Sonntag, 23. April 2017

Saddleback Berlin mit Taufe und Live-Predigt

Heute war ein besonderer Sonntag bei "Saddleback". Mit baptistischen Wurzeln sind regelmäßige Taufen schon fast ein Muss. Ergänzend dazu wurde heute auch noch live gepredigt. Buddy Owens, der Mentor von Pastor Dave Schnitter, war aus Kalifornien angereist, so dass auf die übliche Video-Predigt verzichtet wurde.



Bereits gegen 8:30 Uhr hatte "a couple of guys" das Taufbecken im Hof der Kalkscheune aufgebaut. Eine Gartenplansche von 2,6 x 1,6 x 0,65 Metern und einem Fassungsvermögen von 2.700 Litern Wasser. Egal, Hauptsache ein Wasserstand, der ein komplettes Untertauchen als Symbolhandlung gemäß Kolosser 2, 12 und Römer 6, 3-4 ermöglicht. Der zeitgenössische Baptismus kann sogar den gesamten Akt der Taufe per Video festhalten. Dazu reicht eine der beliebten Action-Kameras oder ein wasserdichtes Smartphone.

Gottesdienst in der Kalkscheune

Als wir gegen zehn bei Saddleback eintrafen, plätscherte das Wasser ins Taufbecken. Wenige Stunden zuvor war meine Frau mit ihren Freundinnen an dieser Stelle noch von einem Dance Floor zum nächsten geschwebt. Dave Schnitter begutachtete das Wasser und eilte dann in den zweiten Stock, um die Gottesdienstbesucher zu begrüßen.

Als der Countdown endete und die ersten Gitarrenklänge von der Bühne schallten, war es noch sehr leer im Saal. Nirgends konnte ich Buddy Owens entdecken und fragte mich, ob heute flexibel umdisponiert werde. Aber der Raum füllte sich und füllte sich und zum Ende der Lobpreiszeit erspähte ich den heutigen Redner ganz hinten in der Ecke. Er beobachtete von dort aus den europäischen Ableger der amerikanischen Muttergemeinde, die mit 20.000 Gottesdienstbesuchern als "Mega Church" bezeichnet wird. Die Bezeichnung "Groß-Mutter" könnte hingegen zu Verwechslungen führen.

Buddy und Matthäus

Buddy Owens justierte sein kleines Mikrophon am Hemdskragen und legte los. Er redete über "die skandalöse Liebe Gottes" und hangelte sich dabei an diversen Bibelstellen entlang. Den Zuhörern stand wie üblich ein Begleitzettel für Notizen zur Verfügung. Es ging um Matthäus, der das Matthäus-Evangelium geschrieben hatte. Als Zollbeamter wurde er von den Leuten seines eigenen Volkes gemieden und die Römer mochten ihn nicht, da er kein Römer war. Matthäus saß also zwischen den Stühlen und hatte lediglich sein Geld und Freunde mit ähnlichen gesellschaftlichen Kennziffern. Den Juden galt er als "unrein" und hatte damit keinen offiziellen Zugang mehr zu Gott.

Jesus ist für sein unkonventionelles Vorgehen bekannt. In Matthäus 9 Vers 9 kommt er am Zollhaus vorbei, schickt einen seiner Schüler los und lässt dem Beamten ausrichten: "Wenn du alles richtig machst und dich ordentlich anstrengst, können wir mal über eine Begegnung reden". Nein, so war das nicht. Der Text beschreibt das folgendermaßen: "Und Jesus sah einen Mann im Zollhaus sitzen, der Matthäus hieß, und sagte zu ihm: Laufe hinter mir her". Solch eine Ansprache war völlig unerwartet und neu für Matthäus.

Blickwinkel

Neu für mich war die Interpretation von Matthäus 13, wo es um die kostbare Perle und den Schatz im Acker geht. Seit meiner Kindergottesdienstzeit hatte ich verinnerlicht, dass der Kaufmann ein Mensch ist, der endlich zu Jesus, also der kostbaren Perle findet und dann alles andere dafür aufgibt, um diese Perle zu bekommen. Buddy Owens wechselte die Blickrichtung und setzte Jesus an die Stelle des Kaufmanns. Jesus, der mit seinem Leben dafür bezahlte, dass er mich gewinnen kann. Sagenhaft. Eine Sicht, die auch auf den Schatz im Acker adaptierbar ist und viel logischer klingt als die bisherige Interpretation.

Kaffee am Pool

Nach dem Gottesdienst sollten wir uns alle noch Kaffee holen und in den Hof gehen. Dave Schnitter hatte Shorts und ein dunkelblaues Tauf-Shirt, ein T-Shirt sozusagen, angezogen. Auch Buddy Owens war so gekleidet, trug aber keine Schuhe. Er zitterte, trug die Unterkühlung jedoch mit Fassung. Es wurde noch einmal heißes Wasser in den Pool gegossen und dann konnte es losgehen. Der Hof der Kalkscheune war jetzt mit Menschen sämtlicher Nationalitäten und Altersgruppen gefüllt, die mit Smartphones und Kaffeebechern dem Geschehen beiwohnten. Spontan entschied sich noch eine weitere Frau zur Taufe, so dass es insgesamt sieben Unterwasseraufnahmen mit der GoPro geben konnte.

Sieben Taufen

Dave erklärte kurz den Sinn der Taufe anhand der oben zitierten Bibelstellen. "It's a symbol", sagte er und wie auf Knopfdruck ging ein Platzregen auf die Sonnensegel im Innenhof nieder. Dieser wurde immer stärker und endete in einem Hagel. Die Sonnensegel schützten jedoch die Gemeinde, so dass nach einer kurzen aber würdigen Beachtung des Zeichens vom Himmel die Zeremonie fortgesetzt werden konnte. Buddy und Dave stiegen ins Planschbecken und tauchten alle sieben Personen nacheinander komplett unter. 2,6 x 1,6 Meter waren ein durchaus geeignetes Maß dafür. Mit Applaus und Ausrufen der Begeisterung begrüßte die Gemeinde die "auferstandenen" Familienmitglieder.

Dreieinhalb Grad

Während sich die Getauften abtrockneten, traten wir den Heimweg an. Da es immer noch regnete und sich große Pfützen am Straßenrand gesammelt hatten, führte ich meiner Familie das sogenannte "Drive By Baptism" vor. Es fanden sich allerdings keine Interessenten. Kurz vor der Haustür merkte ich beim Bremsen ein gewisses Aquaplaning. "Ja, meine Sommerräder rutschen auch öfter mal bei den aktuellen Temperaturen", sagte meine Frau. Ich schaute aufs Thermometer: 3,5 °C.