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Sonntag, 14. Mai 2017

Kleines Jota die Kraft es hat

Meister Yoda ist klein und grün. Das Jota ist klein und schwarz. Beim Lesen des 1. Korinther machte ich dazu eine interessante Entdeckung.



Es begann mit einem Jod, dem kleinsten Buchstaben des hebräischen Alphabets. Das Jod wird von Griechen, Römern und der Elberfelder als Jota bezeichnet und hat den Zahlenwert 10. Für die folgende Betrachtung ist das zwar egal, passt aber zur Bibelstelle: Vers 10 aus Kapitel 10 des 1. Korintherbriefes, also:

1. Kor 10, 10

Am Ende des Verses lesen wir: "Hamalacha Hamaschchith". Das erste Wort Hamalacha bedeutet "der Engel" und das zweite? Beim schnellen Lesen hatte ich den Wortstamm M-Sch-Ch-I erfasst und sofort an den Maschiach gedacht, den Gesalbten. Aber ein gesalbter Engel war für mich neu, zudem einer, in dessen Händen jemand stirbt. Deshalb beschäftigte mich der Vers bis zum Ende des Kapitels.

Hamalach Hamaschchith - Engel der Zerstörung
Hamalacha Hamaschchith - Engel der Zerstörung - Achtung! Hebräisch wird falschrum gelesen.
Dann kam ich noch einmal zurück ...

Zuerst schaute ich in andere Übersetzungen und dann ins Wörterbuch. Das Jota stand an einem anderen Platz als beim Wortstamm der Salbung: M-Sch-I-Ch. Es hatte mit dem Ch (Chet) getauscht. Am Ende war noch ein Th (Thaw) angehängt. Das Thaw wird im Hebräischen auch als angeklebter Du-Bezug genutzt, so dass ich es zunächst ausgeblendet hatte.

Der Terminator

Der Hamaschchith ist der Zerstörer, der Vernichter, der Terminator. Die Bundeswehr würde in Kombination mit dem Engel von einem "Neutralisator aus der dritten Dimension" reden. Der Text bezieht sich auf das 2. und 4. Buch Mose in denen jede Menge Israeliten als Folge ihrer Nörgelei gestorben waren, nämlich "in der Hand des Engels der Vernichtung".

Auch der lateinische Exterminator klingt gewaltig und erinnert an Arnold Schwarzenegger. Dieser ist ein aktuelles Beispiel dafür, dass ein Terminator auch auf dem politischen Parkett eine Führungsrolle übernehmen kann. In biblischer Zeit waren politische Ämter oft mit einer Salbung verbunden. Hier schließt sich der Bogen zwischen dem Terminator mit Jota hinter dem Ch und der Salbung mit Jota vor dem Ch.

Jota klein ist. Doch Wort und Sinn es ändern kann.

In diesem Wissen hatte Jesus wohl in der Bergpredigt (Matthäus 5, 18) gerade das Jota als nachhaltigen Bestandteil des Gesetzes erwähnt. Klein, stark, schwarz bildet es den Anfangsbuchstaben des Gottesnamens (JHWH). Es stellt den ersten Buchstabe im Namen Jesus (JSchUA) und den dritten Buchstaben bei MSchICh - pardon Maschiach.

Selbst der kleine grüne Meister Yoda trägt im Hebräischen ein Jota als Anfangsbuchstaben (JWDH). So könnte das Nachsinnen über das nahöstliche I weiter fortgesetzt werden und einen umfangreichen Exkurs zu Interconnect, iPhone, Internet und ICF lostreten. Das würde hier aber den Rahmen sprengen.

Gesalbter versus Terminator

Sprengen ist übrigens für den Terminator nichts besonderes, für den Gesalbten schon:

  • Der Terminator nutzt dazu Granaten und Dynamit, worin mehrere Jotas enthalten sind (RIMON, DINMIT).
  • Der Maschiach sprengt statt dessen mit Blut (DaM, ein Wort ohne Jota), und zwar mit seinem eigenen.
  • Der Maschchith ist auf Zerstörung und Tod aus.
  • Der Gesalbte bringt Heilung und Leben.

Wenn sich eine Handgranate entfaltet, fliegen etwa 5.600 kleine Metallkügelchen im Radius von 25 Metern durch die Gegend. Es ist dann zweckmäßig, nicht in der Nähe zu sein.

Statt dessen ist es jedoch ratsam, die Nähe von Jesus zu suchen. Jesus, der das Jota am Anfang seines Namens und in der Mitte seines Titels trägt.

Statt 5.600 kleiner Kugeln hatten sich die ersten Christen, die Meschichiim, schnell über den Globus verteilt. Schon in den ersten Wochen hatten sich mal 3.000 Menschen, mal 5.000 Menschen für eine Beziehung zu Jesus entschieden. Jesus war nach seiner Auferstehung und nach 1. Kor 15, 6 fünfhundert Personen gleichzeitig erschienen und begegnet auch heute noch seinen Freunden oder denen, die es werden sollen.

Freitag, 31. März 2017

Die Salbung des Gesalbten

Vor einigen Monaten hatte ich mit einer Frau zu tun, die in jedem zweiten Satz das Wort "Salbung" verwendete. Ich stellte das auf ihre Gemeinde-Zugehörigkeit ab und konzentrierte mich auf die Sachthemen unseres Dialogs.



Das hebräische Wort für Salbung kennen wir vom "Messias", dem "Christus". Das hebräische "Maschiach" besteht aus dem Hauptstamm M-Sch-I-Ch und wird entsprechend der Grammatik mit weiteren Konsonanten und Vokalen (a, e, i, o, u) umrankt.

Meschiach Adonai

Bereits bei der Schilderung des Konfliktes zwischen Saul und David im ersten Samuel-Buch war mir aufgefallen, dass David trotz mehrfacher Gelegenheiten seinen Bedränger Saul nicht "neutralisieren" wollte. Er begründete das damit, dass er den "Meschiach Adonai", den Gesalbten des HERRN, nicht antasten werde. Besonders beeindruckend ist dabei das Kapitel 26: In vier Versen (9, 11, 16 und 23) begegnet uns die Redewendung "Gesalbter des HERRN".

Saul als Gesalbter

Schon in Kapitel 2 wird ein Gesalbter (Verse 10 und 35) erwähnt, dessen Name dem Leser zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitgeteilt wird. In Kapitel 12 Vers 3 bezieht Samuel die Salbung auf Saul und verteidigt die Vorherrschaft Gottes und seine eigene Vermittlerposition. Dabei benennt er Gott und den Meschiach als Zeugen für seine Loyalität.

Erst David bringt die starke Formulierung "Gesalbter des HERRN" ab 1.Samuel 24 Vers 7. Dort sagt er, dass er "diese Sache" seinem "Herrn, dem Gesalbten des HERRN" nicht antun werde, denn "der Gesalbte des HERRN ist er". Das zeigt den besonderen Charakter Davids, zumal er ja selbst bereits acht Kapitel vorher zum König gesalbt worden war.

Im weiteren Verlauf geht die Bibel recht sparsam mit "Meschiach Adonai" um. In 2.Samuel 1,14+16 wendet David es noch einmal auf Saul an. Im Kontext geht es um einen Amalekiter, der sich damit vor David rühmt, Saul den Todesstoß versetzt zu haben, obwohl Saul suizidal aus dem Leben geschieden war (1.Samuel 31,4).

Gesalbter des HERRN 1. Samuel 26
Gesalbter des HERRN nach 1. Samuel 26
David als Gesalbter

Es gibt nur eine Bibelstelle, in der "Meschiach Adonai" auf David bezogen wird, nämlich als einer seiner Kämpfer, Abischai, Rache an einem Verwandten Sauls nehmen möchte, der dem "Gesalbten des HERRN" geflucht hatte (2. Samuel 19, 21(22)). Abischai war es übrigens auch, der David zur ersten Vergeltung an Saul motiviert hatte. Dadurch war das erste "Gesalbter des HERRN" ausgelöst worden. Hier schließt sich der Kreis.

Jesus als Gesalbter

In den Psalmen und weiteren Texten geht es immer nur um den Meschiach, der oft auf David bezogen ist. Springen wir ins Neue Testament, gibt es noch ein einziges Mal den "Meschiach Adonai": In Lukas 2, 26 freut sich Simeon darüber, dass seine Augen den Gesalbten des HERRN sehen können. Als Jesus später seine Schüler fragt, was sie denn meinen, wer er sei, antwortet Petrus: "Meschiach Hoelohim" - "Gesalbter Gottes" (Lukas 9, 20).

Salbung in Bethanien

Vor diesem Hintergrund bekommt auch die Salbung in Bethanien (Johannes 12, 1-11) einen ganz neuen Duft. Maria, die ergänzende Schwester zu Martha, nimmt Nardenduft und "maschcha et raglei Jeschua" (salbte die Füße Jesu). Darüber empört sich Judas Isch Qriot (Judas Mensch der Städte) und empfiehlt, die Narde lieber für 300 Dinare zu verkaufen. Kurz darauf wird er selbst losgehen, und Jesus für zehn Prozent dieses Betrages verkaufen. Attraktiver Deal?

An der Salbung scheiden sich die Geister. Die Salbung bringt eine hohe Verantwortung mit sich. Jesus wird für sein temporäres Sterben gesalbt und steht anschließend als Gesalbter, als Meschiach, vor Gott. Diesmal als gesalbter Priester und König. Der oben erwähnte David war nur zum König gesalbt und hatte eine symbolische Vorreiterrolle für den späteren gesalbten König in der Doppelfunktion des Hohen Priesters.

Das lesen wir in der Apostelgeschichte (Apg 4, 26) und der Offenbarung (Off 11,15 und 12,10).

Freunde und Gesalbte

Laut Johannes 15, 15 nennt Jesus seine Leute Freunde und nicht Diener oder Mitarbeiter. Diese Beziehung kommt auch in Offenbarung 1, 6 zum Ausdruck, wo wir als Priester Gottes bezeichnet werden. In Antiochia wurden die Schüler von Jesus übrigens erstmalig "Christen" genannt (Apg 11, 26). Nun könnte man raten, was dort im Hebräischen steht: "Meschichiim" - die Gesalbten.

Witzig übrigens auch Apg 26, 28: König Agrippa ist durch die Verteidigungsrede von Paulus beeindruckt. Anschließend sagt er, dass nur noch wenig fehle und er auch noch zum Christen, zum "Meschichi", werde.

Dienstag, 14. März 2017

Aus Neid überantwortet - Matthäus 27, 18

Neid ist ein Thema, das uns in der Bibel regelmäßig begegnet und letztlich zur Auslieferung von Jesus an Pilatus führte. Neid ist ein urmenschliches Verhaltensmuster, das leider auch nicht vor den Türen christlicher Gemeinden Halt macht.



Bereits der erste Mord der Bibel war durch Neid motiviert (Gen 4, 5-7). Weiter geht es mit den Palästinensern, die dem ertragreichen Isaak aus Neid sämtliche Brunnen zuschütteten (Gen 26, 12-33). Übrigens der Start des bis heute andauernden Konfliktes in dieser Region. Es folgte Laban, der den Erfolg seines Schwiegersohnes Jakob nicht ertragen konnte (Gen 30, 25 bis Gen 31). Josef wurde von seinen Brüdern beneidet und als Sklave nach Ägypten verkauft (Gen 37).

Der erste König Israels, Saul, beneidete David für seine militärischen Erfolge und verfolgte ihn über viele Kapitel des ersten Samuel-Buches. Daniel wurde von Hofbeamten beneidet und mit juristischen Tricks in Lebensgefahr gebracht.

Aus Neid überantwortet

In Matthäus 27, 18 und Markus 15, 10 lesen wir, dass Pilatus wusste, dass ihm Jesus aus Neid durch die jüdische Klerikal-Elite überantwortet wurde. Der damit verbundene Hass ging so weit, dass sich die Volksmenge in Matthäus 27, 25 zum Ausruf hinreißen ließ: "Sein Blut komme über uns und unsere Kinder", nachdem sich Pilatus zuvor demonstrativ die Hände gewaschen hatte.

Anhand der oben genannten Beispiele wird deutlich, dass Neid keineswegs rein materiell gepolt ist. Die Palästinenser und der Syrer Laban waren so ziemlich die einzigen, die selbst gerne diesen materiellen Erfolg gehabt hätten. Bei Saul, Kain oder den Herrschaften um den Hohen Priester Kajaphas ging es um Macht, Einfluss und Anerkennung.

Wahre Freunde

Als wir vor elf Jahren mit dem ersten BMW 7er vor die Gemeinde rollten, gratulierte mir der damalige Pastor zum beruflichen Erfolg. Da unsere Kleinkinder bei Mahlzeiten gerne den Tisch in Schwingung brachten, hatten wir uns angewöhnt, Tassen immer nur halb zu befüllen. Angesichts des Autos, Hochzeitstag in New York und halb gefüllter Kaffeetassen verabschiedeten sich die ersten Bekannten, rechneten unsere vermeintlichen Vermögenswerte aus und beschwerten sich bei der gemeinsamen Babysitterin über die geizige Familie, mit der sie nichts mehr zu tun haben wollten.

Auch in der Gemeinde tauchten Worte wie "Bonze" und "Angeber" auf. Der nächste Pastor stammte aus der westdeutschen Provinz und wollte unbedingt wissen, ob ich denn früher auch Trabi gefahren sei. Nein, nur Golf und ähnliches von meinen Freunden aus Westberlin. Entsprechend irritiert war er bei der Anschaffung des nächsten Siebeners mit V8-Maschine.

Facetten des Neides

Er wurde von einem Mann abgelöst, der sich über einen asketischen Lebensstil definierte und wenig Wert auf die Äußerlichkeiten seiner Bezugspersonen legte. Der Zehnte, die Finanzierung von Räumlichkeiten und sonstige Bezuschussungen wurden gerne angenommen. Allerdings konnte er es kaum ertragen, wenn jemand regelmäßig von seinen Erlebnissen mit Jesus erzählte oder Bibelstellen zitierte, die in den vorangegangenen Tagen für Begeisterung gesorgt hatten. Eine nachhaltige Streichung vom Predigtplan war Bestandteil der Gegenmaßnahmen.

Dabei erzählte ich fast nur von Alltagsbegebenheiten, die meine Beziehung zu Jesus tangierten. Über Episoden wie die laut im Schritt aufgerissene Hose bei einem Pressetermin im Schloss Bellevue, terminologisches Fachsimpeln mit Florian Langenscheidt zum gleichnamigen Wörterbuch, Süppchen mit der Kanzlerin, Parken vor der Britischen Botschaft oder Durchwandern der Katakomben des Bundestages sprach ich, wenn überhaupt, nur noch im engsten Familienkreis oder bei geschäftlichen Anlässen.

Die zwei Kilometer zur Gemeinde absolvierte ich fast nur noch zu Fuß und staunte über die dringend notwendige Gewichtsreduzierung. Mit der dunklen Limousine fuhr ich selten vor, freute mich dann aber umso mehr, wenn sie im beruflichen Umfeld den entsprechenden Zweck erfüllte.

Warum keine Ente?

Ein bekannter Unternehmer aus der christlichen Szene Berlins musste sich bei verschiedenen Anlässen für seine S-Klasse rechtfertigen. Studenten fragten ihn in einem Seminar, warum er nicht "Ente" (Citroen 2CV) fahre. Ich hörte aufmerksam zu und fand seine Antwort plausibel. Was im Gemeindeumfeld beneidet wird, dient im beruflichen Kontext als Arbeitsmittel und Ausdruck von Kompetenz. Ähnlich verhält es sich mit Kleidung. Es ist immer wieder festzustellen, dass Kleidung teilweise ungefragt Türen öffnet, die beispielsweise mit einer anderen Jacke verschlossen geblieben wären.

Vor einigen Jahren besuchten wir eine Gemeinde im hohen Norden Deutschlands. Der Gemeindesaal hatte eine große Fensterfläche, so dass wir kurz nach Beginn des Gottesdienstes das Eintreffen eines BMW der X-Serie beobachten konnten. Ihm entstieg eine Familie, die auch ohne dieses Fahrzeug wie eine Unternehmerfamilie gewirkt hätte. Sie schlichen in den Saal und der Gottesdienst nahm seinen Lauf. Anschließend war es genau dieser Familienvater, der freundlich auf uns zukam. Auch er hatte relativ einsam, fast wie ein Fremdkörper, im Gewühl der Besucher gestanden.

Matthäus und Zachäus in der Gemeinde

Wie wird es wohl den Zollbeamten Matthäus (Mt 9, 9-13) oder Zachäus (Lk 19, 1-10) in der Folge ergangen sein? Sie fügten sich nach ihrer Entscheidung für Jesus in eine sehr heterogene Gruppe von Christen ein, mit denen sie und diese mit ihnen klar kommen mussten. Es war an ihnen, mit den anvertrauten Mitteln das Reich Gottes zu bauen. Sie hatten die materiellen Möglichkeiten und das Wissen, damit effizient umzugehen. Andere hatten ergänzende Fähigkeiten.

Es ist erstaunlich, wie viele Beispiele Jesus aus dem Berufsleben aufgreift. Investition und Effizienz spielen dabei eine besondere Rolle.

So stolpert man gelegentlich über Verse wie Lukas 19, 25. Nachdem im Textzusammenhang mehrere Mitarbeiter mit dem anvertrauten Geld gewirtschaftet und unterschiedlich hohe Renditen erzielt hatten, ging es um die Handhabung des einen Mitarbeiters, der das anvertraute Geld einfach nur versteckt hatte. Dieses Geld sollte dem Mann gegeben werden, der das Budget verzehnfacht hatte. "Er hat doch schon zehn", war die Reaktion der Kollegen. Das zeigt jedoch ihre eingeschränkte Sicht auf das materielle Potenzial. Die Fähigkeiten des Kollegen spielten in der Betrachtung keine Rolle. Neid? Es fehlte der Blick für die unternehmerischen Gesamtzusammenhänge. Der Chef jedoch wusste, dass durch clevere Reinvestition aus elf eine hundertzehn werden kann.

Samstag, 4. März 2017

Essen gehen nach der Hochzeit - Johannes 2, 17

Beim wiederholten Lesen des Neuen Testamentes kam ich gerade bei Johannes 2 vorbei. Erstmalig fiel mir dabei auf, dass Jesus nach der Hochzeit zu Kana noch Essen gegangen war. Gab es in Kana nur Wasser und Wein?



Aus dem Stegreif hätte ich nicht beantworten können, welche Begebenheit zwischen der Hochzeit zu Kana in Johannes 2 und der Begegnung mit Nikodemus in Johannes 3 berichtet wird.

Das nächtliche Treffen mit Nikodemus ist deshalb so bekannt, weil darin der Schlüsselsatz Johannes 3 Vers 16, "So sehr hat Gott die Welt geliebt ...", steht. Die Hochzeit zu Kana haftet gut im Gedächtnis, weil darüber regelmäßig gepredigt wird. Jesus vollbringt dort sein erstes Wunder und macht Wasser zu Wein. Letzteres dient als willkommenes Argument, wenn in Gemeindeleitungen über Traubensaft versus Rotwein beim Abendmahl diskutiert wird.

Aber was steht zwischen diesen beiden Texten?

Jesus geht mit seinen Schülern zum Passah-Fest nach Jerusalem. Das nächste Fest. Im Tempel sieht er die Verkäufer von Tauben und anderen Artikeln sowie die Geldwechsler. Er baut sich eine Peitsche und treibt die Händler und Banker aus dem Tempel. In Matthäus 21, Markus 11 und Lukas 19 erinnert er daran, dass der Tempel ein Haus des Gebetes sei und vergleicht die aktuelle Erscheinungsform mit einer Räuberhöhle (speluncam latronum).

Gebet in der Räuberhöhle

In Johannes 2 fehlt der Hinweis auf das Gebetshaus und auch die Räuberhöhle wird nicht genannt. Dafür vergleicht Jesus den aktuelle Zustand mit einem Geschäftshaus. Ein Geschäftshaus, das in der Wortbedeutung über das normalerweise verwendete "Kaufhaus" hinausgeht. Hier spielt sich nicht nur B2C (Business to Consumer) ab, sondern auch B2B (Business to Business). Sofort stehen Bilder von Messen wie der Grünen Woche oder Kongressen der Versicherungswirtschaft vor Augen. Buntes Treiben, Seminare, Vorträge, prall gefüllte Goody Bags, gehobener Geräuschpegel und Werbe-Rollups.

Und nun stelle man sich Jesus mit einer selbst gebastelten Peitsche vor.

Heute hätte er sicher die Schlüsselbänder seiner Begleiter eingesammelt, diese zusammengeknotet und die metallischen Karabiner zur Aufnahme der "Badges" (Eintrittskarten mit Name und QR-Code) als Endstücken zur Zerstörung der Rollups verwendet. Rollups kippen, Goody Bags fliegen durch den Raum, Kugelschreiber purzeln auf den Boden. Ein Standbetreuer fällt in einen Berg von Plüschbären mit Werbeaufschrift. Eine Kaffeetasse zerschellt auf dem Boden und beschmutzt den Anzug eines Besuchers. Soweit das Szenario, bis die Ordnungshüter der Zerstörung Einhalt gebieten.

Nach seinem ersten Wunder räumt Jesus erst einmal auf. In Vers 17 des zweiten Johannes-Kapitels wird diese Aktion mit Psalm 96,10 begründet, worin es heißt: "Der Eifer um dein Haus verzehrt mich". Diesen Satz haben wir sicher auch schon oft in Predigten gehört oder bei Menge, Schlachter und Elberfelder gelesen. Der revidierte Luther übersetzt: "Der Eifer um dein Haus wird mich fressen". Eifer, Verzehren und Fressen sind Worte, die im gesprochenen Text des 21. Jahrhunderts nur noch selten vorkommen. Der "Verzehr von selbst mitgebrachten Lebensmitteln" ist zwar in einigen Restaurants untersagt oder jemand der keine Ahnung hat, soll nach Dieter Nuhr "einfach mal: Fresse halten". Ansonsten sollte sich eine Bibelübersetzung aber der aktuellen Verbalkommunikation anpassen. Die Volxbibel trifft mit ihrer zielgruppenorientierten Übersetzung "Die Leidenschaft für deine Hütte brennt in mir" ebenfalls den Sinn hinter der Aussage.

Eifersucht und Fanatismus

Gestolpert war ich über Vers 17, weil im Neuhebräischen das Wort für Essen verwendet wurde. Das hebräische "achal" kann aber auch "verzehren", "wegätzen" oder "verbrennen" bedeuten. Feuer verzehrt ja auch das Brennmaterial. Gerade an dieser Stelle wird deutlich, dass die Volxbibel einen sprachlichen Weg geht, der durchaus mit Urtext und Bedeutung harmoniert.

Das lateinische "comedere" bringt an dieser Stelle noch ein gewisses Maß an Genuss mit. Es kann mit "aufessen" oder "verprassen" übersetzt werden. Aber wer verprasst hier wen?

Jesus wird durch "Leidenschaft verzehrt". Eine Formulierung, die in Liebesschnulzen verwendet wird. Im hebräischen lesen wir von "qinath", was einen starken Akzent auf "Eifersucht" hat. Nachgelagert sind Bedeutungen wie "Eifer" und "Fanatismus". Der Lateiner spricht von "Zelus", was mit den neutestamentlichen Zeloten einhergeht und die stark politisierte Richtung von Eifer und Fanatismus bedient.

Eifer für ein Haus?

Beim zehnjährigen Jubiläum der Evangelischen Kirchengemeinde Marzahn/Nord hatten wir eine interessante Erfahrung gemacht. Dieses Haus war das letzte Kirchengebäude, dessen Grundstein vor Ende des Experimentes eines altruistischen Staates mit der Abkürzung DDR gelegt wurde. Während des Festaktes wurden alle Pastoren auf die Bühne gebeten, die die Gemeinde in den letzten zehn Jahren begleitet hatten. Sie wurden chronologisch sortiert und um einige Worte zu ihrer Zeit in Marzahn gebeten.

Bei den ersten Männern spürte man noch den Pioniergeist. Sie gingen durch die Hochhäuser und klingelten an den Türen. So manch ein Mieter mit Gehaltsbezügen aus dem Ministerium für Staatssicherheit öffnete und holte die Geistlichen hinter die gedämmte Eingangstür seiner Neubauwohnung. Das war eine spannende Zeit für die Gemeinde. Hauskreise entstanden und der übergangsweise Bedarf an Räumen wurde durch die benachbarte Katholische Kirche gestillt.

Je größer und fertiger jedoch das Gebäude wurde, umso stärker verschob sich der Fokus der Pfarrer vom Leben zum Haus. Es ging um den Architekten, die Gestaltung der Wände und den Altarbereich. Den Ausklang bildete ein Besucher, der entrüstet aufstand und in den Saal rief: "Es gibt noch zwei Hauskreise".

Kapelle versus Gemeinde

Insbesondere bei Baptisten hört man die antiquierte Formel "Wir gehen zur Kapelle". Eine gruselige Formulierung, an deren Optimierung ich schon bei meinen Eltern gescheitert war. "Wir gehen zur Gemeinde", war meine Alternative. Während eine Kapelle ganz klar ein Gebäude meint, hat "Kirche" eine Doppelbedeutung für Gebäude und Gemeinschaft. Diese Doppelbedeutung verschiebt sich bei "Gemeinde" weiter zugunsten von Gemeinschaft und kommt dem Anliegen von Jesus sehr nahe.

Dass Jesus nicht am Gebäude des Tempels klebt, zeigt seine spätere Ankündigung von dessen Zerstörung im Jahr 70, also 40 Jahre nach seiner Hinrichtung und Auferstehung. Gott verlässt bereits den ersten durch Salomo gebauten Tempel in den dramatischen Kapiteln acht bis elf des Hesekiel-Buches. Kurz darauf wird das Haus durch Nebukadnezar zerstört. Herodes lässt einen zweiten Tempel bauen und benötigt dazu 46 Jahre. Schon in Vers 19 des zweiten Johannes provoziert Jesus die Juden damit, dass sie den Tempel abreißen sollten und er ihn in drei Tagen wieder aufbauen werde.

Es wird deutlich, dass Jesus nicht nur Eifer für einen immobilen Sakralraum mit Gebetszweck entwickelt, sondern eifersüchtig um und für seine Gemeinde ringt. Eine Gemeinde, die mit lebendigen Steinen nach 1. Petrus 2,4 gebaut ist. Ein hybrides Gemeindehaus, in dem Jesus den finalen Eckstein, Caput Anguli (latein) oder Rosh Pinnah (hebräisch), bildet. Ein Haus, in dem Gebet möglich ist, in dem Ablenkung minimiert wird, ein Gebäude, in dem Jesus die Nummer Eins ist und Ruhe sowie einen geschützten Rahmen zur Begegnung zwischen ihm und seinen Leuten findet.

Sonntag, 19. Februar 2017

Willkommenskultur nach Lukas 14, 22

Willkommenskultur ist für uns eine wichtige Kennziffer beim Besuch von Gemeinden. Dazu stolperte ich jetzt über einen bekannten Text aus Lukas 14.



In Lukas 14, 15-24 geht es um ein großes Festmahl, zu dem jede Menge Gäste eingeladen sind. Diese sagen jedoch mit fadenscheinigen Begründungen ab. Einer hat Land gekauft und muss sich das ansehen, einer hat Ochsen gekauft und muss diese testen und einer davon hat gerade geheiratet. Die Begründungen sind austauschbar. Heute wäre es Schnupfen, die Ansteckungsgefahr des Kleinkindes, eine Probefahrt mit dem neuen BMW 5er oder der 43. Geburtstag eines Bekannten der Freundin einer Cousine der Schwiegermutter gewesen.

Vorprägung und Stolperverse

In Predigten wird dann in der Regel auf die Setzung von Prioritäten und die diakonische Verantwortung der Gemeinde eingegangen. Entsprechend vorgeprägt rauscht dieser Text am Leser vorbei, so dass ein wichtiges Detail verborgen bleibt.

Dieses Detail findet sich in den Versen 21 und 22:

Der Herr schickt den Diener in Vers 21 auf die Straßen und Plätze der Stadt, damit er von dort die Armen, Schwachen (debiles), Blinden und Lahmen einlädt. In Vers 22 lesen wir jedoch nicht, dass der Diener hört, losgeht, einlädt, wiederkommt und antwortet.

Vorauseilende Erfüllung

Statt dessen steht dort: "Der Diener antwortete: Es ist geschehen, wie du es angewiesen hast". Das heißt, dass der Diener bereits vorher wusste, wie sein Herr auf die Absagen reagieren werde. In "vorauseilendem Gehorsam" hatte er den Willen des Gastgebers noch vor dessen Beauftragung erfüllt und damit gezeigt, dass er eine hochgradig loyale und empathische Beziehung zu seinem Chef hat.

Ein interessanter Rückschluss darauf, dass es möglich ist, in Konformität mit dem Willen Gottes zu denken, zu leben und zu handeln. Das klappt natürlich nur, wenn eine entsprechend gut gewachsene Beziehung vorhanden ist.

Willkommenskultur mit rotem Teppich
Willkommenskultur mit rotem Teppich und festgelegtem Protokoll


Wen einladen?

Die ursprünglich Eingeladenen gehörten wohl zum engeren Kreis derer, die den Gastgeber eigentlich hätten gut kennen sollen, also Freunde, Bekannte und nahe Verwandte. Das erinnert ein wenig an unsere Hochzeit mit 150 Gästen, deren Einladungsrelevanz in Zirkeln der personellen Nähe ermittelt wurde. Zuerst kamen die engen Freunde und nächsten Verwandten, dann Gemeindekontakte und Kollegen und dann die entfernteren Bezugspersonen. Auch Eugene O'Kelly geht in Chasing Daylight so vor, als er die über 1.000 Personen zusammenstellt, von denen er sich vor seinem nahen Tod noch verabschieden wollte. Er arbeitet diese Kreise von außen nach innen ab und macht dabei interessante Feststellungen über die tatsächliche Tragfähigkeit der Beziehungen.

Fremde und Gäste

In Unterhaltungen über jährliche Evangelisationen und Sonderveranstaltungen in Gemeinden fällt immer wieder der Satz: "Es waren viele Fremde da." Das erinnert an Filmsequenzen im Saloon, bei denen ein angetrunkener Cowboy mit kratziger Stimme über sein Whiskyglas lallt: "Der Fremde ist in der Stadt." Darauf klicken die Hähne der Revolver und in der nächsten Szene stehen sich der Fremde und die aufgebrachte Dorfmannschaft gegenüber. Die Kamera ist nahe am Boden positioniert und Straßenstaub weht an der Linse vorbei.

Dabei kann die Verwendung eines anderen Begriffes bereits die Einstellung zum Fremden ändern. Zum Beispiel mit einer Umformulierung in "Gast". Gast klingt doch schon mal viel freundlicher als Fremder. Daraus kann dann sogar echte Gast-Freundschaft wachsen, die uns bereits im ersten Buch Mose und dann immer wieder in der Bibel vorgelebt wird. In Hebräer 13 Vers 2 werden wir sogar zur Gastfreundschaft aufgefordert und bekommen den sanften Hinweis, dass wir ansonsten eventuell wichtige Begegnungen verpassen.

Willkommenskultur

Gastfreundschaft manifestiert sich in der Willkommenskultur. Eine gute Willkommenskultur vermittelt einen guten ersten Eindruck und kann die nachfolgenden Abläufe maßgeblich beeinflussen. Deshalb achten wir beim Besuch neuer Gemeinden explizit auf deren Willkommenskultur. Sehr schnell wird deutlich, ob Besucher als Gäste oder Fremde angesehen werden.

Abgesehen von einem Ausreißer aktiver Ignoranz erlebten wir bisher ein gesundes Spektrum von allgemeiner Anonymität in großen Kirchen, seichter Beachtung und warmherziger Integration. Letzteres ist in diesem Blog mit dem Tag "Willkommenskultur" versehen und Merkmal jüngerer Gemeinden sowie der Baptisten.

Am aufwendigsten wird die Willkommenskultur bei der BICC, der Times Square Church und dem International Gospel Center zelebriert. Bei der Berlin International Community Church werden die Besucher nicht nur als Gäste, sondern als VIPs angesehen und von einem Red Carpet Team begrüßt. Wer einen Mix aus Willkommenskultur und Anonymität sucht, wäre beim Berlinprojekt genau richtig, da dieser Spagat dort zum Konzept gehört.

Apropos Konzept: Der Evangelische Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf hat sogar eine mehrseitige Checkliste zur Willkommenskultur herausgebracht. Abschließend heißt es darin: "Das Abhaken aller zuvor genannten Punkte kann aber eines nicht ersetzen: Die von Herzen kommende gastfreundliche Haltung der Menschen, die einem in der Gemeinde begegnen."

Samstag, 11. Februar 2017

Meine Wohnung soll unter ihnen sein

Beim Abschlussabend des #MDGC16 Movement Day Global Cities fiel der Satz: "Die Bibel beginnt im Garten und endet in der Stadt". Das wird durch die heutige Losung bestätigt.



Als letzter hetzte ich in die Küche. Die Familie saß bereits am Frühstückstisch und begann mit der Verteilung der Croissants. Ich setzte mich und ließ mir die Losung reichen. Eine Tradition, die wir schon seit vielen Jahren pflegen.

Hesekiel 37, 27 und Johannes 1, 14

Die heutigen Texte standen in Hesekiel 37, 27 und in Johannes 1, 14. "Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein", las ich vor und dachte an die Wohnung unter uns. Fünf Zimmer auf einhundert Quadratmetern im sechsten Stock. Wer wohnt da jetzt eigentlich? Vor ein paar Wochen hatte ich dort ein Päckchen abgeholt. Es hatte eine kräftige (so das politisch korrekte Attribut) Frau mit blondem Haar geöffnet und mir freundlich die Sendung entgegen gereicht. Freundliche Leute hier im Haus, die ich noch nie bewusst wahrgenommen hatte.

Diese Gedanken waren im Bruchteil von Sekunden abgelaufen. Als ich jedoch "Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns" aus Johannes nachschob, fiel mein Sohn ein und bemerkte: "Also wohnt auch das Fleisch unter uns in der sechsten Etage". Die Assoziation zur Wohngegend war wohl unabhängig voneinander bei allen von uns angeklungen.

Hesekiel 37, 27
Hesekiel 37, 27 - Meine Wohnung soll unter ihnen sein.
Wie erkenne ich meinen Nachbarn?

Während meine Frau von Müttern mit bestimmter Haarfarbe, Kinderanzahl oder Konfektionsgröße berichtet, merke ich mir die Mitbewohner eher an den Autos. "Ist das die Frau von dem mit dem grünsilbernen Octavia?" oder "Ach die Frau, deren Mann den blauen A4 fährt." oder "Na die mit dem weißen X1, dem sie letztens auch die Radnabenabdeckungen geklaut hatten", versuchen wir uns bei der Identifikation der thematisierten Nachbarn anzunähern. Darauf kann beispielsweise ein "Nee, das ist die Frau mit den zwei Kindern, die öfter mit Blumenstrauß im Fahrstuhl steht und in Etage soundso aussteigt" kommen. "Kann nicht sein. Dann wäre das ja die Frau von dem mit dem schwarzen Vito", versuche ich das zu evaluieren.

Erst ergänzende Einwürfe unserer Kinder wie "Mama meint die Lehrerin mit dem Fahrrad aus der elften Etage, die mit dem Sohn, der immer mit der Angelausrüstung rumläuft". "Ach so, du meinst die mit dem dunkelblauen Ford. Und was ist mit denen?"

Ja, so ist das im urbanen Umfeld:

Gott wohnt vielleicht bereits unter uns und wir haben das noch gar nicht mitbekommen.

Hesekiel 37, 27
Hesekiel 37, 27 - Meine Wohnung soll unter ihnen sein.
In unserer Funktion als ehrenamtliche Poststelle des Hauses klingeln bei uns oft der Hermes-Versand oder DHL und hinterlassen Pakete für Nachbarn mit völlig unbekannten Namen. Wer das wohl schon wieder ist? Bei der Abholung stellt sich heraus, dass es sich um die Bezugspersonen zum silbernen Ford, dem schwarzen Audi oder der silbernen E-Klasse handelt. Einst wurde ein Päckchen für unsere direkte Nachbarin abgegeben, deren Namensschild ich noch nie gelesen hatte. Mit ihren über neunzig Jahren hatte sie kein Auto, war aber trotzdem sehr nett.

In Anbetracht dieser Tatsachen irritiert es schon, wenn man am Hauseingang mit Namen begrüßt wird. Noch gravierender sind Situationen, wo ein Mann mit silberner C-Klasse grüßt, obwohl er zwei Hauseingänge weiter wohnt. Meine Frau verwechselte jüngst einen Cabrio-Fahrer aus dem Nachbaraufgang: "Das war doch der, der uns den Täterhinweis gegeben hatte, als uns einer in den parkenden Volvo gefahren war". "Nee, war er nicht", konnte ich mit ziemlicher Sicherheit behaupten. Der verwechselte Nachbar fährt einen dunklen Opel.

Hesekiel 37, 27
Hesekiel 37, 27 - Wohnt Gott unter uns? - Sophistograu vor Manhattan-ähnlicher Fassade

Wie wird es also sein, wenn Gott unter uns wohnt?

Hat das einen Einfluss auf unseren Umgang mit den Nachbarn? Lernen wir deren Namen und grüßen sie sogar damit? Meine Frau hatte schon öfter den Vorschlag gemacht, zu Weihnachten Plätzchen im Hausflur zu backen. Ich fand das eher peinlich und hatte nachbarschaftliche Beziehungen auf den Parkplatz verlagert und dort bei Wind und Wetter über Cabrios, Teileklau und Fahrperformance philosophiert. Da stellt sich die Frage, ob es in der avisierten Stadt aus den letzten Kapiteln der Bibel überhaupt Parkplätze und Autos gibt? Vermutlich: Nein.

Offenbarung 21, 18-23

In der Stadt, in der Gott unter uns wohnen möchte, gibt es keine Straßenbeleuchtung. Fahrzeug-Lackierungen wie Saphirschwarz, Topasblau oder Smaragdschwarz werden dann als originale Edelsteine die Fundamente der Stadtmauer verzieren.

Meine beliebten Metallic-Farben Sophistograu und Sterlinggrau werden genauso wenig eine Rolle spielen wie das in den 1990er Jahren aktuelle Manhattangrau im Badbereich. Die Stadt, in der Gott unter uns wohnt, besteht aus reinem Gold. Mit einem Aufpreis von 980 Euro kann zurzeit Atlaszeder oder Kaschmirsilber für ein Neufahrzeug konfiguriert werden. Das reine Gold aus Offenbarung 21 wird es wohl nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar machen.

Ich bin gespannt!

Zum Mittagessen dankte ich Gott, dass er "bei" uns wohnen möchte. Die anschließenden Blicke erinnerten mich daran, dass nach zwei Au-pairs und einer Austauschschülerin das "bei" uns wohnen eine ganz besondere Bedeutung hat.

Dienstag, 7. Februar 2017

Wortspiel mit Maria und Martha - Lukas 10, 38-42

Maria und Martha sind die ungleichen Schwestern aus den Evangelien, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit hervorragend ergänzen. Beim Lesen von Lukas 10 gab es nun weitere Entdeckungen.



Zunächst werden sich alle Martha-Typen freuen, dass Martha in Vers 38 zuerst genannt wird. Martha war es, die Jesus in ihr Haus einlud. Maria wird erst ab Vers 39 erwähnt. Ad hoc fallen mir zwei Frauen ein, die sich mit der aktiven Martha identifizieren und sofort über die "mufflige" Maria herfallen.

Als Mann sollte man sich nicht in einen "Zickenkrieg" einmischen, so dass ich bisher immer das "Eines ist wichtig!" für mich aus dem Text geholt hatte. Die aktive Martha bedient und versorgt die Gäste, redet mit Jesus und beschwert sich über ihre Schwester. Maria sagt gar nichts, sitzt zu Jesu Füßen und hört zu. In Johannes 11 werden die beiden Schwestern noch einmal im Zusammenhang mit ihrem Bruder Lazarus beschrieben. Ihr dortiges Auftreten passt zum Lukas-Text.

Soweit nichts Neues

Zur Abwechslung lese ich das Neue Testament gerade wieder auf Ivrith (modernes Hebräisch). Dabei fiel mir ein interessantes Wortspiel mit dem hebräischen Konsonantenstamm DBR (דבר - davar) auf. Es wird verwendet für: Wort, Sache, Angelegenheit, Sprechen, Sprachfähigkeit, Wortführung oder Anliegen. Davon leiten sich auch schöne Begriffe wie dabran (Schwätzer) oder daberet (krankhafter Redefluss, Geschwätzigkeit) ab.

Lukas 10, 38-42
Jesus bei Maria und Martha - Lukas 10, 38-42
Wie das Wort ausgesprochen wird, hängt von der Vokalisierung ab, die mit Pünktchen und Strichen um die Konsonanten DBR gesetzt werden. So kann das B gelegentlich als V ausgesprochen werden, wenn der Punkt im dicken Bauch des hebräischen Beth fehlt. Beth heißt übrigens Haus, was von Beth El (Haus Gottes) her bekannt sein dürfte.

Maria hört

In Vers 39 lesen wir, dass Maria "seinen Worten" (דברו - devaro) zuhörte. Oder hörte sie den Angelegenheiten zu, von denen Jesus erzählte? Da im Griechischen "logos" steht, gehen wir mal von Worten und Erzählungen aus. Aber hatte Jesus griechisch gesprochen? Wohl kaum, eher aramäisch. Aram steht aber im alttestamentlichen Kontext für Syrien. Warum sollte Jesus syrisch gesprochen haben? Interessanterweise switchen (das ist Englisch) einige neuere Bücher des Alten Testamentes wie Daniel oder Esra mitten im Text auf aramäisch um, was durch das seltsame und im Hebräischen unbekannte Wort "di" postuliert wird. "Di" muss ein Artikel wie der, die das sein und tritt dann mindestens so oft auf, wie das "Ähm" eines Pressesprechers ohne Rhetorikausbildung. Einem solchen  hatten wir einst bei einem Unternehmertag in Potsdam zugehört. Er moderierte eine Diskussionsrunde, bei der innerhalb einer Viertelstunde 113 "Ähms" zu zählen waren.

McCafé

In Vers 41 redet Jesus die aktive Gastgeberin zweimal mit Namen an und stellt fest, dass sie sich über viele Dinge (devarim rabbim) aufregt. Beim Aufregen sind sich die Hebräer und Lateiner in der Wortwahl einig. Interessant ist die Mehrzahl (devarim), die dann noch mit einem "rabbim" verstärkt und damit zu einer Vielzahl wird. Das Wort "Rabbi" wird gerne in kanaanäischen Predigten verwendet. Regt sich Martha nun über viele Worte oder viele Angelegenheiten oder über spezielle Rabbis oder gar über Alles auf? War sie eine antike McCafé? Ausgesprochen: Mecker-Fee.

Eines

In Vers 42 stellt Jesus klar, dass nur ein Wort oder eine Sache (bedavar echad) erforderlich bzw. notwendig sei. Maria habe das Gute erwählt und das werde ihr nicht weggenommen. Echad kennen wir ja vom "Schma Israel" (Höre Israel aus Dtn 6,4), wo es weiter heißt "Adonai Elohenu, Adonai Echad". Der HERR ist unser Gott, der HERR ist Einer.

Sollte uns das nicht zu denken geben? Zumindest so viel, den Blick von den vielen aufregenden Dingen abzuwenden und auf den Einen zu sehen, den Gott in unser Beth, ähm Haus, gebracht hat: Jesus.

Mittwoch, 21. Dezember 2016

3. Johannes und der Trend zum Hals

Der zweite und dritte Johannesbrief werden mit ihren insgesamt nur 28 Versen schnell mal überlesen. Es folgt der Judasbrief und dann die atemberaubende Offenbarung. Gestern schauten wir uns den 3. Johannes etwas genauer an.



"So intensiv hatte ich mich noch nie mit dem 3. Johannesbrief beschäftigt", sagte mir anschließend ein Teilnehmer der recht großen Runde des Gebetsabends. Passend zum Jahresende war das der Abschluss einer längeren Expedition durch die drei Briefe des Apostels.

3. Johannesbrief
3. Johannesbrief ist mit 15 Versen das kürzeste Buch des Neuen Testamentes
Gaius, Diotrephes und Demetrio

In den fünfzehn Versen tauchen drei Hauptakteure auf: Gaius, Diotrephes und Demetrio.

Gaius wird als gastfreundlicher Gemeindeleiter vorgestellt, der sich um reisende Missionare kümmert und von diesen dafür gelobt wird. Auch Demetrius wird von Johannes gelobt. Er bekommt sogar eine dreifache Bestätigung (Zeugnis), nämlich von allen, von der Wahrheit und von den Leuten um Johannes. Neben dem deutschen Wort "Liebe", das in anderen Sprachen wie Griechisch oder Latein noch besser auf Wertschätzung, diakonische Liebe, erotische Liebe oder Geschwisterliebe differenziert wird, spielt bei Johannes auch "Wahrheit" eine sehr große Rolle.

Wahrheit

Der wohl bekannteste Satz dazu steht in Joh 18,38, wo Pilatus die Frage stellt: "Was ist Wahrheit?", obwohl die "Wahrheit" (Joh 14,6) direkt vor ihm steht.

In den Versen neun und zehn geht es um Diotrephes, der "der erste sein möchte". Bei Nestle-Aland lesen wir sogar, dass er es liebt, sich wie der erste zu benehmen (amat primatum gerere). Das erinnert ein wenig an das gelegentlich formulierte Selbstbild des "primus inter pares" (Erster unter Gleichen), was dann in der Praxis eher als "primus supra pares" gelebt wird. Und wenn "supra" (über) nicht klappt, dann eben "iuxta" (neben). Solch ein Primus schafft gerne vollendete Tatsachen an der Gemeinde und deren Leitung vorbei, die das dann aber bitte im Nachhinein zu unterstützen haben.

Mit Wahrheit hat das nichts zu tun. Diotrephes kann folglich auch keine "Brüder" ertragen, die seinen unwahren Behauptungen nicht folgen. Sie werden aus der Gemeinschaft herausgeworfen. Ein Wort, das wir auch von der Eject-Taste des DVD-Players kennen.

Der Hals

Vor einigen Tagen unterhielten wir uns mit einer theologischen Schlüsselperson über die Passgenauigkeit von Persönlichkeitsstrukturen zu gemeindlichen Aufgabenprofilen. Er berichtete, dass wohl insbesondere jüngere Pastoren den Dienst des Alleinunterhalters wiederentdeckt hätten. Die Zuhörer waren erstaunt, zumal es weder mit den Prinzipien von 1. Kor 12 noch mit säkularen Trends der Teambildung harmoniert.

Abgesehen vom drohenden Burnout des Alleinunterhalters stagniert auch das Wachstum der Gemeindemitglieder in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Unwahrheit und Heuchelei werden gefördert. Wer möchte schon gerne wie eine DVD ausgeworfen werden? Der Primus mit dem Anspruch, den ganzen Leib Christi in seiner Person zu verkörpern, macht sich letztlich selbst zum Hals, obwohl dieser in den Metaphern zum gesunden Leib Christi gar nicht erwähnt wird. Der Hals verbindet den Kopf (Jesus) mit dem Körper (Gemeinde) und kontrolliert die Kommunikationswege. Auch eine im südlichen und östlichen Mittelmeerraum agierende Islamistengruppe hat den Hals als geeignetes Körperteil zur Unterbrechung lebenswichtiger Steuerungs- und Nachschubwege entdeckt.

Freundschaft

Gut, wenn Johannes dann in den letzten zwei Versen schreibt, dass er sich gerne persönlich mit Gaius unterhalten möchte und dass er ihm Frieden wünscht. Zweimal redet er im letzten Vers sogar von Freunden, was Gaius in seiner aktuellen Situation die Gewissheit vermittelt, dass er nicht alleine steht.

Dienstag, 17. Mai 2016

Wieder einmal durch - Bibel im Looping

Vom Lesen der Bibel in unterschiedlichen Sprachen und Übersetzungen kann man durchaus profitieren. Wer schnell liest, schafft das Neue Testament in einem Monat und die komplette Bibel in einem halben Jahr. Die Bibel eröffnet in jeder Lebensphase neue Perspektiven, erweitert den Horizont und gibt Anregungen zur Optimierung der eigenen Persönlichkeit.



Der Beerdigungstermin meines Vaters ließ sich gut merken: Achter Neunter, zehn Uhr. Bei der anschließenden Trauerfeier in der Baptistengemeinde meiner Eltern sah ich sie. Groß, braun, attraktiv und für mich unerreichbar. Sie stand dort und wartete auf jemanden. Ich kannte sie nicht und hatte sie zuvor auch nicht wahrgenommen. Ich beobachtete sie. Still stand sie dort und wartete. Uns trennte nur eine Glasscheibe. Ich näherte mich und erfuhr dann ihren Namen: Elberfelder Bibel in großer Schrift.

Die Elberfelder hatte ich noch nie zuvor gelesen, da mir das Schriftbild nicht gefiel. Zudem gab es diesen Hype um die Urtextnähe und das damit verbundene holperige Deutsch. Da ich gerade bei den letzten Kapiteln des Neuen Testamentes von Nestle-Aland war, wollte ich es diesmal mit ihr wagen. Der nahe Geburtstag und der Beginn des neuen Bibelleseloops förderten eine Begehrlichkeit, die meine Mutter wenige Tage später in die praktische Umsetzung von Sprüche 13 Vers 12 (ein erfüllter Wunsch aber ist ein Baum des Lebens) münden ließ.

Die Bibel im Looping zu lesen ist eine interessante Sache. OK, manchmal ist es "nur" das Neue Testament. Aber da man dieselben Texte immer in einer anderen Lebenssituation liest, bekommen sie eine ungeahnte Tiefe. Die Bibel ist für mich vergleichbar mit einem Schloss in St. Petersburg, wo Türen über Türen geöffnet werden, kleine und größere thematisch divergente Räume durchschritten werden und am Ende der Licht durchflutete "Thronsaal" (heißt auch auf Russisch so) mit Rastrelli-Parkett, Goldtäfelung und Spiegeln auf den Touristen wartet, dem beim Anblick von Thron und Pracht die Kinnlade herunterklappt.

Die Bibel als Genussmittel, das auf der Zunge zergeht und wie eine Chili-Schokolade mal süß, mal herb in den Leser eingeht. Der Genuss entfaltet sich besonders dann, wenn sich viel gelesene oder oft in Predigten gehörte Texte ganz neu erschließen. Hilfreich ist deshalb das Lesen in unterschiedlichen Sprachen und Übersetzungen: Schlachter, Bibel in heutigem Deutsch, Gute Nachricht, Luther, New International Version, Vulgata ohne Punkt und Komma, Hebraica, Nestle-Aland Novum Testamentum Graece oder Latine, Volxbibel. Dabei entdeckt man nicht nur inhaltlich viel Neues, sondern fördert die eigene Sprachkompetenz. Auch wenn im letztgenannten Punkt die zweimal neunhundert Seiten Altes Testament der Volxbibel recht anstrengend werden können, so war es doch die Volxbibel, die mir erstmalig die Pointe des Hiob in Kapitel 42 vermitteln konnte. In der ersten Auflage des Neuen Testamentes ist sie zudem nicht so weichgespült wie andere deutsche Übersetzungen. Dieses in der christlichen Szene äußerst umstrittene Buch trifft aus meiner Sicht vielfach sehr gut den Sinn des originalen Textes. Nehmen wir nur einmal Matthäus 7 mit der Überschrift "Beten funzt".

An dieser Stelle werden wohl einige Leser dieses Artikels verärgert ihr Church Checker Abo gelöscht und den Browser geschlossen haben, so dass ich nun noch auf die lückenhaften Erzählungen im Kindergottesdienst eingehen kann. So wurde uns immer ein freudig mit seiner Matte umhergehender Geheilter vom Teich Bethesda vermittelt. Laut Text in Johannes 5 hatte er jedoch eine Menge Ausreden, um gar nicht geheilt zu werden und letztlich trat er noch als miese Petze auf, weil Jesus ihm eine Persönlichkeitsoptimierung anriet (Verse 14-16). Bevor ich mit etwa zwanzig Jahren das erste Mal selbst die Bibel gelesen hatte, wunderte ich mich immer, woher meine Eltern Dinge wissen, über die nie gepredigt wird. OK, von Dina in Sichem (Genesis 34) und den stammesgeschichtlichen Folgen erzählten sie mir auch nichts, aber das sind so Texte, die gerne verschwiegen werden. Wie auch Matthäus 23, Hesekiel 8-11 oder Apostelgeschichte 15.

Besondere Zusammenhänge lassen sich auch entdecken, wenn man die Texte über den fett gedruckten Sinnabschnitt oder die Kapitelgrenze hinweg liest. Bei Lukas 4,38 bis 5,11 könnte man sich die Frage stellen, was Petrus gerade gemacht hatte, als Jesus am Wirken war (Lukas 4,40-41)?

Während ich mich zwecks Textkorrektur bei der Volxbibel-Wiki angemeldet hatte und anhand der Einträge meine Lesegeschwindigkeit evaluieren konnte, entdeckte ich in der Elberfelder nur einen Schreibfehler in Habakuk 3 Vers 13, wo auf dem Innenknick der Seite 1438 ein scharfes "S" fehlte.

Insgesamt hatte das Durchlesen der Elberfelder siebeneinhalb Monate in Anspruch genommen. Erfahrungsgemäß kann man also die gesamte Bibel - egal in welcher Sprache oder Übersetzung - innerhalb von sechs bis zwölf Monaten durchlesen und das Neue Testament in ein bis drei Monaten.

Und welche Bibelausgabe lese ich jetzt?