Samstag, 8. Dezember 2018

First Christmas mit der Stadtmission im Ringcenter

Die Berliner Stadtmission hat den 2. Samstag im Advent genutzt, die originale Weihnachtsgeschichte mit Text, Spiel und Gesang aufzuführen. Die Kulisse stellte das zentrale Weihnachtshaus im Ringcenter am S-Bahnhof Frankfurter Allee.



Buff - "Du kannst das jetzt reklamieren gehen", sagte ich und hielt meiner Frau die kleine Tüte von Conrad Electronic unter die Nase. "Hat nicht geklappt?" - "Ich schmeiße jetzt die Mikrowelle in den Müll." Was war passiert?

Meine Frau hatte die Idee, heute Nachmittag zum Rixdorfer Weihnachtsmarkt zu fahren. Rixdorf ist eine sehr fromme Gegend mit Herrnhuter Brüdergemeine und Böhmischen Dörfern. Auch wenn ich Weihnachtsmärkte nicht mag, wollte ich meine Gattin heute mal begleiten. Einfach, um mit ihr zusammen zu sein. Untypisch war auch, dass ich ihre Entscheidung für die öffentlichen Verkehrsmittel akzeptierte.

Abstecher zu Conrad

In Neukölln stiegen wir in die U-Bahn um. Auf den Displays war zu lesen, dass der Rixdorfer Weihnachtsmarkt wegen Unwetterwarnung heute nicht stattfinde. Das glaubten wir nicht. Bei Google-Maps stand, dass der Weihnachtsmarkt geöffnet sei. So fuhren wir zunächst unter Rixdorf hindurch und zum Herrmannplatz. Dort kauften wir bei Conrad Electronic eine Sicherung für unsere Mikrowelle. Die Mikrowelle stand schon seit Monaten halb zerlegt im Flur und es war nirgends eine passende Sicherung dafür zu bekommen. Auch nicht bei Amazon. Conrad hatte noch genau eine Sicherung, die zwar nur 15 statt 16 Ampere verkraften konnte, aber egal. Das seltene Stück kostete 15 Euro. Dafür war eine kleine Conrad-Tüte dabei.

Im Nieselregen schlenderten wir noch etwas durch Neukölln. Straßenverkehr und sonstiges Ambiente erinnerten an Istanbul. Auch die Gerüche. Bei Karstadt entdeckten wir ein neues Geschäftsmodell: Tür auf- und einen Becher hinhalten. Meine Frau warf Münzen in den Becher von zwei russischen U-Bahnmusikern. Können muss honoriert werden.

Rixdorf und die Böhmischen Dörfer

Wieder sahen wir die Laufschrift, dass der Rixdorfer Weihnachtsmarkt ausfalle. Wir glaubten das immer noch nicht. So ging es wohl vielen Berlinern, die mit uns am U-Bahnhof Karl-Marx-Straße ausstiegen. Spätestens hier war ich froh, dass wir nicht mit Auto unterwegs waren. Es regnete. Autos und Fußgänger soweit das Auge reichte. Dann bogen wir in die lauschigen Gassen von Rixdorf ein. Eine ganz andere Welt unmittelbar neben Istanbul. Man fühlte sich plötzlich wie im weihnachtlichen Erzgebirge. Überall die Herrnhuter Weihnachtssterne von winzig bis riesig in unterschiedlichen Farben.

Als wir uns dem historischen Kern von Rixdorf näherten, stellten wir fest, dass die U-Bahn Recht gehabt hatte. Es waren nur sehr wenige Buden geöffnet und an der Bühne stand schon das THW für den Sturmeinsatz bereit. Wir schlenderten im Regen über den Platz und dann langsam Richtung S-Bahnhof. Das Timing passte perfekt zu einer Alternativ-Veranstaltung, die ich noch in der Hinterhand hatte: Berliner Stadtmission im Ringcenter.

Berliner Stadtmission im Ringcenter

Das Ringcenter liegt direkt am S-Bahnhof Frankfurter Allee. Man fällt regelrecht von der S-Bahn in dessen Nebeneingang. Aus der Tiefe waren weihnachtliche Klänge zu hören. Wir folgten der Musik. An zentraler Stelle war ein Knusperhäuschen aufgebaut - das Weihnachtshaus. Die Musiker von der Stadtmission übten noch einmal ihre Stücke. Direkt vor der Bühne saßen Kinder mit Bommelmützen und Müttern. Die Mütter hatten kaum Platz, da wenige Meter weiter ein Smoothie-Stand seine fruchtigen Getränke anbot. Die Stadtmissionare wirkten sehr beschäftigt und der Platz war eng. Deshalb fuhren wir wieder eine Etage höher und schauten von der deutlich besseren Position zu. Das sah der mitgebrachte Kameramann wohl auch so und folgte uns.

Das Programm ging etwa eine halbe Stunde und war auf die Location abgestimmt. Es gab einen raschen Wechsel von Text, Theater und Musik. Dabei schlüpften einige der Akteure in verschiedene Rollen: Gesang, Engel, schwangere Elisabeth, Cajon, Joseph, Hirte, Bass-Ukulele und Maria. Die Übergänge funktionierten so perfekt, dass diese Personalunion kaum auffiel.

Mehrfach wurde ein Rückblick auf das Geschehene gegeben. Schließlich war ein ständiges Kommen und Gehen zu verzeichnen. Einkaufscenter eben. Nur das Publikum direkt vor der Bühne war recht konstant. Eine Frau mit Kopftuch filmte die gesamte Weihnachtsgeschichte mit ihrem Smartphone. Ein Vater machte mehrere Fluchtversuche, wurde aber von seinem kleinen Sohn zum Dableiben gezwungen. Neben uns tanzten Kunden zu "Gloria in excelsis Deo". Das Programm hatte die Stadtmission mit "First Christmas" angekündigt. Damit sollte auf den Ursprung des Weihnachtsfestes und auf Jesus aufmerksam gemacht werden. Das war nach unserer Einschätzung gelungen.

Die Stadtmissionare boten nach dem Programm noch Gespräche an, zogen sich jedoch bald in das Weihnachtshäuschen zurück. Schade, wir wollten noch kurz "Hallo" gesagt haben. So irrten wir durch das Ringcenter und fanden tatsächlich den Ausgang zur S-Bahn. Wenn Jesus schon das Timing bestimmt, dann richtig: Auf den Stufen zum Bahnsteig trafen wir noch eine gute Freundin und konnten uns gleich zum morgigen Adventsgottesdienst verabreden.

Als wir zu Hause waren, holte ich die zerlegte Mikrowelle hervor und setzte die neue Sicherung ein. Die Uhr leuchtete. Ich drehte den Knopf auf 30 Sekunden und drückte auf "Micro": Buff.