Sonntag, 29. März 2020

Gottesdienst im Schlafanzug: #icfathome wegen #COVID19

#COVID19 fördert neue Formen der Gottesdienstgestaltung und der christlichen Gemeinschaft. Videoaufzeichnungen und Livestreams von Predigten und Lobpreisungen sowie Kleingruppentreffen per WhatsApp, Skype und in anderen virtuellen Räumen.



Zwei Wochen selbst auferlegter Quarantäne sind nicht spurlos an uns vorbeigegangen: Mein Büro wurde mit Dampfreiniger gesäubert. Zwölf alte Projektordner wurden geschreddert. Teile des Gartenhauses und des Zaunes wurden gestrichen. Das Zimmer unserer Tochter wurde entrümpelt. Sie selbst musste auf ministerielle Anweisung ihr Freiwilligenjahr in Madagaskar abbrechen. Meine Frau sitzt auf Abruf zu Hause. Mein Sohn hat seit zwei Wochen keine Schule mehr und erledigt nun seine Hausaufgaben in Kombination mit Minecraft.

Wann er ins Bett gegangen war, konnte bisher nicht ermittelt werden. Jedenfalls hatte er unseren Auftrag zum Raussuchen eines Online-Gottesdienstes verpennt. Kurz vor elf regte sich etwas in seinem Zimmer, so dass er pünktlich zum Gottesdienst auf der Couch saß - im Schlafanzug.

Was Gemeindeversammlungen über Jahre hinweg nicht durchgesetzt bekommen, schafft Corona: Gottesdienstbeginn um elf. Elf Uhr ist eine geniale Zeit für Familien, Jugendliche und junge Erwachsene. In Gemeinden mit breiter demografischer Durchmischung scheitert die Verlegung des Gottesdienstes auf elf Uhr in der Regel am Widerstand der Senioren. "Aus Liebe zu den Geschwistern" quälen sich dann sämtliche Altersgruppen um zehn, um neun oder noch früher ins Gemeindehaus. In einigen Regionen Deutschlands wird der Gottesdienst auch nach der Zubereitungszeit der Klöße festgesetzt. In diesen Regionen kommt nun das zeitversetzte Ansehen von YouTube-Gottesdiensten ins Spiel.

Da wir um elf zu viert im Wohnzimmer saßen, konnten wir den Lobpreis und den Gottesdienst in Echtzeit miterleben. Kurz zuvor hatten wir uns noch die humoristischen Einlagen von Dave Schnitter (Mosaik Berlin) und Rob & Holly McGee (Saddleback Berlin) angeschaut. Mit Beamer und mehreren Browserfenstern muss man nichts verpassen.

Da wir wussten, dass ICF zu den fitten medialen Gemeinden gehört, war die Entscheidung heute für ICF gefallen. Die Muttergemeinde in der Schweiz bot ein Streaming über Facebook an. Ein Countdown zählte das akademische Viertel herunter. Währenddessen unterhielten sich zwei Schweizer über die Herausforderungen des Alltags während Corona. Wir verstanden kaum ein Wort und mussten uns den Zusammenhang aus den reichlich genutzten Anglizismen zusammenreimen. Denglisch ist gar nichts gegen Schwenglisch. Um die Absprungrate zu minimieren, wurde unentwegt der Hinweis eingeblendet, dass Viertel nach elf eine Predigt auf Hochdeutsch folge. Tatsächlich konnten dann auch die beiden Vorprogramm-Protagonisten auf unsere Hörgewohnheiten umschalten.

Leo Bigger, Gründer und Pastor des europaweiten ICF-Netzwerkes, redete über Corona. Allerdings mit dem Fokus, dass Gott viel größer ist. Anhand der zehn Plagen von Ägypten zeigte er auf, dass Gott mit Pandemien und Naturkatastrophen eine Botschaft vermitteln möchte. Nämlich die, dass ER alles im Griff hat und Menschen sucht, die IHN suchen. Die Predigt war klar und führte im Finale hin auf das Blut von Jesus und dessen Bedeutung für uns.

Der Lobpreis von ICF Schweiz war auch sehr mitreißend und wurde mit den bekannt professionellen Elementen wie Lichttechnik und Hintergrundvideos untermalt. Die wenigsten Lieder kannte ich. Ganz anders die Kinder, die bei SOLA und MOVE auf diese Titel getrimmt worden waren.

Nach dem Gottesdienst verteilte sich die Familie in der Wohnung. Zu Mittag gab es passend zur Predigt aus den Mosebüchern ein Linsengericht. Es wollte aber niemand sein Erstgeburtsrecht verkaufen. Dennoch wurden alle satt. Sättigung ist ein wichtiges Gefühl während der vielen Tage zu Hause. Kann es uns doch am Kühlschrank bei der Beantwortung folgender Frage helfen: Ist das jetzt Hunger oder Langeweile?

Sonntag, 1. März 2020

Hillsong Berlin im Westhafen

Als regelmäßige Hörer von Hillsong-Playlists wollten wir nach drei Jahren mal wieder einen Hillsong-Gottesdienst besuchen. Hillsong Berlin trifft sich seit heute in einer coolen Eventlocation am Westhafen.



Bei Hillsong Berlin gibt es wohl nur zwei Konstanten: das Pastorenehepaar Wilkinson und die permanente Veränderung. Hillsong Berlin hat seit 2015 mindestens vier neue Veranstaltungsorte gesehen: Alexanderplatz, Kulturbrauerei, ein Hotel an der Friedrichstraße und nun die Halle 1 im Sektor B des Westhafens. Der Name der Gemeinde wurde ebenfalls geändert - von Berlin Connect in Hillsong Berlin. Das ist als Aufwertung zu verstehen. Berlin Connect war zunächst nur ein Teil der Hillsong Family, aber noch keine echte Hillsong-Gemeinde. Wer den Namen Hillsong tragen darf, zeigt damit, dass auch Hillsong drin ist.

Beim heutigen ersten Gottesdienst im Westhafen wurde noch etwas geübt mit der Technik. Licht und Ton mussten noch auf die neuen Räume abgestimmt werden. Eine typische Lagerhalle, wie man sie auf innerstädtischen Häfen kennt und wie sie als Magnet für die Start-up-Szene fungiert. Entsprechend jung war das Publikum. Das Durchschnittsalter muss so zwischen 20 und 30 gelegen haben. Für unseren Sohn zu alt und für uns zu jung. Meine Frau entfernte ihre Hörgeräte.

Die Willkommenskultur war auch heute beispielhaft. So kannten wir das noch aus Berlin-Connect-Zeiten. Flyer, Kaffeestände, Kekse, Garderobe, Hinweisschilder und Einweiser. Alles sehr professionell organisiert. Professionell auch die Kollekte, die mit einer längeren Ansprache und einem Acht-Punkte-Programm eingeleitet wurde. Das ist in charismatischen Gemeinden nicht unüblich. Musik und Multimedia an der Großleinwand liefen ebenfalls sehr professionell. Wie in modernen Gemeinden üblich, wurde auch hier nur Englisch gesprochen.

Ich wunderte mich nur, dass ich die vielen alten Bekannten - Alter über 30 - nicht sah. Hatten sie doch früher von morgens bis abends aktiv das Geschehen begleitet und waren auch unter der Woche bei den vielen Veranstaltungen zu sehen. Die Gemeinde schien sich komplett verjüngt zu haben. Das merkte man dann auch während der Predigt von Mark Wilkinson. Vor drei Jahren hatte das Publikum noch proaktiv "Amen" oder "Ja" gesagt, zustimmend aufgestöhnt oder zum Glaubenskampf entschlossen die Faust nach oben gestreckt. In diesem ersten Gottesdienst im Westhafen musste Mark Wilkinson mehrfach fragen: "Bekomme ich ein Amen?" Die Predigt war leichte Kost und sehr jugendgerecht. Es wurden auch einige Leute aus der ersten Sitzreihe in die Darstellung einer Szene aus der Apostelgeschichte einbezogen.

Nach etwa zwei Stunden war der Gottesdienst zu Ende. Die jungen Leute fluteten ins Foyer, drängten sich um die Garderobe und den Kaffeestand, lasen sich die Flyer zu den nächsten Veranstaltungen durch oder nahmen im Untergeschoss das Abendmahl ein. Zwei weitere Gottesdienste sollten noch folgen. Die aktuellen Gottesdienstzeiten sind 11:15 Uhr, 13:30 Uhr und 16:00 Uhr.

Die neue Location ist hervorragend an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Vom U-Bahnhof Westhafen sind es nur noch wenige Meter bis zur Halle 1. Wir mussten deutlich weiter laufen, da wir mit Auto gekommen waren. Vom Parkplatz aus konnten wir schon den Hauptbahnhof sehen.

Sonntag, 19. Januar 2020

Martin Luther in Steglitz

Steglitz - der Bible Belt von Berlin. Heute besuchten wir den Gottesdienst der Martin-Luther-Kirche in der Nähe des Botanischen Gartens.



Das Navi führte uns einen interessanten Weg. Wegen der Libyen-Konferenz war die Innenstadt gesperrt. Die Innenstadt ist das Nadelöhr, wenn man nach Steglitz fahren möchte. Meine Frau nutzte die Zeit, um das Bonusprogramm ihrer Hebräisch-App zu absolvieren: "Ani koneh Tick schechor" (Ich kaufe eine schwarze Tasche.), "Atta jodea lizlol?" (Kannst du tauchen?) - Wir kamen über die sprachlichen Unterschiede von Können und Befähigung ins Gespräch. Nach einer halben Stunde waren wir in Steglitz und bogen in ein blumiges Wohngebiet ein: Hyazinthenstraße, Tulpenstraße, Hortensienstraße.

Martin Luther war eingerüstet. Am Gerüst ein großes Schild der Lotto-Stiftung. "Aha, Oma finanziert den Bau der Kirche", bemerkte mein Sohn. Eine ältere Dame verschwand unter den Gerüsten. Wir folgten ihr und gelangten in einen hellen Vorraum. Dort wurden wir bereits vom Pfarrer begrüßt: schwarzer Talar und sehr freundlich. Ein anderes freundliches Gemeindemitglied drückte uns ausreichend Gesangsbücher in die Hand. Die Kirchenbänke waren mit Kissen belegt, so dass auch längere Gottesdienste möglich waren. Die Kirche war gut temperiert.

Bemerkenswert war die natürliche Freundlichkeit, die sämtliche Gottesdienstbesucher ausstrahlten. Man fühlte sich sofort willkommen. Es gab einige Familien und ältere Besucher, jedoch kaum Jugendliche. Die Kinder durften nach einem kurzen gemeinsamen Beginn in ihr eigenes Programm gehen. Die Anfangsliturgie nahm einige Zeit in Anspruch.

Dann folgte die Predigt. Dazu hatte sich der Pfarrer an eine Kanzel gestellt und seine Kollegin an die andere Kanzel. Beide zeigten uns, wie eine Dialogpredigt funktioniert. Das war recht interessant, weil sie sich einerseits die inhaltlichen Bälle zuwarfen und andererseits die Fragen und Bedenken des anderen auflösten. der Predigttext stand in Jeremia und war durch die Losungen vorgegeben worden. Während die Pfarrerin zunächst überlegt hatte, einen anderen Text zu nehmen, ging ihr Kollege darauf ein, dass Gott in all den herausfordernden Umständen immer noch alles im Griff habe.

Zum Abschluss des Gottesdienstes gab es noch ein gemeinsames Abendmahl, den Segen und ein Postludium von der Orgel. Meine Frau bemerkte, dass die Orgel endlich mal flott gespielt worden sei. So habe man die Lieder gut mitsingen können.

Die oben schon erwähnte Willkommenskultur setzte sich im Vorraum weiter fort. Kaffee und Kuchen wurden uns auf eine charmante Weise regelrecht aufgedrängt. Einige Gemeindemitglieder sprachen uns an und wollten wissen, ob mein Sohn Konfirmand ist. Unsere eigene Besuchergruppe war inzwischen auf sieben Personen angewachsen: Freunde aus Saddleback, Arbeitskollegen und wir. Die Kollegen wohnen in Steglitz und sehen im kurzen Fußweg einen erheblichen Mehrwert. Der Gottesdienstbeginn um 11 ist ebenfalls gut auf jüngere Besucher abgestimmt. Ganz abgesehen von dem angenehmen Klima in der Martin-Luther-Kirche.

Sonntag, 12. Januar 2020

Gemeinde auf dem Weg in Berlin-Tegel

Einen Sonntagsgottesdienst hatten wir bei der Gemeinde auf dem Weg in Tegel bisher noch nicht besucht. Deshalb waren wir gespannt, was uns erwartet. Diesmal waren meine Frau und mein Sohn dabei.



Die Gemeinde auf dem Weg liegt so gar nicht auf dem Weg. Dennoch haben wir uns auf den Weg gemacht, einen Gottesdienst der Gemeinde auf dem Weg zu besuchen. Zweimal 25 Kilometer quer durch die Stadt haben wir dabei zurückgelegt. Über den Berliner Ring hätten wir auch fahren können. Zeitlich wäre das wohl identisch gewesen. Allerdings hätten wir doppelt so viele Kilometer ins Fahrtenbuch eintragen müssen.

Zehn vor zehn rollten wir auf den Parkplatz. Wir wurden eingewiesen. Bemerkenswert viele Besucher strömten in den großen Flachbau. Die vielen Leute verteilten sich im Haus. Einige gaben im Untergeschoss ihre Kinder ab. Andere gingen direkt in den großen Saal. Der große Saal ist wirklich sehr groß. Er schluckte so viele Gäste, dass er letztlich nur zur Hälfte gefüllt war - wenn überhaupt. Man hatte in der Gemeinde auf dem Weg sicher schon bessere Zeiten erlebt.

Über eine riesige Leinwand flimmerte ein Countdown, der eine sportliche Anfangszeit vorgab. Kein Vergleich zum entspannten Gottesdienstbeginn in den Hipster-Gemeinden von Mitte und Prenzlauer Berg. Dafür waren wir hier in einer etablierten Gemeinde und - in Tegel. Die Altersstruktur war gut durchmischt und es gab sogar jede Menge Jugendliche.

Die erste Stunde war von Lobpreis und Ansagen geprägt. Gegen elf begann die Predigt. Diese dauerte nur 25 Minuten. Die finale Aussage war, dass die Herrlichkeit von Jesus in uns ist und lediglich aktiviert werden müsse. Zur Aktivierung konnte man nach vorne gehen und für sich beten lassen. Um das Aktivierungsgebet für die Entfaltung der Herrlichkeit Jesu zu untermalen, wurde der Keyboarder gebeten, salbungsvolle Klänge anzustimmen.

Die Kollekte wurde übrigens auch an der Bühne eingesammelt. Nach zwei Stunden war der Gottesdienst zu Ende. Kinder wurden aus dem Untergeschoss abgeholt und der Cafébereich füllte sich. Wir begaben uns zügig auf den Parkplatz und fuhren durch die City zurück. Dabei kamen wir an diversen Gemeinden vorbei, die zwar nicht auf dem Weg waren, dafür aber auf dem Weg lagen.

Freitag, 20. Dezember 2019

Jüdische Militärseelsorge in der Bundeswehr

Annegret Kramp-Karrenbauer unterzeichnet beim Gemeindetag 2019 einen Militärseelsorge-Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland.



Auf dem WC standen Eimer mit zwei Henkeln. Auf den Tischen lagen kleine Kreisel mit hebräischen Schriftzeichen. Auf den Servietten stand "100% koscher". Für drei Tage hat der Zentralrat der Juden in Deutschland das Hotel InterContinental gebucht und führte seinen Gemeindetag 2019 durch. Das Programm war vielfältig und ein Blick in die zahlreichen Broschüren verriet, dass auch das Judentum in zwei Bereiche gespalten ist - in orthodox und liberal.

Neben Bundespräsident Steinmeier trat auch Grünenchef Habeck auf. Mein Fokus lag jedoch auf der Unterzeichnung des Militärseelsorge-Staatsvertrages durch Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer. Im Foyer traf ich Sigurd Rink, den Evangelischen Militärbischof. Er sprach von 300 jüdischen Gläubigen in der Bundeswehr und freute sich über diesen historischen Moment.

Pause seit dem Ersten Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg hatte eine sechsstellige Anzahl jüdischer Soldaten an der Seite ihrer deutschen Kameraden gekämpft. Die Motivationsrede des Kaisers zum Einstieg in den Krieg hatte alle Bevölkerungsschichten, Parteien und Ethnien in Gleichheit vereint. Viele aus Russland geflohene Juden hofften auf ein Ende ihrer Diskriminierung und setzen umso mehr ihr Leben und die Gesundheit für das neue "Vaterland" ein. Sie entwickelten innerhalb der Truppe ein aktives jüdisches Leben mit Synagogen, Militärrabbinern und jüdischen Festen. Die Euphorie fand Anfang 1917 mit der sogenannten Judenzählung ihr jähes Ende. Frustriert mussten die Soldaten feststellen, dass sie doch nicht für kompatibel gehalten wurden.

Dann gab es eine etwa 100-jährige Unterbrechung der jüdischen Militärseelsorge. Während evangelische und katholische Seelsorge bereits mit Gründung der Bundeswehr vor über 60 Jahren etabliert wurden, schien es für andere Religionen keinen Bedarf zu geben. In der Zwischenzeit sind die steuerlich nachweisbaren Christen in der Bundeswehr auf die Hälfte abgeschmolzen. Die andere Hälfte wurde durch 3.000 Moslems, 300 Juden, Neuapostolen, Atheisten und Anhänger nordischer Religionen aufgefüllt.

Charme der Militärseelsorge

300 Juden in der Bundeswehr sind schon sehr wenige. Deshalb ist dieser Staatsvertrag eher symbolisch zu betrachten. In der Praxis werden zehn speziell ausgebildete Militärrabbiner durch Deutschland sowie in die Einsatzgebiete reisen und dort ihre jüdischen Gläubigen betreuen. Erklärtermaßen stehen sie aber auch den Christen und anderen Soldaten zur Verfügung. Immerhin hat Militärseelsorge - in Deutschland zumindest - den besonderen Charme der Schweigepflicht. Militärgeistliche laufen bei der Bundeswehr außerhalb der Dienstränge und sind ihrer geistlichen Organisation verpflichtet und nicht dem Militär. Militärpsychologen müssen Berichte anfertigen, die möglicherweise Konsequenzen für den beruflichen Werdegang des jeweiligen Soldaten haben. Die Militärseelsorge kann das etwas geschmeidiger gestalten und wird deshalb auch gerne von Soldaten mit anderen Glaubensansichten konsultiert.

In diesem Zusammenhang wird oft auch nach islamischer Militärseelsorge gefragt. Seelsorge ist im Islam nicht vorgesehen, da dort vieles dem Zufall überlassen wird. Zudem fehlt es auf islamischer Seite an allgemein anerkannten Ansprechpartnern und entsprechenden Studiengängen.

Anlässlich der Unterzeichnung des Staatsvertrages ist auch ein interessantes Buch zum Thema "Militärrabbiner in der Bundeswehr" erschienen. Es stellt ein gutes Ergänzungswerk zu "Können Kriege gerecht sein" von Sigurd Rink dar.

Montag, 16. Dezember 2019

Saddleback Berlin - Nachruf auf Dave Schnitter

Dave Schnitter war ein wichtiger Teil des Gründungsteams von Saddleback Berlin. Mitte Dezember 2019 hat Dave Schnitter recht kurzfristig seine Gemeinde verlassen. Ein kurzer Nachruf:



Eigentlich heißt er David. Weil Englisch modern ist, hatte er sich in Dave umbenannt - gesprochen "dejff". Australier sprechen sogar von Daiff - ausgesprochen wie das Adjektiv "steif". Steif ist Daiff so gar nicht. Dave ist der gechillteste Pastor, der mir je begegnet ist. Ein Hipster vor dem Herrn. Er ist musikalisch begabt, hat Humor, ist integrativ und kommunikativ.

Dave war ein wichtiger Teil des Gesamtpaketes Saddleback Berlin. Das Gesamtpaket bestand aus drei Komponenten: dem Ruhepol Dave, dem professionellen Lobpreis und den alltagstauglichen Predigten von Rick Warren. Dieses Gesamtpaket hatte die Bedürfnisse unserer Familie bedient, nachdem wir uns zwei Jahre lang in der christlichen Szene Berlins umgeschaut hatten.

Und dann war Dave plötzlich weg. Ende November hatte die Gemeinde offiziell erfahren, dass Dave geht: Mitte Dezember - also noch vor Weihnachten. Bei Amerikanern werden solche Dinge wohl immer sehr schnell durchgezogen. Hire and Fire nennt man das. Saddleback Berlin ist eben doch nur ein Franchise-Projekt der amerikanischen Muttergemeinde. Dave war bei den Nazarenern als Predigtpastor ausgebildet worden, durfte aber bei Saddleback nur Lobpreis und das Drumherum machen. Er wollte endlich wieder predigen. Das hätte jedoch dem Schwergewicht Rick Warren den Sendeplatz streitig gemacht.

Dave ist nun bei Mosaik. Dort erhofft er sich ein Comeback als Prediger. Laut Webseite gibt es dort jedoch nur einen Akteur: Gründungspastor Neville Johnes. Mosaik ist ein Sammelbecken von Christen, die bei anderen coolen Gemeinden wie ICF, Hillsong, Berlin-Projekt oder Saddleback ausgestiegen waren.

Die Erfahrung zeigt, dass der Weggang einer so wichtigen Komponente wie Dave Schnitter eine Sogwirkung erzeugt. Bisher ist davon noch nicht so viel zu merken. Die ersten Bekannten sind ihm jedoch schon gefolgt. Andere liebäugeln mit einem Sondierungsbesuch bei Mosaik. Letzteres sollte in gut geplanten Etappen geschehen, da die Räume schon vor drei Jahren ihre Kapazitätsgrenze erreicht hatten.

In unserer Familienkonferenz haben wir entschieden, dass wir uns zukünftig wieder verschiedene Gemeinden der Stadt anschauen. Ob es für uns noch einmal so ein passendes Gesamtpaket wie  Saddleback Berlin geben wird, ist fraglich.

Mittwoch, 30. Oktober 2019

KCF 21 - Kongress Christlicher Führungskräfte findet 2021 in Berlin statt

Vom 11. bis 13. Februar 2021 soll in Berlin der Kongress Christlicher Führungskräfte (KCF) stattfinden. Gestern gab es ein Treffen für Multiplikatoren im Estrel an der Sonnenallee.



Das Treffen der Multiplikatoren lief auf einem unerwartet hohen professionellen Niveau.

Aus Erfahrung mit ähnlichen Veranstaltungen hatte ich erwartet, dass man sich in einem muffigen Nebengelass des Hotels zusammensetzt: dicker Teppich, schwere und ermüdende Luft, große Teeauswahl, eine stets leere Kaffeemaschine und vier Stunden zähes Ringen um Inhalte des zukünftigen Kongresses. Am Ende noch die Verteilung sämtlicher Aufgaben an Personen, die im Neinsagen nicht geübt sind.

Ganz anders der gestrige Abend: Es stand ein heller großer Saal zur Verfügung mit bequemen Stühlen und einer ausgesprochen guten Klimatisierung. Es gab Kaltgetränke und zwischendurch sogar ein hotelgerechtes Buffet. Die musikalische Begleitung wurde durch Martin Pepper höchst persönlich gestellt.

Anwesend waren etwa 70 Personen aus der christlichen Szene Berlins: Unternehmer, Leiter von Werken, Pastoren und sonstige Führungskräfte. Es war ein bunter Mix aus Personen, die einem regelmäßig begegnen, wenn es um ein Reich Gottes geht, das über den Tellerrand der eigenen Gemeinde hinaus gedacht ist.

Da ich selbst noch nie an einem KCF teilgenommen hatte, interessierten mich die Statements ehemaliger Kongressbesucher und die Vorschau auf die Themen des KCF 21. Ziele sind Vernetzung, Ermutigung und Coaching von Christen in Führungspositionen sowie ein Marktplatz zum Knüpfen neuer Geschäfts- und Beschäftigungsbeziehungen. Auch Pastoren zeigten sich gestern interessiert an der Gewinnung kompetenter Gemeindemitglieder.

In den vergangenen Jahren sei das Angebot von Privatcoaching sehr gut angekommen. Das wolle man 2021 in verstärktem Maße anbieten. Verantwortungsträger können dann endlich mal in einem geschützten und professionellen Rahmen ihr Herz ausschütten. Für Familienunternehmer wird es ebenfalls einen exklusiven Rahmen ohne externe Ohren geben, in dem sie sich über ihre Höhen und Tiefen austauschen können.

Für Young Professionals wird es einen Sonderpreis von 98 Euro geben. Alle anderen zahlen Preise oberhalb 300 Euro. Da sich der Mythos Fachkräftemangel nachhaltig in den Köpfen festgesetzt hat, sind Young Professionals gern gesehene Teilnehmer, die jedoch oftmals eines Sponsorings bedürfen. Es kann pauschal gesponsert werden. Die Tickets werden dann vom Kongressbüro an die ambitionierten Berufseinsteiger zugewiesen.

Inklusive der Referenten der Hauptvorträge klang alles sehr interessant. Am Ende des Meetings kamen jedoch Ambitionen auf, es allen Berlinern irgendwie recht machen zu wollen. Bleibt zu hoffen, dass sich diese Ambitionen auf die geplante "Berlin-Insel" im Ausstellungsbereich beschränken. Der Ausstellungsbereich bietet übrigens Platz für 200 Stände.

Konzept, Kongressteam und Location lassen schon jetzt auf eine Veranstaltung schließen, die ihren Eintrittspreis wert sein wird.

Freitag, 4. Oktober 2019

Madi in Madagaskar

Nun ist sie weg. Kurz vorher hatte sie noch ihren Pass unter der Glasscheibe durchgeschoben. Dann ein kurzer Blick zu uns und den Omas und dann weg - verschwunden hinter der Milchglasscheibe der Sicherheitskontrolle. Das war ein Tag nach ihrem 18. Geburtstag.

Seit der Geburt hatten wir uns vorgenommen, unsere Kinder so zu erziehen, dass sie "fit für die freie Wildbahn" sind und wir sie mit 18 entspannt in selbige entlassen können. Nun war es so weit. Die 18 Jahre waren schnell vergangen: Kindergarten, Grundschule, Gymnasium, begleitetes Fahren mit 17. Die 18 Jahre waren keineswegs langweilig. Sie waren voll von Erlebnissen und wichtigen Wegmarken, die uns und die Kinder geprägt haben.

Bei einem Papa-Tochter-Seminar war mir einst aufgefallen, wie wenig ich meine Tochter kannte. Das scheint auch in anderen Familien vorzukommen, wie eine Szene im Film "Der Pianist" zeigt. Da wir wussten, dass Madita nach Afrika geht, hatten wir ihr noch ein Nahkampftraining verpasst. An diesem nahm auch ich teil. Unsere Tochter hasste das Training, wusste aber um dessen möglichen Nutzen.

Neben Büchern zum Verhalten in Krisenregionen informierte sie sich auf Seminaren über die Trägerorganisation und ihre eigenen Aufgaben: Mitarbeit in einer Schule, Vervollkommnung der Sprachkenntnisse - Französisch. Zusammen schauten wir den Film "Madagaskar", der uns so mehr oder weniger einen Eindruck zu den Bewohnern und der Kultur des Landes gab. Die Weltreise trainierte ich mit meiner Tochter vorab bei der Beschaffung des Visums. Die Botschaft von Madagaskar liegt nämlich im idyllischen Falkensee östlich von Spandau.

Wer nun wissen möchte, wie es Madita in Madagaskar ergeht, kann in ihrem Blog weiterlesen: madi-in-mada.blogspot.com oder ihren Rundbrief abonnieren.

Mittwoch, 31. Juli 2019

Kontrollzwang Vertuschung Gespräche - Was tun bei geistlichem Machtmissbrauch?

"Kontrollzwang Vertuschung Gespräche" ist der Titel der dritten Auflage des Buches "Mitmachen Gehen Zerstören" über geistlichen Missbrauch. Es enthält jetzt noch mehr Seiten und weitere Beispiele aus der Missbrauchsszene.



Die ersten beiden Auflagen von "Mitmachen Gehen Zerstören" hatten für einigen Wirbel gesorgt. Irgendwann war das Buch auch bei den beschriebenen Akteuren und deren Kollegen aufgetaucht. Pastoren waren bis dahin durch aktives Desinteresse aufgefallen und nun erschüttert. Erschüttert jedoch nicht über das Geschehene, sondern darüber, dass sie viel zu leicht die realen Personen erkennen konnten. Ich solle eine Stellungnahme dazu abgeben, wie die Täter besser zu anonymisieren seien. Webaffine Teenager, Christen aus anderen Missbrauchssystemen und szenekundige Pressekollegen bestätigten mir jedoch, dass die Personen, Organisationen und Orte ausreichend anonymisiert worden waren und man nicht wisse, um wen es sich handelt.

Korpsgeist und Harmoniebedürfnis

So wurden neben dem neuen Abschnitt "Harmoniebedürfnis" auch noch einige Seiten zum "Korpsgeist" ergänzt. Korpsgeist ist wohl das größte Dilemma bei der Behandlung geistlichen Missbrauchs: Kleriker belasten sich nicht gegenseitig, egal was der Kollege angestellt hat. Wegen ihrer horizontalen Bezugsebene können sie oft gar nicht einschätzen, wie der ordinierte Bruder in der Vertikalebene agiert. Hinzu kommt die Wahrheitshoheit, die Pastoren von Amts wegen gepachtet haben.

Parallel dazu wurden mir jede Menge Beispiele aus anderen Missbrauchssystemen zugesandt. Diese sind in die dritte Auflage eingeflossen. Gegen einige der Schilderungen war unsere Situation eher wie ein Kindergeburtstag. Es taten sich Abgründe auf, die namhafte Gemeinden und Verbände betrafen.

Mitmachen Gehen Zerstören

Aus den diversen Büchern zu geistlichem Missbrauch hatten wir herausgelesen, dass es drei Methoden gibt, mit dem Thema umzugehen: Mitmachen als die schlechteste Variante, Gehen als die gesündeste und empfohlene Variante sowie Zerstören als die schwerste Variante. Letztere Variante ist im Abgleich mit 1. Johannes 3, 8 durchaus biblisch. Deshalb fand ich den Titel "Mitmachen Gehen Zerstören" sehr passend. Immerhin benannte er die Problemlösung.

Das Problem ist allerdings, dass viele Betroffene das Problem gar nicht benennen können. Deshalb wurde nun der Titel in die Symptome umbenannt: "Kontrollzwang Vertuschung Gespräche". Das sind Symptome, die in unserem Umfeld aufgetreten waren und auch regelmäßig aus anderen Missbrauchssystemen berichtet werden.

Kontrollzwang Vertuschung Gespräche - Was tun bei geistlichem Machtmissbrauch? Buch von Autor Matthias Baumann
"Kontrollzwang Vertuschung Gespräche - Was tun bei geistlichem Machtmissbrauch?" Das Coverfoto zeigt jetzt zwei Besen und einen angehobenen Teppich als Symbol für die konzertierte Vertuschung geistlichen Missbrauchs durch die Täter und deren kollegiales Umfeld. Das Bild war im Frühjahr bei einem Pressetermin auf dem Ehrenhof des Bundeskanzleramtes entstanden.
Kontrollzwang Vertuschung Gespräche

Der Facettenreichtum des Kontrollzwangs geht vom Kontaktverbot über Mitgliederakten bis zum gläsernen Menschen im Seelsorgegespräch. Die Gespräche laufen in allen Systemen nach dem gleichen Schema ab: Informationsgewinnung, Schuldumkehr, Erpressung, Neutralisierung. Und dann ist da noch der wichtige Aspekt der Vertuschung. Hier sind nicht nur die unmittelbar beteiligten Personen aktiv, sondern auch deren berufliches Umfeld. Bei der Vertuschung geht es um einen ganzheitlichen Ansatz: Es soll weder innen noch außen jemand etwas über die Missstände mitbekommen oder gar darüber sprechen.

Trug das Cover der ersten beiden Auflagen noch ein Foto mit einem Besen neben dem roten Teppich, sind es nun zwei Besen vor einem angehobenen roten Teppich. Täter im Talar genießen nach allgemeiner Erfahrung die absolute Narrenfreiheit. Sie können Kinder sexuell belästigen, ihre Gemeinde manipulieren, Christen dämonische Belastungen andichten, Ehen zerstören oder Sklavendienste für die Pastorenfamilie einfordern.

Lernen von Don Bosco

Don Bosco scheint bisher eines der wenigen kirchlichen Konstrukte zu sein, wo Missbrauch konsequent behandelt wurde. Das Geheimnis von deren Erfolg und Glaubwürdigkeit liegt nach meiner Einschätzung in den drei folgenden Aspekten:

  • Betroffene anhören und ernst nehmen
  • Vorgänge unabhängig prüfen
  • Konsequentes Vorgehen gegen die Täter

Gespräch

Nach einem Seminar von Team.F hatte ich mich noch einmal mit dem Täterumfeld getroffen. Man hatte eine Entschuldigung dafür parat, dass sich der im Buch erwähnte Jürgen Schymanski (Name geändert) zunächst als Mediator ausgegeben und dann - mit den sensiblen Informationen im Gepäck -  auf Anwalt umgeschaltet hatte. Es wurden dann einige Maßnahmen gegen geistlichen Missbrauch vorgestellt, deren praktische Wirksamkeit noch zu beweisen wäre.

Zwei Drittel des Gespräches befassten sich mit dem Buch. Dessen Inhalt war in die Kategorien "Arrogante Fehleinschätzungen", "Verleumdungen" und "Missverständnisse" eingeteilt worden. Sicher keine Ebene für einen konstruktiven Diskurs. Im Buch steht, dass solche Gespräche reine Zeitverschwendung sind. Das sehe ich immer noch so. Allerdings hatte ich ein Eigeninteresse an diesem Gespräch. So konnten nämlich auch Gegenargumente in die dritte Auflage einfließen.

Die zarten Ansätze von Aufarbeitungsüberlegungen motivierten mich zu einem Entgegenkommen, indem ich eine noch viel stärkere Anonymisierung vorgenommen habe. Auch die Ergänzung von weiteren Beispielen Dritter war wichtig, weil die Hauptakteure der Meinung waren, das Buch sei ihnen gewidmet.

Zielgruppe: Betroffene

Das Buch ist - wie schon in der Einleitung zur ersten Auflage erwähnt - für Betroffene geschrieben. Die knapp 170 Seiten lassen sich in etwa vier Stunden durchlesen.

Das Buch hilft Betroffenen, ihre Situation einzuschätzen, zu benennen, aus problematischen Systemen auszusteigen und in einen Heilungsprozess zu gelangen. Das Feedback der Zielgruppe zeigt, dass das funktionieren kann.

Freitag, 21. Juni 2019

Der Bischof und die wehrhafte Demokratie

Die Bundeswehr ist ungewollt zu einer Parallelwelt der Gesellschaft geworden. Ebenso leben auch Christen als Bundeswehrangehörige in einer christlichen Parallelwelt. Als Sigurd Rink vor einigen Jahren zum ersten Evangelischen Militärbischof berufen wurde, fiel er aus allen Wolken. Er war doch als Friedensaktivist und Fundamentalpazifist bekannt.



Zurzeit übernachte ich öfter in Kasernen als in Hotels. Auch sonst habe ich regelmäßig mit Offizieren und Soldaten zu tun. Deshalb war ich gespannt auf ein Buch, das der Evangelische Militärbischof Sigurd Rink geschrieben hatte: "Können Kriege gerecht sein?"

Sigurd Rink nähert sich dem Thema Christ und militärische Gewalt auf verschiedenen Ebenen an. Zunächst beschreibt er seinen eigenen Werdegang, seine Kindheit im Internat, sein frühes Glaubensumfeld, seinen Einstieg in die Friedensbewegung, seine Herausforderungen im Gemeindealltag und seinen Umdenkungsprozess während des Völkermordes in Ruanda.

Und dann plötzlich die Anfrage, erster Evangelischer Militärbischof zu werden. Bei seiner Buchvorstellung Anfang Juni 2019 sagte Sigurd Rink, dass er wohl schon immer einen "Hang zu Grenzbereichen der Ethik" gehabt habe. Er habe sich bereits mit Geschäftsethik befasst und dafür ordentlich Prügel einstecken müssen - aus den eigenen Reihen.

Sigrud Rink "Können Kriege gerecht sein?"
Evangelischer Militärbischof Sigrud Rink: "Können Kriege gerecht sein?"
Prügel muss er nun auch für dieses Buch einstecken. Seine Familie hat ihm bereits avisiert, dass er jede Menge Exemplare zum nächsten großen Treffen mitbringen solle und man ihn entsprechend auseinander nehmen werde. Der Militärbischof ist aber inzwischen den Gegenwind gewohnt. er sitzt zwischen sämtlichen Stühlen: Familie, Gesellschaft, Bundeswehr, Klerus, alte Freunde. In Gemeindekirchenräten wird diskutiert, ob "so jemand" überhaupt predigen dürfe. Beim Kirchenkaffee nach dem Gottesdienst wird er von aufgebrachten Zuhörern angegangen.

Sigurd Rink sieht das sportlich. Wie ein glatt gewaschener Fels steht er in der Brandung der Angriffe der lieben Geschwister. Weiß er doch, welch einen Segen sein Dienst in der Bundeswehr bringt. Er ist viel unterwegs und besucht die Soldaten an ihren Standorten und im Auslandseinsatz. Wenn er auftaucht, gibt es erst einmal einen Beer-Call, bei dem sich nach Feierabend die Soldaten um ihn scharen und von ihren persönlichen Herausforderungen reden. Erst am Folgetag kümmert sich der Bischof um seine Kollegen vor Ort. Die Militärseelsorge ist nicht in die Strukturen der Bundeswehr eingefügt, sondern agiert als externer Bestandteil. Militärseelsorger haben keine Berichtspflicht und können deshalb über sehr intime und pikante Themen schweigen. Das Vertrauen der Truppe in die Seelsorger ist hoch. Gelegentlich werde ich selbst Zeuge davon.

Der Militärbischof nähert sich mit Ernst, Intelligenz und Offenheit für Umdenkungsprozesse neuen Themen an. Er bildet sich nach Abwägung eines größeren Kontextes eine Meinung und steht dann auch zu dieser. Deshalb enthält das Buch nach der biografischen Einleitung noch weitere Teile. Im zweiten Teil zeigt der Autor, dass sich sämtliche Kirchenväter von Augustinus bis Luther mit dem Thema Christ und Soldat oder Christ und bewaffnete Regierung auseinandersetzen mussten. Er beschreibt deren Denkprozesse und die auch heute noch in der Militärethik genutzten Grundsätze.

Ein besonders langer Abschnitt widmet sich den aktuellen Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Die eigenen Erfahrungen vor Ort bettet er in einen flüssig lesbaren Kontext sicherheitspolitischer Zusammenhänge ein. Immer wieder wird klar: Er bildet sich seine eigene Meinung und vertritt diese auch gegenüber der Verteidigungsministerin. Apropos Verteidigungsministerin: Diese hatte das Buch bereits gelesen und zeigte sich beeindruckt.

Ich fand das Buch sehr hilfreich zur Nachschärfung des eigenen Standpunktes gegenüber der wehrhaften Demokratie. Das Buch und die authentische Persönlichkeit des Schreibers ermutigten mich, ebenfalls zu meiner Meinung zu stehen, auch wenn es Widerstände aus den eigenen Reihen gibt.

Montag, 10. Juni 2019

Pfingskonferenz der AVC in Nidda

Über Pfingsten besuchte die Tochter des Church Checkers in Nidda eine Konferenz der AVC. Hier ihr Bericht:



Die alljährliche Pfingstkonferenz von AVC fand in dieser kleinen Stadt statt. AVC steht für „Aktion für verfolgte Christen und Notleidende“. Der Verband wurde 1972 gegründet, um verfolgten Christen in der damaligen Sowjetunion beizustehen. Inzwischen hat er sich zu einem großen Missionswerk entwickelt, welches Missionare in allerhand Länder auf der ganzen Welt entsendet, zum Beispiel nach Madagaskar und in die Philippinen.

Über das Pfingstwochenende versammelten sich zur „Mission Live Konferenz 2019“ Menschen aus der Umgebung, Jugendgruppen aus ganz Deutschland und Missionare von überall. Den Start bildete am Freitag die Pastorenkonferenz. Missionare und Pastoren berichteten von ihrem Wirken in Sibirien, Sudan und Süddeutschland und konnten sich bei Kaffee und Kuchen von ihren Strategien und Erfahrungen erzählen. Einig waren sich alle in dem Punkt, dass Mission Zeit braucht. Viele Evangelisten verbringen Jahre an einem Ort, bis sie überhaupt eine Gemeinde gründen können oder von einem  Baum steigen können, wie ein Pastor aus dem Südsudan erzählte. Er sei auf einen Baum geklettert und habe von dort aus gepredigt, bis sich die Dorfältesten bekehrt hatten. Erst dann sei er heruntergestiegen. Harte Zeiten erfordern eben harte Maßnahmen.

Das restliche Wochenende über gab es Gottesdienste, durch reichlich leckeres Essen unterbrochen. Die Predigten hatten oft den Heiligen Geist als Thema, denn schließlich war es ja Pfingsten. Die Rolle des Heiligen Geistes als Leiter und Anwalt wurde teils mit Bibelgeschichten, teils mit den Erlebnissen der Sprecher in fernen Ländern veranschaulicht. Mit Gottes Hilfe konnten in Syrien fahrbare Kliniken gebaut, Schulen in abgeschotteten Dörfern errichtet und viele Menschen mit der Guten Nachricht von Gottes Vergebung erreicht werden. Wer an dieser Konferenz teilnahm, hatte ein neues Herz für die Mission bekommen und war begeistert, den nächsten Schritt zu gehen oder andere bei diesem Schritt zu unterstützen.

Doch warum war gerade die Tochter des Church Checkers bei einer Missions-Konferenz in Nidda? Ich habe mein Abitur frisch in der Tasche und werde ab September einen Freiwilligendienst in Madagaskar machen. Mit französischen Missionaren als Chefs werde ich in einer Schule, die vom AVC unterstützt wird, arbeiten. Das macht mich zu einem Teil der AVC-Missionare und so wurden andere Freiwillige und ich am Ende der Konferenz offiziell ausgesendet, um in Ländern, die auf dem ganzen Globus verteilt sind, ein Licht zu sein. Wer mehr darüber erfahren möchte, der schaue gerne auf meinem Blog Madi in Mada vorbei.

Auf der Konferenz wurde deutlich: Gott wirkt überall. Nicht nur in Afrika, Asien und Südamerika, sondern auch in Nidda.

Montag, 25. März 2019

Versöhnt leben mit Team.F

Das Seminar "Versöhnt leben - Beziehungen klären" ist ein Grundlagenseminar von Team.F, auf dem sich weitere Schulungen und die Möglichkeit aufbauen, selbst Team.F-Berater zu werden. Wir sind der Empfehlung eines Bekannten aus Berlin gefolgt und erlebten fünf spannende und heilsame Tage in Brotterode, Thüringen.



Das Timing war perfekt: Meine Mutter wollte an diesem Wochenende zu einem Klassentreffen nach Zeitz fahren. 60 Jahre Abitur. Zeitz lag ohnehin auf unserem Weg nach Brotterode in Thüringen. So motivierten wir sie, zwei Tage früher nach Zeitz zu fahren. Wir würden ihr dann bei den Verhandlungen mit dem Friedhof bezüglich der Gräber meiner Großeltern helfen. Auf unserem Rückweg wollten wir sie dort wieder abholen.

Sonnenschein, Wärme und ein vielfach saniertes Zeitz begrüßten uns am Mittwochnachmittag. Das Hotelzimmer meiner Mutter war hell und sauber. Alles hatte geklappt, auch die Formalitäten zur Einebnung der Gräber meiner Großeltern nach mehr als 30 Jahren. Zusammen mit meiner Mutter waren wir die alten Wege auf dem Friedhof abgelaufen. Damals war mir das viel weiter vorgekommen. Sonnenschein, Vogelgezwitscher. Meine Mutter freute sich auf die kommenden Tage mit ihrer Freundin und den alten Klassenkameraden. Ende 70. Wir fuhren weiter nach Thüringen.

Team.F: Versöhnt leben - Beziehungen klären

In Brotterode - kurz hinter Erfurt - wollten wir an einem Seminar teilnehmen: "Versöhnt leben - Bezieghungen klären"Team.F kennen wir schon seit vielen Jahren und wissen: Wenn Team.F, dann mit dem Team aus Thüringen in Brotterode. Das "Haus am Seimberg" ist funktional, gut gepflegt und hat eine geniale Lage am Berg mit weiter Aussicht. Das Essen ist schon seit vielen Jahren so lecker und abwechslungsreich, dass ich auch diesmal mehr als zwei Kilo zugenommen habe.

Das Thema des Seminars klang zunächst etwas anstrengend, da mir einige Personen vor Augen standen, mit denen bisher nichts geklärt werden konnte. Auf deren Wiedersehen ich auch keinen gesteigerten Wert legte. Es wurde jedoch sehr schnell klar, dass es hier nicht um eine verkrampfte Unterwerfung unter alte Verletzungen und deren Verursacher geht, sondern um eine kurzzeitige Konfrontation mit alten Begebenheiten mit dem Ziel, endlich Heilung zu erfahren. Es ging darum, selbst Lasten abzulegen, Schuld zu bekennen und Vergebung zu empfangen. Wenn es relevant war, konnte auch Vergebung ausgesprochen werden für lebende und bereits verblichene Täter. Vielfach resultieren aktuelle Verhaltensmuster aus verletzenden Erfahrungen mit den Eltern: Grenzüberschreitung, Liebesentzug, Ferne, Missbrauch, religiöser Druck oder Scheidung.

Vorträge und Kleingruppen

Immer wieder traten Seminarleiter auf, die von ihren Erfahrungen mit dem VL-Seminar (VL = Versöhnt leben) berichteten. Das klang schon fast zu gut, als dass ich es einfach so hätte hinnehmen können. Deshalb näherte ich mich der Sache mit einer gewissen Skepsis, war aber generell offen für Gottes Wirken. Nach einigen Vorträgen über Bitterkeit, Vater und Mutter ehren, steinerne Herzen, innere Festlegungen und Schwüre sowie Vergebung, Buße und Wiedergutmachung gingen wir in Kleingruppen. Die Kleingruppen bestanden aus maximal sieben Personen und hatten einen bemerkenswerten Betreuerschlüssel.

In unserer Gruppe gab es vier Teilnehmer und drei Seelsorger. Zunächst stellten sich die Seelsorger vor und berichteten von ihren Erfahrungen mit VL. Sie machten klar, dass auch sie noch auf dem Weg seien, aber nach und nach eine positive innere Umgestaltung erleben. Wir sollten uns einen Schwerpunkt aus unseren Seelsorge-Themen heraussuchen und als erste Übung einen Frust-Psalm an die Personen schreiben, die uns besonders verletzt hatten. Das Ergebnis war sehr bewegend und eine geeignetes Basis zum Weiterarbeiten. Aufmerksam hörte die Kleingruppe zu, als wir nacheinander unsere Themen ausbreiteten. Die Seelsorger stellten Fragen. Es flossen Tränen. Es gab Umarmungen. Mitgebrachte Utensilien dienten als Hilfsmittel, um Lasten spürbar und hörbar fallen zu lassen. Durch Vergebung wurden Fesseln gelöst und alte Bindungen getrennt.

Tränen und Hausaufgaben

"Das klingt aber abgeklärt", meinte eine Frau aus der Kleingruppe, als ich meine Schlüsse aus dem Seminar darlegte. Sie hatte Recht. Dennoch war das Seminar nicht ohne Tränen an mir vorbeigegangen. Als sich Menschen im selben Raum für Vergebung entschieden, Lasten sichtbar abwarfen und auch die gesamte Körpersprache für eine nachhaltig erfolgte Befreiung sprach, musste auch ich zur Tücherbox greifen, weil die Tränen plötzlich freien Lauf hatten.

Bei einem der Vorträge in der großen Runde stellten sich die Mitarbeiter ans Mikrofon und sprachen stellvertretend für unsere Eltern Bitten um Entschuldigung aus. Das hörte gar nicht mehr auf. Ich dachte an meine Kinder und Situationen, in denen ich ihnen gegenüber verantwortungslos gehandelt oder sie durch Blicke, Worte und Gesten verletzt hatte. Wieder kam die Tücherbox zum Einsatz. Direkt am Kreuz, das neben der Bühne stand, sprach ich die ganzen Situationen aus und bekam dort Vergebung zugesprochen. Das noch mit meinen Kindern zu klären, habe ich als Hausaufgabe mitgenommen.

Alte Bekannte und meine Mutter

Wir trafen in Brotterode auch alte Bekannte, mit denen ich vor über 30 Jahren mal auf Freizeiten zusammengetroffen war. Auch lernten wir viele neue Leute aus dem gesamten Bundesgebiet kennen. Viele hatten katholische Wurzeln, etliche hatten geistlichen Missbrauch erlebt und freuten sich, dass mein Buch am Büchertisch angeboten wurde. Besonders erfreut war ich aber über die vielen kompetenten Mitarbeiter, die uns Teilnehmern mit Rat, Umarmung und Seelsorge zur Seite standen.

Auf der Rücktour sammelten wir meine Mutter in Zeitz ein. Sie sah sehr erholt aus, hatte eine gesunde Bräune im Gesicht und berichtete begeistert von ihren dortigen Begegnungen. Sie habe noch ein Blümchen auf dem Friedhof hingestellt und Abschied von ihren Eltern genommen. Als wir das Ortsausgangsschild passierten, sagte sie, dass sie Zeitz nun endlich habe abschließen können und diese Stadt wohl auch nicht mehr betreten werde. Sie hat ihren Frieden darüber gefunden. Sie war zwar nicht beim VL-Seminar in Brotterode, dennoch sah man ihr die Gesundung an.

Sonntag, 24. Februar 2019

Greater Grace in Schöneberg

Greater Grace ist eine kleine und relativ neue Gemeinde im Stadtbezirk Schöneberg. Heute besuchten wir den Gottesdienst, der sonntags um halb elf  beginnt.



Das ganze Ausmaß der 30er-Zone für angebliche Luftreinhaltung war mir noch gar nicht bekannt. Als wir das erste Schild in der Nähe des Alexanderplatzes passierten, informierte mich mein Sohn, dass das jetzt auch in der Potsdamer Straße in Schöneberg gelte. Und tatsächlich wurden wir kilometerweit mit dieser Einschränkung gegängelt. Immer wieder blockierten uns Fahrzeuge, die sich an diese fragwürdige Regelung hielten und tatsächlich 30 km/h fuhren.

Wir stellten den Wagen vor einer 30er-Nummer der Ebersstraße in Schöneberg ab. Nach wenigen Metern hatten wir die 37 erreicht. Eine moderne Glastür in einem schätzungsweise 130 Jahre alten Mietshaus trug die Aufschrift "Greater Grace" - "Größere Gnade". Die Tür öffnete nach innen und gab den Blick auf einen hellen Vorraum frei. Links standen Kaffeetassen und rechts einige Tische. Man empfing uns sehr freundlich und bald hatte sich eine Traube von Gemeindemitgliedern um uns geschart.

Kenosis und Bowling

Einige Kinder liefen aufgeregt an uns vorbei. Heute sollte endlich ein Weihnachtsversprechen eingelöst werden: Der Kindergottesdienst macht einen Ausflug zum Bowling. Pastor Stephan Stein erklärte uns, dass es in seiner Predigt heute um die Kenosis gehen solle. Kenosis bedeute wohl Entleerung und beziehe sich auf das zweite Kapitel des Philipperbriefes, in dem sich Jesus selbst erniedrigt und uns Menschen gleich wird.

Da ich mit Altgriechisch nichts am Hut habe, war mir das Wort Kenosis nicht bekannt. Leider war die Mobilfunkverbindung im Gemeindesaal so schwach, dass ich mir auch keine griechische Bibelversion aufs Handy laden konnte. Das Wort ekenosen taucht im Vers 7 auf und wird im Deutschen gerne mit entkleiden oder entäußern übersetzt. Entleeren ist da schon ein stärkerer Begriff. Die Lateiner verwenden das Wort exinanire, was eindeutig mit ausleeren zu übersetzen ist.

Gute Mischung

Durch die Bowlingaktion, der sich ganz viele erwachsene Helfer anschlossen, passte das Thema auch perfekt zur Anzahl der Gottesdienstbesucher. Wir waren etwas über 20 Personen im Saal. Normalerweise sitzen hier gut 40 Zuhörer, während im Nachbarraum zehn Kinder ein eigenes Programm erleben. In dieser kleinen Gemeinde sind fast alle Generationen vertreten. Sie ist auch ethnisch gut durchmischt.

Zunächst wurde gesungen, Kollekte eingesammelt und die üblichen Ansagen gemacht. Unter der Woche finden relativ wenige Veranstaltungen statt, so dass noch genug Zeit für außergemeindlichen Beziehungsaufbau bleibt. Die Predigt blieb zwar beim Thema, hätte aber zeitlich gestrafft werden können. Die Prediger wechseln sich bei Greater Grace regelmäßig ab.

Torte, Kaffee und Gyros-Pita

Am Ende wurde noch eine Torte hereingetragen, weil eine der afrikanischen Sängerinnen heute Geburtstag hatte. Das Licht wurde ausgeschaltet, damit die Kerzen auf der Torte besser zur Geltung kommen. Es kam richtig Stimmung auf. Danach gingen wir in den Vorraum und unterhielten uns bei Kaffee und Torte mit einigen Mitgliedern der Gemeinde. An der Wand hing eine große Weltkarte mit vielen roten Punkten: den Standorten von Greater Grace auf sämtlichen Kontinenten. Das Hauptzentrum befindet sich in Baltimore, Maryland, USA. Von dort aus kamen vor über 20 Jahren zwei Frauen nach Schöneberg und bauten hier eine neue Gemeinde auf. Das offizielle Gründungsjahr war 1998.

Von Schöneberg aus fuhren wir wieder durch die 30er-Strecke zurück, machten einen Zwischenstopp und aßen jeweils eine der sehr empfehlenswerten Gyros-Pitas bei Berkis am Winterfeldtplatz. Dann ging es weiter. Eine elektronische Anzeige bedankte sich mit grüner Schrift bei uns. "Papa, warum fährst du so langsam?" - "Ich wollte den Dank sehen."

Sonntag, 20. Januar 2019

Eckstein Gemeinde Berlin

Die Eckstein Gemeinde Berlin ist sehr jung. Sie wurde 2016 gegründet und befindet sich in zentraler Lage der City Ost. Heute besuchten wir als Familie den Gottesdienst.



Die Eckstein Gemeinde Berlin hatte ich völlig ungeplant bei einer Google-Suche entdeckt. Nachdem ich ein wenig auf der Webseite herumgeklickt hatte, stand für mich fest: Da musst du mal hin! Besonders erstaunt war ich, dass meine Familie geschlossen mitkommen wollte. Das war mir ganz recht.

Zwischen Ostbahnhof und ver.di ist wohl eine treffende Beschreibung der Lokalität. Bei ver.di handelt es sich um die Gewerkschaft mit den Streiks an Flughäfen oder den Streiks bei Amazon während der Weihnachtszeit. Wer das Haus von ver.di betritt, sollte jedoch mit Anzug bekleidet sein, da die Inneneinrichtung einen entsprechenden Respekt einflößt. Irgendetwas muss ja schließlich mit den Beiträgen der Angestellten der Dienstleistungsbranche gemacht werden. Das wäre jetzt aber ein Thema für sich.

Kostenlos parken zwischen Ostbahnhof und ver.di

Wir stellten das Auto in einer Seitenstraße des Ostbahnhofs ab. Am Sonntag kann dort kostenlos geparkt werden. Leider waren wir etwas knapp dran, obwohl der Gottesdienst zur Idealzeit 11 Uhr beginnen sollte. "Gibt es ein akademisches Viertel?", wollte ich wissen, als wir kurz vor elf die hellen, freundlichen Räume betraten. Nein, der Gottesdienst beginne immer pünktlich. So liefen wir an mehreren jungen Leuten vorbei, bekamen ein Programmheft mit Kontaktkarte in die Hand gedrückt und setzten uns in die zweite Reihe.

Alle waren sehr freundlich und hatten ein Durchschnittsalter von 30. Es gab sogar Jugendliche. Licht flutete durch den Gottesdienstraum. Überproportional viele Schwangere saßen um uns herum. Um biologisches Gemeindewachstum muss man sich bei Eckstein keine Sorgen machen. Aber wohl auch nicht um Wachstum durch Entscheidungen für Jesus.

Stetiges Wachstum seit 2016

Seit der Gründung 2016 ist die Gemeinde stetig gewachsen. Heute waren etwa 70 Personen zum Gottesdienst erschienen. Der Raum könnte vermutlich 120 Personen fassen. Rein statistisch könnte dieser Fall in zwei Jahren eintreten. Dann müssten neue Räume gesucht werden. Knapp wird es bereits beim Kindergottesdienst. Dieser hat einen so regen Zulauf, dass die Nebenräume kaum ausreichen. Apropos Kinder: Meine Frau war ganz beeindruckt, dass die Pastoren auch die Kinder begrüßten und ihnen eine besondere Beachtung schenkten.

Der Gottesdienst startete tatsächlich pünktlich um elf. Es gab eine kurze Begrüßung, eine Lesung von Psalm 31, danach zwei Lobpreislieder auf Deutsch und anschließend begann auch schon die Predigt. Wie uns berichtet wurde, gebe es bei Eckstein mehrere Predigtserien: eine Themenreihe, eine Serie durch die Psalmen und eine Serie durch das Markus-Evangelium. Heute war Markus 5, 21-34 dran.

Schwarzbrot mit Körnern

Flankierend zur Predigt war ein Programmheft ausgegeben worden. Wir hätten auch diverse Notizen machen können. Allerdings fehlte uns der Stift dazu. Ein Kugelschreiber mit Eckstein-Logo wäre jetzt praktisch gewesen. Uns fehlte noch etwas. Nämlich die mitgebrachte Bibel. Meine Frau zückte ihr Smartphone mit der Online-Bibel. Ich hörte nur zu.

Die Predigt über die 14 Verse ging etwa eine Stunde. Wenn man ein biblisches Bild dafür gebrauchen wollte, könnte man von Schwarzbrot mit Körnern reden. Eine kernige Predigt, die tief in den Text einstieg und diesen für unseren Alltag relevant machte. Die Konzentration setzte trotz der Länge nur selten aus, so dass ich fast alles genüsslich aufsaugen konnte.

Gemeinschaft ohne Kollekte

Auch das Ende war eher unspektakulär. Es gab noch ein Lied, aber keine Kollekte. Dann war Schluss und die Besucher wuselten durcheinander. Tische und Stühle wurden durch den Saal getragen. Essen wurde auf einer langen Tafel platziert und wir holten uns einen Kaffee. Schnell kamen wir mit mehreren Leuten aus der Gemeinde ins Gespräch. Eine sehr offene Atmosphäre, die zum Verweilen einlud.

Die Eckstein Gemeinde Berlin ist ein Gründungsprojekt der EBTC (Europäisches Bibel Trainings Centrum). Dieses kannten wir zwar dem Namen nach und wussten, dass es in Hellersdorf beheimatet ist. Besucht hatten wir es aber bisher noch nicht. Eckstein war also unsere erste Berührung mit EBTC. Der Ersteindruck war sehr positiv.