Manfred Siebald ist seit 1970 als Liedermacher unterwegs und schildert mit Gitarre und Gesang die Facetten seines Glaubenslebens. Heute war er bei den Baptisten am Wannsee zu Gast.
Manfred Siebald war unseren Kindern nicht bekannt. Gehört er doch einer Generation an, die mit dem Kassettenrecorder im Zug saß und auf der Fahrt zur Jugendfreizeit die ahnungslosen Fahrgäste beschallte. Heute fuhren wir ohne Kassetten diametral durch Berlin, um unseren Kindern ein Urgestein der zeitgenössischen christlichen Musikszene zu demonstrieren. Manfred Siebald hatte sich zu einer Matinee im Gottesdienst der Baptistengemeinde Wannsee angekündigt.
Als wir kurz vor elf eintrafen, läuteten die Glocken, was ein bemerkenswertes Alleinstellungsmerkmal für eine Baptistengemeinde ist. Das helle Gemeindehaus muss anhand der Farbgebung um die Jahrtausendwende renoviert worden sein. Durch die hohen Fenster konnten wir in das Grün der Wannsee-Umgebung blicken. Die Polsterstühle waren fast alle besetzt. Unsere Bekannten hatten unter höchstem Einsatz von Schals, Taschen und Ansehen vier Plätze für uns frei gehalten. Nur dadurch konnten wir zwei Reihen hinter dem bekannten Liedermacher sitzen.
Nach einer kurzen Einleitung und Begrüßung durch den Gemeindeleiter der EFG Wannsee begann das Programm. Manfred Siebald nutzte eine Gitarre, eine viersaitige Ukulele, zwei Mikrofone und seine Stimme. Thematisch hangelte er sich an den guten Vorsätzen entlang, die zu Sylvester niedergeschrieben werden und zur Mitte des Jahres hin durchaus zu reflektieren seien. In den Liedern wurden Jesus und Gott direkt genannt oder kamen verklausuliert in den Texten vor.
"Ins Wasser fällt ein Stein", "Gott lädt uns ein zu seinem Fest", "Es geht ohne Gott in die Dunkelheit" und andere bekannte Lieder stammen von ihm. Davon sangen wir heute allerdings nur wenige gemeinsam. Einen Großteil kannten wir nicht und konzentrierten uns deshalb auf die anspruchsvollen Texte. Besonders war ein Lied über "Wo warst du Gott" hängen geblieben, wo diese provokante Frage einmal in einem positiven Kontext von bestandener Prüfung, gefundener Liebe des Lebens, Bewahrung beim Treppensturz und ähnlichen Situationen gestellt wurde. Ehrlichkeit und Authentizität waren weitere Themen, die sich durch sämtliche Texte zogen.
Manfred Siebald sang und redete völlig frei. Nur beim Lesen einer kurzen Geschichte nahm er ein Buch zur Hand. Er schreibt also auch Bücher. In seinen 68 Lebensjahren war er sehr produktiv und hatte, wie für einen 68er typisch, die Gesangsgepflogenheiten so manch einer evangelischen Freikirche revolutioniert.
100 Minuten Liedermacher inklusive Zugabe muss man mögen. So wurde das umfangreiche Programm mit dem durchgängigen roten Faden vom Publikum mit Applaus aufgenommen. Meine Tochter war jedoch in einen seichten Schlaf gefallen, mein Sohn bog und knackte seine Finger, ältere Herren lauschten regungslos dem Gesang und einige Frauen wippten begeistert mit. Die Gemeindeleitung freute sich über diesen hochkarätigen Gast und die heutige Spendensammlung für das Flüchtlingsprojekt am Wannsee.
Nach dem Gottesdienst liefen wir die Königstraße entlang und fanden mal wieder einen Inder. Bei leckerem Essen und Mango-Lassi reflektierten wir das Konzert und erfuhren, dass unsere Begleiter oft die CDs von Manfred Siebald durch ihre Wohnung schallen lassen.