Freitag, 31. März 2017

Die Salbung des Gesalbten

Vor einigen Monaten hatte ich mit einer Frau zu tun, die in jedem zweiten Satz das Wort "Salbung" verwendete. Ich stellte das auf ihre Gemeinde-Zugehörigkeit ab und konzentrierte mich auf die Sachthemen unseres Dialogs.



Das hebräische Wort für Salbung kennen wir vom "Messias", dem "Christus". Das hebräische "Maschiach" besteht aus dem Hauptstamm M-Sch-I-Ch und wird entsprechend der Grammatik mit weiteren Konsonanten und Vokalen (a, e, i, o, u) umrankt.

Meschiach Adonai

Bereits bei der Schilderung des Konfliktes zwischen Saul und David im ersten Samuel-Buch war mir aufgefallen, dass David trotz mehrfacher Gelegenheiten seinen Bedränger Saul nicht "neutralisieren" wollte. Er begründete das damit, dass er den "Meschiach Adonai", den Gesalbten des HERRN, nicht antasten werde. Besonders beeindruckend ist dabei das Kapitel 26: In vier Versen (9, 11, 16 und 23) begegnet uns die Redewendung "Gesalbter des HERRN".

Saul als Gesalbter

Schon in Kapitel 2 wird ein Gesalbter (Verse 10 und 35) erwähnt, dessen Name dem Leser zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitgeteilt wird. In Kapitel 12 Vers 3 bezieht Samuel die Salbung auf Saul und verteidigt die Vorherrschaft Gottes und seine eigene Vermittlerposition. Dabei benennt er Gott und den Meschiach als Zeugen für seine Loyalität.

Erst David bringt die starke Formulierung "Gesalbter des HERRN" ab 1.Samuel 24 Vers 7. Dort sagt er, dass er "diese Sache" seinem "Herrn, dem Gesalbten des HERRN" nicht antun werde, denn "der Gesalbte des HERRN ist er". Das zeigt den besonderen Charakter Davids, zumal er ja selbst bereits acht Kapitel vorher zum König gesalbt worden war.

Im weiteren Verlauf geht die Bibel recht sparsam mit "Meschiach Adonai" um. In 2.Samuel 1,14+16 wendet David es noch einmal auf Saul an. Im Kontext geht es um einen Amalekiter, der sich damit vor David rühmt, Saul den Todesstoß versetzt zu haben, obwohl Saul suizidal aus dem Leben geschieden war (1.Samuel 31,4).

Gesalbter des HERRN 1. Samuel 26
Gesalbter des HERRN nach 1. Samuel 26
David als Gesalbter

Es gibt nur eine Bibelstelle, in der "Meschiach Adonai" auf David bezogen wird, nämlich als einer seiner Kämpfer, Abischai, Rache an einem Verwandten Sauls nehmen möchte, der dem "Gesalbten des HERRN" geflucht hatte (2. Samuel 19, 21(22)). Abischai war es übrigens auch, der David zur ersten Vergeltung an Saul motiviert hatte. Dadurch war das erste "Gesalbter des HERRN" ausgelöst worden. Hier schließt sich der Kreis.

Jesus als Gesalbter

In den Psalmen und weiteren Texten geht es immer nur um den Meschiach, der oft auf David bezogen ist. Springen wir ins Neue Testament, gibt es noch ein einziges Mal den "Meschiach Adonai": In Lukas 2, 26 freut sich Simeon darüber, dass seine Augen den Gesalbten des HERRN sehen können. Als Jesus später seine Schüler fragt, was sie denn meinen, wer er sei, antwortet Petrus: "Meschiach Hoelohim" - "Gesalbter Gottes" (Lukas 9, 20).

Salbung in Bethanien

Vor diesem Hintergrund bekommt auch die Salbung in Bethanien (Johannes 12, 1-11) einen ganz neuen Duft. Maria, die ergänzende Schwester zu Martha, nimmt Nardenduft und "maschcha et raglei Jeschua" (salbte die Füße Jesu). Darüber empört sich Judas Isch Qriot (Judas Mensch der Städte) und empfiehlt, die Narde lieber für 300 Dinare zu verkaufen. Kurz darauf wird er selbst losgehen, und Jesus für zehn Prozent dieses Betrages verkaufen. Attraktiver Deal?

An der Salbung scheiden sich die Geister. Die Salbung bringt eine hohe Verantwortung mit sich. Jesus wird für sein temporäres Sterben gesalbt und steht anschließend als Gesalbter, als Meschiach, vor Gott. Diesmal als gesalbter Priester und König. Der oben erwähnte David war nur zum König gesalbt und hatte eine symbolische Vorreiterrolle für den späteren gesalbten König in der Doppelfunktion des Hohen Priesters.

Das lesen wir in der Apostelgeschichte (Apg 4, 26) und der Offenbarung (Off 11,15 und 12,10).

Freunde und Gesalbte

Laut Johannes 15, 15 nennt Jesus seine Leute Freunde und nicht Diener oder Mitarbeiter. Diese Beziehung kommt auch in Offenbarung 1, 6 zum Ausdruck, wo wir als Priester Gottes bezeichnet werden. In Antiochia wurden die Schüler von Jesus übrigens erstmalig "Christen" genannt (Apg 11, 26). Nun könnte man raten, was dort im Hebräischen steht: "Meschichiim" - die Gesalbten.

Witzig übrigens auch Apg 26, 28: König Agrippa ist durch die Verteidigungsrede von Paulus beeindruckt. Anschließend sagt er, dass nur noch wenig fehle und er auch noch zum Christen, zum "Meschichi", werde.

Montag, 27. März 2017

Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Die Caritas ist eine von drei Organisationen, die sich um ehrenamtliche Vormünder für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kümmert. In der letzten Woche nahmen wir an einer Informationsveranstaltung teil.



Jährlich treffen mehrere tausend Flüchtlinge in Deutschland ein, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich nicht in Begleitung ihrer Erziehungsberechtigten befinden. Die Zahlen sind rückläufig und die Herkunftsländer wechselnd.

Wer also ein christliches Mädchen aus Syrien betreuen möchte, kann alternativ auch Lotto spielen und auf die Auszahlung des Jackpots hoffen. Ein sehr hoher Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen ist männlich, kommt teilweise aus als sicher eingestuften Herkunftsländern und hat keine wirkliche Bleibeperspektive. Neben jeder Menge Traumata bringen die Minderjährigen Analphabetismus, realitätsfremde Vorstellungen und eine islamische Prägung mit. Bei Jugendlichen kommen dann noch pubertäre Anwandlungen hinzu, deren Auswirkungen schon bei einheimischen Kindern nicht immer kalkulierbar sind.

Unterschrift der Eltern

Minderjährige haben jedoch diverse Hürden zu überwinden, bei denen sie per Gesetz auf Unterschriften der Eltern oder Erziehungsberechtigten angewiesen sind. Fehlt solch eine Person, wird durch das Jugendamt ein Vormund gestellt. Eine Integration ist jedoch besser möglich, wenn ehrenamtliche Personen dieses Amt ausfüllen, zumal es mindestens einmal im Monat ein Präsenztreffen zwischen Vormund und Flüchtling geben muss.

Kleine Wohnung und die Zeit

Der Charme an der Vormundschaft besteht darin, dass der Jugendliche räumlich von der Familie getrennt lebt. So sind begrenzte Wohnverhältnisse kein Hinderungsgrund für die Übernahme einer ehrenamtlichen Vormundschaft. Die Vormünder arbeiten mit Jugendamt, Familiengericht und den Sozialarbeitern im Flüchtlingsheim Hand in Hand. Letztere übernehmen auch Termine wie Elternabende in der Schule oder ähnliches.

Dennoch sollte man sich ein gewisses Zeitbudget einplanen. Es werden tagsüber Telefonate, E-Mails oder gemeinsame Behördengänge notwendig sein, was mit dem Arbeitgeber abzustimmen ist.

Integration und Rückführung

Der Vormund hat keinen großen Einfluss auf den Bleibestatus oder eine eventuelle Rückführung seines Mündels. Der Vormund kann sein Mündel sprachlich und gesellschaftlich fördern und eventuell in eine Ausbildung vermitteln. Bildungsmaßnahmen können sich verzögernd auf eine drohende Abschiebung auswirken. Der Vormund sollte sich jedoch keine zu großen Illusionen über die Integrationswilligkeit oder Integrationsfähigkeit machen und die Erwartungslatte lieber tiefer ansetzen.

Viele der Minderjährigen wurden von ihren Eltern vorgeschickt. Sollten die Eltern dann auch in Deutschland eintreffen, geht die Vormundschaft nicht einfach automatisch zu den leiblichen Eltern über. Die Vormundschaft muss dann über das Familiengericht offiziell rückabgewickelt werden.

Geld

Ehrenamtlichen Vormündern steht eine steuerfreie Aufwandsentschädigung von knapp dreihundert Euro pro Jahr zu. Zeit, Geld und Motivation sind also mitzubringen. Der Vormund überprüft übrigens auch die Einnahmen und Ausgaben des Mündels und ist für die korrekte Verwendung von beispielsweise Möbel-Zuschüssen verantwortlich. Die Haftung des Vormundes für den jungen Flüchtling ist durch eine Haftpflicht der Familiengerichte abgedeckt, wobei hier genau geschaut werden sollte, welche Situationen konkret versichert sind.

Vernetzung

Ehrenamtliche Vormünder stehen nicht alleine. Es gibt themenbezogene Netzwerke, in denen ein reger Austausch stattfindet. Als Dach fungiert unter anderem die Caritas, bei der wir diese Informationsveranstaltung besucht hatten. Das sehr gut besuchte Treffen dauerte keine zwei Stunden. Der nächste Schritt ist ein psychologisches Einzelgespräch, in dem die Eignung und die Motivation des potenziellen Vormundes geklärt wird. Es müssen physische und psychische Ressourcen für diese Tätigkeit zur Verfügung stehen. Mal eben nebenbei Vormund machen geht nicht.

Hut ab vor jedem, der sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe stellt und damit einen aktiven Beitrag zur Integration in unsere Gesellschaft leistet. Als Deutsche gehen wir dabei voran. Laut Caritas gibt es bisher keine muslimischen Initiativen der ehrenamtlichen Vormundschaft. Die Kluft zwischen den islamischen Gruppierungen spielt dabei auch eine Rolle.

Freitag, 24. März 2017

Dynamissio - missionarischer Gemeindekongress 2017

Dynamissio versteht sich als missionarischer Gemeindekongress. Der dreitägige Kongress ist aber weit mehr. Dynamissio endet am Samstag mit einem gemeinsamen Gottesdienst inklusive Abendmahl. Heute hatte ich die Ausstellung im Velodrom besucht.



Der Außenbereich des Velodroms hat den Charme der Unterwelt des Flughafens Tempelhof. Nackter unbehandelter Beton, undefinierbare Zugänge zum Innenbereich, Sichtachsen wie im Schießstand des "Planeten der Affen". Vögel zwitscherten. Die Sonne tauchte den breiten Eingangsbereich in ein angenehmes Licht.

Durch einen nüchternen Gang und um mehreren Abzweigungen gelangte ich schließlich in einen Saal mit unzähligen Messeständen. Zur Internetmission Berlin musste ich mich durchfragen und fand sie tatsächlich in der äußersten Ecke. Der Projektleiter hatte systematisch die Standbetreuer anderer Organisationen abgezogen und zum Stellplatz A25 geholt. Dort liefen die Kneipenvideos, die den Glauben auf berlinerisch erklären.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Mission ganz groß geschrieben
Seminare, Foren, Projekte

Im Saal war kaum etwas los. Die meisten Teilnehmer hatten sich in Berlin verteilt, um Seminaren oder Foren beizuwohnen oder gar eines der knapp vierzig Projekte kennen zu lernen. Die Seminare bewegten Themen wie "Digitale Kirche", "missionaler Lebensstil", "Kommunikation statt Konfrontation", "Kids first!" und andere sehr vielseitige Interessensgebiete.

Die Foren waren in Evangelium, Gemeinde und Politik + Kultur eingeteilt. Die Besetzung war hochkarätig. Es referierten beispielsweise Volker Kauder MdB zur Religionsfreiheit oder Volker Beck MdB zur Rolle der Kirche in einer multireligiösen Gesellschaft.

Vernetzung und Flyer

Vernetzung auf höchstem Niveau während der Veranstaltungen und beim Durchlaufen der Messestände. CVJM, Gideon, Bibellesebund, FEG, World Vision, ERF, Campus für Christus, Juden für Jesus und Open Doors waren nur einige der Organisationen, die in trauter Einheit ihre Spezifika präsentierten. Überall gab es Goody Bags, Kugelschreiber, Bonbons, Bücher und Flyer. Flyer ohne Ende. Dankend lehnte ich viele der Flyer und Kugelschreiber ab. Ich gab mehrere Visitenkarten heraus und wunderte mich, dass kaum jemand eine personalisierte Karte dabei hatte.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Projekte stellen sich vor
Dynamik und Mission

Dynamissio ist ein schönes Wortspiel aus Dynamik und Mission. Eine Kombination, die in deutschen Gemeinden nur partiell abgedeckt wird. Die Zuständigkeit für Mission wird regelmäßig an übergemeindliche Organisationen delegiert. Gut, wenn diese Organisationen dann auch keine Mitarbeiter oder finanzielle Ressourcen aus der Ortsgemeinde abziehen. Dynamik hat etwas mit Vorwärtsentwicklung zu tun und kann gelegentlich Geschwindigkeiten annehmen, die den bisherigen Lenker einer Gemeinde überfordern.

Dynamissio vereint Christen mit dem gleichen Ziel, nämlich Menschen für Jesus zu begeistern. Die Wege zum Ziel sind vielgestaltig und setzen an unterschiedlichen Etappen des Glaubenslebens und bei differenzierten Lebenssituationen an: Missionsschiffe im Indischen Ozean, sprechende Stifte in Kinderbüchern, kostenlose Bibeln für Hotelgäste, Bibelschulen für reifende Christen, Vermittlung christlicher Fachkräfte in schwer zugängliche Länder, Leitungskurse für Ortsgemeinden, Hilfe für verfolgte Christen, Materialien für Hauskreise, missionarische Aktionen für Studenten und vieles mehr.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Betet für die Menschen in Nordkorea!
Besonders bewegend war der Stand von Open Doors, der den Besucher greifbar in das Szenario nordkoreanischer Arbeitslager integrierte. An den Wänden waren Berichte von Häftlingen, die bis zum Tod an Jesus festgehalten hatten und damit auch ein Umdenken bei ihren Wärtern anstoßen konnten.

Ein beachtenswerter Fokus lag auch auf den Basics der Beziehung zu Jesus, dem Bibellesen. So gab es Bibelkurse, Bibeln in unterschiedlichen Übersetzungen, Bibeln mit Bildern, Bibeln als Film oder Bibeltexte als Comic.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Basiswissen aus der Bibel
Christen unter sich

Bei all den Programmen und Angeboten auf dem Dynamissio-Kongress blieben die Anbieter unter sich. Die Zielgruppe der Noch-Nicht-Christen hätte sich hier sicher wohl gefühlt, stand aber nicht im Fokus der Kongress-Teilnahme. Die geballte Ladung missionarischer Organisationen zeigte, dass der jeweilige Akteur nicht allein auf weiter Flur steht.

Letzteres ist übrigens auch ein Phänomen, das uns bei der gemeindlichen Wahrnehmung in Berlin aufgefallen ist. Wer Sonntag für Sonntag in dieselbe Gemeinde geht, übersieht irgendwann das reichhaltige christliche Leben in der Stadt. Dabei finden oft im Umkreis von wenigen hundert Metern mehrere Gottesdienste gleichzeitig statt. Der Blick über den Tellerrand ist gut und hilfreich. Dynamissio ist ein Blick über den Tellerrand. Nicht nur zu den Gleichgesinnten, sondern auch zu Freunden und Bekannten, die Jesus noch nicht kennen.

Sonntag, 19. März 2017

Webinar mit Alexander Garth

Die Internetmission Berlin übt sich in der breiten Nutzung multimedialer Technologien wie YouTube, Facebook, Blogger, Widgets oder Webinaren. Heute fand das zweite Webinar mit Pfarrer Alexander Garth statt.



Vorab: Alexander Garth hat nichts mit dem gleichklingenden Haarstudio und dessen vielfach parodierter Werbung zu tun. Alexander Garth ist multifunktionaler Theologe, Buchautor und Pfarrer. In Berlin wurde er durch Gründung und Leitung der JKB Lichtenberg bekannt. Ein Gemeinde-Derivat der Stadtmission, welches in Berlin-Hellersdorf seinen Anfang nahm.

Im heutigen Webinar der Internetmission Berlin ging es um das Thema "Kein Krieg ist heilig". Das Thema wird in der Gesellschaft und anderen religiösen Zusammenhängen durchaus differenziert betrachtet. Deshalb war die klare Überschrift des Webinars bereits eine Provokation, die zur Teilnahme anregen sollte.

Familien-Event

Wir hatten das Webinar als Familien-Event eingeplant. Es begann pünktlich um 19:00 Uhr und wurde live aus der CKB, der City Kirche Berlin, übertragen. Normalerweise steht Volkhardt Spitzer dort vor der Kamera und transferiert seine Botschaft in die Wohnzimmer Deutschlands, Europas und Asiens.

Die bekannten Grünpflanzen hinter dem transparenten Pult fehlten. Blaue Wände des Innenraums, blaues Rollup der Internetmission Berlin, blaues Sakko, blaues Hemd und blaue Brille stellten ein farbharmonisches Ensemble für das etwa 40-minütige Webinar dar. Auch die Bildaufteilung war gelungen. Alexander Garth stand links, mittig blickte der Zuschauer auf den Altarbereich mit Kreuz und rechts auf das Rollup mit der Aufschrift "Alle sind online, Gott auch".

Pfarrer aus Wittenberg

Der Pfarrer aus Wittenberg machte zunächst einen Exkurs durch das Alte Testament mit Hauptaugenmerk auf die Vernichtung von Städten wie Jericho. Dann ging er zum Neuen Testament über und erklärte die Sicht durch die ergänzenden Anweisungen Jesu. "Ich aber sage euch", verschärfte Jesus in der Bergpredigt bekannte Gesetze aus dem Alten Testament, indem er sie in Richtung eines respekt- und liebevollen Umgangs miteinander nachjustierte.

Einen großen Teil des Webinars nahmen Jesus und seine Aussagen zur Liebe gegenüber Gott und der Liebe zum Mitmenschen ein.

Fragen aus dem Publikum

Die letzte Viertelstunde stand für Fragen aus dem virtuellen Publikum zur Verfügung. Viele Fragen drehten sich um Martin Luther, islamistischen Terrorismus und mögliche Gewaltanwendung im Kontext von Selbstverteidigung und wehrhafter Demokratie. Das Webinar enthielt ferner eine Umfrage, die live kommentiert wurde. Abschließend wurden die Teilnehmer um ein kurzes Feedback zum allgemeinen Eindruck und der Webinar-Länge gebeten.

Mehrwert eines Webinars

Wegen unserer heutigen Terminhäufung hatte meine Frau direkt vor dem Webinar ihre Haare mit "Coloration Creme sans Ammoniaque" von L'ORÉAL einpinseln lassen. Das Timing war so gut, dass sie unmittelbar danach die Farbe ausspülen konnte. das wäre bei einem Präsenztermin an einer zentralen Location nicht möglich gewesen.

Donnerstag, 16. März 2017

Gebet mittwochs 12:45 Uhr

Seitdem ich ein WhatsApp-fähiges Smartphone habe, hat sich der eigentliche Zweck des Telefonierens auf ein Minimum reduziert. Dafür nutze ich andere Features wie die Erinnerung an gemeinsame Gebetszeiten per Handywecker.



Die Internetmission Berlin stellt einige Herausforderungen an die Wecker-Konfiguration. Es beginnt damit, dass das gemeinsame Gebet per Telefonkonferenz vierzehntägig stattfindet. Mittwochs. Mittwoch kann ich einstellen, 12:45 Uhr kann ich einstellen, aber nicht vierzehntägig. Meine Frau machte schon den Vorschlag, den Kalender mit allen vierzehntägigen Gebetsterminen zu befüllen und mit einem Alarm zu verbinden. Das war mir zu aufwendig, so dass ich kurzerhand den Wecker auf jeden Mittwoch 12:45 Uhr eingestellt habe.

Zwölf Uhr mittags ...

Mittwoch 12:45 Uhr ist so eine Zeit, die mitten in der Woche und damit auch mitten im Tagesgeschäft liegt. Es soll Arbeitnehmer geben, deren feste Mittagspausen genau diese Zeit überspannen. Ich gehöre nicht dazu. Deshalb ereilt mich der Weckruf gelegentlich in Situationen der freien Wildbahn, die gar nicht so auf konzertiertes Gebet ausgelegt sind.

Letzte Woche beispielsweise auf der Rückfahrt von einem Auswärtstermin. Erst kurz vor der Siegessäule vernahm ich den seichten Klang des Weckers, der fast eine Stunde von der lauten Musik im Auto übertönt worden war. Im Kreisverkehr und bei der Zufahrt auf das Brandenburger Tor konnte ich dann verkehrsbedingt einige Gebetsfragmente abgeben. Da mich die hartnäckige Erinnerungsfunktion des Handyweckers im Zusammenspiel mit dem Klangteppich im Fahrzeug beschäftigte, ergab es sich fast automatisch, dass ich immer wieder das Gebet aufgriff.

Gestern meldete sich der Wecker, als Ursula von der Leyen zusammen mit ihren Amtskollegen aus Österreich und der Schweiz zwei Kränze niedergelegt hatte und gerade das Ehrenmal der Bundeswehr verlassen wollte. Kurzes Gebet, Hektik, Wecker aus, Fassung bewahren, Gebet und Begleitung der Ministerin zum Hauptgebäude, Gebet, Abfahrt, Ampel, Gebet.

Konzertiertes Gebet

Gelegentlich passt es sogar, dass ich beim Erschallen des Weckers im Büro sitze, der vierzehntägige Mittwoch auf dem Kalender steht und ich tatsächlich zum Telefon greifen und mich in den Konferenzraum einwählen kann. Gebet ab zwei Personen hat noch einmal eine ganz andere Dimension - siehe Matthäus 18, 19-20.

In diesem Sinne können die Zeiten auch nach Bibelstellen festgelegt werden. Ein Hauskreis könnte beispielsweise den Wecker auf Mittwoch 18:19 Uhr stellen. Mittwoch enthält die Buchstaben M und T wie Mt und 18:19 Uhr erinnert an Kapitel 18 Vers 19. Einige Pastoren haben ihren Weckruf auf 10:02 Uhr eingestellt. Das bezieht sich auf Lukas 10 Vers 2 und regt das Gebet für Mitarbeiter an. Während der Originalkontext das überregionale Reich Gottes im Blick hatte, geht es bei heutigen Pastoralgebeten wohl eher um Helfer für die Ortsgemeinde. Wem die Transformation durch Beziehungsaufbau mit Jesus am Herzen liegt, könnte den Wecker auf 19:10 Uhr stellen und damit in Bezug zu Lukas 19,10 treten.

Frühgebet

Ganz harte Beter könnten den Wecker sogar auf 3:16 Uhr stellen und sich mitten in der Nacht an das nächtliche Treffen von Jesus mit Nikodemus erinnern, wo der vielzitierte Satz Johannes 3 Vers 16 "So sehr hat Gott die Welt geliebt..." fällt.

Apropos Nacht: aus eigener Erfahrung mit mehrmonatigem Frühgebet weiß ich, dass im Halbschlaf eine sehr gute Kommunikation mit Gott möglich ist. Im morgendlichen Delirium hört man viel besser, was Gott zu sagen hat, da die eigenen Gebetsmonologe noch nicht so flüssig über die Lippen gehen.

Dienstag, 14. März 2017

Aus Neid überantwortet - Matthäus 27, 18

Neid ist ein Thema, das uns in der Bibel regelmäßig begegnet und letztlich zur Auslieferung von Jesus an Pilatus führte. Neid ist ein urmenschliches Verhaltensmuster, das leider auch nicht vor den Türen christlicher Gemeinden Halt macht.



Bereits der erste Mord der Bibel war durch Neid motiviert (Gen 4, 5-7). Weiter geht es mit den Palästinensern, die dem ertragreichen Isaak aus Neid sämtliche Brunnen zuschütteten (Gen 26, 12-33). Übrigens der Start des bis heute andauernden Konfliktes in dieser Region. Es folgte Laban, der den Erfolg seines Schwiegersohnes Jakob nicht ertragen konnte (Gen 30, 25 bis Gen 31). Josef wurde von seinen Brüdern beneidet und als Sklave nach Ägypten verkauft (Gen 37).

Der erste König Israels, Saul, beneidete David für seine militärischen Erfolge und verfolgte ihn über viele Kapitel des ersten Samuel-Buches. Daniel wurde von Hofbeamten beneidet und mit juristischen Tricks in Lebensgefahr gebracht.

Aus Neid überantwortet

In Matthäus 27, 18 und Markus 15, 10 lesen wir, dass Pilatus wusste, dass ihm Jesus aus Neid durch die jüdische Klerikal-Elite überantwortet wurde. Der damit verbundene Hass ging so weit, dass sich die Volksmenge in Matthäus 27, 25 zum Ausruf hinreißen ließ: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder", nachdem sich Pilatus zuvor demonstrativ die Hände gewaschen hatte.

Anhand der oben genannten Beispiele wird deutlich, dass Neid keineswegs rein materiell gepolt ist. Die Palästinenser und der Syrer Laban waren so ziemlich die einzigen, die selbst gerne diesen materiellen Erfolg gehabt hätten. Bei Saul, Kain oder den Herrschaften um den Hohen Priester Kajaphas ging es um Macht, Einfluss und Anerkennung.

Wahre Freunde

Als wir vor elf Jahren mit dem ersten BMW 7er vor die Gemeinde rollten, gratulierte mir der damalige Pastor zum beruflichen Erfolg. Da unsere Kleinkinder bei Mahlzeiten gerne den Tisch in Schwingung brachten, hatten wir uns angewöhnt, Tassen immer nur halb zu befüllen. Angesichts des Autos, Hochzeitstag in New York und halb gefüllter Kaffeetassen verabschiedeten sich die ersten Bekannten, rechneten unsere vermeintlichen Vermögenswerte aus und beschwerten sich bei der gemeinsamen Babysitterin über die geizige Familie, mit der sie nichts mehr zu tun haben wollten.

Auch in der Gemeinde tauchten Worte wie "Bonze" und "Angeber" auf. Der nächste Pastor stammte aus der westdeutschen Provinz und wollte unbedingt wissen, ob ich denn früher auch Trabi gefahren sei. Nein, nur Golf und ähnliches von meinen Freunden aus Westberlin. Entsprechend irritiert war er bei der Anschaffung des nächsten Siebeners mit V8-Maschine.

Facetten des Neides

Er wurde von einem Mann abgelöst, der sich über einen asketischen Lebensstil definierte und wenig Wert auf die Äußerlichkeiten seiner Bezugspersonen legte. Der Zehnte, die Finanzierung von Räumlichkeiten und sonstige Bezuschussungen wurden gerne angenommen. Allerdings konnte er es kaum ertragen, wenn jemand regelmäßig von seinen Erlebnissen mit Jesus erzählte oder Bibelstellen zitierte, die in den vorangegangenen Tagen für Begeisterung gesorgt hatten. Eine nachhaltige Streichung vom Predigtplan war Bestandteil der Gegenmaßnahmen.

Dabei erzählte ich fast nur von Alltagsbegebenheiten, die meine Beziehung zu Jesus tangierten. Über Episoden wie die laut im Schritt aufgerissene Hose bei einem Pressetermin im Schloss Bellevue, terminologisches Fachsimpeln mit Florian Langenscheidt zum gleichnamigen Wörterbuch, Süppchen mit der Kanzlerin, Parken vor der Britischen Botschaft oder Durchwandern der Katakomben des Bundestages sprach ich, wenn überhaupt, nur noch im engsten Familienkreis oder bei geschäftlichen Anlässen.

Die zwei Kilometer zur Gemeinde absolvierte ich fast nur noch zu Fuß und staunte über die dringend notwendige Gewichtsreduzierung. Mit der dunklen Limousine fuhr ich selten vor, freute mich dann aber umso mehr, wenn sie im beruflichen Umfeld den entsprechenden Zweck erfüllte.

Warum keine Ente?

Ein bekannter Unternehmer aus der christlichen Szene Berlins musste sich bei verschiedenen Anlässen für seine S-Klasse rechtfertigen. Studenten fragten ihn in einem Seminar, warum er nicht "Ente" (Citroen 2CV) fahre. Ich hörte aufmerksam zu und fand seine Antwort plausibel. Was im Gemeindeumfeld beneidet wird, dient im beruflichen Kontext als Arbeitsmittel und Ausdruck von Kompetenz. Ähnlich verhält es sich mit Kleidung. Es ist immer wieder festzustellen, dass Kleidung teilweise ungefragt Türen öffnet, die beispielsweise mit einer anderen Jacke verschlossen geblieben wären.

Vor einigen Jahren besuchten wir eine Gemeinde im hohen Norden Deutschlands. Der Gemeindesaal hatte eine große Fensterfläche, so dass wir kurz nach Beginn des Gottesdienstes das Eintreffen eines BMW der X-Serie beobachten konnten. Ihm entstieg eine Familie, die auch ohne dieses Fahrzeug wie eine Unternehmerfamilie gewirkt hätte. Sie schlichen in den Saal und der Gottesdienst nahm seinen Lauf. Anschließend war es genau dieser Familienvater, der freundlich auf uns zukam. Auch er hatte relativ einsam, fast wie ein Fremdkörper, im Gewühl der Besucher gestanden.

Matthäus und Zachäus in der Gemeinde

Wie wird es wohl den Zollbeamten Matthäus (Mt 9, 9-13) oder Zachäus (Lk 19, 1-10) in der Folge ergangen sein? Sie fügten sich nach ihrer Entscheidung für Jesus in eine sehr heterogene Gruppe von Christen ein, mit denen sie und diese mit ihnen klar kommen mussten. Es war an ihnen, mit den anvertrauten Mitteln das Reich Gottes zu bauen. Sie hatten die materiellen Möglichkeiten und das Wissen, damit effizient umzugehen. Andere hatten ergänzende Fähigkeiten.

Es ist erstaunlich, wie viele Beispiele Jesus aus dem Berufsleben aufgreift. Investition und Effizienz spielen dabei eine besondere Rolle.

So stolpert man gelegentlich über Verse wie Lukas 19, 25. Nachdem im Textzusammenhang mehrere Mitarbeiter mit dem anvertrauten Geld gewirtschaftet und unterschiedlich hohe Renditen erzielt hatten, ging es um die Handhabung des einen Mitarbeiters, der das anvertraute Geld einfach nur versteckt hatte. Dieses Geld sollte dem Mann gegeben werden, der das Budget verzehnfacht hatte. "Er hat doch schon zehn", war die Reaktion der Kollegen. Das zeigt jedoch ihre eingeschränkte Sicht auf das materielle Potenzial. Die Fähigkeiten des Kollegen spielten in der Betrachtung keine Rolle. Neid? Es fehlte der Blick für die unternehmerischen Gesamtzusammenhänge. Der Chef jedoch wusste, dass durch clevere Reinvestition aus elf eine hundertzehn werden kann.

Sonntag, 12. März 2017

Equippers Berlin

Die "Equippers" möchten laut ihrer Webseite "Menschen durch den Glauben an Jesus Christus für das Leben ausrüsten". Heute besuchten wir die "Ausrüster", neudeutsch "Equippers", in der Blissestraße.



Equipment ist immer gut. Bands beschäftigen Rowdies zum Verlagern ihres Equipmets. Seminarleiter haben Equipment in Form von Laserpointern dabei. Überlebenstrainer führen als Equipment ein Zelt mit. Designer klappen frutarische Notebooks als kompetenzstärkendes Equipment auf. Handelsvertreter nach HGB §84 haben Kugelschreiber als Equipment im Sakko. Pastoren legen Bibeln als berufstypisches Equipment auf dem Bühnenequipment ab.

City-Gemeinde im Geschäftshaus

Das erste Equipment, das uns auf die Ausrüster in der Blissestraße hinwies, war eine rote Strandflagge, im Katalog "Beachflag" genannt, mit der Aufschrift "Equippers". Diese war auch mit Gleitsichtbrille besser als die Hausnummer 2 zu erkennen. Direkt hinter dem Eingang war das Haus mit einem Elevator, zu deutsch Fahrstuhl, equippt, so dass der Aufstieg in die vierte Etage des Geschäftshauses für Besucher jeden Alters erleichtert wurde.

Vor dem Fahrstuhl stand ein mit rotem Badge ausgerüsteter Mitarbeiter und lotste die Gäste zum Gottesdienst. Die Willkommenskultur war beispielhaft. Von mehreren Leuten wurden wir proaktiv begrüßt und gefragt, ob wir das erste Mal zu Gast seien. Man empfahl uns die Ausrüstung mit einem Kaffee und wünschte uns eine gute Zeit im Dachgeschoss gegenüber des ehemaligen Domizils der Philippinischen Botschaft.

Echte Band

Wenn eine Lobpreisband die Bezeichnung Band verdient, dann die Band der Equippers. Unmittelbar nach pünktlichem Ablauf des Countdowns rockten sie los. Neben zwei Sängerinnen und einem Sänger waren vier weitere Musiker aktiv, die die Equipments E-Gitarre, Bass-Gitarre, Konzertgitarre, Keyboard und Schlagzeug bedienten. Es wurde weitestgehend deutsch gesungen, wobei ich keines der Lieder kannte.

Pastor Jürgen Eisen begrüßte die Gemeinde und übergab den Predigtteil an zwei Mittzwanziger, die gerade in der Pastorenausbildung stehen. Für Daniel und Elisa wurde zunächst eine große Leiter auf der Bühne platziert. Ein spannendes Equipment, mit dem man auch den Beamer oder die Spots an der Decke hätte reparieren können.

Leiterschaft mit Daniel, Elisa und Ruth

Mit Daniel und Elisa waren nicht zwei meiner Lieblingspropheten aus dem Alten Testamentes gemeint, sondern zwei frische Theologiestudenten. Sie predigten über das Buch Ruth mit dem besonderen Fokus auf Entscheidungen. Entscheidungen, die gravierende Konsequenzen haben können und aus Logik oder aus dem Herzen heraus getroffen werden. Von Ruth wissen wir, dass ihre Entscheidung als richtig reüssiert hatte. Ihre Schwägerin hatte sich für die logische und bodenständige Variante entschieden und war damit aus der biblischen Berichterstattung verschwunden.

Trotz ihres zarten Alters schöpften die beiden Referenten aus ihrem persönlichen Erleben in Bezug auf Entscheidungen und brachten das Thema anhand mehrerer Verse des Ruth-Buches didaktisch gut auf den Punkt. Während Daniel mutig die Stufen der Aluleiter erklomm, ersparte sich Elisa diesen sportlichen Akt. Sie hat als Frau schon genug Herausforderungen in ihrem Seminar, das traditionell eher von Männern frequentiert wird.

Gebet und Entscheidung

Zum Ausklang der Predigt ging es ans Eingemachte. Ein Aufruf zum Gebet und die Frage in die Runde, wer denn aktuell vor wichtigen Entscheidungen stehe. Man wolle konkret für die Person und das Anliegen beten. Die Karten mit der Aufschrift "GEBET" waren mir schon am Infotisch aufgefallen. Dass Gebet groß geschrieben ist, merkten wir an vielen Stellen des Gottesdienstes. Praktische Ausrüstung für den Alltag als Christ.

Am Ende sprach uns Jürgen Eisen an und ließ uns vom Equipment zur Nostalgie umschwenken. Mit Jürgen Eisen hatte ich vor knapp dreißig Jahren im Rahmen der Jugendleitung zu tun. Letzte Woche waren wir im Süden Berlins unterwegs und kamen dabei an seiner alten Heimat vorbei. Witzig, dass wir ihn ausgerechnet wenige Tage später als Pastor einer City-Gemeinde treffen. Hintergrund der Equippers ist der BFP Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, dem auch die ChristusKirche in Mitte angehört.

Gemeinde sucht Raum

Etwa 150 Gottesdienstbesucher hatten wir gezählt. Der Raum war randvoll und bot keine wirklichen Erweiterungsmöglichkeiten. Wie wir erfuhren, gehören der Gemeinde jedoch knapp doppelt so viele Menschen an, die sich in Gesamtheit gelegentlich Open Air oder in einem eigens dafür angemieteten Kinosaal treffen. Den Altersdurchschnitt schätzen wir auf Mitte dreißig. Jürgen Eisen sagte uns, dass die Gemeinde aktiv nach größeren Räumen suche.

Bei Verlassen der Location wässerte ein Familienmitglied noch das Equipment eines Mitarbeiters mit dem Tee meiner Tochter. Angebissener Apfel und Feuchtigkeit konnten durch den exzessiven Einsatz von Papier bereinigt werden. Auch in dieser Hinsicht war die Gemeinde gut ausgerüstet.

Nostalgie

Anschließend kehrten wir zu sechst bei einem Vietnamesen in der Berliner Straße ein und tauschten uns über den Gottesdienst aus. Neben Jürgen Eisen gab es weitere nostalgische Punkte. Bei Stempel-Kaiser in der Brandenburgischen Straße hatte meine Frau als Schülerin ihr Taschengeld aufgebessert und in der benachbarten Auenkirche hatten wir vor zweiundzwanzig Jahren unsere Hochzeit gefeiert.

Dienstag, 7. März 2017

Rennst du noch oder lebst du schon?

Wenn ich einen bestimmten Terminus innerhalb der Familie verwende, denken alle sofort an ein skandinavisches Möbelhaus in unserer Nähe. Birgit Sych hat deren Werbeslogan als treffenden Titel für ein Buch über Zeit umformuliert.



Die eine Kundenrezension bei Amazon mit nur zwei Sternen deutet auf das Buch einer gelangweilten Hausfrau für gelangweilte Hausfrauen hin. Davon muss es in Deutschland sehr viele geben, da das Buch "Rennst du noch oder lebst du schon?" seit 2005 bereits in der siebten Auflage erschienen ist.

Rennst du noch oder lebst du schon - Birgit Sych
Die siebzig Seiten über Zeit und den sinnvollen Umgang damit sind leichte Kost, die in relativ kurzer Zeit aufgenommen und verdaut werden kann. Das Buch eignet sich gut zur Vorbereitung von Andachten und gibt Denkanstöße für verschiedene Lebenssituationen.

Birgit Sych geht auf die unterschiedliche Handhabung der Zeit in unterschiedlichen gesellschaftlichen und ethnischen Kontexten ein, arbeitet ein klares Wohlstandsgefälle bei Be- und Entschleunigung heraus und redet über den Wert von Pausen.

Als Eheberaterin bringt sie viele Beispiele aus dem eigenen Familienalltag ein. Die Powerfrau im Lehramt rast selbst wie aufgedreht durch das Leben und kann ein Ausbremsen nur schwer ertragen. Von ihrem Mann wird sie deshalb liebevoll als "Stressperle" bezeichnet. Er trägt es mit Ruhe und Fassung. Die Autorin steht also selbst in der ständigen Herausforderung, ihren Tagesablauf zu entschleunigen und Momente des Innehaltens zu genießen.

Sie gibt Tipps für den Umgang mit Telefonanrufen während des Abendbrotes, redet über das Delegieren von Aufgaben, über Multitasking und das unpopuläre Nein-Sagen.

Interessant fand ich den deutlichen Vergleich von Zeit und Geld. Zeit könne man verschwenden, gewinnen, sparen, verlieren oder verschenken. Für das Lesen des Buches hatte ich in Summe etwa zwei Stunden investiert.

Samstag, 4. März 2017

Essen gehen nach der Hochzeit - Johannes 2, 17

Beim wiederholten Lesen des Neuen Testamentes kam ich gerade bei Johannes 2 vorbei. Erstmalig fiel mir dabei auf, dass Jesus nach der Hochzeit zu Kana noch Essen gegangen war. Gab es in Kana nur Wasser und Wein?



Aus dem Stegreif hätte ich nicht beantworten können, welche Begebenheit zwischen der Hochzeit zu Kana in Johannes 2 und der Begegnung mit Nikodemus in Johannes 3 berichtet wird.

Das nächtliche Treffen mit Nikodemus ist deshalb so bekannt, weil darin der Schlüsselsatz Johannes 3 Vers 16, "So sehr hat Gott die Welt geliebt ...", steht. Die Hochzeit zu Kana haftet gut im Gedächtnis, weil darüber regelmäßig gepredigt wird. Jesus vollbringt dort sein erstes Wunder und macht Wasser zu Wein. Letzteres dient als willkommenes Argument, wenn in Gemeindeleitungen über Traubensaft versus Rotwein beim Abendmahl diskutiert wird.

Aber was steht zwischen diesen beiden Texten?

Jesus geht mit seinen Schülern zum Passah-Fest nach Jerusalem. Das nächste Fest. Im Tempel sieht er die Verkäufer von Tauben und anderen Artikeln sowie die Geldwechsler. Er baut sich eine Peitsche und treibt die Händler und Banker aus dem Tempel. In Matthäus 21, Markus 11 und Lukas 19 erinnert er daran, dass der Tempel ein Haus des Gebetes sei und vergleicht die aktuelle Erscheinungsform mit einer Räuberhöhle (speluncam latronum).

Gebet in der Räuberhöhle

In Johannes 2 fehlt der Hinweis auf das Gebetshaus und auch die Räuberhöhle wird nicht genannt. Dafür vergleicht Jesus den aktuelle Zustand mit einem Geschäftshaus. Ein Geschäftshaus, das in der Wortbedeutung über das normalerweise verwendete "Kaufhaus" hinausgeht. Hier spielt sich nicht nur B2C (Business to Consumer) ab, sondern auch B2B (Business to Business). Sofort stehen Bilder von Messen wie der Grünen Woche oder Kongressen der Versicherungswirtschaft vor Augen. Buntes Treiben, Seminare, Vorträge, prall gefüllte Goody Bags, gehobener Geräuschpegel und Werbe-Rollups.

Und nun stelle man sich Jesus mit einer selbst gebastelten Peitsche vor.

Heute hätte er sicher die Schlüsselbänder seiner Begleiter eingesammelt, diese zusammengeknotet und die metallischen Karabiner zur Aufnahme der "Badges" (Eintrittskarten mit Name und QR-Code) als Endstücken zur Zerstörung der Rollups verwendet. Rollups kippen, Goody Bags fliegen durch den Raum, Kugelschreiber purzeln auf den Boden. Ein Standbetreuer fällt in einen Berg von Plüschbären mit Werbeaufschrift. Eine Kaffeetasse zerschellt auf dem Boden und beschmutzt den Anzug eines Besuchers. Soweit das Szenario, bis die Ordnungshüter der Zerstörung Einhalt gebieten.

Nach seinem ersten Wunder räumt Jesus erst einmal auf. In Vers 17 des zweiten Johannes-Kapitels wird diese Aktion mit Psalm 96,10 begründet, worin es heißt: "Der Eifer um dein Haus verzehrt mich". Diesen Satz haben wir sicher auch schon oft in Predigten gehört oder bei Menge, Schlachter und Elberfelder gelesen. Der revidierte Luther übersetzt: "Der Eifer um dein Haus wird mich fressen". Eifer, Verzehren und Fressen sind Worte, die im gesprochenen Text des 21. Jahrhunderts nur noch selten vorkommen. Der "Verzehr von selbst mitgebrachten Lebensmitteln" ist zwar in einigen Restaurants untersagt oder jemand der keine Ahnung hat, soll nach Dieter Nuhr "einfach mal: Fresse halten". Ansonsten sollte sich eine Bibelübersetzung aber der aktuellen Verbalkommunikation anpassen. Die Volxbibel trifft mit ihrer zielgruppenorientierten Übersetzung "Die Leidenschaft für deine Hütte brennt in mir" ebenfalls den Sinn hinter der Aussage.

Eifersucht und Fanatismus

Gestolpert war ich über Vers 17, weil im Neuhebräischen das Wort für Essen verwendet wurde. Das hebräische "achal" kann aber auch "verzehren", "wegätzen" oder "verbrennen" bedeuten. Feuer verzehrt ja auch das Brennmaterial. Gerade an dieser Stelle wird deutlich, dass die Volxbibel einen sprachlichen Weg geht, der durchaus mit Urtext und Bedeutung harmoniert.

Das lateinische "comedere" bringt an dieser Stelle noch ein gewisses Maß an Genuss mit. Es kann mit "aufessen" oder "verprassen" übersetzt werden. Aber wer verprasst hier wen?

Jesus wird durch "Leidenschaft verzehrt". Eine Formulierung, die in Liebesschnulzen verwendet wird. Im hebräischen lesen wir von "qinath", was einen starken Akzent auf "Eifersucht" hat. Nachgelagert sind Bedeutungen wie "Eifer" und "Fanatismus". Der Lateiner spricht von "Zelus", was mit den neutestamentlichen Zeloten einhergeht und die stark politisierte Richtung von Eifer und Fanatismus bedient.

Eifer für ein Haus?

Beim zehnjährigen Jubiläum der Evangelischen Kirchengemeinde Marzahn/Nord hatten wir eine interessante Erfahrung gemacht. Dieses Haus war das letzte Kirchengebäude, dessen Grundstein vor Ende des Experimentes eines altruistischen Staates mit der Abkürzung DDR gelegt wurde. Während des Festaktes wurden alle Pastoren auf die Bühne gebeten, die die Gemeinde in den letzten zehn Jahren begleitet hatten. Sie wurden chronologisch sortiert und um einige Worte zu ihrer Zeit in Marzahn gebeten.

Bei den ersten Männern spürte man noch den Pioniergeist. Sie gingen durch die Hochhäuser und klingelten an den Türen. So manch ein Mieter mit Gehaltsbezügen aus dem Ministerium für Staatssicherheit öffnete und holte die Geistlichen hinter die gedämmte Eingangstür seiner Neubauwohnung. Das war eine spannende Zeit für die Gemeinde. Hauskreise entstanden und der übergangsweise Bedarf an Räumen wurde durch die benachbarte Katholische Kirche gestillt.

Je größer und fertiger jedoch das Gebäude wurde, umso stärker verschob sich der Fokus der Pfarrer vom Leben zum Haus. Es ging um den Architekten, die Gestaltung der Wände und den Altarbereich. Den Ausklang bildete ein Besucher, der entrüstet aufstand und in den Saal rief: "Es gibt noch zwei Hauskreise".

Kapelle versus Gemeinde

Insbesondere bei Baptisten hört man die antiquierte Formel "Wir gehen zur Kapelle". Eine gruselige Formulierung, an deren Optimierung ich schon bei meinen Eltern gescheitert war. "Wir gehen zur Gemeinde", war meine Alternative. Während eine Kapelle ganz klar ein Gebäude meint, hat "Kirche" eine Doppelbedeutung für Gebäude und Gemeinschaft. Diese Doppelbedeutung verschiebt sich bei "Gemeinde" weiter zugunsten von Gemeinschaft und kommt dem Anliegen von Jesus sehr nahe.

Dass Jesus nicht am Gebäude des Tempels klebt, zeigt seine spätere Ankündigung von dessen Zerstörung im Jahr 70, also 40 Jahre nach seiner Hinrichtung und Auferstehung. Gott verlässt bereits den ersten durch Salomo gebauten Tempel in den dramatischen Kapiteln acht bis elf des Hesekiel-Buches. Kurz darauf wird das Haus durch Nebukadnezar zerstört. Herodes lässt einen zweiten Tempel bauen und benötigt dazu 46 Jahre. Schon in Vers 19 des zweiten Johannes provoziert Jesus die Juden damit, dass sie den Tempel abreißen sollten und er ihn in drei Tagen wieder aufbauen werde.

Es wird deutlich, dass Jesus nicht nur Eifer für einen immobilen Sakralraum mit Gebetszweck entwickelt, sondern eifersüchtig um und für seine Gemeinde ringt. Eine Gemeinde, die mit lebendigen Steinen nach 1. Petrus 2,4 gebaut ist. Ein hybrides Gemeindehaus, in dem Jesus den finalen Eckstein, Caput Anguli (latein) oder Rosh Pinnah (hebräisch), bildet. Ein Haus, in dem Gebet möglich ist, in dem Ablenkung minimiert wird, ein Gebäude, in dem Jesus die Nummer Eins ist und Ruhe sowie einen geschützten Rahmen zur Begegnung zwischen ihm und seinen Leuten findet.

Donnerstag, 2. März 2017

Neid mit Risiken und Nebenwirkungen

Neid ist ein Gefühl, welches erhebliche Risiken und Nebenwirkungen mit sich bringt. Birgit Sych widmet sich auf den knapp sechzig Seiten ihres Buches "NEID" diesem Tabuthema.



Mit Birgit Sych haben wir verschiedene Berührungspunkte, zu denen unter anderem der Ehekurs "Gemeinsam e1ns" gehört. Eher beiläufig kamen wir in einem WhatsApp-Chat auf das Thema Neid zu sprechen und sie erwähnte ebenfalls eher beiläufig, dass sie dazu ein Buch geschrieben habe. Darauf sandte sie mir eines ihrer Exemplare zu und ich verschlang es innerhalb von 90 Minuten.

NEID - zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Herz und Seele - Birgit Sych
"NEID - zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Herz und Seele" - Birgit Sych
Die 61 Seiten sind sehr mundgerecht geschrieben. Man hat fast den Eindruck, Birgit Sych sitze neben einem und erzähle den Text. Keine hochwissenschaftlichen Ausführungen sondern klare, einfach verständliche Worte mit viel Witz und Beispielen aus dem persönlichen Erleben.

Die geschilderten Alltagssituationen treffen wohl den allgemeinen Erfahrungshorizont. Es geht um die verschiedenen Facetten des Neides auf Besitz, Anerkennung, Aussehen oder Erfolg einer Bezugsperson. Es geht um dessen Reaktion auf den Neid und um die zerstörerische Wirkung auf den Neider selbst. In der Mitte des Buches wird es biblisch: Kain und Abel als klassische und initiale Neidbeziehung mit unappetitlichem Ausgang. Danach ein Zitat von Ovid, dessen scharfe und treffende Formulierung den Neid in seiner ganzen Einsamkeit und leblosen Blässe seziert.

Als gute Seelsorgerin und Beraterin finalisiert die Autorin das Buch mit mehreren Lösungswegen zum Ausstieg aus der Neidfalle. Auch in diesem Abschnitt kommen eigene Beispiele zum Tragen, die die Machbarkeit des Auswegs und die Authentizität der Schreiberin untermauern.

"NEID - zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Herz und Seele" wurde bereits 2004 veröffentlicht und ist inzwischen vergriffen. Eine Neuauflage ist leider zurzeit nicht geplant, so dass bei Bedarf auf ein gebrauchtes Exemplar zurückgegriffen werden muss. Das finde ich sehr schade, da das Buch leicht und schnell zu lesen ist und wertvolle Denkanstöße und Handlungsempfehlungen enthält.