Sonntag, 24. September 2017

Erlebt in Potsdam

Die junge Gemeinde im Südosten von Potsdam sollte man einmal erlebt haben. "erlebt - Kirche für Potsdam" ist wie "Brücke Berlin" ein Gründungsprojekt unter dem Dach des Baptismus. Heute nutzte ich die Nähe meiner Reha-Klinik in Teltow, um den Gottesdienst bei "erlebt" zu erleben.



258 PS gleiten über die herbstlichen Straßen von Teltow-Fläming. Buntes Laub am Straßenrand, Nieselregen benetzt die Frontscheibe. LIMIT verhindert das obligatorische Blitzerfoto im Land Brandenburg. Untermalt wird das Ganze durch Anbetungsmusik von Michael W. Smith. Schon fast zu entspannend für eine Strecke, die ich noch nie gefahren bin.

K2 im Kuckucksruf 9

Nach einer halben Stunde habe ich das K2 im Kuckucksruf 9 erreicht. Immer noch erstaunt, dass mein Navi solch eine abenteuerliche Straße in einem gut bewaldeten Neubaugebiet überhaupt kennt. Ich parke in einer Nebenstraße und gehe zum einladenden flachen Gebäudekomplex des K2. Draußen begrüßt mich ein alter Bekannter. Ein Ex-Mitglied meiner Ex-Gemeinde, der mit seiner Frau bei erlebt eine neue geistliche Heimat gefunden hat.

Vor dem Flachbau stehen Leute um die 30, reden miteinander, lassen sich vom Regen berieseln und begrüßen mich sehr freundlich. Ab und zu huscht ein Kind an uns vorbei. Im Vorraum gibt es Kaffee und Kuchen und weitere Herausforderungen an mein Namensgedächtnis: Felix, Christoph, Tobias, Manuel, Christiane sind Namen, die ich mir auf die Schnelle merken kann. Ich baue Eselsbrücken und trainiere das Gelernte.

Herzlich Willkommen!

Mir wird eine Tüte in die Hand gedrückt: "Herzlich Willkommen! Schön, dass du da bist!!! JETZT ÖFFNEN", steht darauf. In der Tüte finde ich eine Beschreibung von erlebt, die fast identisch mit der Webseite ist und eine Gebrauchsanweisung für den Gottesdienst. Willkommenskultur wird bei erlebt groß geschrieben.

Der Gottesdienst beginnt fast pünktlich um 11 und startet nach einer kurzen Einleitung mit einigen flotten Lobpreisliedern. In unbekannte Lieder findet sich der Besucher schnell hinein. Im angemieteten Saal zähle ich etwa 50 Erwachsene: Altersdurchschnitt 35. Die Kinder werden vor der Predigt mit einem Bilderrätsel verabschiedet. Dann wird der Predigttext gelesen.

3 Sonntage, 3 Predigten, 3 Pastoren

Schon den dritten Sonntag geht es um Lukas 4 - die Versuchung von Jesus. Der Personalschlüssel von erlebt ist bemerkenswert: ein echter Pastor und zwei Azubi-Pastoren wechseln sich beim Predigen ab. Heute ist der Dritte von ihnen mit der dritten Versuchung dran. Das heißt, er predigt darüber. Immer wieder werden Beispiele aus dem persönlichen Erleben eingeflochten, so dass der Alltagsbezug des zukünftigen Berufs-Christen gesichert scheint. Die Predigt ist komplett ausformuliert, wird aber relativ frei vorgetragen. Er zitiert auch seine Vorredner in einer Weise, dass der Gast nicht den thematischen Anschluss verliert.

Nach der Predigt folgen weitere Lieder und das Abendmahl. Endlich mal wieder Abendmahl! Das erlebe ich viel zu selten. Bei erlebt kann ich es heute wieder erleben und freue mich sehr. Parallel wird Gebet angeboten. Eine Geste des Gitarristen suggeriert mir das plötzliche Ende des Gottesdienstes. Meine Nachbarin deutet an, dass noch der übliche Abspann komme. Tatsächlich folgen die Ansagen. Verschüchtert wird eine liebevoll gestaltete Spendenbox von hinten nach vorne durch die Reihen geschoben. Es folgt der Segen.

Mit Puls 100 nach Teltow

Beim Blick auf die Handy-Uhr sehe ich "6 Nachrichten in 2 Chats". Meine Familie inklusive Omas will mich heute in der Reha-Klinik in Teltow besuchen. Es ist schon halb eins. Ich rede noch kurz mit dem echten Pastor, verabschiede mich von meinen Bekannten und hetze zum Auto.

Handy raus. Meine Frau ist nicht erreichbar. Puls steigt. Baustellen und nicht beschilderte Umleitungen treiben den Puls weiter hoch. Die Zeit läuft. Puls steigt. 13:29 Uhr stelle ich den Wagen vor der Klinik ab und stürze in den Essenssaal. Es wird gerade aufgeräumt. "Sauerbraten ist alle, aber wir haben noch Cordon bleu", sagt mir die Dame im weißen Kittel. OK, passt zwar nicht zum Diätplan, ist aber lecker. Auf dem Zimmer messe ich den Puls: 100.