Neid ist ein Thema, das uns in der Bibel regelmäßig begegnet und letztlich zur Auslieferung von Jesus an Pilatus führte. Neid ist ein urmenschliches Verhaltensmuster, das leider auch nicht vor den Türen christlicher Gemeinden Halt macht.
Bereits der erste Mord der Bibel war durch Neid motiviert (Gen 4, 5-7). Weiter geht es mit den Palästinensern, die dem ertragreichen Isaak aus Neid sämtliche Brunnen zuschütteten (Gen 26, 12-33). Übrigens der Start des bis heute andauernden Konfliktes in dieser Region. Es folgte Laban, der den Erfolg seines Schwiegersohnes Jakob nicht ertragen konnte (Gen 30, 25 bis Gen 31). Josef wurde von seinen Brüdern beneidet und als Sklave nach Ägypten verkauft (Gen 37).
Der erste König Israels, Saul, beneidete David für seine militärischen Erfolge und verfolgte ihn über viele Kapitel des ersten Samuel-Buches. Daniel wurde von Hofbeamten beneidet und mit juristischen Tricks in Lebensgefahr gebracht.
Aus Neid überantwortet
In Matthäus 27, 18 und Markus 15, 10 lesen wir, dass Pilatus wusste, dass ihm Jesus aus Neid durch die jüdische Klerikal-Elite überantwortet wurde. Der damit verbundene Hass ging so weit, dass sich die Volksmenge in Matthäus 27, 25 zum Ausruf hinreißen ließ: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder", nachdem sich Pilatus zuvor demonstrativ die Hände gewaschen hatte.
Anhand der oben genannten Beispiele wird deutlich, dass Neid keineswegs rein materiell gepolt ist. Die Palästinenser und der Syrer Laban waren so ziemlich die einzigen, die selbst gerne diesen materiellen Erfolg gehabt hätten. Bei Saul, Kain oder den Herrschaften um den Hohen Priester Kajaphas ging es um Macht, Einfluss und Anerkennung.
Wahre Freunde
Als wir vor elf Jahren mit dem ersten BMW 7er vor die Gemeinde rollten, gratulierte mir der damalige Pastor zum beruflichen Erfolg. Da unsere Kleinkinder bei Mahlzeiten gerne den Tisch in Schwingung brachten, hatten wir uns angewöhnt, Tassen immer nur halb zu befüllen. Angesichts des Autos, Hochzeitstag in New York und halb gefüllter Kaffeetassen verabschiedeten sich die ersten Bekannten, rechneten unsere vermeintlichen Vermögenswerte aus und beschwerten sich bei der gemeinsamen Babysitterin über die geizige Familie, mit der sie nichts mehr zu tun haben wollten.
Auch in der Gemeinde tauchten Worte wie "Bonze" und "Angeber" auf. Der nächste Pastor stammte aus der westdeutschen Provinz und wollte unbedingt wissen, ob ich denn früher auch Trabi gefahren sei. Nein, nur Golf und ähnliches von meinen Freunden aus Westberlin. Entsprechend irritiert war er bei der Anschaffung des nächsten Siebeners mit V8-Maschine.
Facetten des Neides
Er wurde von einem Mann abgelöst, der sich über einen asketischen Lebensstil definierte und wenig Wert auf die Äußerlichkeiten seiner Bezugspersonen legte. Der Zehnte, die Finanzierung von Räumlichkeiten und sonstige Bezuschussungen wurden gerne angenommen. Allerdings konnte er es kaum ertragen, wenn jemand regelmäßig von seinen Erlebnissen mit Jesus erzählte oder Bibelstellen zitierte, die in den vorangegangenen Tagen für Begeisterung gesorgt hatten. Eine nachhaltige Streichung vom Predigtplan war Bestandteil der Gegenmaßnahmen.
Dabei erzählte ich fast nur von Alltagsbegebenheiten, die meine Beziehung zu Jesus tangierten. Über Episoden wie die laut im Schritt aufgerissene Hose bei einem Pressetermin im Schloss Bellevue, terminologisches Fachsimpeln mit Florian Langenscheidt zum gleichnamigen Wörterbuch, Süppchen mit der Kanzlerin, Parken vor der Britischen Botschaft oder Durchwandern der Katakomben des Bundestages sprach ich, wenn überhaupt, nur noch im engsten Familienkreis oder bei geschäftlichen Anlässen.
Die zwei Kilometer zur Gemeinde absolvierte ich fast nur noch zu Fuß und staunte über die dringend notwendige Gewichtsreduzierung. Mit der dunklen Limousine fuhr ich selten vor, freute mich dann aber umso mehr, wenn sie im beruflichen Umfeld den entsprechenden Zweck erfüllte.
Warum keine Ente?
Ein bekannter Unternehmer aus der christlichen Szene Berlins musste sich bei verschiedenen Anlässen für seine S-Klasse rechtfertigen. Studenten fragten ihn in einem Seminar, warum er nicht "Ente" (Citroen 2CV) fahre. Ich hörte aufmerksam zu und fand seine Antwort plausibel. Was im Gemeindeumfeld beneidet wird, dient im beruflichen Kontext als Arbeitsmittel und Ausdruck von Kompetenz. Ähnlich verhält es sich mit Kleidung. Es ist immer wieder festzustellen, dass Kleidung teilweise ungefragt Türen öffnet, die beispielsweise mit einer anderen Jacke verschlossen geblieben wären.
Vor einigen Jahren besuchten wir eine Gemeinde im hohen Norden Deutschlands. Der Gemeindesaal hatte eine große Fensterfläche, so dass wir kurz nach Beginn des Gottesdienstes das Eintreffen eines BMW der X-Serie beobachten konnten. Ihm entstieg eine Familie, die auch ohne dieses Fahrzeug wie eine Unternehmerfamilie gewirkt hätte. Sie schlichen in den Saal und der Gottesdienst nahm seinen Lauf. Anschließend war es genau dieser Familienvater, der freundlich auf uns zukam. Auch er hatte relativ einsam, fast wie ein Fremdkörper, im Gewühl der Besucher gestanden.
Matthäus und Zachäus in der Gemeinde
Wie wird es wohl den Zollbeamten Matthäus (Mt 9, 9-13) oder Zachäus (Lk 19, 1-10) in der Folge ergangen sein? Sie fügten sich nach ihrer Entscheidung für Jesus in eine sehr heterogene Gruppe von Christen ein, mit denen sie und diese mit ihnen klar kommen mussten. Es war an ihnen, mit den anvertrauten Mitteln das Reich Gottes zu bauen. Sie hatten die materiellen Möglichkeiten und das Wissen, damit effizient umzugehen. Andere hatten ergänzende Fähigkeiten.
Es ist erstaunlich, wie viele Beispiele Jesus aus dem Berufsleben aufgreift. Investition und Effizienz spielen dabei eine besondere Rolle.
So stolpert man gelegentlich über Verse wie Lukas 19, 25. Nachdem im Textzusammenhang mehrere Mitarbeiter mit dem anvertrauten Geld gewirtschaftet und unterschiedlich hohe Renditen erzielt hatten, ging es um die Handhabung des einen Mitarbeiters, der das anvertraute Geld einfach nur versteckt hatte. Dieses Geld sollte dem Mann gegeben werden, der das Budget verzehnfacht hatte. "Er hat doch schon zehn", war die Reaktion der Kollegen. Das zeigt jedoch ihre eingeschränkte Sicht auf das materielle Potenzial. Die Fähigkeiten des Kollegen spielten in der Betrachtung keine Rolle. Neid? Es fehlte der Blick für die unternehmerischen Gesamtzusammenhänge. Der Chef jedoch wusste, dass durch clevere Reinvestition aus elf eine hundertzehn werden kann.