlegten Tier jedoch noch einen Pilzsucher oder Wanderer beigesellen.

In der Predigt ging es aber nicht um die Jagd. Ein Hirsch werde - so er nicht gejagt wird - etwa 20 Jahre alt. Seine Höhe entspricht dem Abstand, der aktuell für Corona vorgeschrieben ist: 1,5 Meter. Im Schwarzwald gebe es Rothirsche und Damhirsche. Vor Corona hatten sie sich immer weiter in den Wald zurückgezogen, weil doch zu viele Menschen Pilze suchend, wandernd oder jagend durch den Schwarzwald gestreift waren. Jetzt, wo sich die Menschen zurückgezogen haben, können sie sich wieder etwas weiter hinauswagen.

Zwei wesentliche Dinge werden in der Bibel über den Hirsch berichtet: Er lechzt nach frischem Wasser und er kann Hindernisse überspringen. Pastorin Nicole Oppermann baute ihre kurze und knackige Predigt um die Eigenschaften und Verhaltensweisen des Hirsches auf und schlug weitere Brücken zu unserer Beziehung mit Gott.

Verliert ein Hirsch beispielsweise sein Geweih, dauere es hundert Tage, bis dieses nachgewachsen ist. In dieser Zeit überziehe eine gut durchblutete Haut das Geweih. Wenn es ausgewachsen ist, streife der Hirsch diese Haut ab. Nicole Oppermann verglich das mit dem Wachstumsprozess eines Christen, der alte Gewohnheiten abstreife und als stärker gewordener Christ daraus hervorgehe.

Nach weniger als 40 Minuten war der Online-Gottesdienst zu Ende. Die Familie verkrümelte sich in sämtliche Bereiche der Wohnung. Nur ich blieb auf der Couch liegen: Soll ich aufstehen? Und dann? Erstmal duschen oder gleich den Artikel schreiben?

Freitag, 17. April 2020

Hope is Rising mit Campus für Christus

Campus für Christus ist eigentlich eine Studentenbewegung. Heute schauten wir uns den Livestream Hope is Rising an.



Ein guter Freund, der inzwischen seinen Vorruhestand auslebt, informierte uns nun schon zum zweiten Mal über Hope is Rising. Die Werbung war reißerisch aufgemacht und soll vermutlich die Zielgruppe von Campus für Christus ansprechen: Studenten. Da auch wir uns noch jung fühlen, verabredeten wir uns zu 20 Uhr im Wohnzimmer und schalteten den Beamer ein.

Meine Frau hatte schon den ganzen Tag verzweifelt ihre Hörgeräte gesucht. Den ganzen Tag über kam es zu akustischen Missverständnissen. Aber Dank Campus für Christus fanden wir die kleinen Hilfsgeräte - beim Aufklappen des Laptops.

Der Livestream war bewusst als Amateurvideo deklariert. Dennoch enthielt er professionelle Anteile. Das Programm war sehr abwechslungsreich. Wichtig, wenn man eine Online-Community für 90 Minuten bei der Stange halten will. Es gab eine Einleitung aus der Schweiz. Dann folgten Hip Hop von O Bros und ein kurzer Input aus dem Keller eines Campus-Leiters. Der Keller war in morbidem Grün gestrichen.

Es folgten mehrere rockige Musikstücke von Planet Shakers aus Australien. Wir fragten uns, wie die das mit den acht Stunden Zeitunterschied zwischen Melbourne und Deutschland machen? Vermutlich doch eine Aufzeichnung. Im Internet lässt sich sowas leicht kaschieren. Es folgte ein weiterer Input aus dem ICF München. Dabei lernten wir, dass die Quarantäne eine biblische Grundlage hat. Das Wort Quarantäne leitet sich vom lateinischen Wort quadraginta (vierzig) ab. Das ist die Zeit, die sich Kranke absondern sollen, bis sie genesen oder nicht mehr ansteckend sind.

Zum Abschluss von Hope is Rising wurden zwei weitere Lieder gespielt. Der Ton war leider völlig übersteuert. Aber das passiert eben bei einem Livestream. Danach verließen Frau und Tochter das Wohnzimmer. Die Nähmaschine im Schlafzimmer setzte ihr Werk fort: Gesichtsmasken.

Ein Reinschauen bei Hope is Rising lohnt sich durchaus. Man lernt neue Bands kennen und bekommt mehrere Inputs von fitten christlichen Leitern. Allein der Moderator mit seinem weißen Feinripphemd war heute etwas anstrengend.

Sonntag, 5. April 2020

Hillsong Australien im Livestream

Wenn schon Online-Gottesdienst, dann gerne auch mal richtig international. Deshalb entschieden wir uns heute für die ganz andere Seite der Erdkugel und waren gespannt auf den Gottesdienst von Hillsong Australien.



Niemand aus der Familie konnte auf Anhieb sagen, wie viele Stunden Zeitunterschied zwischen uns und Australien liegen. Die AEST (Australien Eastern Standard Time) gilt in Sidney und ist uns acht Stunden voraus. Klingt recht wenig. Hillsong ist sehr medienaffin und hat extra eine Domain für seine Livestreams eingerichtet: online.hillsong.com

Auf der Startseite gibt es jede Menge Kacheln, die zu den verschiedenen Standorten von Hillsong führen oder zu speziellen Themen. Irgendwann hatten wir uns zum aktuellen Gottesdienst durchgeklickt. Dieser wurde zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Sprachen angeboten: Mandarin klang gesund, wäre aber an der Sprachbarriere gescheitert. So entschieden wir uns für einen Gottesdienst auf Englisch, der um 11:30 Uhr unserer Zeit starten sollte.

Kaum war der Countdown auf null gezählt, saß die Familie vor der Leinwand und wartete gespannt auf das australische Programm. Zunächst trat meine Lieblingsbesetzung von Hillsong United auf. Vier Musiker plus einer unbekannten Anzahl von Kameraleuten waren in einem Studio zusammen. Abstand weniger als 1,5 Meter und kein Mundschutz. Oberhalb des Videos hatte Hillsong einen Text angebracht, dass die Aufnahmen nach den gesetzlichen Corona-Regelungen angefertigt worden seien. In Australien wird ja einiges lockerer gesehen als hier.

Nach drei Liedern, die meine Kinder sogar kannten, wurde auf eine Bühne umgeschaltet. Dort stand Brian Houston. Zusammen mit seiner Frau hatte er 1983 die Hillsong Bewegung angestoßen. Die damals gegründete Gemeinde in Sidney hieß "Hills Christian Life Centre". Das extrem schnelle Wachstum bis in den fünfstelligen Bereich hinein mündete in eine weltweite Gründung von Gemeinden. Der Name "Hillsong Church" wurde 1999 eingeführt. Wer eine Hillsong-Gemeinde in seinem Heimatort betreiben möchte, muss bestimmte Standards erfüllen und sich dem zentralen Franchise-Konzept unterordnen. So ist es kaum verwunderlich, wenn der Gottesdienst in Berlin rein liturgisch dem Vorbild in Sidney folgt.

Zurück zur Liturgie: Zunächst warb Brian Houston um Spenden. Dass das eine Weile dauern kann, war uns noch gut vom jüngsten Besuch bei Hillsong Berlin bekannt. Nur, dass die Australier die Ausführungen des Pastors mit einem Clip über die Einfachheit des Spendenvorgangs flankierten. Als rein fiktiver Betrag wurden 100 $ dargestellt. Als dann jedoch die Auswahl "weekly" (wöchentlich) gezeigt wurde, fielen unsere Kinnladen nach unten.

Nach der Kollekte folgte die Predigt. Diese war gut strukturiert und hatte einen klaren roten Faden. Es ging um Namen. Den eigenen Namen, die Namen Gottes, die Änderung von Namen und den Segen, der mit Namen verbunden ist. Brian Houston untermalte das mit sehr vielen Bibelstellen. Die Länge der Predigt wurde von den Kindern durch entsprechende Körperhaltungen quittiert: Meine Tochter lag von der Couch bis zum Sessel bäuchlings auf dem Wohnzimmertisch. Gleichzeitig diente der Wohnzimmertisch als Auflage für die Stirn meines Sohnes. Wir hatten ihm verboten, sein Handy aus der Hosentasche zu holen.

Zum Gebet positionierten sich alle wieder. Ich machte Dehnungsübungen mit der Wade. Als Abschluss wurden noch zwei Stücke von Hillsong United gespielt. Das zweite Stück war vermutlich eine ältere Aufzeichnung. Denn der Saal und die Bühne waren nachweislich voll mit Musikern und Gottesdienstbesuchern. Oben rechts flimmerte immer noch der Hinweis, dass alle Aufnahmen nach den aktuellen Corona-Regeln angefertigt worden waren.

Sonntag, 29. März 2020

Gottesdienst im Schlafanzug: #icfathome wegen #COVID19

#COVID19 fördert neue Formen der Gottesdienstgestaltung und der christlichen Gemeinschaft. Videoaufzeichnungen und Livestreams von Predigten und Lobpreisungen sowie Kleingruppentreffen per WhatsApp, Skype und in anderen virtuellen Räumen.



Zwei Wochen selbst auferlegter Quarantäne sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen: Mein Büro wurde mit Dampfreiniger gesäubert. Zwölf alte Projektordner wurden geschreddert. Teile des Gartenhauses und des Zaunes wurden gestrichen. Das Zimmer unserer Tochter wurde entrümpelt. Sie selbst musste auf ministerielle Anweisung ihr Freiwilligenjahr in Madagaskar abbrechen. Meine Frau sitzt auf Abruf zu Hause. Mein Sohn hat seit zwei Wochen keine Schule mehr und erledigt nun seine Hausaufgaben in Kombination mit Minecraft.

Wann er ins Bett gegangen war, konnte bisher nicht ermittelt werden. Jedenfalls hatte er unseren Auftrag zum Raussuchen eines Online-Gottesdienstes verpennt. Kurz vor elf regte sich etwas in seinem Zimmer, so dass er pünktlich zum Gottesdienst auf der Couch saß - im Schlafanzug.

Was Gemeindeversammlungen über Jahre hinweg nicht durchgesetzt bekommen, schafft Corona: Gottesdienstbeginn um elf. Elf Uhr ist eine geniale Zeit für Familien, Jugendliche und junge Erwachsene. In Gemeinden mit breiter demografischer Durchmischung scheitert die Verlegung des Gottesdienstes auf elf Uhr in der Regel am Widerstand der Senioren. "Aus Liebe zu den Geschwistern" quälen sich dann sämtliche Altersgruppen um zehn, um neun oder noch früher ins Gemeindehaus. In einigen Regionen Deutschlands wird der Gottesdienst auch nach der Zubereitungszeit der Klöße festgesetzt. In diesen Regionen kommt nun das zeitversetzte Ansehen von YouTube-Gottesdiensten ins Spiel.

Da wir um elf zu viert im Wohnzimmer saßen, konnten wir den Lobpreis und den Gottesdienst in Echtzeit miterleben. Kurz zuvor hatten wir uns noch die humoristischen Einlagen von Dave Schnitter (Mosaik Berlin) und Rob & Holly McGee (Saddleback Berlin) angeschaut. Mit Beamer und mehreren Browserfenstern muss man nichts verpassen.

Da wir wussten, dass ICF zu den fitten medialen Gemeinden gehört, war die Entscheidung heute für ICF gefallen. Die Muttergemeinde in der Schweiz bot ein Streaming über Facebook an. Ein Countdown zählte das akademische Viertel herunter. Währenddessen unterhielten sich zwei Schweizer über die Herausforderungen des Alltags während Corona. Wir verstanden kaum ein Wort und mussten uns den Zusammenhang aus den reichlich genutzten Anglizismen zusammenreimen. Denglisch ist gar nichts gegen Schwenglisch. Um die Absprungrate zu minimieren, wurde unentwegt der Hinweis eingeblendet, dass Viertel nach elf eine Predigt auf Hochdeutsch folge. Tatsächlich konnten dann auch die beiden Vorprogramm-Protagonisten auf unsere Hörgewohnheiten umschalten.

Leo Bigger, Gründer und Pastor des europaweiten ICF-Netzwerkes, redete über Corona. Allerdings mit dem Fokus, dass Gott viel größer ist. Anhand der zehn Plagen von Ägypten zeigte er auf, dass Gott mit Pandemien und Naturkatastrophen eine Botschaft vermitteln möchte. Nämlich die, dass ER alles im Griff hat und Menschen sucht, die IHN suchen. Die Predigt war klar und führte im Finale hin auf das Blut von Jesus und dessen Bedeutung für uns.

Der Lobpreis von ICF Schweiz war auch sehr mitreißend und wurde mit den bekannt professionellen Elementen wie Lichttechnik und Hintergrundvideos untermalt. Die wenigsten Lieder kannte ich. Ganz anders die Kinder, die bei SOLA und MOVE auf diese Titel getrimmt worden waren.

Nach dem Gottesdienst verteilte sich die Familie in der Wohnung. Zu Mittag gab es passend zur Predigt aus den Mosebüchern ein Linsengericht. Es wollte aber niemand sein Erstgeburtsrecht verkaufen. Dennoch wurden alle satt. Sättigung ist ein wichtiges Gefühl während der vielen Tage zu Hause. Kann es uns doch am Kühlschrank bei der Beantwortung folgender Frage helfen: Ist das jetzt Hunger oder Langeweile?

Sonntag, 1. März 2020

Hillsong Berlin im Westhafen

Als regelmäßige Hörer von Hillsong-Playlists wollten wir nach drei Jahren mal wieder einen Hillsong-Gottesdienst besuchen. Hillsong Berlin trifft sich seit heute in einer coolen Eventlocation am Westhafen.



Bei Hillsong Berlin gibt es wohl nur zwei Konstanten: das Pastorenehepaar Wilkinson und die permanente Veränderung. Hillsong Berlin hat seit 2015 mindestens vier neue Veranstaltungsorte gesehen: Alexanderplatz, Kulturbrauerei, ein Hotel an der Friedrichstraße und nun die Halle 1 im Sektor B des Westhafens. Der Name der Gemeinde wurde ebenfalls geändert - von Berlin Connect in Hillsong Berlin. Das ist als Aufwertung zu verstehen. Berlin Connect war zunächst nur ein Teil der Hillsong Family, aber noch keine echte Hillsong-Gemeinde. Wer den Namen Hillsong tragen darf, zeigt damit, dass auch Hillsong drin ist.

Beim heutigen ersten Gottesdienst im Westhafen wurde noch etwas geübt mit der Technik. Licht und Ton mussten noch auf die neuen Räume abgestimmt werden. Eine typische Lagerhalle, wie man sie auf innerstädtischen Häfen kennt und wie sie als Magnet für die Start-up-Szene fungiert. Entsprechend jung war das Publikum. Das Durchschnittsalter muss so zwischen 20 und 30 gelegen haben. Für unseren Sohn zu alt und für uns zu jung. Meine Frau entfernte ihre Hörgeräte.

Die Willkommenskultur war auch heute beispielhaft. So kannten wir das noch aus Berlin-Connect-Zeiten. Flyer, Kaffeestände, Kekse, Garderobe, Hinweisschilder und Einweiser. Alles sehr professionell organisiert. Professionell auch die Kollekte, die mit einer längeren Ansprache und einem Acht-Punkte-Programm eingeleitet wurde. Das ist in charismatischen Gemeinden nicht unüblich. Musik und Multimedia an der Großleinwand liefen ebenfalls sehr professionell. Wie in modernen Gemeinden üblich, wurde auch hier nur Englisch gesprochen.

Ich wunderte mich nur, dass ich die vielen alten Bekannten - Alter über 30 - nicht sah. Hatten sie doch früher von morgens bis abends aktiv das Geschehen begleitet und waren auch unter der Woche bei den vielen Veranstaltungen zu sehen. Die Gemeinde schien sich komplett verjüngt zu haben. Das merkte man dann auch während der Predigt von Mark Wilkinson. Vor drei Jahren hatte das Publikum noch proaktiv "Amen" oder "Ja" gesagt, zustimmend aufgestöhnt oder zum Glaubenskampf entschlossen die Faust nach oben gestreckt. In diesem ersten Gottesdienst im Westhafen musste Mark Wilkinson mehrfach fragen: "Bekomme ich ein Amen?" Die Predigt war leichte Kost und sehr jugendgerecht. Es wurden auch einige Leute aus der ersten Sitzreihe in die Darstellung einer Szene aus der Apostelgeschichte einbezogen.

Nach etwa zwei Stunden war der Gottesdienst zu Ende. Die jungen Leute fluteten ins Foyer, drängten sich um die Garderobe und den Kaffeestand, lasen sich die Flyer zu den nächsten Veranstaltungen durch oder nahmen im Untergeschoss das Abendmahl ein. Zwei weitere Gottesdienste sollten noch folgen. Die aktuellen Gottesdienstzeiten sind 11:15 Uhr, 13:30 Uhr und 16:00 Uhr.

Die neue Location ist hervorragend an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Vom U-Bahnhof Westhafen sind es nur noch wenige Meter bis zur Halle 1. Wir mussten deutlich weiter laufen, da wir mit Auto gekommen waren. Vom Parkplatz aus konnten wir schon den Hauptbahnhof sehen.

Sonntag, 29. Oktober 2017

ICF Tempelhof und die konstante Selbstoptimierung

Vor einem halben Jahr hatten wir ICF Berlin in der aktuellen Location in Tempelhof besucht. Seitdem hat sich einiges getan. Damals glänzten die Räume noch im Beton-Charme. In gleicher Weise die Willkommenskultur. Deshalb war mir ein erneuter Besuch wichtig.



Die Umstellung auf Winterzeit schenkte uns heute Morgen eine Stunde. So konnte ich mir in aller Ruhe noch das Galileo-Video zum Besuch bei einer Freichristlichen Gemeinde anschauen. ICF spielt darin eine zentrale Rolle. Gutes journalistisches Handwerk schließt eine Recherche zur Bestätigung einer Meinung aus. So war auch der Film eher neutral und informativ gehalten. Der Zuschauer konnte seine eigene Meinung bilden. Ebenso nüchtern wollte auch ich diesen zweiten Besuch in der Ringbahnstraße angehen.

Schön, dass Du da bist!

Kurz vor elf traf ich ein. Die ganze Straße war zugeparkt. Große Bäume am Straßenrand bewegten sich im Wind und avisierten einen Versicherungsfall. Deshalb fuhr ich auf den Hof und stellte das Auto etwas unkonventionell auf die letzte mögliche Freifläche. Den Weg zum Treppenhaus kannte ich noch. Stimmen und Lachen hallten mir entgegen. Mit einem großen Schild freute sich ICF darüber, "dass Du da bist". Eine Frau mit ICF-Badge trat durch die Tür und begrüßte mich sehr freundlich.

Im Vorraum, der nun weiß gestrichen ist, standen jede Menge Leute und tauschten sich angeregt aus. Ich kaufte einen Kaffee. Dieser wird neuerdings in echten Tassen gereicht. Sehr freundliche und schnelle Bedienung. Da die Zeit etwas knapp war - wie ich dachte - betrat ich den abgedunkelten Saal. Der ICF-Mitarbeiter an der Tür lächelte und grüßte.

Damit hatte sich der lange geplante Evaluationsbesuch gelohnt! Alle Punkte, die uns im April so massiv gestört hatten, waren bemerkenswert gut nachjustiert worden.

Rechts, links und Nebel

Das Mittelfeld vor der Bühne war schon voll besetzt. So steuerte ich den rechten Block an. Wobei ich mich seit dem letzten Gottesdienst mit dem Bundestag frage, wo in einer Kirche rechts und links ist. Beim Auto und in der S-Bahn ist das einfach. Rechts und links wird nach der Fahrtrichtung bestimmt. In einer kontemporären Gemeinde ist das wahrscheinlich auch so.

Von der Bühne her dampfte der Party-Nebel und sorgte für eine abwechslungsreiche Lichtwirkung. Über die drei Leinwände flimmerten kurze Videos und ein Countdown. Bei ICF geht es fünf nach elf los. Medial alles sehr professionell und ansprechend. Interessant wäre, in welchem Turnus die coolen Videos wiederholt und neu erstellt werden. Der Nebel machte meinen Hals trocken. Ich leerte die Kaffeetasse.

Lobpreis auf Englisch

Die große Handtasche auf dem Nachbarstuhl hatte ich gar nicht bewusst wahrgenommen. Plötzlich setze sich eine Frau zu mir und stellte sich kurz vor. "Dann lass uns einen schönen Gottesdienst haben", sagte sie nach dem Smalltalk und das Lobpreisteam startete mit dem ersten Lied. Fast Alles wurde auf englisch gesungen. Eine Übersetzung gab es unter den Texten an der Leinwand. Ich kannte nicht eines der Lieder, konnte aber relativ schnell mitsingen.

Predigtreihe über Johannes 15

Neben mir setzte sich ein Matthias - Sammelbegriff in meinem Alterssegment - und stieß meine Kaffeetasse um. Egal, die war ja schon leer. ICF-Pastor Stefan Hänsch schloss heute eine Predigtreihe ab: "Die Kraft des Gleichen". Heute sollte es um nachhaltigen Erfolg gehen. Dass ICF keine Trendwende zum Wohlstands- und Wohlfühl-Evangelium macht, war eine der ersten Aussagen der Predigt.

Durch das Referat zog sich die mathematische Formel 5x+1. In dieser Formel ist die Eins konstant. Und jeder Christ dürfte wissen, dass diese konstante Eins gleichbedeutend mit Jesus ist. Der nachhaltige Erfolg stelle sich also ein, wenn man sich auf die einzige Konstante, nämlich Jesus, konzentriert und ihn als Basis und Quelle sieht.

Gestützt war die Predigtreihe auf Johannes 15. Dort geht es um den wahren Weinstock, die Reben, die Frucht und den Weingärtner. Die Gemeinde war herausgefordert, mehrere Wochen lang, genau diesen Text täglich zu lesen und darüber nachzudenken.

Stefan Hänsch sprach aber nicht von der Herausforderung, sondern von der Challenge. Die Bedeutung dieses Wortes kannte wohl jeder im Saal. Überhaupt verwendete er viele Anglizismen und war dialektisch nicht ein einziges Mal als gebürtiger Sachse zu erkennen. Deshalb war ich beeindruckt, als er diese Herkunft in die Predigt einfließen ließ.

Postludium

Nach der Predigt gab es eine weitere bewegende Zeit mit Sologesängen unter anderem von Thirzah. Ich überlegte, welcher Bibelstelle dieser Name zuzuordnen sei und verortete sie zunächst bei Mose. Das war fast richtig. 4. Mose 27, 1 berichtet uns, dass Thirzah eine der fünf Töchter Zelophehads war, ihre Schwester Milka hieß und es keine männlichen Erben in dieser Familie gab. Das löste damals einen rechtlichen Sonderfall aus.

Von der Bühne aus wurde noch einmal kurz die Bedeutung der Beziehung zu Jesus erklärt und ein gemeinsames Gebet zur Auffrischung dieser Beziehung gesprochen. Dann folgte eine Art Segen und die offizielle Verabschiedung. Das war für fast alle ICF-Besucher ein Signal zum schnellen Verlassen des Saales.

Namensvetter und andere Bekannte

Mein Nachbar und Namensvetter fragte mich, wie lange ich schon bei ICF sei. Ich sagte ihm, dass ich nur Gast sei und gleich zu Saddleback fahre, um dort meine Familie abzuholen. Der unaufhörlich in den Saal strömende Party-Qualm ließ meine Stimme versagen. Matthias schien bereits daran gewöhnt zu sein. Jedenfalls stellten wir fest, dass wir so einige gemeinsame Bekannte hatten und dass auch ein Ex-Mitglied meiner Ex-Gemeinde aktiv bei ICF eingestiegen sei. Das freute mich.

Wir unterhielten uns eine ganze Weile. Anschließend grabbelte ich die Tasse unter dem Stuhl hervor und ging in den lichten Vorraum. Dort tobte das Leben. Der Pastor diskutierte an einem Stehtisch. Ich drängte mich durch die Besucher. Mitglieder gibt es bei ICF übrigens nicht. Wer kommt, ist da und wer nicht mehr kommt, muss nicht extra austreten.

Am Tresen stellte ich die Tasse in eine Geschirr-Kiste und verließ den Ort des Geschehens. Mit einer Zwei-Punkt-Wendung setzte ich den Wagen frei und rollte über die nassen Straßen in Richtung City.

Sonntag, 24. September 2017

Erlebt in Potsdam

Die junge Gemeinde im Südosten von Potsdam sollte man einmal erlebt haben. "erlebt - Kirche für Potsdam" ist wie "Brücke Berlin" ein Gründungsprojekt unter dem Dach des Baptismus. Heute nutzte ich die Nähe meiner Reha-Klinik in Teltow, um den Gottesdienst bei "erlebt" zu erleben.



258 PS gleiten über die herbstlichen Straßen von Teltow-Fläming. Buntes Laub am Straßenrand, Nieselregen benetzt die Frontscheibe. LIMIT verhindert das obligatorische Blitzerfoto im Land Brandenburg. Untermalt wird das Ganze durch Anbetungsmusik von Michael W. Smith. Schon fast zu entspannend für eine Strecke, die ich noch nie gefahren bin.

K2 im Kuckucksruf 9

Nach einer halben Stunde habe ich das K2 im Kuckucksruf 9 erreicht. Immer noch erstaunt, dass mein Navi solch eine abenteuerliche Straße in einem gut bewaldeten Neubaugebiet überhaupt kennt. Ich parke in einer Nebenstraße und gehe zum einladenden flachen Gebäudekomplex des K2. Draußen begrüßt mich ein alter Bekannter. Ein Ex-Mitglied meiner Ex-Gemeinde, der mit seiner Frau bei erlebt eine neue geistliche Heimat gefunden hat.

Vor dem Flachbau stehen Leute um die 30, reden miteinander, lassen sich vom Regen berieseln und begrüßen mich sehr freundlich. Ab und zu huscht ein Kind an uns vorbei. Im Vorraum gibt es Kaffee und Kuchen und weitere Herausforderungen an mein Namensgedächtnis: Felix, Christoph, Tobias, Manuel, Christiane sind Namen, die ich mir auf die Schnelle merken kann. Ich baue Eselsbrücken und trainiere das Gelernte.

Herzlich Willkommen!

Mir wird eine Tüte in die Hand gedrückt: "Herzlich Willkommen! Schön, dass du da bist!!! JETZT ÖFFNEN", steht darauf. In der Tüte finde ich eine Beschreibung von erlebt, die fast identisch mit der Webseite ist und eine Gebrauchsanweisung für den Gottesdienst. Willkommenskultur wird bei erlebt groß geschrieben.

Der Gottesdienst beginnt fast pünktlich um 11 und startet nach einer kurzen Einleitung mit einigen flotten Lobpreisliedern. In unbekannte Lieder findet sich der Besucher schnell hinein. Im angemieteten Saal zähle ich etwa 50 Erwachsene: Altersdurchschnitt 35. Die Kinder werden vor der Predigt mit einem Bilderrätsel verabschiedet. Dann wird der Predigttext gelesen.

3 Sonntage, 3 Predigten, 3 Pastoren

Schon den dritten Sonntag geht es um Lukas 4 - die Versuchung von Jesus. Der Personalschlüssel von erlebt ist bemerkenswert: ein echter Pastor und zwei Azubi-Pastoren wechseln sich beim Predigen ab. Heute ist der Dritte von ihnen mit der dritten Versuchung dran. Das heißt, er predigt darüber. Immer wieder werden Beispiele aus dem persönlichen Erleben eingeflochten, so dass der Alltagsbezug des zukünftigen Berufs-Christen gesichert scheint. Die Predigt ist komplett ausformuliert, wird aber relativ frei vorgetragen. Er zitiert auch seine Vorredner in einer Weise, dass der Gast nicht den thematischen Anschluss verliert.

Nach der Predigt folgen weitere Lieder und das Abendmahl. Endlich mal wieder Abendmahl! Das erlebe ich viel zu selten. Bei erlebt kann ich es heute wieder erleben und freue mich sehr. Parallel wird Gebet angeboten. Eine Geste des Gitarristen suggeriert mir das plötzliche Ende des Gottesdienstes. Meine Nachbarin deutet an, dass noch der übliche Abspann komme. Tatsächlich folgen die Ansagen. Verschüchtert wird eine liebevoll gestaltete Spendenbox von hinten nach vorne durch die Reihen geschoben. Es folgt der Segen.

Mit Puls 100 nach Teltow

Beim Blick auf die Handy-Uhr sehe ich "6 Nachrichten in 2 Chats". Meine Familie inklusive Omas will mich heute in der Reha-Klinik in Teltow besuchen. Es ist schon halb eins. Ich rede noch kurz mit dem echten Pastor, verabschiede mich von meinen Bekannten und hetze zum Auto.

Handy raus. Meine Frau ist nicht erreichbar. Puls steigt. Baustellen und nicht beschilderte Umleitungen treiben den Puls weiter hoch. Die Zeit läuft. Puls steigt. 13:29 Uhr stelle ich den Wagen vor der Klinik ab und stürze in den Essenssaal. Es wird gerade aufgeräumt. "Sauerbraten ist alle, aber wir haben noch Cordon bleu", sagt mir die Dame im weißen Kittel. OK, passt zwar nicht zum Diätplan, ist aber lecker. Auf dem Zimmer messe ich den Puls: 100.

Sonntag, 3. September 2017

Brücke Berlin schließt Lücke in Charlottenburg

Brücke Berlin ist eine moderne Gemeinde und bedient seit einem Jahr eine Versorgungslücke in Charlottenburg. Zu siebent besuchten wir heute den Gottesdienst.



Es waren wohl vier Brücken, die wir auf der Fahrt zu Brücke Berlin in Charlottenburg überquert hatten. Was mit der Bahn etwa 80 Minuten dauerte, ging mit dem Auto auch in 35 Minuten vom Stadtrand aus. Vor der Hausnummer 94 stand bereits ein Mann mit blauem T-Shirt. "Brücke Berlin?", fragte er und streckte seinen Arm in Richtung Eingang aus. Wir schlenderten an einer orangen Fassadenfärbung entlang in den Hinterhof. Dort stand ein Mann mit Anzug. Dieser outete sich später als Fotograf. Er zeigte auf eine schmale Tür mit grauer Treppe.

Treppe ins Dachgeschoss

Als ich die Tür und die Treppe sah, versuchte ich tief durchzuatmen. Meine Familie hatte bereits eine halbe Etage erklommen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich eine Lungenembolie hatte. Ein Mann ignoriert starkes Seitenstechen. Geht ja auch irgendwann wieder weg. Brücke Berlin hat neue Räume im Dachgeschoss mit Oberlicht. Oben angekommen, kroch ich in den Flur und versuchte die vielen Bekannten halbwegs im Stehen zu begrüßen und hechelte erst einmal am Tresen aus. Die Kinder schauten mich besorgt an. Man reichte mir einen Becher mit Wasser.

Lobpreis und Gründer-Mentalität

Sitzen war gut! Wir okkupierten zwei Reihen. Der Saal füllte sich, so dass letztlich um die vierzig Erwachsene und einige Kleinkinder anwesend waren. Ein Schwarzer mit Krawatte trat ans Keyboard und wurde von einer voluminösen schwarzen Frau mit Gesang begleitet. Die Frau hätte mit ihrer Performance einen kompletten Gospelchor ersetzen können. Wir gingen mit. Knie wippten. Oberkörper bewegten sich im Rhythmus.

Zur Einleitung des Gottesdienstes war Torsten Hebel eingeladen worden. Torsten Hebel ist Moderator, Comedian und Gründer. Brücke Berlin schaut sich zurzeit die verschiedenen Gründertypen der Bibel an, so dass Gründer Hebel sehr gut passte. Mit viel Humor brachte er uns das Thema nahe und erzählte auch von seinen tiefen Krisen und Herausforderungen beim Gründen. Seinen Leitgedanken zum Gründen könnte man wie folgt zusammenfassen:

Hier ist ein Problem. Keiner löst es. Ich habe eine Idee. Also mache ich!

Zwischendurch wurden immer wieder Lieder von der kernigen Sängerin vorgetragen. Das verleitete mich zu der Annahme, dass Torsten Hebel auch die Predigt gehalten hatte. Die Predigt kam aber anschließend. Es ging um die Gründertypen Aquila und Priscila. Dass Priscila im Neuen Testament immer zuerst genannt wird, fand ich auf Nachforschung nicht bestätigt. Die Aufzählung wechselt immer ab. Egal, es muss sich jedenfalls um ein Dream-Team gehandelt haben, das zudem ehelich verbandelt war. Sie werden immer zusammen genannt und an ihren Wirkungsstätten hatten sie wohl immer richtig was bewegt. Ein vergleichbares Ehepaar saß übrigens heute mit uns im Gottesdienst.

1 Jahr Brücke Berlin

Nach Kollekte, Ansagen, Segen und einigen Liedern wurde das Buffet freigegeben. Brücke Berlin feierte heute sein einjähriges Bestehen und den Umzug in die Location im Dachgeschoss. Wirklich schöne Räume mit Blick auf den Himmel über Charlottenburg. Ich hatte keinen Hunger und hielt mich an einem Becher Kaffee fest. Wir wurden mehrfach angesprochen und hatten längere gute Unterhaltungen. Die Willkommenskultur war ausgesprochen gut.

Hier kannst du deinen Chef mitbringen.

Erklärtes Ziel der Brücke Berlin ist es, eine Gemeinde zu sein, in die auch der Chef mitgebracht werden kann, ohne dass man danach die Firma wechseln muss. Verständliche Predigt, moderne Elemente wie Lobpreis und Kabarett können wir nach dem Besuch bestätigen. Während sich die "coolen" Gemeinden in Mitte, Prenzlberg und Friedrichshain auf die Füße treten, ist Charlottenburg noch unerschlossenes Land. Brücke Berlin ist ein erster Schritt zur Bedienung dieser Lücke westlich der City.

Brücke Berlin läuft unter dem Dach des Bundes der Baptisten. Auch dort ist der Bedarf an Gemeinden für die unterschiedlichen Zielgruppen der Stadt angekommen und wird nun konsequent bedient. Würde Gemeindegründung meiner aktuellen Berufung entsprechen, hätte ich dort sicher den richtigen Partner gefunden.

Rückweg über drei Brücken

Vorsichtig stieg ich die Treppe herunter. "Merkst du, wie langsam du läufst", schaute mich meine Frau an. Die Familie drängte mich nach nur drei Brücken zum Stopp am Krankenhaus Friedrichshain: Notaufnahme, 10 Minuten warten und dreieinhalb Stunden CT, Infusionen, Spritzen, Röntgen, Ultraschall und letztlich die Diagnose: Lungenembolie. "Ich muss Sie hier behalten", sagte die Ärztin und schob mich mit Tropf, Kabeln, Beatmung und Monitoren in die Beobachtungsstation.

Dienstag, 16. Mai 2017

Berlin Connect macht Sex zum Thema

Berlin Connect ist Teil der Hillsong Family. Zur Planung einer Familie gehört auch das Thema Sex. Heute Abend besuchten wir eines der Seminare aus der Themenreihe "God, Sex & Culture".



Nachdem ich nach einiger Zeit der Suche den Wagen irgendwo im Parkverbot abgestellt hatte, lief ich mit meinem Sohn zurück zur Brunnenstraße. "Wir sind hier die Ausländer", bemerkte er. Wedding.

Das Einhorn

Beim Studieren des Flyers zur Seminarreihe "God, Sex & Culture" hatte ich mich gefragt, ob "Unicorn" (Einhorn) bewusst als Veranstaltungsort ausgewählt wurde. Unicorn ist ein Co-Location Workspace, wie man ihn in dieser Gegend reichlich findet. Bereits am Eingang mussten wir dichte Trauben junger Leute passieren und landeten kurz darauf am Empfangstisch. Schnell waren wir über Eventbrite eingebucht, zahlten jeweils zehn Euro und bekamen einen kleinen B/C-Stempel auf den Arm.

Welcome Home

Alles sehr professionell. Dann tauchten wir in die gelebte Willkommenskultur ein. Die Leiterin des Welcome-Home-Teams kam auf uns zu. Andere Mitarbeiter der Gemeinde unterbrachen ihren emsigen Lauf und blieben für ein kurzes Gespräch stehen. So viele Namen konnten wir uns auf die Schnelle gar nicht merken. Zielgerichtet steuerte uns die Frau des Pastors an und holte auch ihren Mann dazu. Wir unterhielten uns über die Vernetzung in der Stadt und freuten uns an gemeinsamen Bekannten.

(en)large Learning

Es gab kein akademisches Viertel, statt dessen ein akademisches Halb. Gegen 19:30 Uhr wurden die Türen zum Saal geöffnet. Über hundert Wissbegierige im Durchschnittsalter von 25 fluteten den Raum. Dieser war anschließend fast bis auf den letzten Platz besetzt. "(en)large Learning" zieht einen großen Teil der Mitglieder und Freunde von Berlin Connect an.

Nach zwei mit Power vorgetragenen Hill-Songs startete die erste Lehreinheit. Sie wurde von Joyce Wilkinson eingeleitet, die von der Hochzeitsreise mit Mark, dem bärtigen B/C-Pastor, berichtete. Die Beiden gehen straff auf die Silberhochzeit zu und haben deshalb eine gewisse Kompetenz in Fragen von "Single, Ehe und Familie" oder "Baue göttliche Freundschaften und Beziehungen" oder wie heute "Sex & Sexualität - Warum geht Religion so negativ damit um?".

Die Inhalte des vermittelten Wissens, das maßgeblich von Mark Wilkinson vorgetragen wurde, können im Prinzip mit einem Satz zusammengefasst werden:

It's all about Jesus!

OK, in den zweieinhalb Stunden wurde das alles etwas detaillierter betrachtet, führte aber immer wieder auf die eine Kernaussage: Wenn die Beziehung zu Jesus maßgeblicher Bestandteil des eigenen Lebens ist, regelt sich der Rest fast von selbst. Wenn Jesus im Leben fehlt, wird dieser Platz von etwas anderem ausgefüllt, beispielsweise von Sex, Geld und ungesunden Beziehungen.

Sex sei die höchste Form von Vertrauens. Das solle nicht billig verspielt werden. Gott habe das so gewollt, als er den Menschen und damit auch die Möglichkeit zu dessen Vermehrung schuf. Mark ging sehr emotional auf Menschenhandel und Pornografie ein. Er erwähnte, dass über Sex vor der Ehe und Masturbation kaum etwas in der Bibel steht. Wenn es darin stehe, wäre immer noch die Frage, ob man sich daran halten wolle. Was gut ist und was schadet, ergebe sich aus der gelebten Beziehung zu Gott, die liebevoll, heilend und korrigierend auf uns einwirke.

Überhaupt klebte das Publikum an Marks Lippen und Bewegungen auf der Bühne. Der Mann ist rhetorisch hochgradig talentiert. Mit britischem Humor bringt er die Zuhörer zum Lachen und schaltet dann plötzlich auf Ernst um, so dass die Pointe sicher im Tor landet. "Amen", "Ja", waren die regelmäßigen Zustimmungen, die der Vortrag erregte.

Sein Wortschatz war so breit, dass wir nicht an allen Stellen lachen konnten: Wir kannten die Vokabeln einfach nicht. Mein Sohn und ich hatten wie üblich auf die Simultan-Übersetzung verzichtet. Diese wurde für mehrere Sprachen angeboten.

Pause mit Fritz und Abendmahl

Kurz vor dem Ende gab es eine kurze Pause. Wir kauften an der offiziellen Theke der Co-Location für sechs Euro eine Fritz-Cola und eine Rhabarber-Schorle. Am langen Holztisch, wo tagsüber die MacBooks der Kreativszene stehen, waren nun Bücher, Flyer und Utensilien für das Abendmahl aufgebaut. Drei junge Männer reichten sich Brot und Wein(?), während ich ein Buch zum Stehen bringen wollte, das ich kurz zuvor von einem Stapel genommen hatte. Es klappte nicht. Wir wechselten den Standort.

Immer wieder wurden wir angesprochen: spanisch, englisch, deutsch. Namen über Namen, die wir teilweise noch nie gehört hatten. Alles connected in Berlin und wir als Exoten mittendrin: Berliner in zweiter und dritter Generation.

Gemeinde connected

Gegen zehn war das Seminar zu Ende. Unfassbar, dass solch ein großes Interesse an einem Gemeindeseminar besteht; mitten in der Woche und zehn Euro Eintritt. Beim Gehen erspähte ich noch einen Bekannten aus der internationalen Politikszene. Er bestätigte mir, dass gerade die Willkommenskultur und die integrative Atmosphäre bei Berlin Connect zur Entscheidung für diese Gemeinde geführt hatten.

Sonntag, 30. April 2017

Berlin Connect - Hillsong Family in der Kulturbrauerei

Berlin Connect gehört zur Hillsong Family und spricht Young Professionals und Studenten auf Englisch an. Die Willkommenskultur ist beispielhaft. Heute besuchten wir Berlin Connect in der Kulturwerkstatt.



Berlin Connect feiert seine Gottesdienste inzwischen im Hotel Maritim proArte stattfinden. So hatte ich es zumindest der Webseite entnommen. Wir entschlossen uns für eine Anreise mit der S-Bahn. Kurz vor elf traten wir in die Lobby und fragten nach dem Gottesdienst. "Sie meinen diese Kirche", fragte die Dame an der Rezeption. Ihre Kollegin bot noch das "Gebet für Berlin" an. Aber beides fand heute nicht statt. Da hatte ich mich wohl verguckt.

Flexibler Ortswechsel

Smartphone, Webseite, Aha: Kino in der Kulturbrauerei, 11:00 Uhr. Wir entschieden uns, mit der Straßenbahn zur Kulturbrauerei nach Prenzlauer Berg zu fahren. Die M12 kam kurz nach elf und zuckelte eine Viertelstunde von der Friedrichstraße in den Trendbezirk.

Im Blogbeitrag aus 2015 wurde nichts von einem akademischen Viertel erwähnt. Deshalb gingen wir davon aus, dass wir mitten in den Gottesdienst hineinplatzen. Auf dem Weg malten wir uns aus, wie wir neben der Bühne die Tür zum Saal öffnen und alle Augen auf uns gerichtet sind. Schnell deklarierten wir die Peinlichkeit in eine geeignete PR-Aktion um und gingen zielstrebig auf den gelben Backsteinkomplex zu.

Welcome Home

Der Weg zum Gottesdienst war gut ausgeschildert. An der Treppe wurden wir sehr freundlich begrüßt und jegliche Bedenken wegen des Zuspätkommens zerstreut. An der Tür empfing uns eine Mitreisende des #MDGC16-Teams und organisierte für meine Frau ein Kopfhörer-Set. Der heutige Gastredner solle sehr schnell sprechen. Inzwischen sind wir jedoch verschiedene Referenten mit markantem "American English" gewohnt. Deshalb verzichtete der Rest der Familie auf eine Simultan-Übersetzung.

Im Kinosaal nahm uns ein weiterer Mitarbeiter mit Welcome-Home-Shirt in Empfang und zeigte uns eine freie Sitzreihe. Die Lobpreiszeit war noch in vollem Gange. Auf der Bühne spielte eine Band und wurde von vier Sängerinnen unterstützt. Die Gemeinde konnte den jeweiligen Text an der riesigen Kinoleinwand ablesen.

Wir hatten also noch nicht so viel verpasst. Es folgten die Ansagen per Videobotschaft und die Kollekte mit großen Plastiktöpfen. Diese werden wohl originär für Grünpflanzen verwendet. Es konnten neben Geld auch die im Responsive Design gestalteten Kontaktkarten eingeworfen werden.

Dein Wert bei Gott

Dann trat Sy Rogers auf. Ein Mann mit einer sehr bewegten Historie und einer entsprechenden Kompetenz bei der Seelsorge in sexuellen Fragen. Letzteres passte sehr gut zur aktuellen Seminarreihe "God, Sex & Culture", die noch an drei Abenden im Mai fortgesetzt wird.

Auch wenn Sy Rogers nur wenige Bibelstellen zitierte, hatte er doch eine klare Kernbotschaft: Jeder Mensch hat einen Wert vor Gott. Im Deutschen wird immer von "Liebe" geredet, während andere Sprachen wie Griechisch, Latein oder Englisch nach Mitgefühl, Erotik, Freundesliebe oder Wertschätzung differenzieren. Das hilft bei der Auslegung und Umsetzung der Bibelstellen deutlich mehr als der frei interpretierbare Begriff "Liebe".

Die Performance von Sy Rogers war so brillant, dass die in der Tat sehr schnelle Aussprache und die Länge der Predigt kaum ins Gewicht fielen. Meine Familie konnte gut folgen und lachte an den richtigen Stellen, was auf ein problemloses Verstehen des englischen O-Tons hindeutete. Spontane Amen-Zurufe und nonverbale Gesten aus dem Publikum zeigten eine breite Übereinstimmung mit dem so lebhaft auf der Bühne vorgetragenen Thema.

Während der Predigt scannte ich gedanklich mehrere Personen aus dem Bekanntenkreis und überlegte, ob ich sie ihrem Wert vor Gott entsprechend behandle und wo konkreter Optimierungsbedarf bestehe.

Segen und Integration

Zum Abschluss wurde ein Start in die Beziehung zu Jesus inklusive Übergabegebet angeboten. Dann folgte eine weitere Kollekte, diesmal für Sy Rogers. Nach den Segenswünschen für die kommende Woche verließen die Besucher den Kinosaal.

Es waren nur noch wenige Minuten bis zum 13-Uhr-Gottesdienst. Dennoch widmeten sich die Welcome-Home-Mitarbeiter entspannt den Gästen und Dauerbesuchern. Selbst unsere Kinder wurden von etwa sechs Gemeindeleuten angesprochen. Eine integrative Atmosphäre, in die man gerne öfter eintauchen möchte. "Bis nächsten Sonntag", wurden wir verabschiedet und mussten uns regelrecht losreißen.

Beim benachbarten "Pane e Vino" reflektierten wir bei Pizza für 3,90 Euro den Gottesdienst und entschieden uns für den Besuch eines der Seminare im Mai.

Sonntag, 23. April 2017

Saddleback Berlin mit Taufe und Live-Predigt

Heute war ein besonderer Sonntag bei "Saddleback". Mit baptistischen Wurzeln sind regelmäßige Taufen schon fast ein Muss. Ergänzend dazu wurde heute auch noch live gepredigt. Buddy Owens, der Mentor von Pastor Dave Schnitter, war aus Kalifornien angereist, so dass auf die übliche Video-Predigt verzichtet wurde.



Bereits gegen 8:30 Uhr hatte "a couple of guys" das Taufbecken im Hof der Kalkscheune aufgebaut. Eine Gartenplansche von 2,6 x 1,6 x 0,65 Metern und einem Fassungsvermögen von 2.700 Litern Wasser. Egal, Hauptsache ein Wasserstand, der ein komplettes Untertauchen als Symbolhandlung gemäß Kolosser 2, 12 und Römer 6, 3-4 ermöglicht. Der zeitgenössische Baptismus kann sogar den gesamten Akt der Taufe per Video festhalten. Dazu reicht eine der beliebten Action-Kameras oder ein wasserdichtes Smartphone.

Gottesdienst in der Kalkscheune

Als wir gegen zehn bei Saddleback eintrafen, plätscherte das Wasser ins Taufbecken. Wenige Stunden zuvor war meine Frau mit ihren Freundinnen an dieser Stelle noch von einem Dance Floor zum nächsten geschwebt. Dave Schnitter begutachtete das Wasser und eilte dann in den zweiten Stock, um die Gottesdienstbesucher zu begrüßen.

Als der Countdown endete und die ersten Gitarrenklänge von der Bühne schallten, war es noch sehr leer im Saal. Nirgends konnte ich Buddy Owens entdecken und fragte mich, ob heute flexibel umdisponiert werde. Aber der Raum füllte sich und füllte sich und zum Ende der Lobpreiszeit erspähte ich den heutigen Redner ganz hinten in der Ecke. Er beobachtete von dort aus den europäischen Ableger der amerikanischen Muttergemeinde, die mit 20.000 Gottesdienstbesuchern als "Mega Church" bezeichnet wird. Die Bezeichnung "Groß-Mutter" könnte hingegen zu Verwechslungen führen.

Buddy und Matthäus

Buddy Owens justierte sein kleines Mikrophon am Hemdskragen und legte los. Er redete über "die skandalöse Liebe Gottes" und hangelte sich dabei an diversen Bibelstellen entlang. Den Zuhörern stand wie üblich ein Begleitzettel für Notizen zur Verfügung. Es ging um Matthäus, der das Matthäus-Evangelium geschrieben hatte. Als Zollbeamter wurde er von den Leuten seines eigenen Volkes gemieden und die Römer mochten ihn nicht, da er kein Römer war. Matthäus saß also zwischen den Stühlen und hatte lediglich sein Geld und Freunde mit ähnlichen gesellschaftlichen Kennziffern. Den Juden galt er als "unrein" und hatte damit keinen offiziellen Zugang mehr zu Gott.

Jesus ist für sein unkonventionelles Vorgehen bekannt. In Matthäus 9 Vers 9 kommt er am Zollhaus vorbei, schickt einen seiner Schüler los und lässt dem Beamten ausrichten: "Wenn du alles richtig machst und dich ordentlich anstrengst, können wir mal über eine Begegnung reden". Nein, so war das nicht. Der Text beschreibt das folgendermaßen: "Und Jesus sah einen Mann im Zollhaus sitzen, der Matthäus hieß, und sagte zu ihm: Laufe hinter mir her". Solch eine Ansprache war völlig unerwartet und neu für Matthäus.

Blickwinkel

Neu für mich war die Interpretation von Matthäus 13, wo es um die kostbare Perle und den Schatz im Acker geht. Seit meiner Kindergottesdienstzeit hatte ich verinnerlicht, dass der Kaufmann ein Mensch ist, der endlich zu Jesus, also der kostbaren Perle findet und dann alles andere dafür aufgibt, um diese Perle zu bekommen. Buddy Owens wechselte die Blickrichtung und setzte Jesus an die Stelle des Kaufmanns. Jesus, der mit seinem Leben dafür bezahlte, dass er mich gewinnen kann. Sagenhaft. Eine Sicht, die auch auf den Schatz im Acker adaptierbar ist und viel logischer klingt als die bisherige Interpretation.

Kaffee am Pool

Nach dem Gottesdienst sollten wir uns alle noch Kaffee holen und in den Hof gehen. Dave Schnitter hatte Shorts und ein dunkelblaues Tauf-Shirt, ein T-Shirt sozusagen, angezogen. Auch Buddy Owens war so gekleidet, trug aber keine Schuhe. Er zitterte, trug die Unterkühlung jedoch mit Fassung. Es wurde noch einmal heißes Wasser in den Pool gegossen und dann konnte es losgehen. Der Hof der Kalkscheune war jetzt mit Menschen sämtlicher Nationalitäten und Altersgruppen gefüllt, die mit Smartphones und Kaffeebechern dem Geschehen beiwohnten. Spontan entschied sich noch eine weitere Frau zur Taufe, so dass es insgesamt sieben Unterwasseraufnahmen mit der GoPro geben konnte.

Sieben Taufen

Dave erklärte kurz den Sinn der Taufe anhand der oben zitierten Bibelstellen. "It's a symbol", sagte er und wie auf Knopfdruck ging ein Platzregen auf die Sonnensegel im Innenhof nieder. Dieser wurde immer stärker und endete in einem Hagel. Die Sonnensegel schützten jedoch die Gemeinde, so dass nach einer kurzen aber würdigen Beachtung des Zeichens vom Himmel die Zeremonie fortgesetzt werden konnte. Buddy und Dave stiegen ins Planschbecken und tauchten alle sieben Personen nacheinander komplett unter. 2,6 x 1,6 Meter waren ein durchaus geeignetes Maß dafür. Mit Applaus und Ausrufen der Begeisterung begrüßte die Gemeinde die "auferstandenen" Familienmitglieder.

Dreieinhalb Grad

Während sich die Getauften abtrockneten, traten wir den Heimweg an. Da es immer noch regnete und sich große Pfützen am Straßenrand gesammelt hatten, führte ich meiner Familie das sogenannte "Drive By Baptism" vor. Es fanden sich allerdings keine Interessenten. Kurz vor der Haustür merkte ich beim Bremsen ein gewisses Aquaplaning. "Ja, meine Sommerräder rutschen auch öfter mal bei den aktuellen Temperaturen", sagte meine Frau. Ich schaute aufs Thermometer: 3,5 °C.

Samstag, 22. April 2017

Every Nation Berlin - samstags im Prenzlauer Berg

Der Name "Every Nation Berlin" lässt bereits vermuten, dass es sich um eine jugendliche Gemeinde mit internationalem Touch handelt. Der entscheidende Unterschied zu vergleichbaren Gemeinden besteht darin, dass die beiden Gottesdienste am Samstag stattfinden.



Diese Gemeinde wollte ich schon länger einmal besuchen, hatte mir aber nur etwas wie "internäschnell" und "Tschörtsch" gemerkt und war Dank Google bei der BICC im CinemaxX gelandet. Eine interessante Erfahrung, aber eben nicht die gesuchte Zielgemeinde. Inzwischen konnte ich noch einmal nachfragen und mir tatsächlich "Every Nation" merken.

Die Parkplatzsituation in der Heinrich-Roller-Straße war unerwartet entspannt. Punkt 19:30 Uhr trat ich durch die Tür der Nummer 13. Im Erdgeschoss hat die Gemeinde mehrere Räume ausgebaut.

Gemütlich

Ich fand mich in einer regelrechten Club-Atmosphäre wieder. Überall wuselten einheimische und internationale Mittzwanziger herum. Einige hatten es sich bereits auf den Ledersofas und Kneipenstühlen im Hauptsaal gemütlich gemacht und lauschten der mit Musik untermalten Begrüßung. Kein akademisches Viertel und kein Countdown.

An einer Säule lehnte ein Bekannter vom CVJM. "Ich höre mir noch die ersten drei Lobpreislieder an und gehe dann", sagte er und erklärte mir, dass er bereits beim Siebzehn-Uhr-Gottesdienst dabei gewesen war. Zudem solle ich mich nicht wundern, dass es hier sehr charismatisch zugehe. Das klang spannend.

Intensive Anbetungszeit

Ich setzte mich vor das Mischpult und ließ mich vom Drive der Lobpreisband mitreißen. Die Lieder waren teilweise bekannt oder so sparsam mit Text versehen, dass der Erstbesucher schnell auf Deutsch oder Englisch mitsingen konnte. Eine derart intensive Anbetungszeit hatte ich schon lange nicht mehr erlebt und ertappte mich im gedanklichen Abschweifen und dem simultanen Lobpreisgebet. Nach dem geistigen Exkurs klang immer noch dasselbe Lied durch den Raum, was jedoch in diesem Kontext weder störend noch langweilig wirkte.

Kollekte und der Altersdurchschnitt

Die Kollekte zur Halbzeit erzeugte eine gewisse Aufbruch-Stimmung. Ist jetzt schon Schluss? Ein Teil der etwa hundert Leute blieb sitzen und befüllte die mit Geschenkpapier beklebten Sammelboxen.

Das Durchschnittsalter von "Every Nation Berlin" muss bei Mitte zwanzig liegen. Einige Ältere hatten sich zwar im Saal verteilt, aber ansonsten zeigte sich eine recht homogene Altersstruktur. Ansagen, Berichte und Predigt wurden auf Deutsch und Englisch vorgetragen, so dass immer mindestens zwei Personen auf der Bühne standen.

Every Nation ist eine Gemeindebewegung, die in etwa fünfzig Ländern vertreten ist. Heute Abend wurde ein starker südafrikanischer Einfluss deutlich.

Heilung und Prophetie

Ein wenig fühlte ich mich in die frühen Jahre der Gemeinde auf dem Weg versetzt, als diese noch liebevoll als "Phila" (Philadelphia Gemeinde) bezeichnet wurde und sich in Schöneberg zum Gottesdienst traf. Warum kam ich mir nur plötzlich so alt vor?

Krankenheilung, Handauflegung, Sprachengebet und Prophetie sind selbstverständliche Elemente des Glaubenslebens bei Every Nation. Zudem zog sich durch den gesamten Gottesdienst der Hinweis auf den stellvertretenden Tod von Jesus, der damit die Trennung in der Beziehung zu Gott beseitigt hatte. Auf der Bühne stand ein Kreuz mit der Aufschrift "Gnade".

Sonne, steh still!

Heute ging die Predigtreihe "Auf in den Kampf" zu Ende. Es ging um die Schlacht bei Gibeon aus Josua 10. Nach einer sehr guten Erklärung der Gründe für die Kriegshandlungen im damaligen Kanaan ging der Referent auf die erhebliche Leistung der israelischen Soldaten ein, die eine ganze Nacht marschiert waren und dann gleich einen Tag lang kämpften. Gott unterstützte den Kampf mit Hagel. Und damit nicht genug: Josua sprach dann zur Sonne und zum Mond, dass sie still stehen bleiben sollten und sie taten das. Somit konnten die Soldaten einen weiteren Tag kämpfen und die fünf Armeen der Amoriter inklusive der fünf Könige vernichtend schlagen.

Daraus ließen sich viele interessante Gedanken für unsere Alltagssituationen ableiten. Rede mit Gott und rede zu den Herausforderungen, zu den im Weg stehenden Bergen. Der spannende Bibeltext und der Mix mit persönlichen Erlebnissen machten die Predigt lebendig und etablierten eine Aufmerksamkeit, die bis zum Schluss andauerte. Flankiert wurde das durch Themenfotos auf der Leinwand.

Flyer und Gebet

Am Ende konnten die jeweiligen Sitznachbarn füreinander beten. Dabei sollte auch die Frage nach einer konkreten Entscheidung für Jesus gestellt werden. Die Frage nach der Entscheidung und das Angebot der entsprechenden Begleitung fand sich auch auf den Flyern wieder, die auf den Plätzen lagen oder an Erstbesucher ausgeteilt wurden. Als ich die Nummer 13 verließ, regnete es. Ich stopfte die Flyer in meine Jacke und begab mich zum Parkplatz.

Wichtige Info per November 2018:
Die Gemeinde ist umgezogen und hat neue Gottesdienstzeiten. Every Nation Berlin trifft sich ab sofort jeden Samstag um 17 Uhr in der Anklamer Str. 31, 10115 Berlin.

Freitag, 14. April 2017

Karfreitag in der Gemeinde auf dem Weg

Die "Gemeinde auf dem Weg" liegt an der Peripherie Berlins. Am heuten Karfreitag machten wir uns auf den Weg nach Tegel zu einem "Konzert für Gott".



Es sind immer exakt 110 Kilometer, die ich nach einer Fahrt nach Tegel in mein Fahrtenbuch eintrage. Von Marzahn aus auf die Autobahn, den Nordring entlang und am Kreuz Oranienburg wieder in Richtung City. Am Karfreitag oder am Sonntag geht das in einer halben Stunde. Wegen der genialen Autobahnanbindung ist die Gemeinde auf dem Weg (GadW) aber auch aus anderen zentralen oder peripheren Teilen Berlins und des Speckgürtels gut zu erreichen.

Gesunder Mix

Bereits im letzten Jahr hatten wir das Lobpreis-Konzert in Tegel besucht und dabei viele alte Bekannte getroffen. Heute hatten wir uns mit niemandem verabredet. Als wir zehn vor acht in die Lobby traten, hatten sich schon einige Menschentrauben gebildet. Demografisch und ethnisch waren die Anwesenden stark diversifiziert und stellten damit einen gesunden Mix für den nachhaltigen Bestand dieser Gemeinde dar. Am Eingang beteten zwei Besucher füreinander.

Nachdem wir einige Zeit das Treiben beobachtet hatten, wurden die Türen zum Saal geöffnet. Die Bühne war bereits in ein oranges Lichtspiel getaucht. Wir setzten uns relativ nah an die Bühne.

Bekannte Lieder

Kurz nach acht ging es los. Der Abend bestand aus drei Elementen: Lobpreis, Textlesung und Abendmahl. Die Band mit zwei Sängerinnen, drei Gitarren, einem Schlagzeug und einem Keyboard spielte fast nur Lieder, die wir kannten und auch mit geschlossenen Augen mitsingen konnten. Auch die Kinder kannten fast alle Lieder, egal ob sie auf Deutsch oder Englisch vorgetragen wurden.

Die Texteinblendungen erinnerten mich an meine damaligen 20-Zoll-Sommerreifen von Hankook, die bei Nässe auch immer erst nach einer Gedenksekunde reagierten. Wegen der Bekanntheit der Lieder konnten wir die ersten Worte des Textes aus der Melodie und der Erinnerung ableiten.

INRI, Markus und das Abendmahl

In zwei Blöcken wurde der Bericht über Gefangennahme, Verurteilung und Kreuzigung von Jesus aus dem Markus-Evangelium vorgelesen. Umrahmt wurde das von weiteren Liedern. An zwei Stellen vor der Bühne wurde das Abendmahl mit wahlweise Saft oder Wein ausgeteilt. Diesmal war es nicht zu knapp, obwohl fast so viele Besucher wie im letzten Jahr gekommen waren.

Anders als im Vorjahr war übrigens auch, dass der Gottesdienst schon kurz nach neun zu Ende war. Viele der Anwesenden fluteten danach gleich hinaus. Auf dem Parkplatz standen überraschend wenige Autos und viele kleine Grüppchen liefen die Straße entlang ins nächtliche Tegel. "Wo gehen die hier alle hin", wollte mein Sohn wissen. Ich konnte ihm das nicht beantworten und bog auf die Stadtautobahn ein.

Kurze Wege

Etwa eine halbe Stunde später waren wir wieder zu Hause. Parkplatz direkt vor der Tür und wieder einmal genau 110 Kilometer im Fahrtenbuch. Meine Frau hatte in der Zwischenzeit ein Karfreitagsvideo an sämtliche Bekannte gesendet und eine der letzten Predigten von Rick Warren nachgehört. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass wir schon so früh zurück kommen.

Sonntag, 9. April 2017

ICF Tempelhof mit Autobahnanschluss

Innerhalb von zwei Jahren musste ICF Berlin mehrfach die Location wechseln. Heute besuchten wir den Gottesdienst in der Tempelhofer Ringbahnstraße.



Einen Besuch in der Ringbahnstraße hatte ich mir schon lange vorgenommen. Zweimal hatten wir ICF im Ullsteinhaus besucht, einmal im Gasometer und einmal zu Weihnachten im Kino der Gropiuspassagen. Zum Jahreswechsel war ICF Berlin in neue Räume in der direkt an der Stadtautobahn gelegenen Ringbahnstraße umgezogen. Ein typisches Industrie- und Bürogebäude mit kleinem Parkplatz und niedriger Hemmschwelle für Erstbesucher.

ICF Welcome Home

Da wir nicht wussten, wie die Parkplatzsituation auf dem Hof aussieht, nutzten wir eine Lücke gegenüber der knallroten Beachflag "ICF WELCOME HOME". In der Einfahrt stand ein Mann mit blondem Haar und einer deutlich erkennbaren ICF-Beschilderung um den Hals. Er begrüßte uns sehr freundlich und versicherte uns, dass es bei ICF kein akademisches Viertel gebe. Das war gut so, da wir sehr früh vor Ort waren: zehn vor elf.

Während die Familie noch ratlos nach dem Weg spähte, entdeckte ich an der rechten Ecke des Vorhofes die nächste knallrote Beachflag "WELCOME HOME". Knapp konnten wir dem Überrollen durch ein Fahrzeug aus Potsdam-Mittelmark entgehen und erreichten unbeschadet den Eingang. Wir liefen durch das Treppenhaus und sahen eine angelehnte Tür. Dahinter wurde ein größerer Raum in Betoncharme sichtbar. Dieser war schon reichlich mit jungen Leuten und deren Kleinkindern gefüllt.

Willkommen und Transparenz

Langsam und präsent schlenderten wir durch den Raum, schauten uns um, bewegten uns auf den gegenüberliegenden Gang zu, blickten in eine Kinderecke und gingen dann in den großen hellen Vorraum zurück. Auf dem Weg begegneten uns mehrere Personen mit ICF-Badge. Allesamt blickten sie durch uns hindurch. Der gläserne Gast.

An der Theke wurde zuerst der hinter uns stehende Mann bedient. Dann kauften auch wir zwei Becher Kaffee für zwei Euro und stellten uns damit ans Fenster. Von dort aus beobachteten wir die hereinflutenden Gottesdienstbesucher. Einige kannten wir vom Sehen oder vom SOLA. Auch mutmaßliche Dauerbesucher standen wie Luft im Vorraum.

Gottesdienst

Als die Türen zum Saal geöffnet wurden, verständigten wir uns darauf, im Mittelfeld zu sitzen. Die Familie hatte mit der Reihe ganz hinten geliebäugelt. Es müssen um die 160 Sitzplätze gewesen sein. Optisch erinnerte uns der Saal an die Equippers in der Blissestraße.

In medialer Perfektion flimmerte ein Video über die Leinwände. Coole Szenen, attraktive Mittzwanziger und ein genialer Schnitt zeichneten dieses Intro aus. Es folgte eine kurze Begrüßung und dann startete die Lobpreisband. Keines der im Verlauf des Gottesdienstes gespielten Lieder war uns bekannt. Fast alles auf Englisch, die Texte gelegentlich etwas flach, aber eine gute musikalische Performance.

Hashtag Jesus

Die aktuelle Predigtreihe #JESUS umfasst mehrere Themenkomplexe. Heute sprach André Schönfeld von ICF Grünheide über Freundschaft. Mein Sohn konnte sich im Vorfeld noch daran erinnern, dass es bei unserem Besuch in Grünheide um Kreise ging, in denen man sich bewege und die man auch mal übertreten solle. Heute wurden mehrere Bibelstellen von Adam und Eva, über Mose und die Schlacht gegen Amalek bis hin zu "Ich habe euch Freunde genannt" aus Johannes 15 Vers 15 zitiert.

Der Referent hantierte die gesamte Predigt über mit einer großen Blumenspritze und pumpte die potenzielle Sprühkraft auf. Die ersten beiden Sitzreihen waren bereits befeuchtet worden und es war unklar, ob die Spritze später noch zur Reaktivierung der Aufmerksamkeit genutzt werde. André zog damit eine Parallele zum Prinzip von Druck und Stärkung.

Nach der Predigt folgten weitere unbekannte Lieder, eine kurze Gebetszeit für die Anliegen auf dem Screen sowie ein Segensgebet.

Postludium

Die "transparente" Willkommenskultur hatte eine nachhaltige Wirkung auf mein Wohlbefinden und die Bleibeperspektive. Unmittelbar nach dem Amen strebte ich dem Ausgang entgegen. Eine der oben erwähnten ICF-Schildträger stand im Vorraum und grüßte nun freundlich. Dann folgte sie uns Richtung Ausgang. Sie wollte wissen, ob wir das erste Mal bei ICF seien und lud uns zu einem Getränk ein. War nett gemeint, aber der richtige Zeitpunkt verpasst. Ich lehnte ab und trat ins Treppenhaus.

Meine Familie fand das zu hart und versuchte mich zu beruhigen: "Wir sind bei ICF noch nie begrüßt oder angesprochen worden". In dieser Form war mir das bisher noch gar nicht aufgefallen, wahrscheinlich weil ich sonst immer selbst auf die Leute zugegangen war.

Jedenfalls hatte die Familie einige Impulse aus der Predigt mitgenommen und zählte diese auf dem Weg zum Parkplatz auf. Während der gesamten Rückfahrt diskutierten wir sehr akzentuiert, bis uns schließlich mit Türkischer Pizza und Döner der Mund gestopft wurde.