Der Abendländer denkt beim Wort "Islam" sofort an Terroristen und Frauen in Burka. Einige Kirchenführer wagen die Annäherung und möchten gerne Juden, Christen und Moslems als Monotheisten unter einen Hut bringen. In diesem Zuge kann es zu heftigen Debatten kommen, deren Inhalt von Unwissenheit und Stammtischargumenten geprägt ist.
Bei einem Bibelabend im August ergab sich eher beiläufig solch eine Diskussion. Ausschlaggebend war die Beschäftigung der Leitung eines Gemeindeverbandes mit der Frage, ob Christen und Moslems an denselben Gott glauben. Vom schroffen Nein bis zur Übertragung der Wurzeln des Islam auf Abrahams Sohn Ismael waren viele Argumente dabei, die sich aus dem Hörensagen formiert hatten. Im Nachgang wurde mir klar, dass ich viel zu wenig von den Basics des Islam wusste, um hier fundiert mitreden zu können.
Deshalb bestellte ich mir einen
Koran und las ihn innerhalb von zwei Wochen durch. Erstaunt war ich in vielerlei Hinsicht über das, was ich dort lernte.
Die Thora und das Evangelium bestätigend
Bereits in Sure 2,83 erhebt der Koran den Anspruch, als "bestätigende Schrift" für das Alte und das Neue Testament "herabgesendet" worden zu sein. Diese Aussage zieht sich durch den gesamten Koran und wird in der Regel mit dem Hinweis verbunden, dass sich Juden und Christen ja in der Schrift "uneins" waren und nun eine klärende Ergänzung gekommen sei.
Der Koran sieht sich also nicht als separate Schrift, die neben der Bibel steht, sondern als krönender Abschluss. Immerhin wurde er ja auch erst im siebten Jahrhundert geschrieben.
Die Bestätigung sieht allerdings so aus, dass diverse biblische Begebenheiten mehrfach, in zeitlich freizügiger Reihenfolge und durchaus lückenhaft wiedergegeben werden. Ein oft wiederholtes Thema ist Mose am brennenden Busch, die ersten Plagen in Ägypten und das Ertrinken des ägyptischen Heeres im Schilfmeer. Auch Lot und seine Frau spielen eine große Rolle. Ebenso Noah und die Vernichtung der damaligen Menschheit in der Sintflut.
Auch Josef, David, Jona, Hiob, Salomo, die Königin von Saba und Jesus kommen im Koran vor.
Paradies und Feuer
Der Koran weidet sich regelrecht am Untergang der Ungläubigen in den Wasserfluten oder im Feuer. Fast jede Seite enthält eine Beschreibung der Qualen im infernalen Jenseits. Wenn die Haut angesengt sei, gebe es eine Neue. Feuer hier und Feuer dort, Feuer als Dach und Feuer ringsumher und keine Chance zu entrinnen, so der "Ungläubige" erst einmal dort sei. Was relativ knapp in Lk 16,22-31 oder Off 19,19-21 und Offenbarung 20,9-15 beschrieben wird, zieht sich schon fast genüsslich durch den gesamten Koran.
Selbst im Paradies, welches von "Wasserbächen durcheilt" wird, liegen sich die "Gläubigen" auf Brokatkissen gegenüber, in den Händen silberne Becher, um sie herum keusch blickende Jungfrauen gleichen Alters (sogenannte Huri) und fragen sich gegenseitig, wo denn die Ungläubigen seien. Und dann blicken sie hinab ins Feuer und sehen sie dort schmoren. Es geht also auch bei der Beschreibung des Paradieses mehr um die distanzierte Beobachtung des Gerichtes an den Ungläubigen als um die Nähe zu Gott. Interessant ist zudem, dass im Gegensatz zum Gold und den weißen Kleidern aus Off 21,10-11 und Off 6,11 im Jenseits des Koran grüne Kleider und silberne Gerätschaften (Sure 76,15.16.21) zum Einsatz kommen.
Der Gläubige des Koran definiert sich durch das Glauben ans Jenseits, das regelmäßige Gebet und das moderate Almosengeben.
Abrahams Sohn Ismael
Ismael spielt im Koran so gut wie keine Rolle. Auf die Araber als Nachkommen Ismaels war Muhammad ohnehin nicht gut zu sprechen, da sie im siebten Jahrhundert Vielgötterei betrieben, ihn nicht ernst nahmen und ständig in Kampfhandlungen mit ihm verwickelt waren. Selbst die eine Erwähnung der Begebenheit, bei der Abraham seinen Sohn opfern sollte (Sure 37,98-113 im Vergleich zu Gen 22,1-19), ist nicht eindeutig auf Ismael zuzuordnen, da vom "Sohn" gesprochen aber kein Name genannt wird. Anhand der Ankündigung von Isaaks Geburt in Vers 112 könnte man in Vers 98 auf Ismael schließen. Allerdings hat der Koran generell eine andere Auffassung von historischen Reihenfolgen, was schon in Vers 133 zu Tage tritt, wo es um Lot und seine Frau (Gen 19) geht.
Jesus im Koran
Jesus wird regelmäßig als "Sohn der Maria" erwähnt. Zweimal wird sogar von Jungfrauengeburt und "Unserem Geiste" geredet (Sure 21,91 und Sure 66,12). In Sure 19,29 wird Maria allerdings mit der gleichnamigen Schwester Aarons vermengt. Ansonsten wir immer wieder betont, dass "Allah keine Gefährten beigesellt" sind und dass er "keinen Sohn gezeugt" habe. Nach Sure 9,30 solle Allah diese Messias-Gläubigen Juden und "Nazarener" tot schlagen.
Am Kreuz sei laut Sure 4,156 ein "Ähnlicher" aber nicht Jesus selbst gestorben. Das stellvertretende Opfer für Sünden, wie es das Neue Testament durchgängig als gute Nachricht postuliert, wird generell abgelehnt (Sure 35,19 und andere). Die komplette Sure 61 beschäftigt sich unter dem Titel "die Schlachtordnung" mit Jesus und seinen Jüngern als "Allahs Helfer".
Ist Allah derselbe Gott?
Die Frage lässt sich nicht klar mit Ja oder Nein beantworten.
Dtn 6,4 macht klar, dass es nur
einen Gott gibt. Der Koran richtet sich in vielen Versen gegen die Vielgötterei der damaligen Araber und sieht jeden ins Feuer gehen, der "Allah Gefährten beigesellt". Das gibt ihm eine
klare monotheistische Ausrichtung.
Der Blickwinkel unterscheidet sich jedoch sehr deutlich. Aus dieser ganz anderen Perspektive erfolgt deshalb auch die Beschreibung des einen Gottes. Mit "Blut und Gut" erwerbe man sich Punkte bei Allah. Vieles geschieht auf der Vielleicht-Basis oder eben auch nicht, je nachdem ob Allah es will. Es gibt letztlich keine Garantie für den Moslem, einmal in der Gegenwart Gottes das Jenseits zu erleben. Das höchste Ziel ist ein Platz auf dem Brokatkissen in einem der sieben Himmel mit Blick zu den Ungläubigen im Feuer. Ein sehr männliches Ziel, welches die Themen Frauen, Genuss und Rache bedient. Über die Privilegien Muhammads bezüglich der Frauen gibt Sure 33 Aufschluss.
Interessant ist auch die Reihenfolge in bestimmten Formulierungen. So wird mehrfach von "lebendig machen und töten" geredet, während die Bibel von "töten und lebendig machen, schlagen und verbinden" redet, also den positiven Ausgang im Fokus hat. Und während wir im ersten Kapitel der Bibel lesen "Gott sah, dass es gut war", lesen wir in der vorletzten Sure 113,1-2: "Ich nehme Zuflucht zum Herrn des Morgengrauens vor dem Übel dessen, was Er erschaffen".
Sure 109 distanziert sich in sechs Versen sehr direkt von allen Andersgläubigen.
Die Sicht lässt sich wohl am besten mit Apg 16,16-18, mit Apg 19,13-16 oder Num 22-24 erklären, wo externe Personen wie das Mädchen in Philippi, der Mann aus Ephesus oder Bileam zwar die Wahrheit über Gott oder Seine Pläne sagten, jedoch aus einer Sicht, die keine direkte und persönliche Beziehung zu Gott implizieren lässt.
Was macht der Koran mit dem Leser?
Das Buch trieft von Hass, Verbitterung und Rachegelüsten gegenüber den Ungläubigen. Nach dem ersten Drittel hatte ich nicht mehr damit gerechnet, dass noch weitere Themen behandelt werden und wurde sogar von Freunden ermutigt, den Koran beiseite zu legen. Es drehe sich weiter alles im Kreis. Dennoch wollte ich es wissen und las ihn bis zum Ende durch. Sechshundert Seiten.
Wer verbittert und frustriert ist und erfahren möchte, wie er in dieser Stimmungslage auf seine Umwelt wirkt, sollte den Koran lesen. Das erklärt einiges in Bezug auf Depression, Terror, Hoffnungslosigkeit und den Umgang mit vermeintlich Ungläubigen. Nach Sure 8,60 kann ohnehin jeder als Feind deklariert und entsprechend behandelt werden, der nicht ins Konzept passt. Ein hervorragendes Werkzeug zum diktatorischen Machterhalt.
Parallel hatte ich das Johannis-Evangelium und den ersten Johannisbrief gelesen und damit den passenden Antworttext im Blick.