Die Bahnhofsmission der Stadtmission ist eine prominente Einrichtung, die das soziale Engagement von Christen, Wirtschaft und Politik widerspiegelt. Heute war ich dabei, als Bundespräsident Steinmeier die Bahnhofsmission am Zoo besuchte.
"Hat sie der Bazillus auch schon erwischt?", wollte Schwester Inge wissen. Die pensionierte Schwester mit dem schlichten grauen Gewand und dem weißen Häubchen blickte mich mit ihren gütigen Augen an. Sie meinte den Bazillus ansteckenden Glaubens an Jesus. Als ich das bestätigte und hinzufügte, dass das wohl der einzige Bazillus sei, der keinen Heilungsprozess benötige, freute sie sich noch viel mehr.
Schwester Inge hatte ich bereits vor einem Jahr erlebt, als Joachim Gauck die Bahnhofsmission besucht hatte. Fünf Tage später fand der Anschlag auf den Breitscheidplatz statt. Letzterer jährt sich morgen - eine tragische Terminverknüpfung. Ich fragte Schwester Inge, ob der damalige Bundespräsident sein Versprechen eingelöst habe. Er wollte zum Abwaschen kommen. Ja, das habe er wenige Wochen nach Ende seiner Amtszeit in die Tat umgesetzt.
Frank-Walter Steinmeier im Gespräch bei der Bahnhofsmission der Stadtmission |
Einige der Punkte wiederholte der Bundespräsident in seiner Begrüßungsrede. Zudem sei er das vierte Mal innerhalb der letzten zwei Jahre bei der Stadtmission. An diesem Ort zeige sich, was "in der Gesellschaft noch zu erledigen ist". Er dankte "denen, die sich kümmern". Die Gäste erfuhren ferner, dass die Deutsche Bahn um die 500 Mitarbeiter für "Servicetage" in der Bahnhofsmission freistellt. Die Obdachlosen am Bahnhof Zoo kommen aus 80 Nationen. Das ist mehr als in den bekannten multi-ethnischen Gemeinden der Stadt.
Elke Büdenbender im Gespräch bei der Bahnhofsmission der Stadtmission |
Dann wechselten wir den Raum. Kameraleute drängten sich hinter die Absperrung im Speisesaal. Zwei Stühle am zentralen Tisch waren frei. Weihnachtsgebäck, Kaffeetassen mit Löffel und rote Servietten. Am präsidialen Geschirr-Spülbecken hatte ich ein wenig Bewegungsfreiheit - direkt hinter der ARD und deren Plüschmikrofon.
Einer der Mitarbeiter mit den markanten blauen Jacken bot der Presse seelsorgerliche Gespräche an. Es sei noch nicht zu spät für eine Bekehrung. Mission wird hier also wörtlich genommen.
Frank-Walter Steinmeier im Gespräch mit Mitarbeitern der Bahnhofsmission |
Über der Szenerie fiel der Blick immer wieder auf das Kreuz an der Wand. Jesus - in unsichtbarer Anwesenheit - hat sich bestimmt gefreut.