Donnerstag, 19. Oktober 2017

Toxic Leadership - 10 Merkmale

Die Recherchen zur toxischen Leitung haben doch einen größeren Fundus zu Tage befördert als zunächst angenommen. Im folgenden Artikel geht es um typische Merkmale der Akteure.



Längst werden toxische - also vergiftende - Leiter nicht mehr nur in der U.S. Army ausgemacht, sondern auch in Unternehmen und Organisationen. Das Ergebnis ist immer das Gleiche: Mitarbeiter und Aufgabengebiete sind nach der Wirkungszeit des Toxikers in einem schlimmeren Zustand als vorher.

Die Liste der Eigenschaften toxischer Leiter liest sich wie eine Checkliste zum geistlichen Missbrauch. Damit schließt sich der Kreis von säkularer Leitung zur Leitung in betroffenen Gemeinden. Nachfolgend 10 Eigenschaften, die als kennzeichnend für toxische Leiter gelten:

1. Arroganz und Narzissmus

Toxische Leiter stellen sich gerne selbst dar. Sie gehen davon aus, dass sie generell Recht haben und ihre Zuhörer die Worte als "Evangelium" aufsaugen.

Sie beanspruchen die Deutungshoheit und reagieren sehr scharf auf Kritik - auch auf konstruktive. Besonders hart werden Optimierungsvorschläge geahndet, die von Untergebenen kommen.

2. Autokratie

Toxische Leiter lassen in der Regel nur die eigene Meinung gelten und sehen sich als Leitfigur der Gruppe. Die Gruppe habe der vorgegebenen Richtung zu folgen und diese keinesfalls zu hinterfragen. Mitarbeiter haben in seinen Augen lediglich den Zweck, ihm zuzuarbeiten und seine Position als Oberhaupt zu bestätigen.

3. Reizbarkeit

Toxische Leiter sind in ihrer unsicheren Selbstwertstruktur schnell reizbar. Sie wollen überall mit einbezogen werden, beziehen aber selbst ungerne jemanden in ihre Angelegenheiten ein. Sie haben Angst vor Fragen und gehen diesen so gut es geht aus dem Wege. Ideen sowie Trial & Error werden auf ein Minimum reduziert. Kreative Gruppenmitglieder verlassen das Team oder gehen jämmerlich ein.

4. Unangemessenheit

Toxische Leiter benehmen sich oft wie Kinder, sind launisch und unflexibel. Bemühungen um Weiterentwicklung und positive Veränderung werden konsequent behindert.

5. Mangel an Vertrauen

Toxische Leiter bauen ein Gebilde aus Lügen und Manipulation um sich auf und verlieren somit das Vertrauen zu sich selbst und erst recht zu anderen. Im gemeindlichen Umfeld haben wir erlebt, dass ein Pastor qua Amt Vertrauen eingefordert hatte, das ihm aufgrund von Erfahrungen und seiner Persönlichkeit nicht automatisch zugestanden werden konnte.

6. Inkompetenz

Toxische Leiter sind davon überzeugt, die kompetentesten Personen zu sein. Allerdings karikiert sie die Praxis dadurch, dass es ihnen an Entscheidungsfähigkeit mangelt, Priorisierungen ohne Sinn festgelegt werden und sie selbst für einfache Aufgaben ungeeignet sind. Kaschiert wird das durch die Kritik an Dritten, was gelegentlich auf offene Ohren stößt und erst einmal vom Toxiker ablenkt.

Es kann durchaus vorkommen, dass das übergeordnete Management die Inkompetenz bewusst ignoriert und lieber das Team opfert. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die Upline aus demselben Holz geschnitzt ist. Vielleicht benötigt der Vorgesetzte ja einen untergeordneten Toxiker, um selbst in ein besseres Licht zu kommen oder als dessen Mentor zu punkten.

7. Hierarchien

Kein Wunder, dass toxic leadership zunächst im militärischen Umfeld beleuchtet wurde. Ist doch das Militär die bekannteste Organisation mit harten hierarchischen Strukturen.

Aber auch auf das kirchliche Umfeld lässt sich das übertragen. Da gibt es den Senior-Pastor, den Vorstands-Vorsitzenden, den Super-Intendenten, den Präses, den Bundes-Ältesten, den Papst, den Dekan und viele andere schöne Titel, die eine Position in der Hierarchie ausdrücken.

Ohne Hierarchie würde der toxische Leiter zugrunde gehen. Er braucht die Hierarchie und idealerweise noch die passende Kleidung für sein Selbstwertgefühl. Untergebenen wird die Last des Überbaus sehr deutlich klar gemacht. Dient es doch dem Selbstschutz der problematischen Leitungsfigur.

8. Unrealistische Erwartungen

Toxische Leiter gängeln ihr Team mit unrealistischen Erwartungen. Wie es aus der Literatur zu geistlichem Missbrauch bekannt ist, werden diese Regeln und Erwartungen modifiziert, sobald deren Erfüllung realistisch wird. Dadurch erzeugt der toxische Leiter ein nachhaltig schlechtes Gewissen bei den anvertrauten Untergebenen.

9. Symbole persönlicher Autorität

Das harmoniert mit dem erstgenannten Punkt Arroganz und Narzissmus. Der Toxiker verschafft sich besondere Rechte wie einen speziellen Parkplatz, ein erhabenes Büro, freien Zugang zu allen Ressourcen, beeindruckende Titel und Etiketten, exklusive Amtskleidung. Die Liste könnte fortgeführt werden.

10. Diskriminierung

In Korrelation zur Inkompetenz in Punkt 6 passt auch die Diskriminierung von Personengruppen. Wir haben erlebt, dass Gemeindemitglieder mit der Begründung entlassen wurden, sie seien nicht kompatibel zur DNA des Gemeindeverbandes. Dabei hatten sie nur Fragen zu den hier genannten Punkten gestellt. Verbleibenden Mitgliedern wurde zudem der Kontakt untersagt, da man sich ja nicht mit Menschen abgeben solle, die "sich Bruder nennen, sind aber ..." siehe 1. Korinther 5, 11.

Weitere Erscheinungsformen

Ergänzend dazu gibt es noch den Manipulator und den Wettbewerber.

Der Manipulator ist schwer zu erkennen. Oft braucht es mehrere Jahre, um die Täuschungen des Manipulators als Taktik zur Erfüllung dessen egoistischer Ziele zu erkennen. Bei Dale Carnegy heißt es: "Wenn Egoisten Sie ausnützen wollen, streichen Sie sie von Ihrer Liste ...".

Der Wettbewerber ist als Siegertyp ein prädestinierter Herzpatient. Er will immer gewinnen, egal was es kostet. In diese Zielvorgabe zieht er seine Untergebenen mit hinein und macht auch diese zu potenziellen Herzpatienten.

Und ich?

Es ist immer hilfreich, sich selbst im Spiegel der oben genannten Punkte anzusehen. Das schlägt ja auch schon Jakobus in Kapitel 1, 23-24 vor. Beim morgendlichen Ausdauer-Training hatte ich über meine eigenen Fallen in diesem Bereich nachgesonnen. Allein das Reflektieren darüber ist ein Zeichen dafür, dass es bei mir nicht so stark ausgeprägt sein kann.

Toxische Eigenschaften entfalte ich in der Regel nur, wenn es um das Bereinigen von Faktoren geht, die das Überleben oder die Weiterentwicklung einer Organisation stören. Das trifft dann gelegentlich auch toxische Leiter, die ja zumeist entbehrlich sind und lediglich vermeidbare Kosten produzieren.

Eine Frage der Dosierung:

Am Rande des Workshops zum Traditionserlass wurde mir berichtet, dass der weise dosierte Einsatz von toxischen Leitern durchaus heilend wirken kann. Das kennt man ja auch aus der Medizin. Gemäß ADP 6-22 dürfen diese Leiter allerdings immer nur punktuell und temporär eingesetzt werden. Ist das Ziel erreicht, sollten sie rechtzeitig in andere Wirkungsbereiche vermittelt werden.

Auch der Voll-Toxiker kann eine heilende Wirkung erzielen. Nämlich als Fallbeispiel für seine Umwelt, so eine Betrachtung mit dem nötigen Abstand möglich ist.


Weitere Artikel aus dieser Serie:
Toxic Leadership - Was ist das?
Toxic Leadership - Was tun?


Zwei wichtige Quellen für diesen Artikel waren folgende Webseiten:
www.leadershipforces.com
www.yscouts.com