Das Jüdische Museum ist wegen der Verbindung zwischen Architektur, Geschichte und Themen äußerst interessant. Die Eintrittspreise sind moderat und man sollte gute vier Stunden für einen Rundgang einplanen.
Obwohl Christi Himmelfahrt auf den Herrentag alias Vatertag alias Männertag alias Bollerwagentag umgewidmet wurde, ist dieser Tag in Berlin noch ein gesetzlicher Feiertag. Das ist nicht selbstverständlich, da ja auch der Buß- und Bettag abgeschafft wurde und die unzähligen katholischen Feiertage in unserer Region gar nicht greifen. Ob sich das nach dem heute und morgen stattfindenden Besuch der Kanzlerin beim "Heiligen Stuhl" in Rom ändern wird?
Gegen Mittag hatten wir uns endlich geeinigt, dass wir an diesem christlichen Feiertag nicht in der Wohnung versauern oder im Garten grillen, sondern zunächst arabisch essen gehen und dann ins Jüdische Museum fahren. Damit waren alle Weltreligionen vertreten, die Abraham als ihre Wurzel haben.
Die Idee für das Jüdische Museum kam von meinem Schwager und dessen Freundin. Mit dem Berlinpass können sie jeden Donnerstag kostenlos die Berliner Museen besuchen. Wir zahlten als Familie vierzehn Euro, was auch vertretbar war. Da wir das Jüdische Museum bereits kannten, wollten wir uns diesmal auf positive und zukunftsorientierte Exponate konzentrieren. Immerhin war nach dem herausfordernden Netanjahu-Besuch im Oktober 2015 eine Trendwende der deutsch-israelischen Beziehungen eingetreten, so dass beim darauf folgenden Treffen Mitte Februar 2016 in der Einleitung der Kanzlerin einmal kurz das Wort "Schoa" auftauchte und sonst nur über aktuelle und zukünftige Projekte geredet wurde. Es ging um Start-ups, Wissens- und Technologietransfer, eMobility, Infrastruktur, erneuerbare Energien und den Klimawandel.
Jüdisches Museum - Glashof mit Spiegelung der Dachkonstruktion |
Der Weg in die Ausstellung führte den Besucher zuerst eine Treppe hinab, die am Beginn mehrerer Kreuzwege endete. So wie die Juden während der Verfolgungszeit die verfügbaren Optionen abwägen mussten, musste sich hier der Besucher für eine Reihenfolge entscheiden. Wir fanden uns in einem verwinkelten Infobereich wieder, gingen dann in die Sackgasse mit ein wenig aber nahezu unerreichbarer Hoffnung, flüchteten von dort und kamen in eine bedrückende Freiluftinstallation, die das Exil in der vermeintlichen Freiheit symbolisieren sollte und dabei immer wieder interessante Sichtachsen bot.
Jüdisches Museum und die Fühlbarkeit von Bedrängnis und nahezu unerreichbarer Hoffnung |
Theodor Herzl, der die theoretischen Grundlagen für die Staatsgründung gelegt hatte, starb jedoch schon vierundvierzig Jahre vorher, was ihm auch die beiden Weltkriege ersparte. Dennoch konnte er sehen, dass es zu einem eigenen Staat auf dem alten Boden, der schon Abraham versprochen worden war, kommen wird. Apropos Sehen: Überall bietet die Architektur interessante Blickwinkel und Sichtachsen. Schaut man jedoch durch die schmalen Fenstern nach draußen, ist immer irgendein architektonisches Element im Wege, so dass man nur mit akrobatischem Geschick oder partiellem Verzicht auf die Außenwelt blicken kann.
Jüdisches Museum in der Abendsonne |
Insgesamt war es ein sehr buntes Bild, das im Jüdischen Museum gezeichnet wurde. Anschließend setzten wir uns noch in den Garten und warteten, bis die Familie wieder komplett war.
Nach so viel Judentum war zum heutigen christlichen Feiertag wieder etwas muslimisches angesagt: Abendessen beim Türken. Mein Schwager kannte sich in der Gegend erstaunlich gut aus und lud uns zu Pizza, Salat und Falafel ein.