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Sonntag, 14. März 2021

Berlinprojekt: Online-Gottesdienst mit Abendmahl

Was macht eigentlich das Berlinprojekt im Kino Babylon während Corona? Heute habe ich mir den Online-Gottesdienst angeschaut.


Die Suchmaschinenoptimierung (SEO) der sonst so angesagten Gemeinden der Stadt ist erstaunlich schwach. Als eine der ersten Gemeinden tauchte das Berlinprojekt auf Seite 2 der Suchergebnisse auf. Beginn sollte 11 Uhr sein. Eine sehr angenehme Zeit. Gut auch, dass der Gast nicht mit Zoom-Logins gegängelt wird, sondern sich in einen Livestream auf YouTube einklinken kann. Diese Anonymität entspricht den endemischen Bedürfnissen eines Städters und dem Stil des Berlinprojektes.

Das Berlinprojekt gehört zum Bund Freier evangelischer Gemeinden (FEG) und repräsentiert den kontemporären Sektor dieses Gemeindeverbandes. Schon der Ort der Gottesdienste kommt der Gesellschaft sehr entgegen: Kino Babylon in der Nähe des Alexanderplatzes. Während Corona dient das Kino lediglich als Bühne für die live übertragenen Gottesdienste. Wohl dem Kinobetreiber, der zurzeit solche Mieter hat. Entsprechend gut sah auch das eingefangene Bild aus: dunkelblauer Vorhang, goldene Zierleisten, orange Vase, gelbe Blumen, rote Pullover, schwarzes Klavier - alles farblich perfekt aufeinander abgestimmt und treffsicher ausgeleuchtet. Es gab mehrere Kamerapositionen. Die Liedtexte und Bibelverse wurden eingeblendet.

Den Rahmen bildete ein kleines Konzert von e.no - nicht zu verwechseln mit dem fast gleichnamigen Energielieferanten. Der Rest wurde vom Berlinprojekt-eigenen Lobpreisteam auf Deutsch vorgetragen. Es gab diverse Ansagen, Gebete und eine Bibellesung. Dann folgte eine längere Predigt, die in die Serie "Barmherzigkeit - Achtsam werden" eingebettet war. Für den Erstbesucher wäre eine Vorstellung der Akteure - insbesondere des Predigenden - hilfreich gewesen. Wer liest schon die Videobeschreibung bei YouTube? Dort stand der Name: Lorenz Timnik. Er sprach über die Speisung der 5.000 und teilte die Predigt dazu in drei interessante Punkte ein. Es ging um die Überforderung der Jünger, das Entgegenkommen von Jesus und die Arbeitsteilung zwischen Gott und uns. Seine Beispiele harmonierten mit dem Alltag eines Berliners. Seine Wortwahl traf die Generation zwischen 20 und 50.

Etwas ungewöhnlich für einen Online-Gottesdienst war das Abendmahl. Es lief in der gewohnten Form ab: mit Einleitung, Gebet, Brot zerbrechen und Kelch hochhalten. Das wäre der Moment gewesen, an dem die Zuschauer in die eigene Küche hätten eilen müssen, so sie Brot und Wein/Traubensaft nicht schon bereitgestellt hatten. Regelmäßige Besucher des Berlinprojektes waren sicher schon um 11 Uhr auf diesen Teil der Liturgie  vorbereitet.

Es folgten weitere Lobpreislieder und ein Abschlussstück von e.no. Beim Ausklang des Gottesdienstes waren immer noch knapp 60 Zuschauer im Livestream. Da gestreamte Videos bei YouTube dauerhaft gespeichert werden können, besteht die Möglichkeit zum zeitversetzten Ansehen. Inzwischen ist die Zahl der Interessenten schon auf 161 angewachsen und wird in den nächsten Tagen wohl die übliche Marke von 400 Zuschauern überschreiten.

Samstag, 10. November 2018

Angst beim Männertag in der EFG Oberkrämer

Beim Männertag in Oberkrämer ging es diesmal um verschiedene Ängste und den Umgang damit. Erstmalig war ich zusammen mit meinem Sohn beim Männertag.



"Fürchte dich nicht", stand in großen Buchstaben auf einem schwarzen Briefumschlag, den wir unter unseren Stühlen hervorziehen konnten. Bis zum Ende des Männertages in der EFG Oberkrämer hatte niemand bemerkt, dass er über einem schwarzen Briefumschlag sitzt. Manchmal klemmt auch Schokolade unter dem Sitz und manchmal auch ein Kaugummi.

Auch mein Sohn bückte sich unter den Stuhl. Mit seinen 15 Jahren war er nun endlich so groß, dass ich ihn mal mit zum Männertag nehmen konnte. Meine Frau hatte das bisher immer blockiert. Während ich zwei Männern aus meiner Ex-Gemeinde noch sagen konnte, sie sollen bitte nicht den Klassiker bringen, sprach es prompt ein anderer Mann aus: "Bist du aber groß geworden". Mein Sohn schaute über mich hinweg und grinste die Männer an. In der JKB Treptow fühlen sie sich seit dem Verlassen unserer Ex-Gemeinde sehr wohl und genießen die abwechslungsreichen Predigten. Sie seien inzwischen in den großen Kinosaal des "Astra" umgezogen.

Der Männertag in Oberkrämer wird seit vielen Jahren thematisch vom Forum Wiedenest begleitet. Diesmal war sogar Ulrich Neuenhausen angereist. Er ist Leiter des Werkes. Wiedenest liegt ganz im Westen in einer Region südlich des Sauerlandes. Echte Berliner wissen wahrscheinlich nicht, wo das Sauerland liegt. Hier ein Tipp für Dortmund-Fans: Das Sauerland liegt südlich von Dortmund und Wiedenest noch etwas südlicher davon.

Aus dieser Region jedenfalls war Uli Neuenhausen angereist. Er machte einen sehr authentischen und alltagsbezogenen Eindruck. Er war kein typischer Kleriker und auch kein Mann, der sich um das Amt des Werksleiters gerissen hätte. Das machte ihn sympathisch und schaffte eine gute Basis zum Zuhören. Das Thema Angst hatte er sich wohl selbst ausgesucht und begründete es damit, dass er mit zunehmendem Alter deutlich mehr Ängste erlebe als früher.

In seinen Vorträgen ging es um verleugnete Angst, wodurch sich der Ängstliche selbst etwas vorlügt und dann eben falsche Entscheidungen trifft. Saul wurde als Beispiel für Fehlentscheidungen durch geleugnete Menschenfurcht zitiert. Die These: Geleugnete Angst macht das Leben zur Lüge.

Petrus diente als Beispiel für Angst, die durch einen Wechsel des Fokus erzeugt wurde. Beim Gehen über das Wasser schaute Petrus plötzlich auf die Umstände, die Wellen, statt auf Jesus. Dabei war Jesus so nah, dass er Petrus greifen und vor dem Ertrinken bewahren konnte. Lähmende Angst also, die entschiedenes Handeln verhindert. Das Wort Entscheidung kam bemerkenswert oft bei Uli Neuenhausen vor. Damit offenbarte er sich selbst als Entscheider. Entscheidungsfähigkeit ist eine sehr wichtige Eigenschaft begabter Leiter.

Das Dritte waren irrationale Ängste. Ängste, die keinen objektiven Bezug zu den tatsächlichen Umständen haben. Der Referent aus Wiedenest sprach viele Ängste quer Beet an, so dass sich letztlich wohl jeder Mann irgendwo getroffen gefühlt haben musste.

Es waren etwa 150 Männer im Saal. In der Küche standen einige Frauen der Gemeinde und kochten unentwegt Kaffee. Sie kümmerten sich auch um das Mittagessen und den Kuchen. Mein Vordermann zeigte die Gänsehaut auf seinem Arm, als die Männerstimmen den Lobpreis in den Gemeinderaum hineinsangen.

Nach dem Mittagessen - Linsensuppe mit Würstchen oder Milchreis mit Kirschen - fanden die üblichen Seminare statt. Eines ging um Mentoring, eines um mutig von Jesus zu erzählen und eines um die Offenbarung, also das finale Buch der Bibel. Die Schnittmenge zwischen meinem Sohn und mir war das Mentoring-Seminar. Es gab zwar auch einen gruppendynamischen Teil, aber die gewohnt gute Verpflegung sorgte für eine Kombination aus Verdauungs- und Mittagsmüdigkeit.

Zum Wachwerden war Matthias Burhenne aus Wiedenest angereist. Er moderierte den letzten Teil des Männertages. Mein Sohn war beeindruckt von dessen professioneller Moderatorenstimme. Die erste Übung zur Überwindung der Mittagsmüdigkeit war ein Spiel mit Lutschern. Wer eine Frage mit Ja beantworten konnte, musste seinen Lutscher an den Fragesteller abgeben. Ich mag keine Lutscher und war deshalb gewollt schnell raus aus dem Spiel. Ein junger Mann hatte 12 Lutscher bekommen. Er hatte immer die gleiche Frage gestellt: "Bist du ein Mann?"

Als es dunkel geworden war, neigte sich auch der Männertag in Oberkrämer seinem Ende entgegen. Es gab noch drei Lieder, Gebetsangebote, eine Kollekte und einen Segen. Dann fuhren die Männer aus Berlin und Umgebung in die Nacht. Ich war erstaunt, dass man auch mit Baustellen-Tempo 40 und 60 zu Hause ankommt.

Sonntag, 26. Februar 2017

mittendrin Potsdam

Die neue und stetig wachsende Gemeinde "mittendrin" liegt tatsächlich mittendrin, nämlich mitten im Zentrum von Potsdam. Wegen einer Empfehlung besuchten wir heute den Gottesdienst inmitten der brandenburgischen Landeshauptstadt.



Während mein Großonkel viele Gemälde mit Potsdam-Motiven geschaffen hat und mein Vater unzählige Potsdam-Bucher hinterlassen hat, kann ich die Affinität zu dieser Stadt bisher nicht nachvollziehen. Auch Heerscharen chinesischer Touristen frequentieren den Ort und erfreuen sich an den Parks und Schlössern. Potsdam dient ferner als Domizil für Promis und Politiker an der verkehrstechnisch gut angebundenen Peripherie der Bundeshauptstadt.

Mittendrin

Im Zentrum der Stadt trifft sich "mittendrin" zum Gottesdienst. Um die Schwelle für Gäste möglichst niedrig zu halten, wurde das Kabarett Obelisk als Location gewählt.

Parkplätze stehen in der Charlottenstraße reichlich zur Verfügung und spielen der Stadtkasse ambitionierte Stundensätze von zwei Euro ein. Das betrifft auch den weiteren Umkreis, so dass man gleich vor der Tür parken und drei Euro für die neunzig Minuten der Kernzeit des Gottesdienstes bereit halten kann.

Gelebte Willkommenskultur

Bereits am Eingang wurden wir mehrfach freundlich begrüßt und auf den Kaffeestand hingewiesen. Meine Kinder entdeckten sofort das Tablett mit den Keksen. Die sehr natürliche Willkommenskultur war angenehm und scheint zum Charakter dieser noch sehr jungen Gemeinde mit FEG-Hintergrund zu gehören. Uns wurden zwölfseitige Heftchen mit Ablauf, Predigttext, Liedtexten und weiteren Informationen in die Hand gedrückt.

Freundlich grüßend begaben wir uns in eine der hinteren Sitzreihen. Die Stühle ähnelten den Klappsesseln von Filmschaffenden und waren auf den Rückseiten mit den Namen ihrer Sponsoren beschriftet. Das verwaschene Gelb der Stühle passte sehr gut zum sonstigen Blau des Raumes. Der Saal war so beleuchtet, dass der Blick automatisch zur kleinen Bühne wanderte. Es herrschte eine gemütliche Atmosphäre.

Punkt elf mit Kontrabass

Punkt elf Uhr begann der Gottesdienst mit einer Begrüßung und der Anbetungszeit. Nur noch wenige der 150 Plätze waren frei, so dass einige Nachzügler am Rand stehen blieben. Der Altersdurchschnitt muss bei Mitte dreißig gelegen haben. Auch bei der Moderation wurde sehr darauf geachtet, Erstbesucher gedanklich mitzunehmen. Das war uns in dieser Form bei den bisher besuchten Gemeinden, inzwischen über siebzig in zwanzig Monaten, selten aufgefallen.

Es gab weitere Alleinstellungsmerkmale wie das Singen aus dem Heftchen statt über Leinwand, obwohl das bei dem gedimmten Licht schon hart an der Grenze des Machbaren war. Ich justierte unentwegt meine Gleitsichtbrille. Direkt neben mir hing zwar ein roter Schalter von der Decke, aber ich traute mich nicht, diese akzentuierende Lesehilfe der Spots einzuschalten.

Die Lobpreisband beeindruckte insbesondere die Kinder. Cajón, zwei Konzertgitarren, ein Kontrabass, ein Klavier und zwei Sängerinnen animierten zum Singen neuer und älterer Lieder. Ein besonderer Genuss war die zeitgemäße Interpretation von "Schönster Herr Jesu".

Sportliche Predigt

In der Predigt von Steffen Weil ging es um zwei Texte aus dem zweiten Korinther-Brief. Der Text war in den Heftchen abgedruckt und bot auf der Nachbarseite Platz für Notizen. Das erinnerte uns an Saddleback. Steffen Weil berichtete von seinen Trainingserfahrungen. Training tut weh, Heilungsprozesse können weh tun, Änderung kann weh tun, aber das Ziel sei doch, dass dadurch Heilung, Optimierung oder positive Weiterentwicklung erreicht wird.

Die Predigt zeigte uns, dass der Pastor eine authentische Persönlichkeit ist, die voll im Leben steht und die Bedürfnisse seiner Gemeindeleute nachempfinden kann. Entsprechend nah am Alltag waren die Beispiele und konkreten Bezüge zum eigenen Glaubensleben. Einen Kollegen ohne christliche Vorprägung kann man hier wohl bedenkenlos mitbringen.

Auch bei "mittendrin" gibt es Predigtreihen. Die aktuelle Serie beschäftigt sich mit der "verändernden Kraft des Evangeliums". Auf der Bühne stand ein Flipchart mit einer Grafik, wie man sie aus dem GPK von CFC, also dem "Gott persönlich kennenlernen" von Campus für Christus, kennt. Darauf nahm der Referent zwar heute Bezug, malte daran aber nicht weiter.

Abendmahl mit Duftnote

Von einem Plakat aus verfolgte Friedrich II den Gottesdienst. Er war teilweise von einem Glas Bier verdeckt. Nach der Predigt wurde er von vielen der Anwesenden verdeckt, da sie sich zum Abendmahl anstellten. Es gab Ciabatta und roten Traubensaft, kein REX PILS.

Am Eingang hatten wir Kaffeebohnen bekommen, die wir im Rahmen des Abendmahls zum Einsatz bringen sollten. Im Predigttext aus 2. Kor. 2,14-16 ging es unter anderem um einen guten Geruch. Die fast 150 verteilten Kaffeebohnen hatten einen gewissen Einfluss auf das Raumklima. Nun sollten sie in einem Terrarium mit 172.000 Erbsen vermengt werden und dort ihre Wirkung entfalten. Mit 172.000 Einwohnern liegt Potsdam bei zwei Dritteln des Berliner Bezirkes Marzahn/Hellersdorf. Die Kinder fragten anschließend, wer die Erbsen denn mit welcher Methode gezählt habe. Meine pragmatische Frau hätte 100 Erbsen gewogen und daraus die Gesamtmenge ermittelt. Ich konnte den Kindern vermitteln, dass es dafür den Beruf des Erbsenzählers gebe.

Zum Abschied wechselten wir noch einige Worte mit Besuchern, fütterten über einen blau-grauen Automaten die Stadtkasse und begaben uns in die nördliche Parallelstraße, die nach dem von hier aus regierten Bundesland benannt ist. Bei paniertem Sushi und Cola ließen wir den Vormittag in Potsdam ausklingen und tauschten uns über den Gottesdienst aus.

Mitten in der Historie

Vor dem Gottesdienst hatten wir noch in der südlichen Parallelstraße zur "mittendrin"-Location angehalten, der Yorkstraße 4/5. Vier mutmaßliche "mittendrin"-Mitglieder waren dabei an uns vorbeigeradelt.

Mittendrin war nämlich auch mein Vater, als sich am 14. April 1945 gegen 22:40 Uhr die Ladeklappen britischer Bomber über dem Zentrum Potsdams öffneten. Sein Opa war Pastor der Baptistengemeinde in der Yorkstraße 4/5. Fluchtbedingt war ein großer Teil der Familie nach Potsdam gekommen und wohnte im Gemeindehaus.

Innerhalb einer halben Stunde wurde das Leben meines Vaters und seines damals vierjährigen Cousins nachhaltig geprägt. Bilder und Gerüche, die bis ins hohe Alter präsent waren. Sein Cousin setzt sich als stadtbekannter Maler für den Wiederaufbau der Garnisonskirche ein, deren Turm in jener Nacht wie eine Fackel abgebrannt war.

Heute erinnert nichts mehr an die damalige Nacht von Samstag auf Sonntag, lediglich einige neuere Häuser, die sich mit einem gewissen Stilbruch in die historischen Fassaden einreihen. Der Gemeinde "mittendrin" ist zu wünschen, dass von ihr ebenfalls eine Wirkung ausgeht, die nachhaltig prägt, und zwar in positiver Hinsicht auf einen gemeinsamen Lebensweg mit Jesus.

Sonntag, 29. Januar 2017

Bibelgemeinde Füssen

Wenn schon Bayern, dann muss es auch ein katholischer Gottesdienst sein. So dachten wir und bekamen eine evangelische Freikirche in Füssen empfohlen.



Vier Uhr nachts. Viermal pling. Viermal dong. Dann einmal pling. Zweimal pling. Um sieben dann viermal pling, sieben Mal dong und anschließend DauerIäuten. Unser Wirt hatte Recht, der Gottesdienst in der benachbarten Kirche begann um 7:30 Uhr. Ich drehte mich noch einmal um und hörte, wie mein Sohn zum Bäcker aufbrach.

Schwangau, Schwanstein, Füssen

Von Schwangau aus fuhren wir nur wenige Minuten bis Füssen. Blauer Himmel, gleißende Sonne und glitzernder Schnee begleiteten uns auf der Fahrt. Das Gemeindehaus der Bibelgemeinde Füssen liegt inmitten der malerischen Altstadt. Sonntags kann man dort sogar kostenlos parken.

Gute alte Zeiten

Am Eingang begrüßte uns eine ältere Dame. Schnell kamen wir auf Berlin zu sprechen. Vor vielen Jahren hatte ein amerikanisches Ehepaar diese evangelische Freikirche geprägt und war dann nach Berlin-Marzahn gezogen, wo sie maßgeblich an der Gründung von CMH (Christen in Marzahn-Hellersdorf) beteiligt waren. Die Frau, die im späteren Verlauf den Gemeindegesang auf der Geige begleitete, erinnerte sich an die liebevolle Art der Amis und sagte, dass das eine sehr gute Zeit für die Gemeinde gewesen sei.

Auch von anderen Gottesdienstbesuchern wurden wir freundlich begrüßt und setzten uns in die zweite Reihe. Die Atmosphäre kann als warmherzig und integrativ beschrieben werden. Die auf der Geige begleiteten Lieder kannten wir noch aus unserer Jugendzeit.

Rustikale Predigt

Die Predigt von meinem Namensvetter Matthias vermittelte uns detaillierte Einblicke in den Alltag eines Nachwuchslandwirtes. Wir lernten, wie man Elektrozäune mit einem Grashalm testet, dass sich Jungvieh selten alleine von der Weide entferne und dass der für die Mineralstoffe wichtige Leckstein gerne mal zwanzig Meter von seinem Platz "weggeleckt" werde. Der mehrfach eingebrachte Satz "Schau nach dem Jungvieh!" hätte sehr gut mit Psalm 23 oder Mt 21,28-32 verknüpft werden können.

Kaffee, Kekse, Pizza

Etwa vierzig Besucher und Akteure aller Generationen saßen im Saal, der damit schon fast sein Fassungsvermögen erreicht hatte. Nach dem Gottesdienst gab es noch Kaffee und Kekse. Wir sprachen mit einer Frau, deren Alter und Familienumfeld sehr gut mit uns harmonierte. Sie war damals eine Nachbarin der oben erwähnten Amis gewesen und hatte durch diese zu einer persönlichen Jesusbeziehung gefunden.

Anschließend schlenderten wir durch den mittelalterlichen Stadtkern und ließen den Vormittag im Herzl am Rathaus bei Pizza und Flammkuchen ausklingen.

Sonntag, 4. Dezember 2016

FEG Chemnitz

Wegen eines runden Geburtstages waren wir an diesem Wochenende im Großraum Chemnitz unterwegs. Auf Empfehlung besuchten wir die wenige Kilometer südlich der City gelegene FEG Chemnitz.



Die Suche nach einem passenden Gottesdienst in Chemnitz begann damit, dass wir uns bei der Heilsarmee, dem Kirchenportal Kirche-Chemnitz.de und weiteren Webseiten umschauten. So wirklich aussagekräftig waren die Webseiten und Informationen jedoch nicht, so dass wir etwas ratlos waren. Erschwerend kamen weitere Parameter hinzu, nämlich dass das Altersspektrum der Besucher zwischen dreizehn und neunundsechzig lag und die Geschmäcker von anglophiler Trendgemeinde bis traditioneller Kirche gingen. Die Heilsarmee wurde mehrheitlich abgelehnt, da der dortige Gottesdienst erst um 16:00 Uhr beginnt. Sogar der Vormittag stand auf der Kippe, da der Besuch einer Tante eingeschoben werden sollte. Schon war ein Fernsehgottesdienst mit Direktübertragung aus Herrnhut im Gespräch.

Mein Halbschwager feierte am Samstag seinen Fünfzigsten. Verlässliche Prognosen über den Restalkoholpegel der am Gottesdienst Interessierten waren dadurch auch nicht möglich. Die angereiste Verwandtschaft wohnte in einer Pension in Rabenstein. Rabenstein liegt westlich von Chemnitz, verfügt über eine Burg und ein Schloss sowie eine imposante Fußgängerbrücke. Wir waren bereits am Freitag angereist und konnten beim samstäglichen Freikratzen der Autoscheiben den Morgennebel, die tief stehende Sonne und den weihnachtlichen Duft des Kaffeehauses unterhalb der rostigen Stahlträgerbrücke genießen. Dann fuhren wir in die Radon-Therme Schlema.

Lutherkirche oder FEG Chemnitz?

Nachdem wir genügend Radon getankt hatten, klingelte das Handy und Frank Heinrich MdB begrüßte uns in seinem Wahlkreis. Er freute sich, dass wir ausgerechnet im heimatlichen Rabenstein übernachten und feiern. Dann gab er uns zwei Gottesdienst-Empfehlungen unter Berücksichtigung der oben geschilderten personellen Herausforderungen: Lutherkirche Chemnitz und FEG Chemnitz.

Der Gottesdienst in der Lutherkirche startet um 9:30 Uhr und der Gottesdienst in der FEG um 10:30 Uhr. Meine Schwiegermutter plädierte für die Lutherkirche, so dass wir die Geburtstagsfeier schon kurz vor elf verließen und ein frühes Aufstehen anpeilten. Erwartungsgemäß zog sich das Frühstück jedoch so lange hin, dass wir flexibel auf FEG Chemnitz umdisponieren mussten.

Wir trafen eine halbe Stunde vor Beginn bei der FEG ein. Das Kirchengebäude ohne Glockenturm steht separat inmitten eines Wohngebietes mit niedrigen sanierten Plattenbauten. Ein großes schlichtes Kreuz markiert das helle Gemeindehaus. Die Klapptafel mit der Gottesdiensteinladung hatten wir übersehen, da wir nicht aus Richtung City gekommen waren.

Schwiegermutter setzt Akzente

Im Gemeindesaal wurden Lobpreislieder geübt und Tüten für eine weihnachtliche Verteilaktion sortiert. Es war noch sehr leer. Meine Schwiegermutter strebte die zweite Reihe an. Solche Momente stärken die Beziehung zwischen angeheirateter Mutter und Schwiegersohn. "Warum sitzen wir so weit vorne? Hier sehen wir doch nicht, wann wir aufstehen müssen", protestierte die Familie. "Ich höre sonst nichts", war das unschlagbare Argument meiner Schwiegermutter. Ich saß schützend neben ihr und unterstützte sie bei der Verteidigung ihrer Position. Allerdings hoffte ich, dass wir keine Stammplätze besetzt hatten.

Pastor Bernard Millard und einige Verantwortliche kamen an uns vorbei und grüßten sehr freundlich. Besonders unterhaltsam war der nicht erwartete Countdown. Jede der fünf Minuten blinkte eine Zahl auf. Dazwischen wurden Informationen zu den WCs, den parallelen Kindergruppen und dem Gemeinschaftsteil eingeblendet. Die verantwortlichen Mitarbeiter wurden wahlweise aus Sicht der Kinder, der Jugendlichen oder des Geschirrspülers dargestellt.

Gottesdienst

Mit der letzten Filmsequenz schritt ein Mitarbeiter an die Kanzel und begrüßte die Gemeinde. Der Raum hatte sich in der letzten halben Stunde gut gefüllt, so dass es um die achtzig Besucher gewesen sein müssen. Die Altersstruktur war sehr gut durchmischt. Es gab viele Kinder und Jugendliche, aber auch Senioren. Das sah gesund und auf Wachstum angelegt aus.

Es folgten Weihnachtslieder und Jugendlieder aus den 1990ern, die wir weitestgehend ohne Blick auf den Text mitsingen konnten. Meine Tochter fand es "cool", dass immer schon der Text der nächsten Strophe eingeblendet war. Das hilft, falls der Techniker einmal abgelenkt ist. Bei der FEG Chemnitz klappte es jedenfalls perfekt.

Beziehung statt Betriebsamkeit

Die Predigt startete mit einem Rückblick auf den vergangenen Sonntag, wo es um Psalm 24 gegangen sei. "Wer ist der König der Ehren?" und "Öffnet die Tore!" ist dort zu lesen. Bernard Millard leitete zu Off 3,20 über: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an". Es war also immer noch der rote Faden vorhanden. Jesus solle in alle unsere Lebensbereiche eingelassen werden. Um das zu unterstreichen, sprang er zu Off 2,4, wo es um das Schreiben an die Gemeinde in Ephesus geht, die die erste Liebe mit gemeindlicher Betriebsamkeit vertauscht hatte. Ergänzend hätte noch Off 3,1 zitiert werden können, worin zur Gemeinde Sardis gesagt wird: "Ich kenne deine Werke. Du hast den Ruf, lebendig zu sein, aber du bist tot". Statt dessen leitete er zu Joh 21 über, wo es ebenfalls um die Liebe bzw. die Beziehung zu Jesus geht.

Dank einer Bibel-App konnte ich recht schnell die sämtlichen Stellen aufrufen und nachlesen. Zusammengefasst ging es darum, die persönliche Beziehung zu Jesus zu intensivieren und sich nicht durch andere Dinge inklusive innergemeindlicher Betriebsamkeit ablenken zu lassen. Die Predigt stieß auf familiäres Wohlwollen.

Ich wunderte mich nur, warum die dunkelbraune Holzkanzel so sehr in die Ecke des Altarbereiches gestellt war. Sollte das eine besondere Art der Demut demonstrieren, oder war das ein ungeplanter Nebeneffekt der jüngsten Reinigungsaktion? Redner mit ausladenden Armbewegungen wären regelmäßig mit der Wand kollidiert.

Aufstehen zum Segen

Weitere Lobpreislieder, eine Kollekte und ein sehr umfangreicher Programmpunkt mit Ansagen rundeten den Gottesdienst ab. Die Befürchtungen meiner Frau, dass man nicht wisse, wann Aufstehen und Hinsetzen gewünscht sei, wurden nicht bestätigt. Ein Alleinstellungsmerkmal der FEG Chemnitz ist wohl, dass lediglich zum abschließenden Segen aufgestanden wird. Gebete, Ansagen, Kollekte und Lobpreis fanden komplett im Sitzen statt.

Gemeindemitglieder bedankten sich beim Pastor für die Predigt. Wir wechselten einige Worte mit ihm, ließen unseren Blick über das muntere Treiben im Gemeindesaal schweifen und verließen kurz darauf die FEG.

Es standen noch der Chemnitzer Weihnachtsmarkt und ein gemeinsames Essen am Schlossteich auf dem Programm. Bei letzterer Gelegenheit trafen wir auch die übernächtigten Geburtstagsgäste wieder und ließen mit einem gestellten Gruppenfoto per Selbstauslöser unseren Besuch in Chemnitz ausklingen.

Samstag, 5. November 2016

Frauentag in der EFG Tempelhof mit Werten und Wahrheit

Als meine Frau die Einladung für den Frauentag bekam, war nicht die Frage, ob sie dort hinfahre. Vielmehr überlegte sie, wem sie mit den stets guten Impulsen solcher Frauentage in diesem Jahr etwas Gutes tun könne, indem sie sie dazu mitnehme. Hier der Bericht meiner Frau zu Werten, Wahrheit und einem Frauentag in der EFG Tempelhof:


 
Zum diesjährigen Frauentag, der wie jedes Jahr durch ein Organisationsteam, unter anderem mit Moderatorin Birgit Lutter, einberufen wurde, fuhr ich nun also mit Mutter und Schwiegermutter. Veranstaltungsort war baulich bedingt dieses Jahr nicht in der FEG Schöneberg, sondern in der EFG Tempelhof. Vernetzung praktisch zwischen Brüdern und Baptisten, und die Gastfreundschaft war großartig.

Pünktlich um 10 ging es nach einem Aufwärmkaffee mit einigen Liedern des Dankens und Lobens los. Das war ein kräftiger Gesang, aber ganz ungewohnt nur mit Sopran- und Altstimmen. Klar, wir befanden uns auf einem Frauentag.

Unsere Referentin, Esther Schneider aus der EFG Wiedenest machte ganz plastisch deutlich, wie sich das Thema "Lebenswert" ganz praktisch auf den Alltag auswirkt. Beispielsweise, welche Werte wir im Umgang miteinander haben, wenn wir in der Schlange an der Kasse einen Vordrängler erleben. Wird der Vordrängler übel beschimpft oder nur dumm angeguckt? Sind wir es gar selbst, die vordrängeln? Und so ziehen sich unsere "Lebenswerte" in alle Alltagsbereiche, nicht nur bei riesigen Entscheidungsbergen.

Frei nach dem Motto ihres Gemeindekollegen "Stellt die Stangen auf, heute ist Frauentag", durften wir ganz offiziell unser eigenes Wertealphabet nicht nur für uns selbst durchbuchstabieren, sondern auch unseren Nachbarinnen zugackern, ähm mitteilen. Bei mir stand der Wert der Ehrlichkeit ganz weit oben und passte somit auch sehr gut zum Nachmittagsreferat mit dem Titel "Wahrheit".

Referentin Esther entfaltete noch so manchen guten Gedanken. Was macht ein Leben lebenswert? Wie wird man würdevoll alt? Wie können wir für gute Werte aufstehen? Mit solchen Fragen und deren teilweise ambivalenten Antworten gingen wir in die Mittagspause, wo wir uns ein wertvolles Essen mit Puffern, Nudelauflauf und Joghurt einverleiben durften.

Danach gab es vier Seminare und wir bekamen Anregungen zum Thema Bibellesen, Loslassen, Engel basteln oder konnten das Referatsthema vom Vormittag weiter vertiefen.

Der Nachmittag brachte mit Referentin Esther Schneider noch einige Stichworte zu "Gottes Wahrheit in meinem Leben". Dabei stellte Esther anhand eines Suchbildes heraus, dass die Wahrnehmung sehr unterschiedlich sein kann (jeder kennt bestimmt das Bild mit der alten Frau und dem jungen Mädchen in einer Zeichnung). Anhand von Johannes 8,31 wurde festgestellt, dass Jesu Jünger sein, an Seinem Wort der Wahrheit festhalten letztlich dazu führen wird, dass die Wahrheit frei machen wird. Nun stellt sich die Frage, was die Wahrheit in der jeweiligen Situation ist. Wie ist Gottes Perspektive dabei? Wie können wir wahrhaftig miteinander umgehen?

Und was hilft? "Oh komm du Geist der Wahrheit und kehre bei uns ein!" Na denn!

Mit diesem schönen Ohrwurm schließe ich den diesjährigen Bericht vom Frauentag. Nächstes Jahr bin ich bestimmt wieder dabei und kann mir ja jetzt schon überlegen, wem ich damit Gutes tun kann.
 
Autorin: Frau des Church Checkers

Samstag, 8. Oktober 2016

Männertag in der EFG Oberkrämer

Der Männertag in der EFG Oberkrämer ist schon seit Jahren das Highlight unseres männlichen Herbstes. Oberkrämer liegt in der Nähe des Autobahnkreuzes Oranienburg und ist damit hervorragend an das Straßennetz Berlins angebunden.



Was der Hebräer als "Rosh Pinnah" und der Lateiner als "caput anguli" bezeichnet, übersetzte Luther mit "Eckstein". Der Hauptreferent des heutigen Männertages in der EFG Oberkrämer war Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein. Hans-Joachim Eckstein ist ein gläubiger Theologe aus Tübingen, der begeistert und wissenschaftlich fundiert über seine Beziehung zu Jesus berichtet.

Der Eckstein

In seinem ersten Vortrag ging es um Hoffnung. Er setzte sich mit der Behauptung auseinander, Hoffnung sei nur ein Vertröstungsinstrument für politisch unterdrückte Bevölkerungsschichten. Dabei berichtete er von seinen ersten Glaubensschritten als Jugendlicher, der die Bibel rein aus Wissbegier durchlas und sofort als "Frommer" abgestempelt wurde. Er lernte dann weitere Christen kennen, die authentisch lebten und erlebte mit ihnen Glücksmomente, die er am liebsten konserviert hätte. Mit diesen Momenten antwortete er auch auf die Publikumsfrage, ob Ewigkeit nicht langweilig sei. Beim Erleben von Glück und Erfüllung gebe es keine Langeweile. Langeweile sei Ausdruck von Unerlöstheit.

"Die Hoffenden sind erfüllt mit einer Freude, von der die anderen noch gar nicht wissen, dass es diese Freude überhaupt gibt", brachte er die Dynamik von Hoffnung auf den Punkt. Er nannte Beispiele für die motivierende Wirkung von Vorfreude auf einen Besucher, ein Ereignis oder eine Sache. Hoffnung sei damit eine Wirklichkeit, die bereits in die Gegenwart hinein wirke.

Der Professor zog dann auch Parallelen zwischen Ewigkeit und Zeitlichkeit. Engel aus der Ewigkeit haben keine Uhren. Sie treffen immer präzise dann in der Zeit ein, wenn es erforderlich ist. Man kann sich das wie bei der Timeline in YouTube vorstellen, wo der Betrachter des Videos jederzeit in eine beliebige Stelle des Videos springen kann.

Zwischenspiel

Zwischen den Programmpunkten spielte die Männerband von Oberkrämer. Die Liedtexte wurden per Beamer eingeblendet. Unten rechts war schon der Anfang der nächsten Textseite zu lesen. Das erinnerte an das hebräische Alte Testament, wo auch immer das erste Wort der nächsten Seite unter dem Text avisiert wird.

Das Mittag und die Versorgung während der Pausen mit Kubikmetern an Kaffee verlief konfliktfrei und in einer guten Atmosphäre. Wir lernten einige neue Leute kennen. Auch aus unserer ehemaligen Gemeinde in Marzahn und sogar aus der LKG Eben Ezer waren Männer angereist. Damit durchmischt sich der starke Brüdergemeinde-Anteil so langsam mit anderen Christen.

Jojo-Effekt

Nach dem Mittag trat der Wahlberliner Jojo Zwingelberg auf. Dass sein echter Name Joachim ist, darf hier leider nicht erwähnt werden, auch nicht der damalige Spitzname von Matthias Burhenne, der als Mitveranstalter aus Wiedenest angereist war. Jojo arbeitet als Geschichtenerzähler und stellte sein Können unter Beweis. Sehr beeindruckend nahm er uns in die Petrus-Szene aus Lk 5,4-11 hinein und leitete dann in die Berufung des Matthäus aus Mt 9,9 über. Ich war sehr bewegt. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Heikle Gespräche

Dann ging es in eines der vier Seminare, von denen mich das Thema "Heikle Gespräche führen" interessierte. Im Seminarraum war hebräische Schrift an die Wand geklebt: "Mene Mene Tekel Upharsin". Matthias Burhenne konnte aus Zeitgründen leider nur einen Teil des Themas durchziehen. Das war aber schon interessant genug. So erfülle ein heikles Gespräch drei Bedingungen:  unterschiedliche Meinungen, es steht viel auf dem Spiel und die Emotionen sind intensiv. Ein wichtiges Stichwort war "Selbstbeherrschung". Dabei gelte es, seine Gefühle rechtzeitig(!) wahrzunehmen und mit Selbstbeherrschung zu reagieren. Zur Schärfung der Selbstwahrnehmung in diesem Bereich unter normalen Bedingungen und in Stresssituationen empfahl er den Birkmann-Test. Schade, mich hätte noch die Gesprächsführung mit Menschen interessiert, mit denen wegen zerstörten Vertrauens oder Beratungsresistenz kein Konsens mehr erwartet wird. Das heißt, ein Gespräch zur Anbahnung eines Exits geführt werden soll.

Apropos Exit

Der Männertag in Oberkrämer klang durch einen weiteren Vortrag von Hans-Joachim Eckstein aus. Er entfaltete den Unterschied zwischen Abbild und Ebenbild. Ein Abbild sei eine Kopie, die in der Beziehung von Gott und Mensch nicht funktioniert. Das Ebenbild hingegen sei Ausdruck einer Reflexion oder Darstellung einer anderen Quelle. Beispielsweise mache eine Glühlampe den unsichtbaren Strom sichtbar. Der Mond mache durch seine Reflexion die abwesende Sonne sichtbar. Prof. Eckstein mache durch die Erlaubnis, Gott durch sich wirken zu lassen, Gott sichtbar. "Christus in mir", nannte er das und berichtete über äußerst interessante Erfahrungen mit diesem Leben als Ebenbild Jesu.

Nachdem die USB-Sticks mit den Vorträgen bespielt waren, traten wir den Heimweg an. Fünfzig Kilometer Autobahn waren in weniger als einer halben Stunde gefahren. Die fünf Männer im Auto unterhielten sich immer noch angeregt über die Themen des Tages in Oberkrämer.

Sonntag, 4. September 2016

Springborn Projekt - Mennoniten in Johannisthal

Das Springborn Projekt der Mennonitischen Brüdergemeinde in Johannisthal gibt es seit knapp sechzehn Jahren. Etwa dreißig Prozent der Besucher sind in ähnlichem Alter. Am Südwestende des Sterndamms treffen sie sich sonntags um 10:30 Uhr zum Gottesdienst.



Die Parallelwelten der christlichen Szene ziehen sich quer durch die Stadt. So bedurfte es des diesjährigen SOLA, um die Mennoniten in Johannisthal überhaupt auf den Radar zu bekommen. Der Gottesdienst beginnt zeitgleich zum Brunch der JKB Treptow, die wir vor einer Woche im benachbarten Kino Astra besucht hatten.

Bahnhof Schöneweide, Filmpalast Astra, unsere damalige Wohnung am Sterndamm, dann einmal rechts und zweimal links. Wir fuhren auf den Parkplatz hinter dem renovierten Mehrzweckbau. Jemand verschwand durch eine geöffnete Tür im Untergeschoss. "Du kannst doch nicht durch die kalte Küche gehen", hörte ich meine Frau noch rufen und schon stand ich im Gemeindesaal des Ground Zero. Offensichtlich trafen sich dort Christen mit russischer Zuwanderungsgeschichte. Sie zeigten uns eine Treppe, die zu den Räumen der Mennoniten führte.

Auf dem Weg kamen wir an einer Fotostrecke zum Umbau des Mehrzweckhauses vorbei. Sehr viel Eigenleistung mit einem bemerkenswerten Ergebnis. Das Haus erinnerte an die EFG Wiedenest und gefiel mir sehr gut. Vorbei an der "warmen Küche" traten wir in den hellen Vorraum. An der Wand lasen wir Jesaja 43, 19.

Pünktliches Erscheinen hat gelegentlich seine Vorteile. Nach einer freundlichen Begrüßung wurde uns nämlich gleich das Haus gezeigt und diverse Informationslücken geschlossen. So erfuhren wir, dass das Springborn Projekt neben einer russischen Gemeinde auch eine Location der Arche (Kinderprojekt) beherberge. Im Saal traf unser Sohn einige SOLA-Leute und unsere Tochter gab die Sitzposition vor. Super, vorletzte Reihe aber immerhin mit direktem Blick zur Plexiglaskanzel. Die Atmosphäre war sehr herzlich.

Während einer ausgiebigen Gemeinschaftszeit wurden Bibeltexte verlesen, die Kollekte eingesammelt und die Aktivitäten der nächsten Woche vorgestellt. Als die Kinder und Jugendlichen nach vorne gebeten wurden, um zum Schulanfang gesegnet zu werden, begaben sich etwa dreißig Prozent der Gottesdienstbesucher auf die Bühne. Es seien noch viele Leute im Urlaub gewesen, wodurch der Saal mit seinen 120 Plätzen wohl normalerweise an der Kapazitätsgrenze rangiert.

In der Predigt ging es darum, wie Gott und das Leid zusammen passen. Es wurden verschiedene Situationen geschildert und immer wieder gefragt, wie das mit dem Glauben in Einklang zu bringen sei. Pastor Andre Pritzkau baute einen "Sandwich" aus Johannes 14, 27 und Johannes 16, 33 auf und legte das Leid dazwischen. Die Texte sagen aus, dass wir zwar "Druck" haben werden, Jesus aber die Welt besiegt hat und uns seinen Frieden gibt. Ja, es gibt ungeplantes und schweres Leid, aber es gibt auch den Frieden Gottes, der dem Leid einen Sinn gemäß 2. Korinther 1, 3-4 geben kann.

Der umrahmende Lobpreis mit Gitarre, Klavier und Schlagzeug hatte solch ein Tempo, dass wir während des Singens über den Text nachdenken konnten. Es wurde sogar ein Kanon gesungen.

Nach dem Gottesdienst gab es Kaffee, Kuchen und Chili con Carne. Dabei war Gelegenheit zu weiterem Networking. Einige Gemeindemitglieder kannten wir aus früheren Zeiten oder wir hatten mit deren Arbeitgebern oder Verwandten zu tun. Im Springborn Projekt treffen sich Jugendliche mehrerer Gemeinden. Singles und Familien aus Britz, Rudow und Johannisthal haben in dieser Kiezgemeinde ihre geistliche Heimat gefunden. Aber wie kommt es, dass eine Mennonitische Brüdergemeinde einen Pastor hat?

Menno, was sind eigentlich Mennoniten?

Die Geschichte der Mennoniten ist noch älter als die der Baptisten. Sie entstanden schon zur Zeit Luthers, favorisierten die Trennung von Kirche und Staat sowie eine Taufe nach bewusster Entscheidung für Jesus. Der Name leitet sich vom friesischen Reformator Menno Simons ab.

Der Baptismus entstand erst einhundert Jahre später in England und hatte vergleichbare Ansichten. Die Erscheinungsformen der Mennoniten sind heute so unterschiedlich wie die der modernen Brüder- oder Baptistengemeinden. Die Grundprinzipien von Glaubenstaufe und politischer Enthaltsamkeit bestehen jedoch weiterhin.

Mittwoch, 24. August 2016

SOLA Camp David

Seit vielen Jahren findet im Umland Berlins das SOLA Sommerlager statt. Thematisch rankt es sich um Indianer, Rapper, Cowboys, biblische Personen und weitere mit der freien Natur zu verbindende Geschichten. Highlight ist die zweitägige Wanderung durch die brandenburgische Wildnis.



Trotz vorschriftsmäßiger Fahrweise waren wir überpünktlich auf dem Gelände des SOLA (Sommerlager) in Wünsdorf eingetroffen. Mir war schon mehrfach unterstellt worden, dass ich immer zu knapp losfahre. Recht hat sie ja, die Familie. Deshalb planten wir diesmal neunzig Minuten für die Anfahrt ein.

Nach dem Quick-Check-in beim Nafta-Lila-Team (wichtig: kräftiges Milka-Lila, kein Zartlila wie bei Perwoll) warteten wir auf den Start. Auch der verkleidete Saul, dessen Gemahlin und einige Bedienstete warteten und warteten und warteten, während gebratene Heuschrecken zum Verzehr angeboten und Büchsen per Schleuder umgeworfen wurden. Es gab Kaffee und Kuchen und wir trafen erstaunlich viele alte Bekannte, die zum ersten Mal ihre Kinder zum SOLA brachten.

Kurz vor halb fünf klingelte mein Handy und ein Autohaus wollte sich über die Kundenzufriedenheit informieren. Als wir fertig waren, war auch die Einstiegsgeschichte zu Ende. Klasse! Ich hatte verpasst, wie David nach der Erledigung von Goliath zu Saul gekommen war, dessen Tochter nicht heiraten durfte und zum Abschluss Saul auf den Fuß spuckte. An diesem historischen Punkt begann das diesjährige SOLA "Camp David". Unser Sohn hatte sich bereits in seine Milka-Gruppe integriert und wir traten den Heimweg an.

Eine Woche später:

Unser Kind trafen wir an der Wasserstelle. Braungebrannt und zerschrammt erklärte er mit heiserer Stimme: "Hier guckt mal, ich bin beim Fußball gegen einen Balken gerannt". Nach einem Tag seien Verband und Pflaster schon wieder ab gewesen und die Verletzungen konnten stolz zur Schau gestellt werden. Dann entschwand er auch schon wieder unseren Blicken. Am benachbarten Kuchenstand beschwerte sich ein Mädchen beim Küchenpersonal über ihren peinlichen Vater. Der wollte nach der Ankunft sofort Fotos machen. Wie uncool! Ich drückte einen Kaffee aus der Thermoskanne.

Wieder einmal waren wir viel zu früh eingetroffen. Fundbüro gesichtet, Gepäck gefunden, KV-Karte und Impfausweis abgeholt, Sohn gefunden, Sohn begrüßt und immer noch vierzig Minuten bis zum Start. Ab und zu hörte man den Urschrei einer der farblich gekennzeichneten Gruppen. Beim dritten Becher Kaffee kamen endlich ein paar Bekannte. Wir entschieden uns für Talk vor dem Zelt, da wir die Saunawirkung während des Programms schon aus den Vorjahren kannten.

Im Zelt wurde der letzte Teil der David-Geschichte gespielt: Volkszählung, Strafe, Findung des Bauplatzes für den ersten Tempel auf dem Berg Moria. Die Gelegenheit mal wieder eine Bibelstelle (1. Chronik 21, 26) zu zitieren: "Und als er den Herrn anrief, antwortete er mit Feuer vom Himmel". Die Predigt nach der gespielten Geschichte griff diesen Ort Moria auf, erzählte davon, dass Jakob dort seinen Sohn Isaak opfern sollte und dass Jesus dort gekreuzigt wurde. Letzteres hatten wir schon mehrfach in ICF-Predigten gehört. Eltern und Kinder von ICF, Baptisten, Brüdergemeinden und dem Mülheimer Verband hörten diese wichtigen Zusammenhänge nun gemeinsam.

Auf dem Rückweg erfuhren wir, dass das Zeitempfinden auf dem SOLA völlig verloren gegangen sei. Es gab die obligatorische Kanufahrt, riesige Käfer im Zelt und Schlafen unter freiem Himmel. Aber wann genau war das? Es hatte geregnet. Die Freiluftübernachtung fand diesmal an einer bisher unbekannten Stelle statt, schließlich sei man ja "vor Saul auf der Flucht" gewesen. Auch hatten "die Philister" eines Morgens das Frühstück geraubt.

Besonders erfreut waren wir, dass auch Freundschaften mit Leuten aus Gemeinden mit größeren Jugendgruppen geschlossen wurden. Diese werden wir uns in den nächsten Wochen einmal ansehen.

Sonntag, 13. Dezember 2015

FEG Pankow - Gottesdienst im Tabakspeicher

Die FEG Pankow trifft sich in einer niederschwelligen Location. Alleinstellungsmerkmal sind die Bibeln auf den Stühlen. Die Altersstruktur ist durchmischt, tendiert jedoch in das gehobene zweistellige Segment. Nach dem Gottesdienst gibt es einen Gemeinschaftsteil mit Essen und Gesprächen.



Wenn christliche Gemeinden die Einstiegshürden möglichst niedrig halten möchten, finden sie durchaus interessante Locations: das Ladengeschäft an der Ecke, den Kongressbereich eines Hotels, das Restaurant, den Kinosaal oder eben das Erdgeschoss des Tabakspeichers in Pankow.

Die FEG Pankow ist verkehrstechnisch sehr gut angebunden. Wenn nicht gerade diffus ausgeschilderte Umleitungen den Weg erschweren, ist sie sogar von Marzahn aus innerhalb von zwanzig Minuten zu erreichen.

Wieder hatten wir Apfelauflauf dabei, da ein Mitbring-Buffet angekündigt war.

Nachdem wir uns durch einige ausgelassen im Vorraum tollende Kinder gekämpft hatten, betraten wir den großzügig geschnittenen Gottesdienstraum. Er bot etwa hundert Besuchern Platz. Als Alleinstellungsmerkmal fielen sofort die Bibeln auf den Stühlen auf. Wo sonst nur Liedzettel, Ablaufpläne, Gesangsbücher oder gar nichts liegt, lagen in der FEG Pankow Bibeln - nach der Guten Nachricht in heutigem Deutsch. Das gefiel uns sehr gut!

Im Rahmen der Begrüßung stellten wir fest, dass es hier eine Schwämme von Matthiassen gibt. Ein klares Indiz für Altersstrukturen jenseits der Vierzig. Dennoch sahen wir Grundschüler, wenige Teenager, wenige junge Erwachsene und viele Besucher ab dem Alter des klassischen Matthias. Auch die Senioren machten eine gewissen Anteil aus.

Nach einem kurzen Konferenz-Bericht und den üblichen Ansagen folgte eine Anbetungszeit mit modernen Liedern, die von einem Team aus der gereiften Matthias-Epoche recht dynamisch vorgetragen wurden. Während des gesamten Gottesdienstes wechselten Andachtsvideos und Präsentationen mit schönen Landschaftsaufnahmen.

Die Predigt hielt ein Autor verschiedener Pankow-Bücher. Es war alles drin und alles richtig, nur etwas zu lang, keine wirklich neuen Impulse und die selbst formulierte Teaserfrage wurde kaum berührt. OK, ist wohl Geschmacksache und müsste bei einem Folgebesuch evaluiert werden.

Während die oben erwähnten Kinder um die Mitbringsel des Buffets kämpften, entfloh ich auf das WC und traf dort einen weiteren Matthias. Auf direkte Nachfrage stellte sich jedoch heraus, dass er Tobias hieß. Auch gut, Hauptsache "ias" auf der Endsilbe! Damit hatte ich zumindest einen längerfristigen Gesprächspartner mit ähnlichem Beruf gefunden.

Besonders umfangreich und gut sortiert war das Angebot des Büchertisches, der um eine der Säulen im Saal herumgebaut worden war.

Die FEG Pankow hat den Platz, den die nahe gelegene Paulus-Gemeinde Pankow gerne hätte. Allerdings muss der Saal nach jedem Gottesdienst wieder auf Schulmensa umgebaut werden. Das ist Stress pur. Stress übrigens, den auch Gemeinden haben, die sich im Kinosaal oder im Kongresszentrum eines Hotels treffen.