Sonntag, 19. Januar 2020

Martin Luther in Steglitz

Steglitz - der Bible Belt von Berlin. Heute besuchten wir den Gottesdienst der Martin-Luther-Kirche in der Nähe des Botanischen Gartens.



Das Navi führte uns einen interessanten Weg. Wegen der Libyen-Konferenz war die Innenstadt gesperrt. Die Innenstadt ist das Nadelöhr, wenn man nach Steglitz fahren möchte. Meine Frau nutzte die Zeit, um das Bonusprogramm ihrer Hebräisch-App zu absolvieren: "Ani koneh Tick schechor" (Ich kaufe eine schwarze Tasche.), "Atta jodea lizlol?" (Kannst du tauchen?) - Wir kamen über die sprachlichen Unterschiede von Können und Befähigung ins Gespräch. Nach einer halben Stunde waren wir in Steglitz und bogen in ein blumiges Wohngebiet ein: Hyazinthenstraße, Tulpenstraße, Hortensienstraße.

Martin Luther war eingerüstet. Am Gerüst ein großes Schild der Lotto-Stiftung. "Aha, Oma finanziert den Bau der Kirche", bemerkte mein Sohn. Eine ältere Dame verschwand unter den Gerüsten. Wir folgten ihr und gelangten in einen hellen Vorraum. Dort wurden wir bereits vom Pfarrer begrüßt: schwarzer Talar und sehr freundlich. Ein anderes freundliches Gemeindemitglied drückte uns ausreichend Gesangsbücher in die Hand. Die Kirchenbänke waren mit Kissen belegt, so dass auch längere Gottesdienste möglich waren. Die Kirche war gut temperiert.

Bemerkenswert war die natürliche Freundlichkeit, die sämtliche Gottesdienstbesucher ausstrahlten. Man fühlte sich sofort willkommen. Es gab einige Familien und ältere Besucher, jedoch kaum Jugendliche. Die Kinder durften nach einem kurzen gemeinsamen Beginn in ihr eigenes Programm gehen. Die Anfangsliturgie nahm einige Zeit in Anspruch.

Dann folgte die Predigt. Dazu hatte sich der Pfarrer an eine Kanzel gestellt und seine Kollegin an die andere Kanzel. Beide zeigten uns, wie eine Dialogpredigt funktioniert. Das war recht interessant, weil sie sich einerseits die inhaltlichen Bälle zuwarfen und andererseits die Fragen und Bedenken des anderen auflösten. der Predigttext stand in Jeremia und war durch die Losungen vorgegeben worden. Während die Pfarrerin zunächst überlegt hatte, einen anderen Text zu nehmen, ging ihr Kollege darauf ein, dass Gott in all den herausfordernden Umständen immer noch alles im Griff habe.

Zum Abschluss des Gottesdienstes gab es noch ein gemeinsames Abendmahl, den Segen und ein Postludium von der Orgel. Meine Frau bemerkte, dass die Orgel endlich mal flott gespielt worden sei. So habe man die Lieder gut mitsingen können.

Die oben schon erwähnte Willkommenskultur setzte sich im Vorraum weiter fort. Kaffee und Kuchen wurden uns auf eine charmante Weise regelrecht aufgedrängt. Einige Gemeindemitglieder sprachen uns an und wollten wissen, ob mein Sohn Konfirmand ist. Unsere eigene Besuchergruppe war inzwischen auf sieben Personen angewachsen: Freunde aus Saddleback, Arbeitskollegen und wir. Die Kollegen wohnen in Steglitz und sehen im kurzen Fußweg einen erheblichen Mehrwert. Der Gottesdienstbeginn um 11 ist ebenfalls gut auf jüngere Besucher abgestimmt. Ganz abgesehen von dem angenehmen Klima in der Martin-Luther-Kirche.