Wenn Ehepartner unterschiedliche Glaubensauffassungen haben, kann es vorkommen, dass sich die Gottesdienstbesuche auf Weihnachten und Ostern reduzieren oder der unmündige Christ maximal einen Hauskreis unter der Woche besuchen darf. Oft bleibt dann noch der Ausweg über Fernseh- oder Podcast-Predigten.
Meine Schwiegermutter ist es gewohnt, Gottesdienste im Fernsehen zu verfolgen. Das ist abwechslungsreich, gemütlich, hygienisch und logistisch effektiv. Verbindlichkeit, christliche Gemeinschaft und Bekanntheit in der Ortsgemeinde sind dadurch allerdings kaum möglich. Das musste sie erschrocken zur Kenntnis nehmen, als das Ableben ihres Mannes zum Totensonntag in der Dorfkirche keine Erwähnung fand.
Bereits am letzten Sonntag war es uns in Chemnitz gelungen, sie zu einem echten Gottesdienst mitzunehmen. Echte Sänger, ein echter Prediger und echte Leute um uns herum in einem echten Gemeindehaus. Die Alternative wäre ein Fernseh-Gottesdienst aus Herrnhut gewesen.
Fernsehen war ein guter Aufhänger, sie heute einmal mit zu Saddleback zu nehmen. Wir entschieden uns für den Gottesdienst auf Deutsch. Forrest aus Alabama hatte einen Weihnachtschor zusammengestellt und präsentierte das Ergebnis. Da die Oma weder etwas sah noch hörte, wechselten wir die Sitzreihe und konnten nun das Geschehen von sehr weit vorne aus verfolgen. Der Chor sang Weihnachtslieder auf Deutsch und auf Englisch und ging dann in den Nachbarsaal.
Dann begann die Predigt. Es ging um "die gute Nachricht" von Weihnachten. Tom Holladay erzählte ein Beispiel von seinen Enkeln, die in New York Kakao gekauft bekamen. Eines der Kinder ließ sofort die Tasse fallen und produzierte eine riesige "Sauerei". Der Verkäufer reagierte souverän, indem er einen Wischmopp nahm, die "Sauerei" großflächig reinigte, hinter den Tresen ging, einen neuen Kakao zapfte und ihn dem Enkelkind überreichte. "Geht aufs Haus", sagte er und lehnte den Zahlungswunsch des Referenten ab. "Gott macht unsere Sauerei sauber - kostenlos", war die Lehre aus dieser Situation.
Wo sonst die vielen freien Stellen zum Ausfüllen auf dem Beiblatt zum Gottesdienst waren, standen heute Bibelstellen über Bibelstellen zur "guten Nachricht" von Weihnachten. Wir hörten die geballte Ladung des Evangeliums. Tom Holladay redete allerdings sehr schnell und Dave Schnitter übersetzte in einer entsprechenden Geschwindigkeit simultan. Nach zwei Lobpreisliedern und der Kollekte war der Gottesdienst zu Ende und wir füllten noch einmal Kaffee und Tee nach.
Gespannt fragten wir die Oma, wie sie denn diese spezielle Art der Fernsehpredigt fand. Sie stellte fest, dass sie neue Hörgeräte benötigt, da sie das schnelle Reden nicht so richtig verstehen konnte. Erschwerend kam hinzu, dass die Mundbewegungen des amerikanischen Predigers nicht zur deutschen Übersetzung passten. Sehr schade!
Dennoch waren wir begeistert, dass sie sich auf diesen Test eingelassen hatte und freuen uns schon auf ihre nächste Begleitung. Immerhin sorgt sie dafür, dass ich weiter vorne sitzen kann. Falls dann zufällig ein Fernseh-Gottesdienst aufgenommen wird, sind wir hoffentlich öfter mal im Bild.