Montag, 12. Dezember 2016

Sarah Kaiser, Freiheit und Radio Paradiso

Sarah Kaiser ist eine echte Berlinerin mit musikalischer Familientradition. Ihre Stilrichtung ist Jazz. Sie hat inzwischen fünf CDs herausgebracht, die sich insgesamt 50.000 Mal verkauft haben.



Ende der 1990er Jahre hatten wir Sarah Kaiser in der Lukas-Gemeinde kennen gelernt. Kurz darauf begann sie einen Gospelchor in Marzahn. Interessant an diesem Chor war, dass ein Drittel der Teilnehmer über die gute Platzierung der Webseite der Jugendkirche Marzahn zum Chor gekommen waren und sich über 30% der Sänger im Laufe der Jahre für eine Beziehung zu Jesus entschieden.

Sarah Kaiser leitete den Chor hoch professionell und setzte ihre markante Stimme während der regelmäßigen Konzerte gerne als Solistin ein. Sie förderte talentierte Jugendliche, mit denen sie teilweise heute noch auftritt.

Ihre Brötchen verdient sie jedoch als Jazz-Sängerin mit einem nahezu unerschöpflichen Konzertkalender, dem Verkauf ihrer CDs und dem Einzelcoaching als diplomierte Gesangspädagogin. Ihre Hauptprojekte sind die Sarah Kaiser Band, AQUABELLA und Berlin Voices, wobei sich das letztgenannte Quartett 2011 aufgelöst hatte. Sie tritt im Radio, im Fernsehen, auf Kirchentagen, in Gemeinden, in Clubs, im Bundestag, auf Jazztagen und international auf.

Sarah Kaiser ist eine Powerfrau, eine Frau, die klare Ziele hat und bezüglich des Glaubens an Jesus kein Blatt vor den Mund nimmt. Als ich vorhin zu einem Meeting der Internetmission fuhr, kam auf Radio Paradiso bereits ein Teaser-Interview mit ihr. Sie wurde zum Stichwort "Freiheit" befragt. Freiheit sei ein Privileg, dass sie sehr schätze und gerne nutze. Insbesondere die Freiheit, selbst entscheiden zu können sowie die Freiheit, offen über ihren Glauben reden zu dürfen.

Die Frage bezog sich wohl auf ihre Neuveröffentlichung "Freiheit". Das Release-Konzert fand passend zum Reformationstag am 31.10.2016 in Berlin statt. "Freiheit" beschäftigt sich mit der festen Burg, der eigenen Reformation und Martin Luther und reiht sich damit in Sarahs unverkennbares Interesse an neu vertonter alter Kirchenmusik ein. "Gast auf Erden" ist eine jazzige Hommage an Paul Gerhard. "Grüner", "Geistesgegenwart" und "Miracles" sind weitere Editionen, die seit 2003 von ihr erschienen sind.

Zwischen 20 und 21 Uhr hatte sie heute eine Stunde Sendezeit bei Radio Paradiso. Schade, dass mein Meeting länger ging. Die Zeit hatte ich zwar ständig im Blick, aber wenn der Betreiber von MyStory aus der Schweiz eingeflogen kommt, stehen die technischen Anliegen der neuen Webseite von GottinBerlin.de im Fokus. Das Layout dafür wurde übrigens vom selben Designer geliefert wie das für www.SarahKaiser.de.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Fernsehpredigt mit der Oma

Wenn Ehepartner unterschiedliche Glaubensauffassungen haben, kann es vorkommen, dass sich die Gottesdienstbesuche auf Weihnachten und Ostern reduzieren oder der unmündige Christ maximal einen Hauskreis unter der Woche besuchen darf. Oft bleibt dann noch der Ausweg über Fernseh- oder Podcast-Predigten.



Meine Schwiegermutter ist es gewohnt, Gottesdienste im Fernsehen zu verfolgen. Das ist abwechslungsreich, gemütlich, hygienisch und logistisch effektiv. Verbindlichkeit, christliche Gemeinschaft und Bekanntheit in der Ortsgemeinde sind dadurch allerdings kaum möglich. Das musste sie erschrocken zur Kenntnis nehmen, als das Ableben ihres Mannes zum Totensonntag in der Dorfkirche keine Erwähnung fand.

Bereits am letzten Sonntag war es uns in Chemnitz gelungen, sie zu einem echten Gottesdienst mitzunehmen. Echte Sänger, ein echter Prediger und echte Leute um uns herum in einem echten Gemeindehaus. Die Alternative wäre ein Fernseh-Gottesdienst aus Herrnhut gewesen.

Fernsehen war ein guter Aufhänger, sie heute einmal mit zu Saddleback zu nehmen. Wir entschieden uns für den Gottesdienst auf Deutsch. Forrest aus Alabama hatte einen Weihnachtschor zusammengestellt und präsentierte das Ergebnis. Da die Oma weder etwas sah noch hörte, wechselten wir die Sitzreihe und konnten nun das Geschehen von sehr weit vorne aus verfolgen. Der Chor sang Weihnachtslieder auf Deutsch und auf Englisch und ging dann in den Nachbarsaal.

Dann begann die Predigt. Es ging um "die gute Nachricht" von Weihnachten. Tom Holladay erzählte ein Beispiel von seinen Enkeln, die in New York Kakao gekauft bekamen. Eines der Kinder ließ sofort die Tasse fallen und produzierte eine riesige "Sauerei". Der Verkäufer reagierte souverän, indem er einen Wischmopp nahm, die "Sauerei" großflächig reinigte, hinter den Tresen ging, einen neuen Kakao zapfte und ihn dem Enkelkind überreichte. "Geht aufs Haus", sagte er und lehnte den Zahlungswunsch des Referenten ab. "Gott macht unsere Sauerei sauber - kostenlos", war die Lehre aus dieser Situation.

Wo sonst die vielen freien Stellen zum Ausfüllen auf dem Beiblatt zum Gottesdienst waren, standen heute Bibelstellen über Bibelstellen zur "guten Nachricht" von Weihnachten. Wir hörten die geballte Ladung des Evangeliums. Tom Holladay redete allerdings sehr schnell und Dave Schnitter übersetzte in einer entsprechenden Geschwindigkeit simultan. Nach zwei Lobpreisliedern und der Kollekte war der Gottesdienst zu Ende und wir füllten noch einmal Kaffee und Tee nach.

Gespannt fragten wir die Oma, wie sie denn diese spezielle Art der Fernsehpredigt fand. Sie stellte fest, dass sie neue Hörgeräte benötigt, da sie das schnelle Reden nicht so richtig verstehen konnte. Erschwerend kam hinzu, dass die Mundbewegungen des amerikanischen Predigers nicht zur deutschen Übersetzung passten. Sehr schade!

Dennoch waren wir begeistert, dass sie sich auf diesen Test eingelassen hatte und freuen uns schon auf ihre nächste Begleitung. Immerhin sorgt sie dafür, dass ich weiter vorne sitzen kann. Falls dann zufällig ein Fernseh-Gottesdienst aufgenommen wird, sind wir hoffentlich öfter mal im Bild.

Freitag, 9. Dezember 2016

Wölfe im Schafspelz

Schuldgefühle, biblisches Halbwissen und subtile Beziehungsgeflechte begünstigen die Strukturen des geistlichen Missbrauchs. In der Folge werden insbesondere begabte Mitarbeiter und Leiter nachhaltig für das Reich Gottes deaktiviert.



Der Autor Edin Lovas schöpft in seinem Buch "Wölfe im Schafspelz - Machtmenschen in der Gemeinde" aus eigenen Erfahrungen in der charismatischen Szene Norwegens. Es wird jedoch schnell klar, dass sich das Thema durch sämtliche Denominationen ziehen kann. Deshalb ist dieses kleine Buch mit seinen weniger als hundert Seiten eine hervorragende Ergänzung zu anderen Werken wie "Heilung erfahren" von Ken Blue oder "Geistlicher Missbrauch" von Inge Tempelmann.

Wölfe im Schafspelz - Machtmenschen in der Gemeinde - Edin Lovas
Wölfe im Schafspelz - Machtmenschen in der Gemeinde - Edin Lovas
Während "Heilung erfahren" anhand von Matthäus 23 missbräuchliche Konstrukte entlarvt und Auswege sowie Heilungsempfehlungen aufzeigt, nimmt sich das Buch von Inge Tempelmann wissenschaftlich fundiert der Thematik "Geistlicher Missbrauch" an. "Wölfe im Schafspelz" betrachtet mit einem strategischen Blick weitere Aktionsfelder wie beispielsweise das Verhalten der unbeteiligten Masse.

Gruppendynamik

Der mitlaufende Konsument wird von dem Problem in der Regel nichts mitbekommen. Das liegt daran, dass er für den Missbraucher ungefährlich ist. Zudem werden unangenehme Dinge weitestgehend unter den Teppich gekehrt. Kritische Gespräche finden unter vier Augen statt, persönliche Briefe werden öffentlich verlesen und Hinterfragungen als Angriff auf die Leitungsperson dargestellt. Die sensationshungrige Masse schwankt in jede gewünschte Richtung mit und unterstützt damit das Missbrauchssystem.

So manch ein Aussteiger berichtet von seltsamen Situationen bei der Begegnung mit ehemaligen Bekannten aus dem Umfeld des Systems. Langjährige Geschäftsbeziehungen oder vermeintliche Freundschaften liegen plötzlich auf Eis, obwohl die Personen gar nicht direkt involviert waren. Individuell zuordenbare Formulierungen der Beteiligten tauchen an Ecken auf, an denen man diese gar nicht erwartet.

Kompetenz oder Wahrheitshoheit

Dabei sind missbrauchende Leiter zutiefst unsicher und oftmals weder als Leiter begabt noch berufen. Deshalb stört jede tatsächlich befähigte Person die Harmonie und muss reglementiert oder entfernt werden, auch auf Kosten der Grundprinzipien einer gesunden Entwicklung des Reiches Gottes. Da unbequeme Personen im Stillen zum Gehen bewegt werden, lassen sich im Nachhinein auch sehr gut theologische Unterschiede oder andere Begründungen konstruieren. Die per Amt gepachtete Wahrheitshoheit wird ungeprüft akzeptiert.

Harmoniebedürfnis tritt vor Wahrheit, Reden vor Beten, Sicherheit vor Glaubenswagnis und schweigende Defizitakzeptanz vor überfällige Optimierung. Hinzu kommt der gegenseitige Schutz durch Verantwortliche der übergeordneten Hierarchieebene.

Zielgruppe

Das kleine Buch mit dem plüschigen Titelbild hat es in sich. Edin Lovas untermauert seine Aussagen mit vielen Bibelstellen und seziert treffsicher die strategischen Denk- und Handlungsmuster geistlicher Missbraucher. Er gibt Handlungsempfehlungen für die weitestgehend sinnfreien Vier-Augen-Gespräche und ernüchtert mit der Feststellung, dass sich Missbraucher normalerweise nicht ändern.

Das Buch eignet sich insbesondere für Menschen, die im Ausstiegsprozess stehen und bestimmte Vorgänge in der Gemeinde nicht logisch einordnen können. Der Heilungsprozess nach dem Ausstieg sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Deshalb empfiehlt sich die zusätzliche Lektüre eines der beiden oben erwähnten Bücher (Ken Blue und/oder Inge Tempelmann) sowie der aktive Kontakt zu vertrauenswürdigen und authentischen Christen.

Hier eine Checkliste zur Erkennung von geistlichem Missbrauch, die sich weitestgehend mit den Checklisten in den erwähnten Büchern deckt.

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus

Swen Schönheit ist Pfarrer im Norden Berlins und setzt sich in seinem Buch "Menschen mit Format" mit Leitungsprinzipien auseinander, die er bei Jesus entdeckt hat. Das Buch enthält viele Praxisbeispiele und gibt Christen mit Leitungspotenzial wertvolle Impulse für ihre Aufgaben im Reich Gottes.



Die Anregung zum Lesen des Buches "Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus" bekamen wir vor zwei Jahren von Hans-Peter Pache, der zur Zeit als Leitercoach im Mülheimer Verband unterwegs ist. Die etwa 300 Seiten hatte ich innerhalb weniger Tage durchgelesen und war von der facettenreichen Betrachtung des Themas Leiterschaft sehr beeindruckt. Auch meine Frau und weitere Leute aus dem Leitungsteam hatten das Buch gelesen und waren begeistert. Viele Seiten sind mit Unterstreichungen und Randnotizen versehen.

Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus Swen Schönheit
Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus - Swen Schönheit
Swen Schönheit geht zunächst auf die Grundlagen von Leitung ein. Dann baut er das Thema über die wichtigen Punkte Identität, Begabung und Berufung auf. Leitungsaktivitäten ohne Begabung oder Berufung werden in der Regel im Chaos oder Siechtum enden.

Leiter sollten Visionen haben, die idealerweise mit den Ansichten Gottes harmonieren. Damit beschäftigt sich das fünfte Kapitel. Ab dem sechsten Kapitel geht es in die praktische Umsetzung mit der Festlegung von Prioritäten, der Optimierung des Charakters und dem Umgang mit Prüfungen und Widerständen. Hier spielt die Vorbildwirkung des Leiters und dessen Authentizität hinein. Krisen als Chancen zu sehen, ist ein bekanntes Prinzip aus dem Unternehmertum oder aus Bibelversen wie Römer 8,28.

Das neunte Kapitel mit der Überschrift "Vollmacht" hatte uns besonders angesprochen. Aber auch die weiteren Kapitel zur Bedeutung des Gebetes, der Teambildung und der Stabübergabe bestätigten unsere Erfahrungen. Teamwork und Abgabe von Verantwortung an die nächste Leitergeneration wird auch auf internationalen Kongressen wie dem #MDGC16 immer wieder als Erfolgskonzept zum nachhaltigen Bau des Reiches Gottes postuliert.

Als Pfarrer geht Swen Schönheit in seinem Buch ungeschminkt und direkt auf Herausforderungen im Leitungsalltag von Gemeinden ein. Das stärkt die Kompetenz der Ausführungen. Es werden Persönlichkeitsstrukturen und Verhaltensmuster beleuchtet und anhand vieler biblischer Beispiele immer wieder Parallelen zwischen vorbildhaften Situationen und eigenem Erleben gezogen.

Sonntag, 4. Dezember 2016

FEG Chemnitz

Wegen eines runden Geburtstages waren wir an diesem Wochenende im Großraum Chemnitz unterwegs. Auf Empfehlung besuchten wir die wenige Kilometer südlich der City gelegene FEG Chemnitz.



Die Suche nach einem passenden Gottesdienst in Chemnitz begann damit, dass wir uns bei der Heilsarmee, dem Kirchenportal Kirche-Chemnitz.de und weiteren Webseiten umschauten. So wirklich aussagekräftig waren die Webseiten und Informationen jedoch nicht, so dass wir etwas ratlos waren. Erschwerend kamen weitere Parameter hinzu, nämlich dass das Altersspektrum der Besucher zwischen dreizehn und neunundsechzig lag und die Geschmäcker von anglophiler Trendgemeinde bis traditioneller Kirche gingen. Die Heilsarmee wurde mehrheitlich abgelehnt, da der dortige Gottesdienst erst um 16:00 Uhr beginnt. Sogar der Vormittag stand auf der Kippe, da der Besuch einer Tante eingeschoben werden sollte. Schon war ein Fernsehgottesdienst mit Direktübertragung aus Herrnhut im Gespräch.

Mein Halbschwager feierte am Samstag seinen Fünfzigsten. Verlässliche Prognosen über den Restalkoholpegel der am Gottesdienst Interessierten waren dadurch auch nicht möglich. Die angereiste Verwandtschaft wohnte in einer Pension in Rabenstein. Rabenstein liegt westlich von Chemnitz, verfügt über eine Burg und ein Schloss sowie eine imposante Fußgängerbrücke. Wir waren bereits am Freitag angereist und konnten beim samstäglichen Freikratzen der Autoscheiben den Morgennebel, die tief stehende Sonne und den weihnachtlichen Duft des Kaffeehauses unterhalb der rostigen Stahlträgerbrücke genießen. Dann fuhren wir in die Radon-Therme Schlema.

Lutherkirche oder FEG Chemnitz?

Nachdem wir genügend Radon getankt hatten, klingelte das Handy und Frank Heinrich MdB begrüßte uns in seinem Wahlkreis. Er freute sich, dass wir ausgerechnet im heimatlichen Rabenstein übernachten und feiern. Dann gab er uns zwei Gottesdienst-Empfehlungen unter Berücksichtigung der oben geschilderten personellen Herausforderungen: Lutherkirche Chemnitz und FEG Chemnitz.

Der Gottesdienst in der Lutherkirche startet um 9:30 Uhr und der Gottesdienst in der FEG um 10:30 Uhr. Meine Schwiegermutter plädierte für die Lutherkirche, so dass wir die Geburtstagsfeier schon kurz vor elf verließen und ein frühes Aufstehen anpeilten. Erwartungsgemäß zog sich das Frühstück jedoch so lange hin, dass wir flexibel auf FEG Chemnitz umdisponieren mussten.

Wir trafen eine halbe Stunde vor Beginn bei der FEG ein. Das Kirchengebäude ohne Glockenturm steht separat inmitten eines Wohngebietes mit niedrigen sanierten Plattenbauten. Ein großes schlichtes Kreuz markiert das helle Gemeindehaus. Die Klapptafel mit der Gottesdiensteinladung hatten wir übersehen, da wir nicht aus Richtung City gekommen waren.

Schwiegermutter setzt Akzente

Im Gemeindesaal wurden Lobpreislieder geübt und Tüten für eine weihnachtliche Verteilaktion sortiert. Es war noch sehr leer. Meine Schwiegermutter strebte die zweite Reihe an. Solche Momente stärken die Beziehung zwischen angeheirateter Mutter und Schwiegersohn. "Warum sitzen wir so weit vorne? Hier sehen wir doch nicht, wann wir aufstehen müssen", protestierte die Familie. "Ich höre sonst nichts", war das unschlagbare Argument meiner Schwiegermutter. Ich saß schützend neben ihr und unterstützte sie bei der Verteidigung ihrer Position. Allerdings hoffte ich, dass wir keine Stammplätze besetzt hatten.

Pastor Bernard Millard und einige Verantwortliche kamen an uns vorbei und grüßten sehr freundlich. Besonders unterhaltsam war der nicht erwartete Countdown. Jede der fünf Minuten blinkte eine Zahl auf. Dazwischen wurden Informationen zu den WCs, den parallelen Kindergruppen und dem Gemeinschaftsteil eingeblendet. Die verantwortlichen Mitarbeiter wurden wahlweise aus Sicht der Kinder, der Jugendlichen oder des Geschirrspülers dargestellt.

Gottesdienst

Mit der letzten Filmsequenz schritt ein Mitarbeiter an die Kanzel und begrüßte die Gemeinde. Der Raum hatte sich in der letzten halben Stunde gut gefüllt, so dass es um die achtzig Besucher gewesen sein müssen. Die Altersstruktur war sehr gut durchmischt. Es gab viele Kinder und Jugendliche, aber auch Senioren. Das sah gesund und auf Wachstum angelegt aus.

Es folgten Weihnachtslieder und Jugendlieder aus den 1990ern, die wir weitestgehend ohne Blick auf den Text mitsingen konnten. Meine Tochter fand es "cool", dass immer schon der Text der nächsten Strophe eingeblendet war. Das hilft, falls der Techniker einmal abgelenkt ist. Bei der FEG Chemnitz klappte es jedenfalls perfekt.

Beziehung statt Betriebsamkeit

Die Predigt startete mit einem Rückblick auf den vergangenen Sonntag, wo es um Psalm 24 gegangen sei. "Wer ist der König der Ehren?" und "Öffnet die Tore!" ist dort zu lesen. Bernard Millard leitete zu Off 3,20 über: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an". Es war also immer noch der rote Faden vorhanden. Jesus solle in alle unsere Lebensbereiche eingelassen werden. Um das zu unterstreichen, sprang er zu Off 2,4, wo es um das Schreiben an die Gemeinde in Ephesus geht, die die erste Liebe mit gemeindlicher Betriebsamkeit vertauscht hatte. Ergänzend hätte noch Off 3,1 zitiert werden können, worin zur Gemeinde Sardis gesagt wird: "Ich kenne deine Werke. Du hast den Ruf, lebendig zu sein, aber du bist tot". Statt dessen leitete er zu Joh 21 über, wo es ebenfalls um die Liebe bzw. die Beziehung zu Jesus geht.

Dank einer Bibel-App konnte ich recht schnell die sämtlichen Stellen aufrufen und nachlesen. Zusammengefasst ging es darum, die persönliche Beziehung zu Jesus zu intensivieren und sich nicht durch andere Dinge inklusive innergemeindlicher Betriebsamkeit ablenken zu lassen. Die Predigt stieß auf familiäres Wohlwollen.

Ich wunderte mich nur, warum die dunkelbraune Holzkanzel so sehr in die Ecke des Altarbereiches gestellt war. Sollte das eine besondere Art der Demut demonstrieren, oder war das ein ungeplanter Nebeneffekt der jüngsten Reinigungsaktion? Redner mit ausladenden Armbewegungen wären regelmäßig mit der Wand kollidiert.

Aufstehen zum Segen

Weitere Lobpreislieder, eine Kollekte und ein sehr umfangreicher Programmpunkt mit Ansagen rundeten den Gottesdienst ab. Die Befürchtungen meiner Frau, dass man nicht wisse, wann Aufstehen und Hinsetzen gewünscht sei, wurden nicht bestätigt. Ein Alleinstellungsmerkmal der FEG Chemnitz ist wohl, dass lediglich zum abschließenden Segen aufgestanden wird. Gebete, Ansagen, Kollekte und Lobpreis fanden komplett im Sitzen statt.

Gemeindemitglieder bedankten sich beim Pastor für die Predigt. Wir wechselten einige Worte mit ihm, ließen unseren Blick über das muntere Treiben im Gemeindesaal schweifen und verließen kurz darauf die FEG.

Es standen noch der Chemnitzer Weihnachtsmarkt und ein gemeinsames Essen am Schlossteich auf dem Programm. Bei letzterer Gelegenheit trafen wir auch die übernächtigten Geburtstagsgäste wieder und ließen mit einem gestellten Gruppenfoto per Selbstauslöser unseren Besuch in Chemnitz ausklingen.

Mittwoch, 30. November 2016

Gemeinsam e1ns - Schnuppertreffen für Ehepaare

In den ersten Ehejahren hatte ich Paar-Seminare immer belächelt. Inzwischen weiß ich die wertvollen Impulse sehr zu schätzen. und besuchte heute zusammen mit meiner Frau einen Schnupperkurs von "Gemeinsam e1ns", einer Initiative von Campus für Christus.



Bei strömendem Regen und eingeschalteter Sitzheizung erreichten wir nach genau einer Stunde Marienfelde. Viel schwieriger als der per Google-Maps eingeprägte Weg war der Eingang zum Haus zu finden. Es war von sämtlichen Seiten gut einsehbar, nur der Zugang fehlte.

Helge stand im Regen an der Straße und lotste die Erstbesucher auf das Hammergrundstück. Das Haus offenbarte eine gewisse Vorliebe für ein skandinavisches Land mit blau-gelber Fahne und einem dazugehörigen Möbelhaus. Wir waren nicht die ersten Gäste. Auf einem Tisch standen Salzstangen und Süßigkeiten. Tee dampfte aus einer Tasse und Kaffee gab es auch.

Das Wohnzimmer von Helge und Birgit füllte sich, so dass sich letztlich siebeneinhalb Ehepaare um den Tisch scharten. Da der Abend unter den Chatham House Rules abgehalten wurde, dürfen hier nur sehr wenige Details nach Außen dringen. Nur soviel, dass die Paare zwischen vier und vierzig Jahren verheiratet und die Teilnehmer zwischen dreißig und siebzig Jahre alt waren. Marienfelde war lediglich für die Gastgeber zentral gelegen. Viele der Besucher kamen aus der urbanen Peripherie und freuten sich über den anschließenden Vorschlag, die folgenden Eheabende nach Schöneberg zu verlegen.

Vorab hatten wir bereits fünfzehn Seiten Arbeitsmaterial für den "Schnupperkurs" erhalten. Bei dem durchaus gemütlichen Licht stellte ich fest, dass der nachhaltige Ausdruck von zwei Seiten auf einem A4-Blatt ein recht herausforderndes Betrachtungsszenario mit meiner neuen Gleitsichtbrille darstellte. Als ich dann noch eine Stelle aus dem Römerbrief vorlesen sollte, hatte ich mich gerade in der Bibel-App verlaufen und kam nicht mehr aus dem Markiermodus heraus.

Anhand des ausgedruckten Leitfadens kamen wir sehr gut ins Gespräch und lernten einander besser kennen. Das "Du" war noch etwas gewöhnungsbedürftig, half aber bei der im Raum verbleibenden Offenheit. Wir tauschten uns über vorbildhafte Ehen aus und bekamen interessante Denkanstöße zu den Bedürfnissen unserer Ehepartner. Auch Helge und Birgit erfuhren lange gehegte Geheimnisse voneinander.

Nach zwei Stunden endete der Schnupperkurs mit einem Gebet und der Abstimmung weiterer Termine. Es regnete nicht mehr. Den Ausgang mussten wir nicht suchen. Dafür suchte Helge sein Auto. Per Fernbedienung konnte es sichtbar gemacht werden. Auf dem Rückweg nahmen wir noch eines der Ehepaare mit und unterhielten uns über die vielen Aspekte der Kleinkinderziehung.

Montag, 28. November 2016

Chasing Daylight - die letzten 100 Tage

Da wir uns in den letzten vierzehn Monaten von beiden Vätern alias Großvätern verabschieden mussten, spricht "Chasing Daylight" von Eugene O'Kelly genau in unsere familiäre Situation. Viele Passagen sind emotional nachvollziehbar und ich bin beeindruckt, wie rational der Top-Manager O'Kelly mit seinem ungeahnt plötzlich diagnostizierten Ableben umgeht.



Wohl dem, der das Privileg hat, sich auf den Tod vorbereiten zu können. Mein Vater wurde im Sommer 2014 sehr plötzlich mit einer angehenden Blutvergiftung im Bereich der Nieren ins Krankenhaus eingeliefert. Die sofort eingeleitete Operation war die ultimative Hilfe, die ihm noch ein weiteres Lebensjahr ermöglichte. Er erlebte seine Goldene Hochzeit, ein Weihnachtsfest, seinen 75. Geburtstag und sogar noch den einundfünfzigsten Hochzeitstag.

Geklärte Beziehung und Abschied

Die Einlieferung im Sommer 2014 war für mich ein Alarmsignal, noch alle offenen Dinge mit ihm zu klären. Ich schrieb ihm einen längeren Brief. Das war sehr gut so! Er war davon so bewegt, dass wir anschließend gemeinsam beteten und noch ein intensives Jahr der Vater-Sohn-Beziehung leben konnten. Wir telefonierten regelmäßig, lasen uns Bibeltexte vor und beteten gemeinsam. Die Zeit, die uns noch blieb, nutzen wir als bewusste Abschiedszeit und erlebten eine Tiefe in der Beziehung, die es in den vorangegangenen Jahren kaum gegeben hatte. Er schlief im August 2015 in Frieden ein und auch die Beerdigung wurde zu einem positiven Erlebnis.

Einfach tot umfallen

Im Januar 2015 saßen wir mit den Eltern meiner Frau in Costa Calma (Fuerteventura) auf der Terrasse unseres Hotelzimmers und füllten die Patientenverfügungen aus. Bei Zigarre, Chips und Kerzenschein kreuzte mein Schwiegervater die Fragen zur maschinellen Lebenserhaltung an und schrieb darunter, dass er am liebsten einfach "tot umfallen" wolle. Das geschah im Oktober diesen Jahres in seinem Bad. Nach einer intensiven Wiederbelebung wurde er ins künstliche Koma versetzt und an Beatmungsmaschinen gehängt. Es folgte eine Zeit des bewussten Abschieds. Bekommt er noch etwas mit? Hört er uns? Wir redeten mit ihm und beteten für ihn und bedankten uns für die gemeinsame Zeit.

Als ich gerade das Handy ausschalten wollte, um das Flugzeug nach New York zu besteigen, rief meine Frau an und sagte, dass ihr Vater am frühen Morgen verstorben sei. Später erfuhr ich, dass er lächelnd auf der Bahre lag.

Chasing Daylight Eugene O'Kelly
Chasing Daylight - Eugene und Corinne O'Kelly
Chasing Daylight von Eugene und Corinne O'Kelly

Das Buch "Chasing Daylight" (Jagd nach dem Tageslicht) beschreibt eine ähnliche Situation, nur dass der Autor wesentlich jünger war. Als CEO der Beratungsgesellschaft KPMG war Eugene O'Kelly es gewohnt, ständig in Flugzeugen, in Hotelzimmern, auf Golfplätzen und den Chefetagen der Welt unterwegs zu sein. Seine Arbeitswoche umfasste gerne siebzig bis neunzig Stunden.

Der Top-Manager aus New York war 53 Jahre alt, als seine Frau einen ungewohnten Schweißtropfen auf seiner Wange bemerkte. Nach einer aktiven Woche lässt sich solch ein Symptom auch als normale Stressreaktion bagatellisieren. Dennoch suchten sie einen Arzt auf. Mehrere Untersuchungen an aufeinander folgenden Tagen brachten die finale Klarheit über seinen Gesundheitszustand: drei Tumore in der Größe von Tennisbällen hatten sich in seiner linken Gehirnhälfte gebildet und waren ohne Schmerzen oder merkliche Beeinträchtigungen gewachsen. Der Zeitpunkt für einen sinnvollen Eingriff war bereits weit überschritten.

Lebenserwartung 100 Tage!

Der Top-Manager beschreibt seinen Umgang mit der Diagnose und die rationale Planung seiner letzten 100 Tage. Er traf zunächst die Entscheidung, die Situation zu akzeptieren und diese letzte Phase seines Lebens zur wichtigsten Phase werden zu lassen. Er stellte sich der Realität und fertigte eine Todo-Liste an, die sich im Wesentlichen mit der Übergabe seines Postens bei der KPMG, den Formalitäten für die Beisetzung und die Erbschaftsangelegenheiten und dem bewussten Loslassen seiner Beziehungen beschäftigte. Darüber hinaus wurden noch einige prinzipielle Verhaltensregeln aufgestellt. Hier die Liste:

+ ordne rechtliche und finanzielle Dinge
+ verabschiede dich (unwind relationships)
+ vereinfache alles
+ lebe im Jetzt
+ schaffe große oder perfekte Momente (oder sei offen dafür)
+ beginne den Übergang zum neuen Lebensstatus
+ plane das Begräbnis

Der Nachfolger war innerhalb von drei Tagen gefunden. Die sonstigen Formalitäten liefen eher nebenher und das "Entwinden" (unwinding) der Beziehungen in möglichst "besonderen Momenten" war Hauptfokus seiner Aufmerksamkeit. Dazu fertigte er ein Diagramm mit Kreisen an. Im innersten Kreis stand seine Familie, dann kamen angeheiratete Verwandte, engere Freunde und nähere Geschäftspartner. Im äußersten der Kreise standen die langjährigen Bekannten und Business-Kontakte. Er entschied sich für eine Abarbeitung von außen nach innen.

Abschied

Er schrieb die Menschen auf, mit denen er eine Zeit seines Lebens oder kurze intensive Momente verbracht hatte und kam letztlich auf 1.000 Namen. Einige schrieb er per Mail an, andere rief er an, wieder andere traf er persönlich. O'Kelly nahm diese letzten Stunden so intensiv auf, dass fast jede dieser letzten Begegnungen mit anschließendem "Good bye" zu einem "Perfect Moment" für ihn und auch die Gesprächspartner wurde. Der Abschied von dieser Personengruppe nahm drei Wochen in Anspruch, was bei einem Budget von 100 Tagen schon recht viel war.

Schwieriger wurde es mit den engeren Bezugspersonen zwischen äußerem und innerem Kreis. Einige genossen den Abschied in einem dieser perfekten Momente im Central Park, einem Restaurant oder am Telefon. Andere waren wütend über das Leben, das Schicksal und konnten gar nicht verstehen, warum ausgerechnet dieser begabte Mann sterben müsse. Er solle doch kämpfen und nicht einfach so dem als nah diagnostizierten Tod entgegengehen.

Zum Schluss lud er seine Familienangehörigen an den Lake Tahoe ein, fuhr in einem schnellen Motorboot mit ihnen über das spiegelglatte Wasser und genoss auch diese Momente. Er freute sich an gutem Wein, an gutem Essen, dem Blick auf den East River und anderen bisher überhörten Dingen. Von seiner Tochter Dina verabschiedete er sich mit dem Buch selbst. Sie war damals erst vierzehn und verarbeitete vieles in Gedichten.

Dann enden die Aufzeichnungen Eugenes

Der bewegendste Teil des Buches war für mich das Ende der Aufzeichnungen von Eugene und die Fortsetzung durch seine Frau Corinne. Auf 155 Seiten war einem dieser Manager mit seinen vertrauten Denkstrukturen so nahe gekommen, dass die finale Beschreibung seiner letzten Tage dem oben geschilderten Miterleben des Abschiedes von unseren Vätern glich.

Auch wenn Gott recht selten in diesem Buch thematisiert wird, kommt doch zum Ausdruck, dass eine Hoffnung auf die Ewigkeit bei Gott sowie ein guter Abschluss von Beziehungen wesentlich zur Entspannung und einer friedlichen "Transition" beitragen.

Sonntag, 27. November 2016

#MarzahnConnection - Gebet für 260.000

Nur selten lässt sich die reale Zeit wie auf der Timeline eines YouTube-Videos zurückstellen. "Lola rennt" ist ein Film, der mehrfach an der gleichen Stelle einsetzt, aber immer einen anderen Verlauf der Geschichte erzählt. Im CVJM-Haus Trinity erlebten wir heute einen Rewind und Neustart mit Potenzial für eine rennende Lola aus Marzahn.



Mehrere Tische waren zu einer Tafel zusammengestellt. Die Sitzecke mit ihren bequemen schwarzen Lederpolstern war für die Gäste des Abends vorbereitet. Es waren vier Gebetsstationen eingerichtet. Erinnerungen an alte Zeiten des Wachstums einer gesunden Jugendkirche in Marzahn wurden wach. Damals feierten wir hier Gottesdienste und Themenpartys. Es gab vier große Hauskreise, die beständig wuchsen. Ja, damals ...

Als die Kanzlerin beim Besuch des Don-Bosco-Zentrums nach der Einwohnerzahl Marzahns fragte, antwortete die Bezirkspolitikerin Dagmar Pohle: "260.000". Eine Zahl, die mit der Population deutscher Kleinstädte wie Münster (296.000) vergleichbar ist. Die Gemeindelandschaft in Marzahn bedient viele traditionelle Bedürfnisse wie die evangelische Landeskirche, die Baptisten, die SELK und die katholische Kirche. Wachstum scheint es jedoch nur bei den Katholiken, dem Lichtblick e.V. oder Gemeinden mit Fokus auf Aussiedler zu geben.

260.000 Marzahner haben also nur dann eine Anlaufstelle für den christlichen Glauben, wenn sie sich auf traditionelle Strukturen einlassen, zur Zielgruppe des Lichtblick e.V. gehören, eine russische Prägung haben oder sich über die Bezirksgrenzen hinaus orientieren. Doch wo kann Otto Normalverbraucher aus Marzahn eine Beziehung zu Jesus aufbauen? In welche Gemeinde kann er ohne Bedenken seine Freunde oder Kollegen mitnehmen?

So saß heute eine gute Anzahl ehemaliger Mitglieder der Jugendkirche Marzahn (jetzt Kirche43) zusammen und überlegte und betete, wie eine neue Gemeinde im und für den Bezirk aussehen könnte. Die Atmosphäre war angenehm entspannt. Die Timeline nach CVJM Trinity (2006) wurde kaum thematisiert und bei Lobpreis, Andacht und Essen wurde vorwärts gedacht.

Da viele der Anwesenden bereits eine neue Homebase bei ICF, der Kreativen, JKB Treptow, Saddleback oder anderen Gemeinden gefunden hatten, verständigten wir uns auf regelmäßiges Gebet für den Bezirk und zum Hören auf die opportunen Instruktionen Gottes. Ein guter Plan, der allgemeine Zustimmung fand.

Freitag, 25. November 2016

A Disruptive Gospel - Transforming Your City

Ein Evangelium, das die Metropolen dieser Welt durchdringt, beschreibt Mac Pier in seinem Buch "A Disruptive Gospel". Er stellt in achtzehn Kapiteln diverse Beispiele urbaner Transformation vor und geht auch auf die Grundprinzipien erfolgreicher Bewegungen ein.



Das über zweihundert Seiten umfassende Buch "A Disruptive Gospel" von Mac Pier war ein wertiger Bestandteil unseres dunkelblauen Jute-Begleitbeutels zur #MDGC16-Konferenz in New York. Während viele Flyer, Heftchen und Visitenkarten auf der allgemeinen Ablage der NYSUM landeten, wurden dieses Buch, eine Tony-Evans-DVD und die Pfefferminz-Pillen einer Bibelschule ins Reisegepäck transferiert.

Beispiel New York City

Bereits der Titel verspricht eine moderne Auseinandersetzung mit der effektiven Verbreitung des Evangeliums. Besonders hatte mich Kapitel 2 beeindruckt, wo die geistliche Disruption New Yorks beschrieben wird. Die Not war in den 1980er und 1990er so groß, dass sich Leiter unterschiedlicher Gemeinden zum Gebet und gemeinsamen Aktionen trafen. Das taten sie so nachhaltig, dass innerhalb weniger Jahre die Mordrate deutlich nach unten ging, der soziale Frieden gestärkt und viele neue Gemeinden gegründet wurden. Die Wirkung ist statistisch belegt und auch in den Straßen und Untergrundbahnen spürbar. Queens, Brooklyn und die Bronx lassen sich heute auch als weißer Tourist gut per Spaziergang erkunden, was vor fünfundzwanzig Jahren weniger denkbar gewesen wäre.

Diese beachtliche Harmonie einer multiethnischen Population erlebte ich bereits bei meiner Ankunft in New York, als ich mich vom Busbahnhof nach Queens begab. Gleiches in den Gemeinden, die wir besuchten und auf der Straße. Man musste morgens um acht dem Gangsta-Rapper im Donuts-Shop nur freundlich zunicken und schon bekam auch er ein breites Lächeln auf dem Gesicht und grüßte zurück.

A Disruptive Gospel Mac Pier
A Disruptive Gospel - Mac Pier


Transformation durch Einheit

Das Geheimnis liegt in der Einheit. Einheit der geistlichen Leiter und Einheit mit parakirchlichen Werken und dem "Marketplace". Während in Deutschland nur die Pastoren und eventuell noch christliche Hilfsorganisationen auf dem Radar sind, stellen in sämtlichen Teilen der Welt die christlichen Unternehmer (Marketplace) einen wichtigen Bestandteil der Vernetzung dar.

Mac Pier trifft sich in Kapitel 6 im einunddreißigsten Stockwert eines Bürohauses in Downtown Dallas mit Ray Nixon, einem texanischen Unternehmer. Er hat dort einen weiten Blick über die Stadt und erfährt viele interessante Dinge über die Geschichte, die Zusammensetzung der Bevölkerung und die aktuellen Herausforderungen. Auch hier geht es um Einheit der christlichen Leiter, Gebet und praktische Hilfe. Mit praktischer Hilfe ist durch das gesamte Buch hindurch Hilfe zur Selbsthilfe sowie Bildung gemeint.

Statistiken

Die Berichte enthalten viele Zahlen und strategische Hintergrundinformationen, warum beispielsweise Kinder ohne präsente Väter suboptimale Entwicklungen nehmen, wie der Präsident Ruandas für Einheit im Volk und einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgt oder wie ausgewanderte Menschen aus Haiti zur Rückkehr auf die Insel zwecks humanitärer Hilfe motiviert werden.

Es werden konkrete Beispiele aus Dubai, Pretoria, Indien, Ruanda, Haiti und anderen Regionen mit Großstädten dargestellt. Immerhin wurden auch schon in der Apostelgeschichte die großen Städte der Antike bereist, um dort einen viralen Einfluss (Impact) auf das Römische Reich zu initiieren. Auch Großbritannien und Schweden geben viel Grund zur Hoffnung. In Frankreich entstehen momentan neue Gemeinden, was wohl eine Folge der Terroranschläge von Paris ist.

Und bei uns?

Allein Mitteleuropa wirkt in Kapitel 17 etwas blass und eingeschlafen nach den vielen ermutigenden Schilderungen. Das wird wohl daran liegen, dass das Prinzip des effektiven Zusammenspiels von lokaler Gemeinde, christlichen Organisationen und Marketplace (siehe Dreibeinhocker) in unseren Regionen noch nicht angekommen ist. Die lokale Gemeinde stellt oftmals das Maß aller Dinge dar und grenzt sich gerne gegen benachbarte Denominationen ab. Dann kommen christliche Organisationen und dann erst einmal gar nichts. Unternehmer und Führungskräfte aus dem säkularen Berufsleben werden in Deutschland selten als geeignete Player für das Reich Gottes angesehen.

Die im Buch mehrfach skizzierten Vernetzungen über Schlüsselpersonen aus Politik und Wirtschaft sind in Europa eher unterentwickelt. Sehr beeindruckend, was Mac Pier in diesem Zusammenhang über Dubai berichtet. Das Schlusswort von Bob Doll widmet sich komplett den christlichen Leitern aus dem Marketplace-Segment und ermutigt sie zum Denken und Handeln in der Reich-Gottes-Perspektive.

Wer das Buch lesen möchte, sollte Englisch verstehen. Eine Übersetzung des zweiten Kapitels über die statistisch belegten Veränderungen in New York City ist bereits angedacht.

Sonntag, 20. November 2016

Mosaik Berlin und der Abgleich einer Webseite

Mosaik Berlin ist eine relativ neue multiethnisch geprägte Gemeinde in Berlin, die sich im Schatten des Axel-Springer-Hochhauses trifft. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist eine Sonntagspredigt auf Englisch, die konsekutiv auf Deutsch übersetzt wird.



"Wir müssen viertel nach halb vor fünfzig los", erklärte mein Sohn noch einmal die Uhrzeit, wann wir startklar sein sollten. Er wollte zusammen mit meiner Frau zu Saddleback fahren, während ich endlich einmal Mosaik Berlin auf dem Programm hatte. Da sich anhand der Webseite schon ein Bild zur Gemeinde geformt hatte, wollte ich unbedingt meine Tochter als Zweitstimme dabei haben und aus der üblichen Meinungspluralität eine sinnvolle Schnittmenge extrahieren. 10:35 Uhr war ein guter Zeitpunkt des Losfahrens, den wir wie üblich um fünf Minuten überzogen.

Kurz nach elf setzten wir Frau und Sohn bei der Kalkscheune ab und fuhren weiter zu Axel Springer. "BILD Dir deine Meinung", war auch unser heutiges Motto. Im Sommer hatte ich erstmalig vom Gründungsprojekt "Mosaik Berlin" gehört, als wir Christopher auf dem SOLA getroffen hatten. Darauf googelte ich die Gemeinde und stellte fest, dass sie sich in unmittelbarer Nähe zu anderen modernen Gemeinden wie Berlin Connect, Kulturwerkstatt Mitte, Berlinprojekt oder Saddleback befindet. Es kam die Frage auf, wer in dieser Region so viele coole Gemeinden brauche? Während in Marzahn die geistliche Flaute herrscht, trampeln sich Missionare und kreative Mittdreißiger in der City auf den Füßen herum.

Der Häuserblock um die Besselstraße 13 wirkte verlassen. Herbstlaub wehte über Freiflächen und Straßen. Es gab sehr viele ungenutzte Parkplätze. Wir liefen am Haus entlang und kamen an einem großen bunten Schild vorbei, das auf ein Game-Science-Event hinwies. Durch die Schaufenster war ein dicht mit jungen Leuten gefüllter Raum zu sehen. Wir liefen weiter und kamen schließlich fast am Ende des Häuserblocks an. Wo war der Eingang zu Mosaik? Als wir uns umsahen, bemerkten wir ein kleines schwarzes Schild mit einem eingekreisten "M". Dieses war völlig von dem massiven Gamer-Schild überdeckt worden. Ein Problem, das sich durch die üblichen Aufstellfähnchen in Segelform lösen ließe.

Proaktiv grüßend betraten wir die hellen Räumlichkeiten und legten unsere winterlichen Jacken ab. An einer Theke konnte man sich mit Tee oder Kaffee bedienen. Der oben erwähnte Christopher kam vorbei und begrüßte uns freundlich, blieb einige Momente bei uns stehen. Smalltalk. Dann musste er noch einige Dinge für den Gottesdienst erledigen. Durch väterlichen Druck gelang es mir, endlich mal wieder etwas weiter vorne zu sitzen: fünfte Reihe.

Pastor Neville Jones lief hin und her und traf letzte Abstimmungen vor dem Beginn. Der Gottesdienst startete mit Lobpreis und den Ansagen. Das Mikro der Moderatorin versagte seinen Dienst. Sie erwähnte auch einen Welcome Desk, den wir beim Betreten der Location gar nicht bemerkt hatten. Dann trat Neville Jones mit einer Übersetzerin auf die Bühne. Noch einmal stellte er sich als Pastor vor, der gemeinsam mit seiner Frau Sue diese Gemeinde leite. Dass man ihn bei Kaffee und Kuchen nach dem Gottesdienst in der zweiten Etage kennen lernen könne, erfuhren wir mehrfach an diesem Vormittag. Das war uns auch schon durch die Webseite bekannt.

Anhand der bisher veröffentlichten Predigtmitschnitte zur Themenreihe "Seeing Jesus" hätte ich heute einen Text aus Johannes 6 oder 7 erwartet. Statt dessen predigte er über mein Lieblingskapitel Johannes 9. Neville Jones hatte die Predigt in drei Blöcke eingeteilt und ging darin auf die Jünger, die Pharisäer als geistlich Blinde und den Blindgeborenen ein. Er las dazu die ersten und die letzten Verse des Kapitels und blieb während der gesamten Predigt am Text. Besonders angesprochen war ich wieder einmal von den Ausführungen zu den Versen 28 und 34.

Nach der Predigt gab es Abendmahl, welches wahlweise mit Saft oder Wein genommen werden konnte. Begleitet wurde es musikalisch von der aus vier Personen bestehenden Lobpreisband. Danach trat die Moderatorin für ein Abschlussgebet und die Verabschiedung auf. Wieder versagte ihr schnurloses Mikro. Ich vermisste die Kollekte.

Der Gottesdienst hatte fast zwei Stunden gedauert, so dass der Rest der Familie bereits vor der Kalkscheune stand und uns per WhatsApp zum Aufbruch drängte. Auf dem Weg tauschte ich mit meiner Tochter die Eindrücke aus.

Die Webseite hatte abgesehen von den ständigen Sicherheitswarnungen des Browsers ein Bild gezeichnet, das durch diesen Besuch vor Ort korrigiert werden konnte. Anhand der Webseite war ich davon ausgegangen, dass es sich um eine auf den Pastor zentrierte und schwach besuchte Gemeinde mit erheblichem Mangel an Mitarbeitern handelt. Das entspricht jedoch so nicht der Realität:

Der Pastor und seine Frau scheinen sich zwar als zentrale Bezugspersonen zu sehen, dennoch lässt sich einiges an Leitungspotenzial in den Reihen von Mosaik erkennen. Die Gemeinde und die Mitarbeiterschaft wirken sehr intakt. Schade, dass letzterer Umstand auf der Webseite so unterrepräsentiert ist. Neben der Webseite birgt auch das Thema Welcome ein gewisses Optimierungspotenzial. Obwohl Mosaik erst vor wenigen Wochen nach Kreuzberg umgezogen ist, kommt der Raum bei über siebzig Besuchern so langsam an seine Kapazitätsgrenzen.

Freitag, 18. November 2016

Zwei Schiffe begegnen sich in der Nacht

Es muss mindestens sieben Jahre zurück liegen, wo wir das Sprichwort "zwei Schiffe begegnen sich in der Nacht" zum ersten Mal gehört hatten. Es wird gebraucht, wenn Menschen eine völlig unterschiedliche Denkweise und Wahrnehmung haben.



Eine Falle der Egozentrik ist es, davon auszugehen, dass alle anderen Menschen so denken und wahrnehmen wie ich selbst. Ich betrachte mich als Normativ für Denkweise und Wahrnehmung und setze vergleichbare Parameter bei den Menschen in meiner Umgebung voraus.

Doch weit gefehlt!

Ein Mann mit Burnout denkt in Angstszenarien, ein echter Beamter denkt in Amtsdeutsch, ein Offizier denkt in Strategien, ein Grüner denkt ökologisch, ein Rechtsanwalt denkt in Paragraphen, ein Journalist denkt in Stories und ein Softwareentwickler in If-Then-Else-Schleifen. Letzteres kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Nur wenn es Schnittmengen gibt, vermengt sich das Denken und macht die Handlungsweisen des Anderen nachvollziehbar oder gar berechenbar.

Solch eine Schnittmenge kann der gemeinsame Glauben an Jesus Christus sein. Wie wir kürzlich bei einer internationalen Konferenz feststellen konnten, verbinden sich ethnische, soziale, sprachliche und kulturelle Unterschiede zu einer bemerkenswerten Harmonie, wenn sich Menschen um den Mittelpunkt Jesus versammeln. Das entspricht der praktischen Umsetzung von Joh 13,35. In Städten wie New York oder Boston war irgendwann die Not so groß, dass sich Gemeinden unterschiedlichster Prägung aufeinander zu bewegten und gemeinsam für die Stadt eintraten. Die Ergebnisse lassen sich in beachtenswerten Zahlen dokumentieren.

Luxus in Berlin

In Berlin hingegen leistet man sich den Luxus von Divergenz, Abgrenzung und Parallelwelten. Während steuerfinanzierte Berufschristen Papiere mit durchaus wohlklingenden Absichtserklärungen für die Ablagesysteme ihrer Gremien produzieren, disruptieren neue Gemeinden die Stadt mit geistlichem und quantitativem Wachstum sowie regelmäßigen Taufen. Vernetzung findet jedoch nur weitestgehend auf der Basisebene statt.

Das entspricht in etwa dem, was Executuve Vice President Christoph Keese von Axel Springer SE im Rahmen eines Vortrages über Disruption auf einer Landwirtschafts-Konferenz im Januar 2016 gesagt hatte. Demnach sei die allgemeine Arroganz des "Establishments" bemerkenswert, das sich als "Halbtoter auf dem Weg zum Friedhof" lange über die Bemühungen des Disruptors amüsiere und dann plötzlich vor dem Aus stehe. Christoph Keese prognostizierte eine Sterblichkeit durch alle Branchen von 95%.

Schauen wir in die christliche Szene, so gibt es reichlich Unverständnis zwischen Evangelikalen und Landeskirchlern, zwischen Katholiken und Protestanten oder Charismatikern und Bibelkennern. Gerne wird in diesen Zusammenhängen das Christsein des Anderen in Frage gestellt, wenn er anders tauft, zu alte Lieder singt, sich zu wenig in der Bibel auskennt oder gar betet und mit dem aktiven Eingreifen Gottes in Lebenssituation rechnet.

Wenn Joh 13,35 nicht mehr in der Praxis sichtbar wird, kommen auch die Moslems zum Zuge. Im Koran können sie mehrfach lesen, dass sich die "Menschen der Schrift" nicht einig waren und deshalb der Koran als letzte Offenbarung herabgesendet wurde. Aber auch Islamisten sind sich nicht einig. Die Sunniten betrachten die Welt anders als Schiiten. Die daraus folgenden und für unsere Wahrnehmung abstrusen Handlungsmuster können nur nachvollzogen werden, wenn man sich mit den Denkmustern dieser Personen beschäftigt.

Es beginnt ja generell schon damit, dass ein Theoretiker anders als ein Praktiker denkt und handelt. Der Visionär denkt selten in den Strukturen des Managers. Ein Handwerker denkt oftmals nicht kaufmännisch, was gelegentlich suboptimale Folgen hat. Dabei ergibt sich aus diesen Unterschieden auch ein erhebliches Potenzial an Ergänzung, wie es beispielsweise in 1. Kor 12 beschrieben wird.

Was beim Miteinander hilft ist Empathie.

Empathie schlägt eine Brücke zwischen unterschiedlichen Menschen. Insbesondere Verkäufer haben diese Gabe und nutzen sie zum Vermarkten ihrer Produkte. Wenn der Verkäufer merkt, wo beim Kunden der Schuh drückt, muss er nur das passende Argument finden, das das Produkt als Lösung für genau dieses Problem darstellt. Selbst einem Eskimo kann ein Kühlschrank verkauft werden. Dazu fallen mir ad hoc zwei Vertriebsargumente ein. Zuerst könnte beim winterlichen Bedarf an Licht angesetzt werden. Licht erstrahlt, sobald der Eskimo den Kühlschrank öffnet. Ein zusätzlicher Vorteil wäre die geschlossene Tür. Diese hält Eisbären vom Verzehr des Inhaltes ab. Ob also die Tür des Kühlschrankes offen oder geschlossen ist, der Eskimo hat in jedem Fall einen Vorteil und braucht deshalb? Klar, einen Kühlschrank!

An Empathie und dem Bewusstsein für divergente Denkstrukturen mangelt es aber auch in der großen Politik. So kann der humanistisch geprägte Europapolitiker mit seinem juristisch-soziologischen Hintergrund nicht nachvollziehen, wie ein Präsident Putin oder ein Donald Trump seine Entscheidungen findet. Hillary Clinton wäre die europäische Wunschpräsidentin gewesen, da sie ein gewisses Maß an Kontinuität in der Außen- und Sicherheitspolitik suggerierte. Mit Donald Trump hingegen kann man in Europa nichts anfangen. Die Verunsicherung wird insbesondere dadurch manifestiert, dass sich zur Zeit sämtliche europäische Staatschefs  in Berlin mit dem scheidenden Präsidenten Obama treffen und mit ihm über Donald Trump reden. Aber schon Hiob 42 zeigt, dass man lieber "mit" als "über" jemanden reden sollte.

Personen des Zeitgeschehens

Dabei muss man sich lediglich Persönlichkeit, Herkunft und Umgebung der jeweiligen Akteure ansehen:

Putin ist ein Geheimdienstmann, der sich mit ehemaligen Kollegen umgeben hat. Er denkt und handelt wie ein Mann aus dem Nachrichtendienst. Das macht ihn berechenbar für Menschen, die die Denkweise von Geheimdienstlern kennen. Agenten denken in langfristigen Schachzügen, beobachten die rote Linie des Gegners und wenn es mal schnell gehen muss, wird ein Bauer geopfert. Dabei kann der Bauer oder die gegnerische Dame auch einmal unsanft vom Tisch fallen, was nicht immer mit den rechtsstaatlichen Auffassungen des Europäers harmoniert. Das Bewusstsein dessen ist jedoch hilfreich für die Bewertung von Gegenwartsszenarien und zur Erstellung von Zukunftsprognosen.

Donald Trump ist Unternehmer. Ein sehr erfolgreicher Unternehmer sogar. Wer weiß, wie Unternehmer ticken, wird auch Trump berechnen können. Dass in Europa so eine große Verunsicherung herrscht liegt daran, dass unsere Politiker eben wie Bürokraten denken und nicht wie Unternehmer. Den Unternehmer zeichnen im wesentlichen drei Grundprinzipien aus:

1) Aus jeder Situation - egal wie herausfordernd - den höchst möglichen Profit ziehen (Röm 8,28)
2) Nicht reden, sondern machen! (Mt 7,21)
3) Entscheidungsfreudigkeit (Lk 19,5-6)

Punkt 2) und 3) bringen natürlich eine ganz andere Dynamik ins politische Geschehen und können bei weniger durchdachten Entscheidungen unangenehme Folgen haben. Aber es lässt sich berechnen, so man sich auf die Handlungsprinzipien eines Unternehmers einstelt.

Vergleicht man nun die Denkmuster Putins mit denen des Unternehmers Trump, wird deutlich, dass beide gut harmonieren. Allerdings wird dann auch deutlich, dass für europäische Harmoniepolitik kein Platz bleibt, außer es wird ein Punching Ball benötigt.

Vielleicht entwickelt sich dadurch ja letztlich ein Szenario, das die Christen in Berlin auch über Grenzen von Charisma, Taufverständnis und steuerlicher Komfortzone zusammen bringt.

Donnerstag, 17. November 2016

Robert Saunders und der Dreibeinhocker

Zurzeit hält sich Robert Saunders in Berlin auf und hat einen prall gefüllten Kalender mit Coaching-Terminen für Geschäftsleute aus ganz Deutschland. Wenn ein Präsenztreffen für Süddeutsche oder Rheinländer zu aufwendig ist, wird flexibel auf Telefonkonferenz umgeschaltet.



Bis vor eineinhalb Jahren war mir der Zugang zu christlichen Unternehmern weitestgehend verschlossen. So nutzte ich die geschäftlichen Vorbilder des säkularen Umfeldes und extrahierte christliche Handlungsweisen aus dem eigenen Bibelstudium. Dennoch hätte ich gerne Vorbilder aus dem christlichen Umfeld gehabt, die sich in Krisen bewährt, bei Null angefangen und allgemein einen guten Ruf als ehrbare Kaufleute erworben haben.

Erst bei der intensiveren Begegnung mit Unternehmern aus dem Umfeld der FBG erschlossen sich ganz neue Horizonte in Bezug auf "Kingdom Companies" und den Austausch innerhalb einer homogenen Gruppe aus dem Berufsleben. Ähnliche Herausforderungen und Erfahrungen ermöglichten einen Dialog, der auf der gleichen Verständnisebene abläuft, die übliche Neidkultur weitestgehend ausklammert und Hilfe bis in Beschaffungs- und Finanzbereiche anbietet.

Die FBG ist es auch, die regelmäßig kostenlose Coachings mit Robert Saunders anbietet. Robert Saunders hat in seinen siebzig Lebensjahren mehrere Firmen geleitet, Unternehmen aufgebaut, Weihnachtsanhänger verkauft und viel Zeit in sämtlichen Teilen der Welt verbracht. Er war und ist Investmentbanker und ein Christ, der Freude daran hat, anderen Geschäftsleuten mit Rat und Seelsorge zur Seite zu stehen.

Die Gespräche laufen sehr unterschiedlich ab. Man trifft sich beim Lunch, beim Dinner, nach dem Frühstück, beim Tee, bei Mineralwasser, in Hausschuhen, am Telefon oder im Massagesessel. Robert Saunders ist sehr flexibel und stellt sich auf jeden der Gesprächspartner individuell ein. Es gibt normale Unterhaltungen, klare Frage-Antwort-Szenarien und gemeinsame Gebete. Je nachdem, wie sich das Gespräch entwickelt und was der Banker empfindet, dass von Jesus her gerade dran ist.

Viele dieser Meetings enden in klassischer Seelsorge, thematisieren die vielen Facetten von Misserfolg und familiärem Background oder hinterfragen die aktuelle Geschäftsstrategie.

Heute saß ich mit ihm auf einer Couch in Nikolassee und ließ ihn auf meine aktuellen Fragen zur unternehmerischen Ausrichtung schauen. Ich hatte eine Prophetie dabei, die uns als Familie vor eineinhalb Jahren zugesprochen wurde und in vielen Punkten bereits eingetroffen war. Von kompetenter Stelle ließ ich bestimmte geschäftliche Entscheidungswege validieren und war erleichtert, dass die gemachten Fehler letztlich in einen Optimierungsprozess eingemündet waren.

Vieles war für Robert Saunders nachvollziehbar. Betriebswirtschaftliche Zusammenhänge oder Mitarbeiterprofile mussten nicht weiter erläutert werden. Kurze Schlagworte reichten aus, um auf der gleichen Verständnisebene effektiv das Gespräch fortzusetzen. Er stellte herausfordernde Fragen und gab mit eindringlichem Blick Handlungsempfehlungen. Wenn er nicht sicher war, ob ich den finalen Punkt verstanden hatte, ließ er es noch einmal von Joe Hartung (FBG) erklären. Wenn wir beide falsch lagen, erklärte er seine Gedanken noch einmal mit anderen Worten. Wir kommunizierten auf Englisch.

Am Ende zeigte er sich zuversichtlich, dass die neue Richtung Erfolg versprechend sei. Ich solle lediglich nicht zu viel Zeit mit Nachdenken verbringen, da mir das wertvolle Lebenszeit raube, die ich besser in die Entwicklung des Unternehmens stecken könne.

Nach zwei Stunden meldete sich der Kalender. Es stand ein Telefontermin an und danach Lunch mit einem Hamburger. Mit Hamburger ist in diesem Fall ein Norddeutscher gemeint und nicht das mögliche Angebot auf der Speisekarte.

Greift man das Bild des Dreibeinhockers von #MDGC16 auf, stellen die Coachings mit Robert Saunders eine praktische Umsetzung dar. Christen im Beruf brauchen geistliche und seelsorgerliche Unterstützung, um das Reich Gottes außerhalb der Gemeinde bauen zu können.

Sonntag, 13. November 2016

Familienkonferenz

Auf unserer Eltern-Kind-Kur im Sauerland hatten wir viele gute Anregungen für den Familien-Alltag bekommen. Eine davon war die Etablierung einer Familienkonferenz.



Schon während unserer Kur im Juli kauften wir in der nächst größeren Stadt ein dickeres Notizbuch im A4-Format. Damit wurde der greifbare Grundstein für die Einführung der Familienkonferenz gelegt. In einem der Erziehungsseminare hatte die Referentin von ihren guten Erfahrungen mit der Familienkonferenz berichtet. Sie hatte deutlich mehr Kinder im Haushalt und konnte mit diesem Instrument ein geeignetes Podium schaffen, bei dem alle Akteure der Familie gleichberechtigt zu Wort kommen und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.

Wir legten einen wöchentlichen Turnus fest, den wir seit dem sechsten August mehr oder weniger konsequent eingehalten haben. Bei vier Personen lassen sich die Aufgaben sehr gut verteilen. Im Rotationsprinzip bedienen wir folgende Arbeitsbereiche:

1) Agenda und Leitung
2) Protokoll
3) Catering (Tisch decken und für Essen, Trinken, Knabbereien sorgen)
4) Aufräumen (Tisch abräumen und Ausgangszustand des Zimmers wieder herstellen)

Der nächste Termin und die Aufgabenverteilung werden am Ende jeder Konferenz festgelegt und in das Buch geschrieben. So kann man im Zweifelsfall immer wieder nachschlagen und auch der Papa kann sich nicht vor dem Catering drücken.

Am sechsten November, also drei Monate nach Start, fand die elfte Familienkonferenz statt. Das spricht schon einmal für die Regelmäßigkeit. Meine Frau war für Agenda und Leitung zuständig, die Kinder für Catering und Aufräumen und ich für das Protokoll. Nach einer Gebetsrunde mit aktuellen Themen kamen wir zu TOP2: "Gottesdienste". Es wurde der Vorschlag unterbreitet, dass wir jetzt ein bis dreimal im Monat zu Saddleback fahren, da der SYM Saddleback Youth Ministry wohl gut zu unseren Teenagern passe. Auch die Predigten hatten bisher immer einen wertvollen und im Alltag umsetzbaren Inhalt. Deshalb stimmte ich zu, obwohl sich noch diverse weitere Gemeinden auf der Church-Checker-Agenda befinden.

Es ging dann noch um eine E-Ukulele, die Handbrems-Reparatur bei unserem Volvo, die vielen Termine der bevorstehenden Woche, den Lehrersprechtag und das Taschengeld. Wenn die Diskussion hitziger wurde oder in humoristische Exkurse abglitt, nutzen wir eine Art Erzählstein, so dass immer nur ein Familienmitglied zur gleichen Zeit reden durfte. Auf diese Weise wurde jeder gehört und wir entwickelten gemeinsam einen Konsens.

Nach über einer Stunde war die Agenda mit insgesamt acht Punkten durchthematisiert. Sonstige Tagesordnungspunkte gab es diesmal nicht. Abschließend konnten wir den Termin und die Aufgaben für die nächste Familienkonferenz festlegen.

Heute jedenfalls besuchen wir, wie in der elften Konferenz festgelegt, wieder die Saddleback Church in der Kalkscheune.

Dienstag, 8. November 2016

Pick a Communion Set

Formen und Bedeutung des Abendmahls unterscheiden sich in den christlichen Denominationen und Konfessionen teilweise deutlich voneinander. Es geht sogar so weit, dass Christen ausgeschlossen werden, wenn sie einer anderen Gemeinde angehören oder nicht im passenden Alter getauft wurden.



Schon als Kind steckte mir meine Mutter heimlich etwas Weißbrot zu, das zusammen mit einem Metallkelch durch die Reihen unserer damaligen Baptistengemeinde ging. Ich ließ es auf der Zunge zergehen, war mir dessen Bedeutung jedoch nur theoretisch bewusst. Immerhin wurden ja dazu die sogenannten Einsetzungsworte aus dem elften Kapitel des ersten Korintherbriefes gelesen.

Erst viele Jahre später las ich Römer 5 und 6 sowie Kol 2,12 und verstand die Bedeutung des stellvertretenden Sterbens und Auferstehens von Jesus und was das mit mir zu tun hat.

Gemäß der Passage aus dem Vaterunser "vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldnern" wurde beim Abendmahl immer ein starker Fokus auf die Reflexion und das Vergeben von Schuld gelegt, die andere verursacht hatten oder wo ich selbst Fehler gemacht hatte. Das ist zwar durchaus sinnvoll, allerdings geht der Text aus 1. Kor 11,17-34 in eine andere Richtung.

1. Korinther 11, 17 - 34

Die Verse 17 bis 22 beschäftigen sich zunächst mit der fehlenden Einheit in der Gemeinde. Einige füllen sich beizeiten mit leckerem Essen und ordentlich Wein ab, während andere erschöpft von der Arbeit kommen und dann kaum noch etwas zum Essen vorfinden. Ähnliche Tendenzen sind bisweilen auch heute noch in Gemeinden mit kulinarischem Gemeinschaftsteil zu beobachten. Das kann jedoch in der Regel mit einem symbolischen Kostenbeitrag kanalisiert werden.

Ab Vers 23 stellt Paulus noch einmal den Sinn des Abendmahls dar, geht ab Vers 27 auf die Folgen der "unwürdigen" Teilnahme ein und schließt in den Versen 33 und 34 den Bogen zur gemeindlichen Einheit.

Schuldig und unwürdig

In Gemeinden, die einen latenten Wert auf die Nachhaltigkeit der Schuldgefühle ihrer Mitglieder legen, wird die Unwürdigkeit immer auf das mehr oder weniger beladene Gewissen der Teilnehmer abzielen. In solchen Konstrukten könnte theoretisch niemand das Abendmahl einnehmen, da alle Anwesenden ja irgendwie ständig unwürdig sind.

Einheit, Vertragsabschluss und das Reden darüber

Vers 24 beinhaltet drei Stichworte: Bruch, Körper, Erinnerung. Wenn also die Gemeinde das zerteilte Brot isst, verschmilzt sie wieder zu dieser Einheit des Körpers Jesu. Kein Wunder also, dass es in Kapitel 12 gleich mit den unterschiedlichen Begabungen weitergeht, die sich zu einem funktionierenden Ganzen zusammen fügen (siehe insbesondere 1. Kor 12,12).

Vers 25 spricht vom Kelch als Symbol für den neuen Vertrag (Neues Testament), den Jesus mit seinem Blut unterschrieben hat. Wann immer die Gemeinde davon trinkt, erinnert sie an diesen Vertragsabschluss.

Das Abendmahl ist demnach eine Aktion, die mit mehreren Personen und auf gleichberechtigter Ebene stattfindet. Ein klarer Erinnerungsfokus liegt auf Jesus und was er für die Menschheit getan hat. Vers 26 redet davon, dass mit dem "Mahl des Herrn" dessen Tod und Wiederkunft verkündet wird.

Fauxpas

Bei einer unserer Besuche in der katholischen Kirche war uns nicht bewusst, dass wir dort nicht zum Abendmahl zugelassen sind und stellten uns brav in die Reihe. Wir bekamen auch die Oblate, da wir formal unsere Vorgänger kopierten. Wein oder Traubensaft gab es nicht. In einer der nächsten katholischen Gemeinden wurde uns vorab seitens des Priesters mitgeteilt, dass wir besser nicht am Abendmahl teilnehmen sollten. So blieben wir während dieses liturgischen Elementes sitzen.

Pick a Communion Set

Beim Abschlussabend der New Yorker Movement Day Conference war ich schon eine Stunde vor Beginn im Saal, da wir eine Einweisung als Fahnenträger bekommen sollten. Als ich an einem prall gefüllten Korb vorbeieilte, rief eine schwarze Mitarbeiterin hinter mir her: "Pick a Communion Set"! Was bitte? "Pick a Communion Set", wiederholte sie freundlich, als ich scharf abbremste und zurück kam.

Pick a Communion Set #MDGC16
Pick a Communion Set - Abendmahl beim Movement Day Global Cities #MDGC16

Vorsichtig beäugte ich den Inhalt des Korbes. Es waren viele kleine Plastikbecher mit roter Flüssigkeit, wie man sie aus unseren Gemeinden kennt. An der Oberseite waren die Becher zugeschweißt. Im Deckel konnte man eine kleine gelbe Oblate erkennen, die durch die äußere Folie sichtbar war. Ich nahm solch ein Communion Set und steckte es in die Jackentasche.

Etwas schwierig wurde es jedoch, als der Zeitpunkt des Abendmahls gekommen war und die wissenden Amis ihre Sets öffneten. Ich zog vorsichtig an der Lasche. Der Lobpreis hallte durch den Saal. Die Österreicher neben mir hatten bereits die Oblate freigelegt. Der Deckel gab nach und ich konnte die rote Flüssigkeit ausbalancieren. Die Oblate steckte im Plastikdeckel. Was tun? Entgegen der Reihenfolge des Korinthertextes trank ich zuerst den Saft, betete darüber und widmete mich dann der Freilegung der Hostie. Die Österreicher neben mir gaben Tipps und halfen letztlich bei der Entnahme. Endlich konnte auch ich Teil des internationalen Leibes aus etwa 3.000 anwesenden Bestandteilen werden.

Wein oder Saft

Seit etwa dreißig Jahren wird in vielen Gemeinden Saft statt Wein verwendet und mit der Anwesenheit eventuell trockener Alkoholiker begründet. Auch der Kelch wird nur noch selten durch die Reihen gegeben. Das hat wohl hygienische Gründe, wobei Metallbecher immer noch hygienischer sind als kunstgewerbliche Steingutkelche.

In einigen jüngeren Gemeinden erlebten wir, dass neben Saft auch wieder Wein gereicht wurde, so dass bei Bedarf entsprechend der biblischen Grundlagen getrunken werden kann. Nur einmal nahmen wir an einem Abendmahl teil, wo oranger Fruchtsaft in den großen Kelch gefüllt worden war. Jemand hatte den roten Traubensaft vergessen.