Das Springborn Projekt der Mennonitischen Brüdergemeinde in Johannisthal gibt es seit knapp sechzehn Jahren. Etwa dreißig Prozent der Besucher sind in ähnlichem Alter. Am Südwestende des Sterndamms treffen sie sich sonntags um 10:30 Uhr zum Gottesdienst.
Die Parallelwelten der christlichen Szene ziehen sich quer durch die Stadt. So bedurfte es des diesjährigen SOLA, um die Mennoniten in Johannisthal überhaupt auf den Radar zu bekommen. Der Gottesdienst beginnt zeitgleich zum Brunch der JKB Treptow, die wir vor einer Woche im benachbarten Kino Astra besucht hatten.
Bahnhof Schöneweide, Filmpalast Astra, unsere damalige Wohnung am Sterndamm, dann einmal rechts und zweimal links. Wir fuhren auf den Parkplatz hinter dem renovierten Mehrzweckbau. Jemand verschwand durch eine geöffnete Tür im Untergeschoss. "Du kannst doch nicht durch die kalte Küche gehen", hörte ich meine Frau noch rufen und schon stand ich im Gemeindesaal des Ground Zero. Offensichtlich trafen sich dort Christen mit russischer Zuwanderungsgeschichte. Sie zeigten uns eine Treppe, die zu den Räumen der Mennoniten führte.
Auf dem Weg kamen wir an einer Fotostrecke zum Umbau des Mehrzweckhauses vorbei. Sehr viel Eigenleistung mit einem bemerkenswerten Ergebnis. Das Haus erinnerte an die EFG Wiedenest und gefiel mir sehr gut. Vorbei an der "warmen Küche" traten wir in den hellen Vorraum. An der Wand lasen wir Jesaja 43, 19.
Pünktliches Erscheinen hat gelegentlich seine Vorteile. Nach einer freundlichen Begrüßung wurde uns nämlich gleich das Haus gezeigt und diverse Informationslücken geschlossen. So erfuhren wir, dass das Springborn Projekt neben einer russischen Gemeinde auch eine Location der Arche (Kinderprojekt) beherberge. Im Saal traf unser Sohn einige SOLA-Leute und unsere Tochter gab die Sitzposition vor. Super, vorletzte Reihe aber immerhin mit direktem Blick zur Plexiglaskanzel. Die Atmosphäre war sehr herzlich.
Während einer ausgiebigen Gemeinschaftszeit wurden Bibeltexte verlesen, die Kollekte eingesammelt und die Aktivitäten der nächsten Woche vorgestellt. Als die Kinder und Jugendlichen nach vorne gebeten wurden, um zum Schulanfang gesegnet zu werden, begaben sich etwa dreißig Prozent der Gottesdienstbesucher auf die Bühne. Es seien noch viele Leute im Urlaub gewesen, wodurch der Saal mit seinen 120 Plätzen wohl normalerweise an der Kapazitätsgrenze rangiert.
In der Predigt ging es darum, wie Gott und das Leid zusammen passen. Es wurden verschiedene Situationen geschildert und immer wieder gefragt, wie das mit dem Glauben in Einklang zu bringen sei. Pastor Andre Pritzkau baute einen "Sandwich" aus Johannes 14, 27 und Johannes 16, 33 auf und legte das Leid dazwischen. Die Texte sagen aus, dass wir zwar "Druck" haben werden, Jesus aber die Welt besiegt hat und uns seinen Frieden gibt. Ja, es gibt ungeplantes und schweres Leid, aber es gibt auch den Frieden Gottes, der dem Leid einen Sinn gemäß 2. Korinther 1, 3-4 geben kann.
Der umrahmende Lobpreis mit Gitarre, Klavier und Schlagzeug hatte solch ein Tempo, dass wir während des Singens über den Text nachdenken konnten. Es wurde sogar ein Kanon gesungen.
Nach dem Gottesdienst gab es Kaffee, Kuchen und Chili con Carne. Dabei war Gelegenheit zu weiterem Networking. Einige Gemeindemitglieder kannten wir aus früheren Zeiten oder wir hatten mit deren Arbeitgebern oder Verwandten zu tun. Im Springborn Projekt treffen sich Jugendliche mehrerer Gemeinden. Singles und Familien aus Britz, Rudow und Johannisthal haben in dieser Kiezgemeinde ihre geistliche Heimat gefunden. Aber wie kommt es, dass eine Mennonitische Brüdergemeinde einen Pastor hat?
Menno, was sind eigentlich Mennoniten?
Die Geschichte der Mennoniten ist noch älter als die der Baptisten. Sie entstanden schon zur Zeit Luthers, favorisierten die Trennung von Kirche und Staat sowie eine Taufe nach bewusster Entscheidung für Jesus. Der Name leitet sich vom friesischen Reformator Menno Simons ab.
Der Baptismus entstand erst einhundert Jahre später in England und hatte vergleichbare Ansichten. Die Erscheinungsformen der Mennoniten sind heute so unterschiedlich wie die der modernen Brüder- oder Baptistengemeinden. Die Grundprinzipien von Glaubenstaufe und politischer Enthaltsamkeit bestehen jedoch weiterhin.