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Sonntag, 14. Februar 2016

Evangelische Kirchengemeinde Kaulsdorf

In der Kirchengemeinde Kaulsdorf treffen sich die angestammten Kaulsdorfer zum Gottesdienst. Gäste werden sehr freundlich begrüßt und interessiert nach ihrer Herkunft gefragt. Der Altersdurchschnitt ist sehr gehoben. Einige Konfirmanden sitzen in den Reihen.



"Heute fahren wir zur Frauenkirche", sagte ich und schnitt mein Brötchen auf. "Was, Dresden?" "Nein, die Kirche in Kaulsdorf neben dem CVJM". Fragende Gesichter verlangten nach einer Erklärung. Hatten wir doch einige Tage zuvor die Webseite der Evangelischen Kirchengemeinde Kaulsdorf besucht und waren mit einer überproportionalen Frauenquote überrascht worden.

Der Gottesdienst sollte um 10:00 Uhr beginnen. Frau und Tochter hatten die Zeit im Kopf, mein Sohn am Handgelenk und ich im Nacken. "Wo fährst du denn heute lang? Das schaffst du nie!" Doch, und sogar mit Parkplatz direkt vor dem Eingang.

Heute war Nörgeltag: "Wieso sitzen wir so weit vorne? Dann können wir gar nicht die Leute beobachten, um zu wissen, was wir wann machen müssen". Direkt neben uns entströmte wohlige Wärme. Während die übrigen Besucher in Mantel, Schal und Mütze auf den Holzbänken saßen, zog ich meine Jacke aus und empfand es immer noch als angenehm warm. Pfarrerin Steffi Jawer kam durch die enge Nordpforte in den Hauptraum der Kirche und begrüßte uns im Vorbeigehen sehr freundlich.

"Liebe Kaulsdorfer, liebe Gäste", drückte die gelebte Willkommenskultur in der liebevoll renovierten Dorfkirche aus. "Invocavit - er hat angerufen", übersetzte Frau Jawer den Namen des heutigen Sonntages im Kirchenjahr. Das kommt aus dem Wortstamm "invocare" und sollte nicht mit "invocatus" verwechselt werden, was "ungerufen" bedeutet. In ihrer Predigt widmete sich die Pfarrerin einem Text aus Hebräer Vier. In den Versen 14 bis 16 geht es dort um Jesus, der auch mit den uns bekannten Schwächen und Herausforderungen konfrontiert wurde und uns nun als verständnisvoller Hoher Priester vor Gott vertreten kann. "Mit Freimütigkeit herzutreten zum Thron der Gnade", heißt es im Text. Doch was ist, wenn man den Thron gar nicht sieht? Sie hangelte sich an einer Geschichte von Kafka entlang, in der ein Mann zu einem Schloss unterwegs war, dieses jedoch zuerst durch den Nebel nicht sah und dann keinen passenden Weg hinein fand. Kafka, Gedichte und Bibelzitate wechselten sich ab. Meine Frau war begeistert von der angenehmen Stimme der Pfarrerin und dem roten Faden in der Predigt. Umrahmt wurde der Gottesdienst mit professioneller Orgelmusik und Posaunenbegleitung. Wir sangen sogar "Ein feste Burg" von Martin Luther.

Heute gab es Abendmahl. Erst wochenlang nichts und nun schon das zweite Mal hintereinander. Sehr gut! In der ersten Runde wurde echter Wein und in der zweiten Runde Traubensaft gereicht. Meine Frau stand auf und ging nach vorne. "Du darfst nicht", meine Kinder versperrten mir den Weg. "Ich will aber", und drückte gegen ihre Beine. "Du fährst noch", ein Kampf entspann sich in der Bankreihe - zwei gegen vier (Beine). Mein unbändiger Wunsch nach Abendmahl brachte den Sieg! Fast fiel ich durch den Schwung einer älteren Dame in die Seite. Sie trat zurück, lächelte und ließ mich zu meiner Frau eilen.

Als zwischen Küster und uns nur noch ein Abstand von zwei Kaulsdorfern bestand, wurde die letzte Oblate vom silbernen Teller gehoben und gab den Blick auf das eingravierte Kreuz frei. Was wird er nun tun? Gibt es weitere Oblaten? Ich nutzte die Gelegenheit und zählte die Kaulsdorfer und Gäste in der Runde. In Abgleich mit den auf die zweite Runde Wartenden müssen es so um die siebzig Gottesdienstbesucher gewesen sein. Diese Zahl entsprach in etwa auch dem gefühlten Altersdurchschnitt. Dafür stellte ich aber im Gegensatz zum Eindruck der Webseite ein sehr ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen fest. Wir bekamen noch einen Vers aus dem Matthäus-Evangelium (Kapitel 11 Vers 28) zugesprochen: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erfrischen".

Nach dem Gottesdienst wurde meine Frau angesprochen und nach unseren Namen gefragt. Sie erhielt einen Gemeindebrief und einige Veranstaltungshinweise und Gruppenempfehlungen. Der Küster meinte beim Rausgehen, dass er mich vom Sehen her kenne. Das passiert mir öfter. Ein Konfirmand reichte der Pfarrerin gerade seine Bonuskarte für besuchte Gottesdienste, als wir uns an der Schlange vorbei zu Steffi Jawer begaben und uns verabschiedeten.

War das noch früh am (Sonn-)Tag. Kaulsdorfer Union-Fans machten sich mit ihren Schals und Bierflaschen gerade auf den Weg zum Spiel. Gemütlich fuhren wir nach Hause und spazierten dann zum Bürgeramt - pardon - dem danebengelegenen Burger-Restaurant. Es gab frisch gegrillten Burger im Brötchen aus der eigenen Backstube.

Mittwoch, 10. Februar 2016

Erfahrungen der letzten sieben Monate

Begeisterung über die bunte christliche Landschaft macht sich breit, wenn wir die letzten sieben Monate der Wanderung durch die Gemeindeszene Berlins reflektieren. Networking, Networking, Networking!



Nun sind wir schon fast sieben Monate in der christlichen Szene Berlins unterwegs. Ein guter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz.

Die besuchten Gemeinden decken ein breites Spektrum von Baptisten über Katholiken, Afrikaner, CVJM, Mülheimer Verband, Landeskirche, Stadtmission bis hin zu Trendgemeinden wie Berlin Connect ab.

Das Augenmerk lag auf der Willkommenskultur, dem Miteinander, den liturgischen Elementen, der Predigt und der Altersstruktur. Einige Gemeinden hatten wir mehrfach besucht, um bestimmte Eindrücke bei einem Folgebesuch zu evaluieren oder weil es uns dort einfach gefallen hatte.

Inzwischen sind wir mehrfach mit Insidern der jeweiligen Gemeinden in Kontakt gekommen und konnten Einblick in die Hintergründe bestimmter Erscheinungsformen gewinnen. Gespräche mit Verantwortlichen nach den Gottesdiensten konnten unsere Fragen nach Vision der Gemeinde, gabenorientierter Mitarbeit, Hauskreisen oder gesellschaftspolitischer Relevanz im Kiez klären. Auf diese Weise lernten wir beispielsweise, dass es einem Spagat zwischen Willkommenskultur und niederschwelligem Schnupperzugang ohne sofortige Vereinnahmung entspreche, wenn man unerkannt kommen und gehen kann.

Unser Netzwerk ist inzwischen so umfangreich, dass wir unsere Erlebnisse mit den Erfahrungen anderer Christen der Stadt abgleichen und uns vielfach bestätigt finden. Bei Bedarf lassen wir unsere Sichtweise auch gerne nachjustieren.

Die Gemeindeleiter oder Pastoren informieren wir regelmäßig über die Berichte in diesem Blog. Die Artikel werden oft als hilfreiche externe Sicht angesehen, da im Gemeindealltag zu schnell der Blick für die Außenwirkung verloren geht.

Auffällig ist, dass in fast allen Gemeinden ganze Altersgruppen fehlen. Besonders gravierend ist das im Bereich zwischen Zehn und Zwanzig. Unsere Tochter wurde bisher nur einmal angesprochen und eingeladen. In Trendgemeinden mit Durchschnittsalter Fünfundzwanzig fehlen Senioren, Grundschüler und Teens. In Gemeinden ohne definierte Wachstumsziele haben wir einen Altersdurchschnitt von Fünfundsechzig erlebt. Sehr gut durchmischt sind die Heilsarmee Friedenau, die Kirche in Brück, die Baptisten Weißensee oder die Baptisten in der Bergmannstraße.

Apropos Baptisten. die Baptisten alias EFG (Evangelisch freikirchliche Gemeinden) haben die flächendeckend beste Willkommenskultur. Gäste werden wahrgenommen und sehr freundlich integriert. Man fühlt sich sofort zu Hause.

Trotz der starken Diversifizierung waren die Gottesdienste und Predigten inhaltlich sehr erbaulich und tangierten Themen, die uns im Alltag Motivation, Richtung und Entscheidungshilfe gaben.

Wir sind begeistert über das bunte christliche Leben in Berlin und den gemeinsamen Nenner "Jesus", der uns so fundamental und unkompliziert verbindet. Eine ermutigende Erfahrung in Sicht auf eine Stadt, die sich bisher viel zu wenig auf eigene Erfahrungen mit Jesus einlässt.

Sonntag, 7. Februar 2016

Christus-Treff Berlin - Isingstraße

Der Christus-Treff in der Isingstraße wird vorzugsweise von jungen Familien und Singles besucht. Gäste werden auf angenehme Weise in das Gottesdienst-Geschehen und die Gemeinschaft integriert. Aktiv werden kann jeder, der eine entsprechende Begabung hat und diese einbringen oder ausprobieren möchte. Die Isingstraße liegt direkt am Mauerradweg und lässt sich per Fahrrad ideal für Besucher aus Treptow, Kreuzberg und Friedrichshain erreichen.



Die Kiefholzstraße ist sehr lang. Fünf Kilometer an einem Sonntagmorgen, der mit einem "Uups, schon um Neun" im kuscheligen Bett begann. Fünf Kilometer geschichtsträchtiger Strecke von Südost nach Nordwest, schnurgerade auf den Fernsehturm zu. Fünf Kilometer vorbei an meinem alten Wohnhaus, an der ehemaligen Firma meiner Mutter, an einer im Bau befindlichen Autobahnauffahrt und mehreren roten Ampeln. Die Kiefholzstraße findet ihr jähes Ende am Landwehrkanal, dort wo einst die Mauer stand und nun der dynamische Berliner den Mauerradweg entlang radeln kann. Ein Wegabschnitt, für den Japaner eine Unmenge an Kirschbäumen gespendet hatten.

Wir parken vor der Neuapostolischen Kirche am Schmollerplatz. Neuapostolisch hatten wir bisher noch gar nicht auf der Agenda. Das wird heute auch nichts mehr, da deren Gottesdienst gerade vorbei ist. Bis zur Isingstraße 5 sind es nur wenige Meter. Vor uns laufen junge Erwachsene mit Schüsseln und Kind. Also doch Brunch-Gottesdienst und wir hatten keinen Apfelauflauf dabei. Wie peinlich...

Nachdem sich das Knäuel aus jungen Erwachsenen, Kindern und Fahrrad aufgelöst hat, betreten wir die heiligen Hallen des Christus-Treff. Nach links geht es in die "Kapelle". Klein aber mit allem, was eine historische Kapelle benötigt: zwei monströse Türportale, dazwischen eine winzige Orgel, Gesangsbücher, typische Kirchenfenster, ein Altar, ein Kreuz und mehrere Stuhlreihen.

Zwei, drei Leute kommen auf uns zu und begrüßen uns kurz. Martin, ein alter Bekannter aus baptistischer Vorzeit, erscheint und setzt sich zu uns. Auf den Türportalen waren mir die Schriftzüge "Heiliger Geist" und "Vater" aufgefallen. "Wo ist denn der Sohn", frage ich Martin. "Der ist zu Hause". Mein Blick wandert zum Kreuz. Dort steht "JESUS". Und unter "JESUS" steht Herrmann. Herrmann ist das Patenkind der Gemeinde, dessen Foto jeden ersten Sonntag im Monat gezeigt wird, da die Kollekte heute wieder für ihn gesammelt wird.

Am ersten Sonntag im Monat gibt es im Christus-Treff drei Highlights: die Sammlung für Herrmann, den Mitarbeiterkreis und das Abendmahl. Endlich mal wieder Abendmahl. Damit sind wir ja in letzter Zeit deutlich unterversorgt. Neben einigen landeskirchlich geprägten Bestandteilen der Liturgie gibt es Lobpreis, Kindergottesdienst und keine Predigt. Tobias leitet eine Zeit ein, wo Gottesdienstbesucher über ihre jüngsten Erfahrungen mit Jesus berichten können. Das wird gerne angenommen und wir hören viele interessante Berichte. Anschließend gibt es eine Gebetszeit zur Vorbereitung auf das Abendmahl. "Sind noch genug Steine da", frage ich meinen Sohn. Er nickt und ich gehe zum Altar. Dort sind jede Menge Pflastersteine aufgeschichtet und warten darauf, zum Kreuz getragen zu werden. Ich nehme zwei Steine und lege sie symbolisch unters Kreuz. Weg mit der Last!

Das Abendmahl findet aus Platzgründen in mehreren Runden statt. Es wird Dönerbrot durchgereicht und mit einem "Jesu Leib für dich gebrochen" an den Nachbarn weitergegeben. Danach geht ein Kelch mit den Worten "Jesu Blut für dich vergossen" herum.

Beim anschließenden Brunch erfahren wir mehr über die Gemeinde. Der vom CT Marburg aus initiierte Christus-Treff Berlin arbeitet in Kooperation mit der Berliner Stadtmission und ist damit auch Teil der EKBO. Das ehrwürdige Haus wurde im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört, weshalb die Kapelle jetzt so klein ist. Gerne möchte man das Haus renovieren und deutlich vergrößern, sagt uns Tobias Schöll, der quasi Pastor des CT Berlin. Es gebe keine Mitgliedschaft und Mitarbeiter sei jeder, der sich in irgendeiner Weise einbringt, und sei es durch das Mitbringen eines Apfelauflaufs. Tobi will kein pastoraler Alleinunterhalter sein und lässt seinen Mitarbeitern sehr viel Freiraum. Kreise, die sich überlebt haben oder kapazitiv nicht zu stemmen sind, werden beendet und Neues gerne ausprobiert - alles im Glauben und nach Maßgabe der verfügbaren Möglichkeiten. Und diese können bei Gott sehr groß sein.

Egal, mit wem wir ins Gespräch kommen, alle fühlen sich im Christus-Treff sehr wohl und sind begeistert über den Kiez-Bezug der Gemeinde. Auch meine Familie ist beeindruckt und sagt, dass wir den Christus-Treff unbedingt auf die Liste der noch einmal zu besuchenden Gemeinden setzen sollten.

Sonntag, 31. Januar 2016

Projekt A+ in Altglienicke

Das Projekt A+ ist eine junge Gemeinde in Altglienicke. Gottesdienste finden einmal pro Monat statt. Ansonsten lebt die Gemeinde von regelmäßigen Treffen in Kleingruppen. Junge Familien und Singles fühlen sich hier besonders zu Hause. Gäste sind gerne willkommen. Das Projekt A+ engagiert sich mit diversen Aktionen für den Kiez.



Das Projekt A+ in Altglienicke erreicht man am besten per S-Bahn oder mit viel Geduld und einem guten Navi. Als Marzahner waren wir erstaunt, wie eng Altglienicke bebaut ist und dass es so gut wie keine Parkplätze gibt, zumindest keine freien.

Altglienicke hat etwa 26.000 Einwohner mit steigender Tendenz. Bis 2030 wird mit einem Zuwachs um mehr als 8% gerechnet. 2030 ist auch eine visionäre Marke der Leitung dieses Gemeindeprojektes: mehrere Tochtergemeinden und mehrere Tausend Menschen, die Jesus neu kennengelernt haben. Ein sportliches Ziel, dessen Ursprung nach dem heutigen Gottesdienst noch einmal abgeklopft wurde.

Das Motto lautete "Baustelle". Wegen der vielen Gäste wurden Namensaufkleber mit Baustellenlogo ausgeteilt. Absperrbänder waren durch den Saal gespannt. Betreten-Erwünscht-Schilder und "Gott der Baumeister" wurden ebenfalls thematisiert. Was man nicht alles aus einer Baustelle machen kann?

Einer der Mitarbeiter wünschte sich, dass die Gemeinde eine Dauerbaustelle bleibe, die wachse und wachse und wo auch jeder Einzelne beständig an seiner Persönlichkeit arbeite. Als sichtbares Zeichen beständigen Bauens, Scheiterns und Weitermachens dient der benachbarte BER.

Gebaut wird bei Projekt A+ aber auch mit Farbe, Spachtelmasse und Fußbodenbelag. Eine ehemalige Schlecker-Filiale wurde in einen Gemeindesaal umfunktioniert, der regelmäßig mit Gipskarton und anderen Dingen ergänzt wird. Mit diesem Ladengeschäft verfügt die Gemeinde über ein räumliches Filetstück mit Laufkundschaft, niedriger Schwellenangst und viel Platz vor der Eingangstür. Im Kiez hat die Gemeinde einen guten Ruf, da sie auch vor der eigenen Tür kehrt, beispielsweise die Reste der Silvesterknaller auf dem Ehrenfelder Platz.

Der Knaller war, dass wir heute Nachmittag sehr viele alte Bekannte aus der Lukas-Gemeinde trafen, insbesondere aus deren Leitungsteam. Der Anlass des Gottesdienstes war nämlich das 5-jährige Bestehen des Projektes. Uns kam das schon deutlich länger vor, zumal wir so lange Zeit die Gründungsaktivitäten der Lukas-Gemeinde begleitet hatten und viele der Akteure während ihrer Sondierungsphasen kennen gelernt hatten.

Besonders begeisternd waren die im Gottesdienst vorgestellten Visionen und geistlichen Grundprinzipien. Das ging von einer positiven Klimaveränderung im Kiez über gabenorientierte Mitarbeiterschaft bis hin zur Berufungsfindung. Den Leitern und Mitarbeitern war anzusehen, dass diese Prinzipien bei ihnen verinnerlicht sind.

Konzeptionell geht es bei Projekt A+ in die Richtung Vineyard. Kernstück sind Kleingruppen, die sich einmal im Monat zu einem Nachmittags-Gottesdienst treffen. Fragt sich nur, ob bei dieser Frequenz der Unterhalt eigener Räume nicht etwas zu viel des Guten ist.

Wir erlebten jedenfalls eine gesunde und hoch motivierte Gemeinde im Südosten Berlins und fühlten uns sehr wohl.

Sonntag, 24. Januar 2016

EFG Weißensee - Hat mal jemand Feuer?

Die EFG Weißensee fügt sich in den Reigen der bemerkenswerten Gastfreundschaft der Baptistengemeinden Berlins ein. Zudem punkten die Baptisten in der Friesickestraße mit einer Jugendgruppe und einer guten Durchmischung der Altersstruktur. Die Predigten sind biblisch, werden in einer modernen Sprache vermittelt und haben Alltagsbezug. Interessant ist die Zusammensetzung der Lobpreisband.




Bei den Baptisten in Weißensee werden Erinnerungen wach. Wilde Jugendtage mit Theo Lehmann in einer Zeit, wo Christsein politisch völlig inkorrekt war und gerne mit zukunftsrelevanten Sanktionen belegt wurde. Fast dreißig Jahre ist das her. Damals hatte ich das erste Mal das Neue Testament gelesen und mir auf dem Weg von der Straßenbahn zur Friesickestraße Textpassagen aus Johannes 10 eingeprägt. Hier fiel damals auch die Entscheidung, nur noch dann auf den Ruf des Sammelbegriffs "Matthias" zu reagieren, wenn ich die Stimme kannte.

Der Gottesdienst sollte um 10:00 Uhr beginnen, was eine gewisse Herausforderung an unser sonntägliches Morgenkonzept stellte. Dann heißt es auch noch in einem alten Spruch: "Des Baptisten Pünktlichkeit ist fünf Minuten vor der Zeit". Mit Zwanzig vor Zehn übertrafen wir diesen Spruch heute jedoch deutlich.

Wie in jeder der im letzten halben Jahr besuchten Baptistengemeinden wurden wir auch hier bereits an der Tür sehr freundlich begrüßt und nach unserer Herkunft gefragt. Wir bekamen ein Gesangsbuch und grüßten auf dem Weg  zur Sitzreihe weitere Gemeindeleute. Authentische Herzlichkeit und 100 Punkte für die Willkommenskultur. Auch als wir saßen, wurden wir immer wieder herzlich begrüßt.

An einigen Stühlen fielen uns kleine angenähte Stofflabel auf: Psalm 139 Vers 2 oder Matthäus 11 Vers 28 waren nur einige davon. Mein Sohn schlug sämtliche Stellen auf seinem Tablet nach. Bereits auf der Fahrt hatten wir uns mit den unterschiedlichen Übersetzungen von Jeremia 33 Vers 3 beschäftigt, die in der alten Elberfelder urtextlich korrekter wiedergegeben wurde als in der revidierten Fassung. Jeremia 33 Vers 3 ist eine weitere Telefonnummer Gottes neben Psalm 50 Vers 15 und steht fast wörtlich in der Prophetie, die im März über uns ausgesprochen wurde. Umso mehr freuten wir uns über die erste Zahl an der historischen Liedtafel: 333.

Heute spielte und begleitete die Band - ein interessanter Mix aus zwei E-Pianos, einem Flügel, einer Bassgitarre, einer E-Gitarre, einer Querflöte, einem Schlagzeug und zwei Blechblasinstrumenten. Für solch eine Besetzung gibt es wohl keine fertigen Orchesterstücke. Der Sound wurde sehr gut abgemischt.

Zur Überleitung in den Kindergottesdienst gab es das Bibel-ABC mit dem Buchstaben "Rrrrrri wie Rahel". Es folgte eine leicht verständliche Nacherzählung des Bibeltextes zur Hochzeit mit Lea und Rahel aus Genesis und die Verabschiedung der Kinder in den Blauen Salon.

"Hat mal jemand Feuer", war die dramatische Pointe der Einleitungsgeschichte von Pastor Torsten Milkowski, der einen Fackelträger zur Eröffnung der Olympischen Spiele beschrieb, der zwar nach hartem Training in seine Sportkleidung passte, aber auf den letzten Stufen das Feuer seiner Fackel verloren hatte. So drehte sich die Predigt um das Thema Burnout und wie man dem begegnen könne. Swen Schönheit hatte letztens zu uns gesagt, dass ein ausgebrannter Leiter eine sehr schlimme Sache sei, da etwas ausgebranntes nie wieder neu entzündet werden könne. Torsten Milkowski verglich die Situation mit seinem Kamin, der eine Menge Holz verbrauche, das aber bisher immer vorrätig war. Sei der Winter dann länger, beginne man normalerweise mit Abbau und Verbrennung der Substanz - hier ein Balken, dort ein Balken oder gar das Regal zur Lagerung des Brennholzes. Wenn wir einst mit Gott zusammen leben, zähle nicht mehr das hier so intensiv bearbeitete Projekt sondern unser Sein - Charakter versus Leistung.

Ein gutes Rezept gegen innerliches Ausbrennen sei eine Kombination aus Feiern und Stille. Feiern sei biblisch vorgeschrieben und sollte sogar mit dem Zehnten finanziert werden.

Ein Beispiel für effektives Hören auf Gott brachte er am Ende der Predigt. Er habe einmal an einem See gestanden, der spiegelglatt war. Typisch für einen großen Jungen habe er dann einen Stein ins Wasser geworfen und konnte sehr gut die dadurch entstandenen Wellen sehen. Am nächsten Tag sei der See durch Wind aufgewühlt gewesen. Wieder warf er einen Stein und konnte die Welle diesmal nicht von den anderen unterscheiden. Er endete mit der Frage: "Wann hattest du das letzte Mal Gottes Stimme gehört".

Hätte er nicht explizit während der Predigt erwähnt, dass er Pastor sei, hätte man anhand des Gesagten auf einen Mann aus dem "normalen" Berufsleben schließen können. Die Bodenständigkeit könnte aber auch aus einer hörenden Beziehung zu Jesus und der breit aufgestellten Gemeindeleitung mit über zehn Personen resultieren.

Nach dem Gottesdienst kamen wir mit dem Pastor und diversen Leuten ins Gespräch. Alte Bekanntschaften aus dem GJW Gemeinde-Jugendwerk wurden aufgefrischt. Man lud uns zu verschiedenen passenden Veranstaltungen ein und unsere Tochter wurde erstmalig von einem gleichaltrigen Mädchen angesprochen und eingeladen.

Herzlichen Dank!

Sonntag, 17. Januar 2016

Allianzgebetswoche "Willkommen zu Hause"

Die Evangelische Allianz ist ein Zusammenschluss von Christen, die Jesus als verbindlich für ihre Lebensgestaltung ansehen. Dazu gehören Einzelpersonen, Kirchen, Gemeinden und christliche Werke. Die Allianz-Gebetswoche findet jährlich im Januar statt.



Wo der Laie an Versicherungen denkt, klingt beim langjährigen Gemeindemitglied eine iterative Januarveranstaltung an. Die Evangelische Allianz verbindet Christen sämtlicher Denominationen, die ihren Glauben an Jesus Christus verbindlich leben. Diese Allianz konzentriert sich auf die gemeinsamen Schnittmengen des christlichen Glaubens und lässt Spaltungsthemen außen vor. Eine Bewegung mit geistlichem Potenzial.

Der Abschlussgottesdienst der diesjährigen Allianzgebetswoche zum Thema "Willkommen zu Hause" fand heute bei der EFG-Tempelhof statt, die sich selbst gerne als First Baptist Church Berlin bezeichnet.

Am Vormittag hatten wir die Heilsarmee im benachbarten Friedenau besucht, waren dann am Winterfeldplatz (Schöneberg) beim Araber eingekehrt, hatten dort sehr viele alte Bekannte aus der Lukas-Gemeinde getroffen und waren dann sehr zeitig bei den Baptisten in Tempelhof erschienen. Letzteres war sehr praktisch wegen der Parkplätze. Nach einer Tasse Kaffee entschieden wir uns für einen ausgedehnten Spaziergang durch den Kiez von Alt-Tempelhof. Wir waren beeindruckt von der Vielfalt der Baustile. Die 1960er-Jahre in Verkörperung einer Feuerwehrwache, die 1970er in sämtlichen Straßenzügen mit Wohnblöcken und das 19. Jahrhundert mit reich verzierten Reihenhausvillen. Vor uns ein Wald aus filigran mit Schnee benetzten Ästen. Schade, kein Fotoapparat dabei. Handys wurden gezückt. Klick - und schon hatte das Kind am Ast gewackelt und einen Schneefall provoziert. Ein Park mit rodelnden Kindern wurde sichtbar. Einfach schön. Erinnerungen an den Central Park in NYC wurden wach.

Kurz vor Beginn des Abschlussgottesdienstes trafen wir wieder an der Gemeinde ein. Wieder gab es Kaffee und jede Menge bekannter Gesichter: Heilsarmee, Internetmission, Kaleb, Baptisten, Kingsley Arthur, Evelyn Werther und Allianz-Vertreter, um nur einige zu nennen.

Laut Programm sollten diverse Lieder vom Tonträger kommen. Der Tonträger war ein Chor, der aus drei Männern und viel mehr Frauen bestand und mit Cajon, Klavier und Querflöte begleitet wurde. Ab und zu spielte auch ein Posaunenchor. Es wurden einige Projekte vorgestellt und immer wieder in kleinen Gruppen gebetet. Die Gruppen blieben relativ statisch zusammen, da die Stuhlreihen fixiert waren.

Allianz-Chef Hartmut Steeb predigte über Lebensversicherungen. So ähnlich - er predigte über Lukas 15, 31-32. Sein Fokus lag auf der Freude über Menschen, die frisch den Weg zu Jesus gefunden haben. Bekehrungen seien Anlass für Freudenfeste. Das deckte sich in etwa mit dem Bekehrungserlebnis, das wir heute früh vor dem Gottesdienst bei der Heilsarmee gehört hatten. Als gewandter Redner hielt Hartmut Steeb das Plenum mit Witz und Intelligenz bei der Stange. "Nur noch der Beter" könne bestimmte Umstände verändern, mahnte er zum intensiven Gebet. Das wurde anschließend wieder aufgegriffen als es um verschiedene Themen wie auch die Regional- und Bundespolitik ging.

Nach Kollekte, Instrumentalmusik, einigen Liedern, Vater Unser und Segen gab es weitere Gelegenheit zum Austausch innerhalb der Evangelischen Allianz. Drei von unseren Leuten wollten die beiden heutigen Gottesdienste noch ergänzen. Sie fuhren anschließend zur Öffnung der "Heiligen Pforte" im Erzbistum Berlin durch den katholischen Erzbischof Koch.

Authentisches Christsein - Heilsarmee Friedenau

Die Heilsarmee in Friedenau fällt durch eine äußerst freundliche Integration von Gästen und eine breite Altersstruktur auf. Senioren, Jugendliche und Kinder sind gleichermaßen präsent und bilden eine herzliche Einheit. Die Predigt hat Tiefgang, Alltagsbezug und geistliche Relevanz.



Direkt vor dem Haus fanden wir einen Parkplatz. Die Autos um uns herum waren noch alle eingeschneit und nur wenige Menschen stapften durch den Schnee, um zum Gottesdienst zu kommen. Der Gottesdienst bei der Heilsarmee in Friedenau sollte um 10:30 Uhr beginnen. Eine sehr humane Zeit für Familien.

Die Heilsarmee hatten wir wegen des allgemeinen Hörensagens gar nicht auf der Agenda. Am Montag gab es jedoch ein geschäftliches Treffen mit einem bemerkenswerten Designer, den wir flüchtig aus der Lukas-Gemeinde in Schöneberg kannten. Er erzählte, dass er nun verheiratet sei und ein Kind habe. Gemeindlich sei er bei der Heilsarmee zu Hause. Ein klarer Anlass zur Evaluation des Hörensagens.

Bereits das Vorderhaus machte einen sehr einladenden Eindruck. Auch die Gemeinderäume im Hof wirkten hell und funktional. Wir wurden sofort freundlich begrüßt und besetzten mit unseren sieben Personen wieder einmal eine ganze Bankreihe. Immer wieder kamen freundliche Gemeindemitglieder auf uns zu und wechselten einige Worte. Altersmäßig war die Gemeinde sehr gut durchmischt. Es gab sehr kleine Kinder, viele Jugendliche (hauptsächlich Mädchen), Menschen mittleren Alters und Senioren. Die Altersverteilung wirkte gesund.

Der Schlagzeuger Andreas kam auch auf uns zu. Sofort waren wir im Gespräch über authentische christliche Ausstrahlung. Genau diese Ausstrahlung sei damals auch der Grund seiner Bekehrung gewesen. Er kannte zwar alles und hatte sämtliche Programme absolviert, aber da fehlte noch etwas. Das fand er dann bei einem Jugendkongress, wo viele der Teilnehmer eben diese Ausstrahlung hatten, die nur Gott in einem Menschen produzieren kann. Er bekam dieses Geschenk und entschied sich darauf für eine konkrete Beziehung zu Jesus.

Die Heilsarmee wird von England aus geleitet. Es gibt zwar weltweit viele Gemeinden, aber das Hauptquartier befindet sich in London. Geleitet wird die Heilsarmee von General Cox. Ansonsten sind die Hierarchien deutlich überschaubarer als bei der Bundeswehr. Der gemeine Soldat bzw. Gemeindemitglied hat eine blaue Uniform mit blauen sternlosen Schulterklappen und ein silbernes H auf blauen Spiegeln. Der Angestellte ohne Dienstgrad hat einen weinroten Spiegel mit silbernem H und eine weinrote Schulterklappe ohne Stern. Den ersten silbernen Stern auf weinroter Schulterklappe bekommt der Leutnant als ein Zeichen für seine fachliche Qualifikation. Mit den Jahren verändert sich die Dekoration der Schulterklappen. Zwei Sterne bekommt der Kapitän und ein Wappen der Major. Bei besonderen Verdiensten oder per Berufung kann man auch Oberstleutnant, Oberst oder gar Commander werden.

Bei Pastor Matthias Lindner fiel auf, dass der jeweils zweite Stern für den Kapitän fehlte. Man sah noch die Stellen in der Schulterklappe. Die Sterne seien ihm letztens beim Ausziehen des Mantels abgefallen. Er lege nicht so den Wert auf diese Rangordnung. Eine sehr sympathische Einstellung!

Wir waren beeindruckt über den lückenlosen und harmonischen Ablauf des Gottesdienstes. Trotz der Professionalität wirkte keines der Elemente steril. Die Menschen waren authentisch, spielten Lobpreislieder mit Blasinstrumenten, Schlagzeug, Gitarre und Klavier, stimmten alte Kirchenlieder an und beteten für einander.

In der Predigt ging es um Herausforderungen. Der Kapitän am Pult berichtete von eigenen Erfahrungen mit Herausforderungen, die er verpasst oder angenommen hatte und wie das seinen persönlichen Horizont erweitert habe. So habe auch Jesus immer wieder seine Jünger oder Zuhörer herausgefordert. Und da war er wieder: der Text mit Jesus und Petrus auf dem Wasser. Aber auch viele andere Bibelstellen, wo sich Menschen für die Annahme der Herausforderung entscheiden mussten. Die Predigt gipfelte in einem Aufruf, dass sich Gottesdienstbesucher gemäß Jakobus 5 und anderer biblischer Beispiele für den nächsten Schritt, die Annahme der nächsten Herausforderung, salben lassen konnten. Das war ja der Hammer. Hatte ich doch gestern gerade erst wieder ein Bild aus März 2015 bestätigt bekommen, wo es um neue größere Vision und Weite geht.

Nach dem Gottesdienst blieben wir noch eine Weile in den gastlichen Räumen und unterhielten uns mit den Gemeindeleuten. Herzlichen Dank für die freundliche Aufnahme!

Sonntag, 10. Januar 2016

Vineyard im C13

Vineyard Berlin lebt ein interessantes Gemeindekonzept. Neben den wöchentlichen Kleingruppen in den verschiedenen Stadtteilen Berlins gibt es einen monatlichen Gottesdienst im zentral gelegenen C13. Der Gottesdienst wird im Rotationsprinzip von den Kleingruppen gestaltet und kann durchaus etwas länger dauern. Die Mitglieder setzen sich hauptsächlich aus jungen Familien und Singles zusammen. Gäste werden freundlich wahrgenommen und in Gespräche integriert.



"Nimm dir ein Lächeln", stand auf dem A4-Blatt, das an der Säule neben unseren Stühlen klebte. Am unteren Rand waren bereits einige Smileys abgerissen. Kinder kamen und holten sich noch einige.

Wir waren erstaunt, wen wir hier alles trafen. Bekannte aus dem CVJM und die ganzen coolen Ex-Mitglieder der Lukas-Gemeinde Schöneberg. Ohne einen dieser Kontakte wären wir wohl gar nicht auf den Gottesdienst im C13 aufmerksam geworden. C13 steht für die Christburger Straße 13 in Prenzlauer Berg. C13 ist aber auch vom Namen her die passende Adresse für den Gottesdienst von Vineyard Berlin.

Das Konzept von Vineyard ist sehr interessant. Die Stadtgemeinde basiert auf vielen regionalen Hauskreisen von jeweils acht bis zwölf Teilnehmern. Solche Hauskreise haben sich in Charlottenburg, Köpenick, Friedrichshain, Mitte und anderen Stadtteilen gebildet. Einmal im Monat treffen sich die Vineyard-Hauskreise zum gemeinsamen Gottesdienst im C13. Bei der Rückfahrt waren wir uns einig, dass das Konzept genau das sei, was aktuell für eine gesunde und wachsende Gemeinde Jesus dran ist. Meine Frau formulierte gleich einen Katalog weiterführender Fragen:

Wie entstehen neue Hauskreise?
Wie regelmäßig treffen sich die Hauskreise?
Wer leitet die Hauskreise?
Wie werden die Hauskreisleiter angeleitet?
Wie sieht der organisatorische Überbau aus?

Dass der organisatorische Überbau recht flach und nach biblischen Maßstäben aufgebaut ist, wurde deutlich, als Martin Bühlmann im Rahmen seiner Predigt sagte, dass es bei Vineyard zwar viele Menschen gebe, die etwas erklären oder auslegen, aber es gebe nur einen Pastor: Jesus! Und das sei das Ziel von Vineyard, auf Jesus als den Pastor hinzuweisen.

Martin Bühlmann legte konkret einen Text aus Matthäus 9 aus, wo es um die Barmherzigkeit Jesu ging. Sprachen sind wohl sein besonderes Hobby, so dass er uns sehr gut verständlich in die Besonderheiten bestimmter Worte hineinnehmen konnte. So werde in der ursächlichen Wortbedeutung des sich Erbarmens von einem innerlichen Umkehren des Magens geredet, wonach Barmherzigkeit statt einer Kopfsache ein tiefes Erleben und Mitleiden bedeute. Er brachte dazu zwei aktuelle Beispiele aus seinem Leben, die ihn damit als authentischen Vermittler der biblischen Botschaft qualifizierten.

Überhaupt kamen im Gottesdienst viele verschiedene Sprachen zum Einsatz, die aber interessanterweise auch übersetzt werden konnten. Es gab mehrere Menschen aus Syrien oder Kurdistan unter den Gästen, die in ihren Sprachen zu beten gebeten wurden. Martin Bühlmann zeigte sich begeistert über den Klang des persischen Farsi. Er wäre gerne noch einmal fünfundzwanzig und würde so gerne noch weitere Sprachen lernen.

Ein Hauskreisleiter erzählte uns von den Erfahrungen mit Flüchtlingen. Man praktiziere 1:1-Betreuung, was wohl am effektivsten sei.

Der Saal des C13, wo sich sonst die Philippus-Gemeinde zum Gottesdienst trifft, war bis auf den letzten Platz gefüllt. Es mussten sogar noch Stühle herangeschafft werden. Kinder wurden in einem separaten Programm mit biblischen Inhalten versorgt.

Vineyard gehört damit zu den Gemeinden, mit denen wir uns weiter beschäftigen werden.

Vineyard gehört aber auch als evangelische Laienbewegung zur EKBO, der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Das sind die mit dem Hahn von Brück.

EFG Marzahn - Baptisten

Die EFG Marzahn ist eine Gemeinde, die im Zuge des Neubauprogramms der 1980er Jahre entstanden war. Die wenigen Gemeindemitglieder engagieren sich im sozialen Bereich und haben einen gehobenen Altersdurchschnitt. Gäste werden freundlich aufgenommen.



In unmittelbarer Nachbarschaft des optisch markanten Buddharama-Vereins und eines Flüchtlingsheimes liegt das Grundstück der EFG Berlin-Marzahn. Die Gründung dieser Baptistengemeinde geht auf die 1980er Jahre zurück und sollte damals geistliche Akzente im Neubaugebiet Marzahn setzen. Wir besuchten die Gemeinde damals gerne als Jugendchor.

Inzwischen liegt der Hauptfokus der Gemeinde auf der Betreuung von Flüchtlingen und man engagiert sich sehr stark im Rahmen der auf dieses Thema bezogenen Montagsgebete. Deshalb waren wir gespannt auf die inhaltlichen Schwerpunkte von Gottesdienst und Predigt.

Im Rahmen des Einleitungstextes wurde in die Gemeinde gefragt, wer sich denn noch an seinen Taufgeburtstag erinnern könne. Die Gedanken ratterten: 28 Jahre. Das war aber nicht der Predigttext, sondern die Einleitung zum ersten Sonntag nach Epiphanias, dem Sonntag der mit "Taufe des Herrn" überschrieben ist. In der Predigt ging es um Römer 12. Laut Bibeltext sollen wir uns als lebendige Opfer für Gott zur Verfügung stellen, uns durch Gott verändern lassen und innerhalb der Gemeinde den Platz einnehmen, den wir gemäß Begabung am besten ausfüllen können. Das oben erwähnte Thema Flüchtlinge kam auch gelegentlich in der Predigt vor.

"Mal sehen, ob der Organist heute Lust hat", warf Prediger und Gemeindeleiter Alfred Kunz in den Raum, holte sein Smartphone hervor und strich einige Male über das Display. Die Orgel erklang. So konnte die Gemeinde mitsingen.

Heute waren wir zu zehnt - inklusive Prediger. Der Altersdurchschnitt muss bei 65 gelegen haben und ich fragte mich die ganze Zeit, wie sich die Gemeinde ihre Zukunft vorstelle. Laut Alfred Kunz sei es der Wille Gottes, hier treu am Platz zu bleiben und Ökumene zu leben. Er schwärmte sehr von den guten Beziehungen der Gemeinden Marzahns - egal welcher Konfession man angehöre. In den Räumen der EFG-Marzahn trifft sich zeitversetzt auch eine russisch sprachige Gemeinde.

Sonntag, 27. Dezember 2015

International Gospel Center

Das International Gospel Center ist eine Gemeinde am regionalen Schnittpunkt von Lichtenberg, Hohen Schönhausen und Marzahn. Gäste werden freundlich begrüßt und äußerst umsichtig in das Geschehen einbezogen. Der Lobpreis ist auch auf der Bühne sehr lebendig und professionell. Die Gemeinde legt Wert auf das persönliche Erleben Gottes. Die Mitglieder haben weitestgehend eine Zuwanderungsgeschichte aus den ehemaligen Staaten der Sowjetunion. Gesprochen wir Russisch, Englisch und Deutsch. Bei Bedarf gibt es eine Simultanübersetzung.



Die Vorinformationen zum International Gospel Center waren sehr ambivalent. Was wir seit Heilig Abend wissen, ist die Tatsache, dass es sich in unmittelbarer Nähe der Kreuzung von Rhinstraße und Allee der Kosmonauten befindet, der Gottesdienst auch zwischen Weihnachten und Neujahr stattfindet und das Gelände sehr gepflegt aussieht. Die Informationen vom Hörensagen reichten dafür von "Wohlstandevangelium" über "Russengemeinde" bis hin zu "hilfsbereite und großzügige Leute". Wir wollten das nun selbst testen und machten uns zum nachweihnachtlichen Gottesdienst auf den Weg.

Mit der Straßenbahn M8 ist die Gemeinde hervorragend zu erreichen, auch Parkplätze gibt es sonntags genug.

Als wir die Freitreppe zum Foyer hinter uns hatten, trafen wir zuerst Werner Schmidt, der uns sehr herzlich begrüßte. Ebenso herzlich begrüßte uns eine professionell gestylte Empfangsdame und zwei jüngere Herren mit dunklen Hosen und hellem Hemd. Wir hängten unsere Jacken weg und betraten den Gottesdienstraum.

In der Mitte standen Kameras und weitere Technik. Daneben befand sich ein großer Kasten mit Kopfhörern. Eine Dame erklärte uns, dass die Predigt heute von der Bühne aus wohl nur ins Englische übersetzt werde. Das störte uns zwar nicht, aber dennoch nahmen wir die Kopfhörer entgegen. Wir setzten uns in die dritte Reihe und hatten damit einen hervorragenden Blick auf das Geschehen, ohne in der Gefahr zu stehen, ein Grußwort halten zu müssen. Neben und vor uns nahmen weitere freundliche Mittdreißiger Platz.

Der Saal füllte sich und gegen 12:00 Uhr begann ein sehr dynamischer Lobpreis - auf Russisch und Englisch. Gitarrist und Sänger tanzten über die großflächige Bühne und brachten den Saal in Stimmung. Yeah bzw. Charascho! Russisch musste man zum Mitsingen der in Deutsch und Englisch bekannten Lobpreislieder nicht unbedingt können, denn die Texte wurden sowohl kyrillisch als auch englisch und deutsch an die Wand gebeamt.

Dann trat der Pastor auf die Bühne. Er war uns mit seinem weißen Hemd und der gelben Krawatte bereits im verglasten Nebenraum aufgefallen. Eine Dame aus dem Lobpreisteam trat neben ihn und übersetzte - Deutsch! Wir brauchten die Kopfhörer also doch nicht. Der Pastor sagte wenig und rief mehrere Männer und Frauen auf die Bühne, die aus ihrem Leben und insbesondere die Begebenheiten rund um ihre Entscheidung für Jesus erzählten. Den Leuten, die fast alle aus Saporoshez zu kommen schienen, war die Freude anzumerken. Einige hüpften begeistert über die Bühne und riefen immer wieder "Halleluja"!

Nach einigen dieser Lebensberichte gab es eine kurze Predigt mit mehreren Bibelstellen. Es wurde weiterhin ins Deutsche übersetzt. Der Pastor legte sehr viel Wert auf die konfessionelle Offenheit seiner Gemeinde. "Wir lieben alle", betonte er mehrfach und zählte die Kardinäle, Priester und Würdenträger auf, die er kürzlich getroffen und nach Marzahn eingeladen habe. Demnächst sei in den Räumen des International Gospel Center eine katholische Konferenz geplant.

Nach dem Gottesdienst wurden wir wieder sehr freundlich angesprochen und zum Wiederkommen eingeladen. Wir aßen noch kurz einen Eierkuchen bei Werner Schmidt und mussten dann zu unserer nächsten Verabredung.

Sonntag, 13. Dezember 2015

FEG Pankow - Gottesdienst im Tabakspeicher

Die FEG Pankow trifft sich in einer niederschwelligen Location. Alleinstellungsmerkmal sind die Bibeln auf den Stühlen. Die Altersstruktur ist durchmischt, tendiert jedoch in das gehobene zweistellige Segment. Nach dem Gottesdienst gibt es einen Gemeinschaftsteil mit Essen und Gesprächen.



Wenn christliche Gemeinden die Einstiegshürden möglichst niedrig halten möchten, finden sie durchaus interessante Locations: das Ladengeschäft an der Ecke, den Kongressbereich eines Hotels, das Restaurant, den Kinosaal oder eben das Erdgeschoss des Tabakspeichers in Pankow.

Die FEG Pankow ist verkehrstechnisch sehr gut angebunden. Wenn nicht gerade diffus ausgeschilderte Umleitungen den Weg erschweren, ist sie sogar von Marzahn aus innerhalb von zwanzig Minuten zu erreichen.

Wieder hatten wir Apfelauflauf dabei, da ein Mitbring-Buffet angekündigt war.

Nachdem wir uns durch einige ausgelassen im Vorraum tollende Kinder gekämpft hatten, betraten wir den großzügig geschnittenen Gottesdienstraum. Er bot etwa hundert Besuchern Platz. Als Alleinstellungsmerkmal fielen sofort die Bibeln auf den Stühlen auf. Wo sonst nur Liedzettel, Ablaufpläne, Gesangsbücher oder gar nichts liegt, lagen in der FEG Pankow Bibeln - nach der Guten Nachricht in heutigem Deutsch. Das gefiel uns sehr gut!

Im Rahmen der Begrüßung stellten wir fest, dass es hier eine Schwämme von Matthiassen gibt. Ein klares Indiz für Altersstrukturen jenseits der Vierzig. Dennoch sahen wir Grundschüler, wenige Teenager, wenige junge Erwachsene und viele Besucher ab dem Alter des klassischen Matthias. Auch die Senioren machten eine gewissen Anteil aus.

Nach einem kurzen Konferenz-Bericht und den üblichen Ansagen folgte eine Anbetungszeit mit modernen Liedern, die von einem Team aus der gereiften Matthias-Epoche recht dynamisch vorgetragen wurden. Während des gesamten Gottesdienstes wechselten Andachtsvideos und Präsentationen mit schönen Landschaftsaufnahmen.

Die Predigt hielt ein Autor verschiedener Pankow-Bücher. Es war alles drin und alles richtig, nur etwas zu lang, keine wirklich neuen Impulse und die selbst formulierte Teaserfrage wurde kaum berührt. OK, ist wohl Geschmacksache und müsste bei einem Folgebesuch evaluiert werden.

Während die oben erwähnten Kinder um die Mitbringsel des Buffets kämpften, entfloh ich auf das WC und traf dort einen weiteren Matthias. Auf direkte Nachfrage stellte sich jedoch heraus, dass er Tobias hieß. Auch gut, Hauptsache "ias" auf der Endsilbe! Damit hatte ich zumindest einen längerfristigen Gesprächspartner mit ähnlichem Beruf gefunden.

Besonders umfangreich und gut sortiert war das Angebot des Büchertisches, der um eine der Säulen im Saal herumgebaut worden war.

Die FEG Pankow hat den Platz, den die nahe gelegene Paulus-Gemeinde Pankow gerne hätte. Allerdings muss der Saal nach jedem Gottesdienst wieder auf Schulmensa umgebaut werden. Das ist Stress pur. Stress übrigens, den auch Gemeinden haben, die sich im Kinosaal oder im Kongresszentrum eines Hotels treffen.

Sonntag, 6. Dezember 2015

Weihnachtssingen und Chanuka

Advent und Weihnachten füllen die Terminkalender des Berliners. Das gilt auch für christliche Angebote. Hier wird eine Tour vom Weihnachtssingen in der Advent-Kirche bis zum Entzünden des Chanuka-Leuchters vor dem Brandenburger Tor beschrieben.



Passend zum 2. Advent - 2015 auch als Nikolaustag bekannt - waren wir am Nachmittag zum Weihnachtssingen in der Evangelischen Kirchengemeinde Advent an der Danziger Straße.

Die Adventkirche hat kirchenmusikalisch so Einiges zu bieten. Der Kinderchor, der Posaunenchor und der Erwachsenenchor waren an verschiedenen Stellen des architektonisch äußerst interessanten Gebäudes verteilt. Das Haus steht an der Ecke Danziger Straße / Heinz-Bartsch-Straße, hat eine nahezu quadratische Grundfläche, ist mit der Eingang-Altar-Achse von Westen nach Osten ausgerichtet und wirkt wie eine transportable innerstädtische Kompaktkirche als sakralbauliches Pendant zum urban beliebten MINI oder SMART. Passt an jede Ecke, wenngleich auch nicht in jede Parklücke.

Apropos Parklücke: Wir waren mit der Bahn unterwegs und kamen trotz der guten Anbindung mal wieder so knapp, dass wir die Plätze auf der Empore im Südflügel benutzen mussten. Die Bänke waren nicht festgeschraubt, was in der Folge nicht ganz ungefährlich war, da man sich zum Bewundern des Kinderchores im Altarbereich etwas weiter nach vorne beugen musste.

Dafür hatten wir einen direkten Blick auf den Bläserchor im unteren Nordflügel. Der Bläserchor überraschte uns mit Swing und Jazz und ab und zu mal einem klassisch gespielten Weihnachtslied. Der Saal und unsere Sitzbank schwankten. Kinder kamen jedoch nicht zu Schaden.

Dann wechselte das Programm wieder zum Kinderchor oder dem gemischten Chor rechts neben uns auf der Empore. Dieser wurde von Isabel Pauer geleitet. Ihre Power entfaltete sich durch mehrfachen Ab- und Aufstieg zwischen Hauptsaal und Empore und mitreißende Kanonisierung der Gäste.

Der Pfarrer trat nur kurz zu Beginn und zum Ende auf. Wir waren sehr beeindruckt von dieser Mitmach-Aufführung und verließen die gut besuchte Kirche.

An der frischen Luft wurde uns der Vorschlag unterbreitet, gleich noch zum Brandenburger Tor zu fahren, wo heute Abend ein großer Chanuka-Leuchter entzündet werden solle. Na super: Paris, Französische Botschaft, jüdisches Fest, Menschenansammlung - was für eine tolle Idee kurz nach den Anschlägen von Paris. OK, Gruppenzwang macht mutig. So fuhren wir also mit Tram und S-Bahn zum Brandenburger Tor und harrten der Dinge, die da stattfinden würden.

Zwischen einem Weihnachtsbaum und dem Brandenburger Tor war ein riesiger weißer Leuchter aufgebaut, daneben ein Partyzelt, ein Aufpustbär in Lebensgröße, viele Stühle mit Reserviert-Schildern und jede Menge rot-weiße Gitter. Die Gitter und die hohe Polizei-Präsenz beruhigten uns etwas. Da wir noch viel Zeit bis zum offiziellen Beginn hatten, konnten wir uns gute Plätze sichern - wie wir dachten. Frau und Kinder holten von irgendwo Kaffee und heiße Schokolade.

Dann füllte sich der Bereich mit den Sitzplätzen. Gelockte Herren mit schwarzen Mänteln und auffälligen schwarzen Hüten traten auf die Bühne und machten Stimmung mit hebräischem Rap. Wer sich das nicht vorstellen kann, denke einfach an ZZ-Top mit N.Y.C.C.-Mucke auf Ivrith.

Plötzlich fluteten wie aus dem Nichts die Officials an uns vorbei. Sie hatten wohl vorher in der Commerzbank gefeiert. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters war dabei. Der amerikanische Botschafter Emerson und der britische Botschafter Sebastian Wood waren bei der uniformen Optik mit langen dunklen Mänteln und roten Schals kaum von den weiteren mehr oder weniger wichtigen Männern des schwarz-roten Mantelknäuels zu unterscheiden.

Botschafter Emerson, Monika Grütters und weitere Personen hielten ihre Reden und dann wurden unzählige Leute in das Partyzelt geholt. Wahrscheinlich war den dortigen Akteuren inzwischen auch schon so kalt wie uns. Dort musste es jetzt schon sehr warm sein. Noch wärmer wurde es, als Frau Grütters die Hebebühne bestieg und zwei der Flammen entzündete. Schade, dass ich keine Kamera dabei hatte. Das war ein guter Blickwinkel.

Sebastian Wood verließ mit seiner chinesischen Frau Sirinat den Ort des Geschehens. Das taten wir in Sicht auf die zu erwartende Fülle der öffentlichen Verkehrsmittel auch und - fuhren mit Bus und Bahn zurück nach Marzahn.

Sonntag, 22. November 2015

JKB Lichtenberg - die Zweite

Wann immer man in der Stadt über die JKB ins Gespräch kommt, gibt es drei gemeinsame Nenner: die Predigt hat Tiefgang und ist praxisrelevant, der Lobpreis ist professionell und gut, Gäste und Interessenten werden aktiv ignoriert.



Nach unserem Besuch im Oktober hatten wir uns entschieden, noch einmal zur JKB zu fahren, gezielt nach Angeboten für Kinder und Jugendliche zu schauen, die Willkommenskultur zu testen und pünktlich zu sein.

Wir waren pünktlich. Es war deutlich leerer als beim letzten Mal - zumindest im Abgleich mit unserer deutlichen Pünktlichkeit. Eine Gruppe junger Erwachsener saß im geschlossenen Kreis einer Sitzgruppe. Die Rücken nach außen gewandt. Ab und zu wurde eine Tür geöffnet, angespannt wirkende Leitungspersonen kamen kurz heraus und verschwanden sogleich wieder. Ein jüngerer Stadtmissionspfarrer mit Glatze trat in den Flur und begrüßte uns freundlich. Von den sonstigen Anwesenden schien uns Vier niemand wahrgenommen zu haben. Wir schauten uns die kreative Wand mit den Dienstbereichen und Mitarbeitern an. Es gab sogar einen Verantwortlichen für Gäste.

Während ich noch überlegte, welche der vielen Namen am besten zu lernen wären, trafen unsere Freunde aus Marzahn ein. Da niemand Notiz von uns nahm, schlenderten wir den Gang entlang und lasen uns die vier großen Plakate mit den Pro und Cons der JKB durch. Auf jedem Plakat klebte unten ein I-like-JKB-Zettel. Neben diesem Zweckoptimismus entdeckten wir viele Punkte, die wir auch aus der Vergangenheit in Gemeinde- und Leitungsstrukturen kannten.

Der Zettel, der das Schmoren im eigenen Saft thematisierte, passte am besten zu unseren bisherigen Erfahrungen mit der JKB. Bereits nach deren Gründung hatten wir einen ersten Kontaktversuch unternommen und waren - vielleicht auch wegen des Kinderwagens - jämmerlich abgeblitzt. Die Predigt und Lobpreis waren damals sehr gut, aber nach dem Gottesdienst verteilten sich alle in irgendwelche Nachbarräume und wir standen etwas deplatziert im leeren Saal.

Obwohl Altersstruktur, berufliche Gegebenheiten und weitere gesellschaftliche Parameter gepasst hätten, war uns unklar, wie der Einstieg in dieses geschlossene Gebilde funktionieren könne. Dass es nicht nur uns so ging, erfuhren wir immer wieder, wenn junge Leute aus der Jugendkirche Marzahn einen Umstieg in die JKB sondierten bzw. sogar in deren Dunstkreis einheirateten. OK, es gab dann einige Events in den JKB-Räumen in Lichtenberg, aber nie einen wirklich tiefen Kontakt. Bis heute fragen wir uns, wie in solch einer Konstellation Wachstum erfolgen kann?

In Vorbereitung des Gottesdienstes wurden am Eingang zum Saal Teelichte verteilt. Wir folgten den Vorgängern, nahmen ein Licht und stellten es neben dem Kreuz in der Mitte des Saales ab. Dann setzten wir uns. Der Saal füllte sich bis auf den letzten Platz. Der geschätzte Altersdurchschnitt lag bei Dreißig.

Es folgten professionelle Ansagen, guter Lobpreis und eine mitreißende Predigt des oben erwähnten Stadtmissions-Pfarrers. Wegen des Ewigkeitssonntages gab er uns jede Menge Tipps zur Vorbereitung auf den eigenen Tod:

1) Lerne die Zeit achten!
2) Lerne Einsamkeit aushalten!
3) Gönnt einander das Leben!
4) Habt füreinander ein gutes Wort!
5) Lerne das Verabschieden!
6) Geht niemals im Streit auseinander!
7) Schaue mindestens einmal im Jahr in die Ewigkeit!

Der Mann wirkte authentisch, stand voll im Lebensalltag und brachte die christliche Botschaft klar auf den Punkt. Sehr gut!

Nach dem Gottesdienst nötigten wir dem Jugendleiter noch ein Gespräch auf. Sein individueller Ausdruck von Begeisterung übertrug sich simultan auf unsere Kinder, so dass deren Entscheidung final berechenbar war. Nun ja, wir fragen bei Gelegenheit mal den JKB-Gründer, mit welchen Tricks man den Zugang zur JKB gewinnt.

Sonntag, 25. Oktober 2015

JKB Junge Kirche Berlin

Die JKB Junge Kirche Berlin besteht ihrem Namen gemäß fast nur aus jungen Familien, Singles und Studenten. Der Lobpreis bedient ein hohes technisches und musikalisches Niveau. Die Predigten vermitteln auf eine gut verständliche Weise nachhaltige Impulse. Die Location in einem Industriegebiet Lichtenbergs kommt Besuchern entgegen, die sich die Gemeinde unverbindlich ansehen möchten.



Die JKB wurde um die Jahrtausendwende von Alexander Garth und seinem mitgebrachten Team in Hellersdorf gegründet und rangiert unter dem Dach der Berliner Stadtmission.

Schon vor zehn Jahren sondierte die Gemeinde einen Umzug Richtung Stadtzentrum und blieb vorerst in einer Dachgeschossetage in Lichtenberg hängen. Vor kurzem zog die JKB in eine Fabriketage in der Herzbergstraße 44. Letztere Aktion war so frisch, dass wir bei unserem Besuchsversuch Ende Oktober erstmal bei der falschen Location landeten und damit die Chance auf das übliche Zuspätkommen hatten.

Zuspätkommen ist bei JKB normalerweise nicht vorgesehen, da der Gottesdienst erst um 16:00 Uhr beginnt. Aber das war ja eine Ausnahme und uns kannte ja theoretisch auch keiner. Es war voll, sehr voll. Frau und Tochter bekamen noch zwei Plätze, mein Sohn und ich blieben hinten stehen.

Anhand der Ansagen erfuhr der unbeteiligte Gast, dass es in den letzten Monaten neben dem Umzug noch weitere Turbulenzen gegeben haben musste. Stress im Leitungsteam und viele Verletzungen. An diesem Nachmittag wurde ein Vakanzvertreter - was für ein Wort - vorgestellt. Die Predigt hielt ein eingeflogener Pastor der Stadtmission. Sehr gute Predigt mit begleitenden Theater-Elementen. Die Geschichte von Jesus im Hause des Pharisäers Simon wurde dadurch sehr plastisch. Die Darstellung von Körperhaltung und Blickrichtungen gaben dem Geschehen einen besonders aussagekräftigen Reiz.

Zwischenzeitlich wurden Stühle hereingetragen und weitere Zuspätkommer setzten sich neben uns. Der Lobpreis war super und wir konnten viele Lieder mitsingen. Am Ende durften die Pünktlichen unter ihre Stühle greifen und einen Segensspruch hervorholen. Wir bekamen den Spruch in einer Losschale gereicht. Nach dem Gottesdienst fand noch ein allgemeines Anstoßen mit und auf den Vakanzvertreter statt. Da es wirklich sehr voll war, verließen wir die Gemeinde mit der Option eines weiteren Besuches.

Dieser sollte gemeinsam mit weiteren Bekannten Ende November stattfinden.

Sonntag, 18. Oktober 2015

EFG Kreuzberg - Baptisten Bergmannstraße

Die Baptisten in der Bergmannstraße fallen durch einen äußerst herzlichen Umgang mit Gästen auf. Die Predigt ist erfrischend und Gottesdienstbesucher aus sämtlichen Altersgruppen und ethnischen Hintergründen sind vertreten.



Die Baptistengemeinde in der Bergmannstraße war uns mehrfach empfohlen worden. Da wir am Nachmittag zu einem Verwandtenbesuch in Potsdam verabredet waren, holten wir auf dem Weg meine baptistische Mutter ab und fuhren nach Kreuzberg.

Wir waren recht pünktlich und wurden gleich am Eingang äußerst herzlich begrüßt. Auf dem Weg zur Sitzreihe im Mittelfeld sprachen uns mehrere Gemeindemitglieder an und interessierten sich für unsere Zugehörigkeit und unser Wohlergehen. Auch Pastor Matthias Linke kam vorbei und begrüßte uns sehr herzlich. Ein gelungener Start in den folgenden Gottesdienst.

Der Gottesdienst begann um 11:00 Uhr mit einer ausgedehnten Anbetungszeit, unterbrochen von einer Begrüßung aller Gäste mit Bitte um ein kurzes Grußwort. Nach einer Stunde war nicht ganz klar, ob nach der längeren Lesung der Lobpreisleiterin noch eine Predigt folgen werde. Doch, die Predigt folgte noch und war sehr erfrischend. Es folgten dann jedoch noch weitere Ansagen, ein längeres Statement zu einer Geldsammlung und mehrere Lieder. Wir saßen auf Kohlen. Nach zwei Stunden neigte sich der Gottesdienst seinem Ende entgegen.

Auch beim Hinausgehen wurden wir mehrfach freundlich angesprochen, so dass uns die Termineinhaltung in Potsdam wirklich schwer fiel. Letztlich rissen wir uns los, holten noch schnell ein paar Sandwiches aus einem nahe gelegenen Bäcker und trafen dann tatsächlich noch pünktlich bei unserer nächsten Verabredung ein.

Sonntag, 11. Oktober 2015

Jakob-Gemeinde Friedrichshain

Die Jakob-Gemeinde Friedrichshain versteht sich als Gemeinde für den Kiez. Ihre Mitglieder sind junge Familien und Singles. Die Predigt ist provozierend und lässt das Thema noch über die nächste Woche nachklingen. Für den Gemeinschaftsteil nach dem Gottesdienst steht im Vorderhaus der Rigaer Straße 86 ein Gemeinde-Café zur Verfügung.



Zum Besuch der Jakob-Gemeinde Friedrichshain hatten sich heute neun Leute aus Marzahn verabredet. Wir alle waren ungewohnt pünktlich vor Ort und platzten dadurch mitten in die Vorbereitungen zum um 10:30 Uhr beginnenden Gottesdienst. "Mal wieder Brunch", war uns gesagt worden. Deshalb hatten wir auch heute wieder unsere Töpfe - natürlich mit Inhalt - dabei. Im Gemeindecafé im Vorderhaus solle es Kaffee geben, wurde uns gesagt. Das war gut!

Während wir mit dampfenden Tassen etwas unbeteiligt im Gottesdienstraum herumstanden schlurften die ersten Friedrichshainer an uns vorbei. Der übernächtigte Blick schweifte über uns hinweg und diente wohl lediglich einer Groborientierung. 10:30 Uhr sollte in Sicht auf die regionale Zielgruppe eventuell überdacht werden.

Mit unseren neun Personen machten wir etwa 25% der heutigen Besucher aus. Es muss schon bessere Zeiten in der Rigaer Straße gegeben haben. Viele der Gemeindemitglieder kannten wir noch aus alten Zeiten. Jakob-Pastor Paul Clarkson war Mitte der 1990er Jahre im Rahmen eines OM-Teams an der Neugründung der damaligen Jugendkirche Marzahn (inzwischen Junge Kirche Marzahn bzw. Kirche43) beteiligt. Vor etwa zwanzig Jahren ging von der Lukas-Gemeinde in Schöneberg (Mülheimer Verband) eine regelrechte Gründungswelle aus. Zuerst wurde die Josua-Gemeinde in Spandau ausgegründet, wobei diese durch gewachsene Wohnstrukturen einen erheblichen Massevorteil hatte. Unmittelbar darauf folgten die Gründungsaktivitäten in Friedrichshain und Marzahn. Weitere Gründungsprojekte in Prenzlauer Berg (jetzt Philippus-Gemeinde) und Pankow (jetzt Paulus-Gemeinde) folgten.

Es muss also definitiv an der Uhrzeit liegen, dass die Jakob-Gemeinde über wesentlich mehr Plätze als Gäste verfügt. Denn der Lobpreis, die Lebensberichte und die Predigt - gespickt mit schwarzem englischem Humor und Alltagsbeispielen - waren super! Es ging ums Danken. Auf gute Resonanz stieß dabei der Vorschlag, innerhalb der nächsten vier Wochen jemandem einen Brief zu schreiben und konkreten Dank auszusprechen. Paul Clarkson provozierte mit der Frage: "Was hättest du, wenn du morgen nur noch mit dem aufwachst, wofür du heute gedankt hattest?"

Beim anschließenden Verzehr der mitgebrachten Süppchen und Kuchen kamen wir gut mit den Gemeindeleuten ins Gespräch und berichteten ausführlich über unsere Erfahrungen bei den Besuchen der unterschiedlichen Gottesdienste.

Sonntag, 4. Oktober 2015

Paulus-Gemeinde Pankow

In der Paulus-Gemeinde Pankow treffen sich vorwiegend junge Familien und Singles. Wegen der guten Beziehungen zur Apostel-Petrus-Gemeinde wird der Lobpreis gelegentlich von deren Jugendlichen gestaltet. Die Predigten sind gut und auch das persönliche Erleben Gottes ist ein durchgängiges Thema. Auf kleinem Raum ist die freundliche Wahrnehmung von Gästen ein Selbstläufer.



Die Paulus-Gemeinde Pankow besuchten wir erstmalig Ende Juli zum Beginn der Sommerferien. Entsprechend ausgedünnt war das Publikum, so dass wir uns zunächst im kleinen Vorraum aufhielten. Nach und nach trudelten mehr oder weniger bekannte Gesichter aus Pankow und unserer Gemeindevergangenheit im Mülheimer Verband ein.

Der Mülheimer Verband war aus der Erweckungsbewegung um 1905 entstanden und hat derzeit etwa 4.500 Mitglieder. Ebenso hoch ist auch die bundesweite Zahl der Gottesdienstbesucher.

In Pankow jedenfalls waren es an diesem Tag in den Sommerferien deutlich weniger. Das war insofern auch ganz praktisch, da der eigentliche Gottesdienstraum relativ nah an den Kapazitätsgrenzen rangiert und erst durch die Auslagerung des Kinderprogramms in den Nachbarraum eine deutliche Entspannung zu verzeichnen war.

Der Lobpreis war super. Er wurde von drei Jugendlichen gestaltet, die wir auch in der APG wieder trafen. Überhaupt bestehen sehr gute Beziehungen zwischen der Paulus-Gemeinde Pankow und der Apostel-Petrus-Gemeinde im benachbarten Märkischen Viertel, da sie den dortigen Jugendpastor als Gemeindepastor gewinnen konnten.

Die Predigt wurde von einem Gastredner aus dem Grunewald gehalten. Da er einem "normalen" Beruf nachging, war die Predigt aus dem Leben gegriffen und für unseren Alltag durchaus relevant. Anschließend hatten wir noch ein längeres Gespräch mit ihm und tauschten die Visitenkarten aus.

Um ein objektiveres Bild der Paulus-Gemeinde zu erhalten, entschieden wir uns für einen weiteren Besuch außerhalb der Ferien. Diesmal erschienen wir allerdings zu siebent und brachten jede Menge Essen mit. Es fand nämlich ein Brunch-Gottesdienst statt. Es war sehr voll, was allerdings auch eine Wahrnehmung aufgrund der erweiterungsbedürftigen Räume gewesen sein könnte. Einige Teilnehmer berichteten davon, was sie mit Gott erlebt hatten. Solche Berichte finden wir immer besonders spannend, da Glauben ja nicht in der Theorie verharren sollte.

Inzwischen konnten wir erfahren, dass die Paulus-Gemeinde Räume mit Expansionspotenzial sucht. Diese Räume hätte die benachbarte FEG Pankow, aber dazu bei Gelegenheit etwas mehr!

Sonntag, 13. September 2015

Die Kreative im Colosseum

Die Kreative trifft sich sonntags im Kino Colosseum und bietet damit auch auf Anonymität bedachten Gästen einen leichten Zugang. Lobpreis und Predigt enthalten gute Impulse. Die Besucher sind junge Familien, Jugendliche und Singles.



Kreativ ist bereits die Wahl des Ortes: das Kino Colosseum an der Schönhauser Allee. Damit ist die Gemeinde - ähm die Kreative - verkehrstechnisch hervorragend angebunden und für die Hauptzielgruppe aus den Berliner Trendbezirken gut zu erreichen. Die Kreative kannten wir aus diversen Meetings und externen Einsätzen in Marzahn, so dass wir uns auf den ersten Besuch bei ihnen vor Ort freuten.

Der Kinosaal war gut klimatisiert. Der Saal war zu Beginn (10:30 Uhr) ermutigend besetzt. Außer Marc, einem der Leiter, der heute auch predigen sollte, waren wir niemandem aufgefallen. Ähnliches wurde uns auch von anderen Bekannten bestätigt, die sich aktuell auf Annäherungskurs mit der Kreativen befinden.

Lobpreis und Predigt waren gut und gaben mehrere hilfreiche Impulse für unsere aktuelle Situation. Wir schrieben Bibelstellen mit. Während des Gottesdienstes berichteten einige Besucher von ihren Erlebnissen mit Gott und am Ende gab es eine ausgedehnte Gebets- und Segnungszeit vor der Bühne.

Als wir den Saal verließen, hatten wir immer noch die Kaffeebecher in der Hand. Durch den Übergang vom gedimmten Kinosaal zum gleißenden Licht auf dem Flur, übersahen wir fast die am Eingang herumkrabbelnden Babys. Für Kleinkinder war ein separates Programm angeboten worden.

Mit Marc unterhielten wir uns dann noch kurz über seine Predigt, den Segen der Location und den sonntäglichen Aufwand des Auf- und Abbauens. Dann verließen wir das Kino.

Sonntag, 23. August 2015

Apostel-Petrus-Gemeinde im Märkischen Viertel

Die Apostel-Petrus-Gemeinde hat einen deutlichen Bezug zum Märkischen Viertel. Die Predigten haben Alltagsrelevanz und sind inhaltlich wertvoll. Der Lobpreis ist ebenfalls ansprechend. Gäste werden herzlich begrüßt und können nach dem Gottesdienst in der Cafeteria mit den Gemeindeleuten in Kontakt kommen. Die Altersstruktur ist gut durchmischt. 



Der Gottesdienst beginnt um 10:30 Uhr. Eine humane Zeit für Menschen aus einem der größten Neubaugebiete im Norden Berlins. Von Marzahn aus fährt man über Pankow knapp eine halbe Stunde zur APG, wie die Apostel-Petrus-Gemeinde im Märkischen Viertel von Insidern abgekürzt wird.

Die Begrüßung ist herzlich. Unsere Abordnung von sieben Leuten aus Marzahn füllt eine ganze Bankreihe. Pfarrer Swen Schönheit leitet den Gottesdienst mit dem Hinweis ein, dass heute Wolfgang Schulz - ein Mann aus der Wirtschaft - predige. Man wünsche in der APG solche Predigten, da sie mitten aus dem Leben gegriffen seien.

Wolfgang Schulz predigt über Matthäus 14, 22-33. Eine ermutigende und tiefe Predigt über die Begebenheit, wo Jesus auf dem Wasser geht und Petrus ihm entgegen gehen möchte.

Nach dem Gottesdienst reden wir noch kurz mit Pfarrer Swen Schönheit und bedanken uns für die wertvollen Impulse seines Buches "Menschen mit Format: Leiten lernen bei Jesus". Im benachbarten Gemeindecafé treffen wir neben vielen jungen Familien und Kaffee trinkenden älteren Damen auch den heutigen Referenten. Er und seine Familie haben eine lange Gemeindegeschichte hinter sich und wurden durch viele Höhen und Tiefen hindurch in ihrem Glauben gestärkt.

Die APG engagiert sich in ihrer Nachbarschaft, arbeitet eng mit dem CVJM zusammen und setzt sich aktiv für die geistliche Gemeindeerneuerung in der Evangelischen Kirche ein.

Vielen Dank für diese guten Erfahrungen und Gottes Segen!

Sonntag, 16. August 2015

Der Kaiser im französischen Dom

Bei anspruchsvoller Predigt und traditioneller Liturgie kann der Gottesdienst im Französischen Dom anonym besucht werden. Der Gendarmenmarkt lädt im Anschluss zum Verweilen in der City ein.



Auf den Stufen zur Französischen Friedrichstadtkirche - auch bekannt als Französischer Dom - sitzt ein Mann mit halb gefülltem Kaffeebecher: Cent- und Euromünzen. Wir betreten den ehrwürdig illuminierten Saal, schreiten durch die Bankreihen und nehmen in der zweiten Reihe Platz.

Um 11:00 Uhr beginnt der Gottesdienst nach französisch reformierter Ordnung in deutscher Sprache. Wir sind gespannt. Parallel wird ein Kindergottesdienst angeboten, dessen Bedarf sich uns nicht wirklich erschließt. Der Saal würde mehreren unangemeldet herein strömenden Reisegruppen ausreichend Platz bieten.

Die Liturgie betont mehrfach die französisch reformierte Ordnung. Wir machen mit, was Alle machen und fallen somit nicht weiter auf. Orgelmusik und alt bekannte Kirchenlieder lassen uns in altkirchlich reformierte Anbetung fallen. Dann erscheint der Kaiser: Pfarrer Dr. J. Kaiser, der die heutige Predigt halten wird.

Es geht um die zehn Jungfrauen aus Matthäus 25, 1-13. Die Predigt ist nach allen Regeln der Kunst aufgebaut, entfaltet den Spannungsbogen und gipfelt in einer umsetzbaren Pointe. Der Doktor überrascht uns mit theologischem Tiefgang und Alltagsbezug. Sehr gut!

Anschließend bedanken wir uns und verlassen die Kirche über die Treppe mit dem Kaffeebecher-Mann.

Was macht man nun mit dem angebrochenen Vormittag? Wir entscheiden uns für eine Besichtigung der Bundestagsausstellung im Deutschen Dom. Der Eintritt ist frei. Die Stufen in Richtung Kuppel müssen wir jedoch zu Fuß zurücklegen. Zwischendurch testen wir Stühle in Reichstagsblau, suchen uns gegenseitig in den verwinkelten Gängen und Etagen, stehen vor verschlossener Tür zur Kuppel oder lernen die jüngste deutsche Geschichte rückwärts kennen.

Nach so viel Aktionismus ist ein deftiges Mittagessen angesagt. Pizza am Engelsbecken: gemütlich, preiswert und empfehlenswert. Als wir zur Verdauung um die traurige Erscheinung der benachbarten Michaelkirche spazieren, können wir den Schmerz der Flüchtlinge nachempfinden, den diese wegen des Verlustes ihrer Heimat und ihrer Wurzeln durchleiden.