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Dienstag, 26. April 2016

Colonia Dignidad im Auswärtigen Amt

Die Vorkommnisse in der Colonia Dignidad sind ein Beispiel für geistlichen Machtmissbrauch auf höchstem Niveau. Viele der Betroffenen waren ehemalige Baptisten. Anhand der Colonia Dignidad lassen sich plakativ die Mechanismen und Potenziale von Missbrauchssystemen studieren.



"Es war alles noch viel schlimmer", äußerten sich unisono mehrere der ehemaligen Mitglieder der Colonia Dignidad nach der Filmpräsentation im Auswärtigen Amt.

"Meine Frau hätte den Film nicht ertragen", erzählte mir der Vater von fünf Töchtern, der sich in der Szene wiedererkannte, in der Hans nach der Genesung von der Folter sabbernd in die Werkstatt gebracht wurde. Solche Szenen konnten Jungs in der Colonia Dignidad im Süden Chiles Monate lang durchleben, wenn sie sich den pädophilen Fummeleien des Sektenchefs Paul Schäfer widersetzten. In weit über 30.000 Fällen habe man sich auf diese Weise vergriffen und massiven seelischen Schaden angerichtet.

Dusche gesprengt

Deshalb habe eines der Opfer anschließend auch die berüchtigte Dusche weggesprengt. Das sei aber nicht der einzige Ausbruch befreienden Vandalismus gewesen. Jemand habe das Metallrelief mit der Frau und den beiden Adoptivkindern im Arm von der Außenwand des Haupthauses gerissen, demoliert und in den Wald geworfen. Auf der Rückseite steht wie zum Hohn auf Griechisch: "Lasset die Kindlein zu mir kommen".

Colonia Dignidad im Auswärtigen Amt
Diskussionspanel mit Regisseur, zwei Betroffenen, Moderatorin, Amnesty International und Diplomatie (vlnr.)
Ein deutscher Diplomat bestätigte ebenfalls, dass er damals einen Zustand in der Colonia Dignidad vorfand, der "ungleich schlimmer als im Film" war. Die Menschen waren "hoch traumatisiert und gehirngewaschen". Durch Schweigegelübde wurde die Brutalität des Alltags zu vertuschen gesucht. Dass immer noch alte Leitungsstrukturen wirken, zeigt sich darin, dass man kürzlich den Bewohnern Land als Preis zum Verkauf ihrer Geschichte angeboten habe. Grundbesitz versus Wahrheit.

Pillen gegen ein klares Denken

Eine Panelteilnehmerin, die selbst noch in Chile wohnt und durch ihre Familie weiterhin Kontakte zur Kolonie unterhält, bestätigte ebenfalls, dass der Film durchaus die Härte der psychischen und physischen Unterdrückung treffe und ergänzt: "Es war noch schlimmer". Sie habe den Film nun zum dritten Mal gesehen und durchleide immer wieder die alten Geschehnisse. Ein Betroffener erzählte mir bei Wein und Häppchen, dass er mal so eine Pille probiert habe. Er sei dann für mehrere Stunden völlig im Delirium gewesen.

130 Senioren

Zur Zeit leben noch etwa 130 Personen in der Colonia Dignidad, von denen 2/3 über sechzig Jahre alt sind. Rentenansprüche gebe es kaum. Die Menschen waren bis 2005 als unentgeltliche Zwangsarbeiter mit einer Arbeitswoche von sieben Tagen beschäftigt worden. Erst 2005 gab es das erste Gehalt, womit simple Dinge wie Kaffee, Kaffeekannen, Fernseher und Mobiltelefone angeschafft werden konnten. Das stand vorher nicht zur Verfügung. Lehrbücher waren aus den 1950er Jahren und auch sonst sei jegliche Informationsmöglichkeit unterbunden oder zensiert worden.

Vollbeschäftigung und Zwangsbeglückung

Überbeschäftigung, permanenter Druck, Bespitzelung, Trennung der Familienstrukturen, Gruppenzwang wurden so exzessiv betrieben, dass sich weder einheitlicher Widerstand formieren konnte noch Zeit zum Nachdenken blieb. Und wenn doch jemand nachdachte, gab es noch die Pillen. Wie in Systemen geistlichen Machtmissbrauchs üblich hatte man für "Abtrünnige" jede Menge Verwünschungen parat und stellte Aussteiger auf externe Nachfrage als psychisch krank dar.

Was Paul Schäfer sagte, war Gesetz. Die Bibel auf Schäfers Tisch diente nur noch als Zitatsammlung zur Versklavung seiner Gemeinde und ging in dieser Eigenschaft mit Exodus 20 Vers 7 konform. Dabei waren die Mitglieder der Colonia einst aus gutem Glauben nach Chile gekommen und hatten sich zumeist freiwillig in dieses System integriert. Wie konnte das dann nur so kippen? War es die Abgeschiedenheit? War es die allgemeine Angst während des Kalten Krieges? War es eine schleichende Allmacht-Übernahme durch ihren als begnadeten Prediger angesehenen Prius? Ein Mann, der mit Brutalität und zwanghafter Kontrolle seine Defizite in natürlicher Leitungskompetenz überspielte.

Nachhaltige Gehirnwäsche

Viele der noch heute bewusst in der Colonia Dignidad lebenden Menschen wurden über die Jahre so entmündigt, dass sie sich gar nicht in der Lage sehen, einen Neustart außerhalb dieses zerstörerischen Systems zu wagen. Sie sehen das Areal als ihre Heimat und haben keine Kraft mehr, sich einer Außenwelt mit ihren neuen Herausforderungen zu stellen.

Einer der ersten Aussteiger, dem bereits 1966 die Flucht gelungen war, sagte: "Schäfer war im Bösen ein Profi". Der angerichtete Schaden könne nur durch einen anderen Profi geheilt werden. Jesus? Jedenfalls wurde dieser Wunsch nach Unterstützung auch von weiteren Diskutanten auf dem Podium geteilt. Es sei dringende Hilfe durch Psychologen und Psychiater notwendig.

Beim anschließenden Empfang traf ich Menschen, die ausgestiegen waren und beispielsweise in Baptistengemeinden ein neues zu Hause gefunden hatten. Sie strahlten Freundlichkeit und Gelassenheit aus. Auf meine Frage nach den theologischen Grundlagen der Colonia Dignidad und was man dort bezüglich der zwanghaften Zustände aus der Bibel herausgelesen habe, erfuhr ich ein sehr interessantes Detail:

Eine Gruppe junger Leute hatte viele Monate lang gebetet und gebet und gebetet.

Dann stand der sichtlich demontierte Paul Schäfer vor einem der Jungen und wetterte gegen die "Mafia" - das organisierte Gebet. Drei Tage später setzte sich Schäfer nach Argentinien ab.

Obwohl es vorbei ist, sind immer noch tiefe Wunden vorhanden. Durch auslösende Momente (Trigger) wie den Film "Colonia Dignidad" werden diese wertvollen Menschen auch heute noch mental aus der Bahn geworfen.


Ergänzende Links:
Videobericht auf 3sat.online
Selbstkritische Rede Steinmeiers zu Rolle und Versäumnissen der deutschen Diplomatie

Montag, 11. April 2016

Wir dachten, wir kämen in ein christliches Land

Mit dem Flüchtlingsstrom schwappen auch radikale Tendenzen nach Deutschland, die nicht mit unseren Grundwerten konform gehen und ihr Konfliktpotenzial beim Mobbing gegenüber geflüchteten Christen in den Heimen entfalten.



"Wir Moslems sind gegen Abtreibung. Ihr als Christen doch auch", kann so manch ein Gespräch zwischen Deutschen und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte ins Stocken bringen.

Man hat so seine Vorstellungen vom Anderen. Schwarze sehen alle gleich aus. Asiaten kann man nicht voneinander unterscheiden und Alle essen Reis. Frauen mit Kopftuch sind generell Moslems. Und alle Moslems sind radikalisiert. Das Urteil wird pauschal gefällt, da die Fähigkeit fehlt, die ethnischen und religiösen Gruppen zu differenzieren, gute Gemeinsamkeiten und gefährliche Tendenzen herauszufiltern. Überhaupt kann man in Menschen mit braunen Augen nicht hineinschauen. "Sagt der mir jetzt die Wahrheit"?

In genau diesem Spannungsfeld spielt sich die Bewertung von Konfliktsituation in Flüchtlingsheimen ab. Die Polizei ist überfordert, da viel zu wenig interkulturelle und sprachliche Kompetenz vorhanden ist. Es fehle an qualifizierten Bewerbern. Werde man zur Schlichtung eines Konfliktes gerufen, stehe Aussage gegen Aussage, Opfer in der Unterzahl werden eingeschüchtert und der externe Beobachter kann die Feinheiten nicht erkennen. Oftmals sind es auch Missverständnisse der Flüchtlinge untereinander, die ihre kulturellen oder sprachlichen Divergenzen fehlinterpretieren. Für den Außenstehenden stellt sich das als ein völlig undurchsichtiger Täter-Opfer-Mix dar.

Dennoch ermuntert die Polizei zur Anzeige. Das werde jedoch nur selten genutzt, da unmittelbare Ansprechpartner wie Heimleitung oder Security personell unterbesetzt sind und Anzeigen gar nicht weitergeben. Zudem kommen viele der Flüchtlinge aus diktatorisch geführten Ländern, in denen die Polizei keine positive Rolle spielt.

Beim heutigen Fachgespräch "Verantwortung für Religionsfreiheit - Religiöse Minderheiten in Flüchtlingsheimen besser schützen" im Sitzungssaal der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag wurde immer wieder der Ruf nach Schutzräumen für bedrängte Minderheiten laut.


Fachgespräch CDU/CSU-Fraktion Bundestag
Nach zweieinhalb Stunden intensiver Beratung und Diskussion, die von längeren Koreferaten flankiert wurde, war das auch bei den Entscheidern aus Politik und Kirchenleitung angekommen: "Ja, wir schaffen Schutzräume. Ja, wir stellen Ansprechpartner". In der Praxis wird schon Einiges in dieser Hinsicht getan, nur dass es mit der aktuellen Gesetzeslage kollidiert. Flüchtlinge dürfen demnach gar nicht vorzeitig aus dem Heim in eine Wohnung ziehen, wenn die Fristen nicht abgelaufen sind. Hier steht sich die Politik selbst im Weg. Heiße Nadel?

Neben den relativ wenigen bekannt gewordenen harten Fällen körperlicher Angriffe auf Christen und andere religiöse Minderheiten läuft ein "subtiles Mobbing". Die Flüchtlinge sind auf unterschiedliche Weise traumatisiert und können durch die unterschiedlichsten Situationen "getriggert" werden. Die Anlässe sind für den Außenstehenden oft völlig banal und nicht als Auslöser brutaler Angstzustände und Erinnerungen nachvollziehbar. Das zu laute muslimische Gebet, der Tritt gegen die Tür, das Video auf dem Handy können alte Qualen noch einmal durchleben lassen.

"Wir dachten, wir kommen in ein christliches Land", zeigen sich viele geflüchtete Christen ernüchtert über ihren Einstieg in die deutsche Gesellschaft. Wissen sie doch nicht, dass die Religiösität in Deutschland seit den 1930er Jahren kontinuierlich zurückgefahren wird. Es gibt sogar eine Studie dazu.

Ein Moschee-Vertreter sah sich als Teil der Lösung und vertrat die Meinung, dass Halbwissen zu Konflikten führe und deshalb verstärkt über Religion informiert werden müsse. Die Menschen, die hier eintreffen, seien größtenteils gering qualifiziert und religiös ungebildet. Wenn Frust vorhanden sei, sei es egal, welchen Unterschied man am Anderen gerade finde. Da kann dann auch ein Moslem mit dem Moslem aneinander geraten. In seiner Moschee am Columbiadamm engagieren sich insbesondere junge Frauen für eine Brücke zur demokratisch rechtsstaatlichen Gesellschaft.

"Wir wollen keine Religionskriege in unserem Land haben, sondern ein Miteinander", sagte Volker Kauder in seiner Rede. Er plädierte dafür, die bedrohten Minderheiten bewusst in den Heimen zu belassen und statt dessen die bei uns geltende Religionsfreiheit durchzusetzen. In diesen Tenor stimmten auch andere Podiumsteilnehmer ein. "Wir werden vor solch einer Situation nicht kapitulieren", konnte den bisher verhaltenen Applaus deutlich steigern. Die über dreihundert Teilnehmer erfuhren auch, dass der Innenminister seit Januar die religiös motivierten Straftaten gesondert registriere und in das Resort der politisch motivierten Straftaten gelegt habe.

Besonderes Wohlwollen fanden die Berichte ehemaliger Flüchtlinge, die sich inzwischen aktiv in die deutsche Gesellschaft integriert haben. Applaus gab es zur Asylverweigerung bei strafrechtlich relevanten Übergriffen, was übrigens auch mit Artikel 18 des Grundgesetzes konform geht.

"Wir dachten, wir kämen in ein christliches Land", zeigt uns, dass vieles von den alten Wurzeln und Werten verloren gegangen ist. So stand heute auch die Forderung im Raum, dass Christen selbstbewusster werden müssen. "Ja, wir sind auch gegen Abtreibung", könnte ein Anfang sein.

Dienstag, 22. März 2016

Angela Merkel im Don-Bosco-Zentrum Marzahn

Das Don-Bosco-Zentrum engagiert sich in Marzahn für Jugendliche, die normalerweise keine Chancen am Arbeitsmarkt hätten. Heute besuchten Angela Merkel, Petra Pau und Monika Grütters das Manege-Projekt.



Wenn die Kanzlerin kommt, ist die Aufregung groß. Das beginnt bei den großzügigen Absperrungen um das Don-Bosco-Zentrum und endet bei den Jugendlichen des Manege-Projektes, die selten die Gelegenheit haben, so nah an den Menschen zu sein, die sie sonst nur aus dem Fernsehen kennen.

Gut, Petra Pau ist in Marzahn präsent, insbesondere wenn es um Flüchtlinge geht. Monika Grütters sieht man in ihrem Wahlkreis seltener, da sie mit der Verleihung diverser Film- und Kulturpreise beschäftigt ist. Und Angela Merkel ist weltweit gefragt, so dass ihr heutiger Besuch eine besondere Ehre ist.

Dieser Ehre sind sich auch die Betreiber des Manege-Projektes bewusst. Schwester Margareta läuft aufgeregt durch die Reihen der Jugendlichen, gibt letzte Anweisungen an die Mitarbeiter und wartet auf das Eintreffen der Gäste.

Petra Pau erscheint zuerst. Sie entsteigt einem kleinen silbernen BMW. Sie wird herzlich von Schwester Margareta begrüßt. Monika Grütters erscheint mit einem schwarzen Audi. Alex, ein Manege-Schüler, stürmt auf sie zu und umarmt sie zur Begrüßung. Die Linke und die CDU unterhalten sich recht entspannt, bis die Kanzlerin eintrifft.

Don Bosco Manege Angela Merkel Marzahn
Angela Merkel beim Manege-Projekt im Don-Bosco-Zentrum Marzahn
Angela Merkel wird durch Dauerapplaus begrüßt und schreitet die lange Reihe der Jugendlichen ab. Hände schütteln, Selfies und Platzieren vor dem grünen Manege-Bus zum Gruppenfoto. Ein Mann verdeckt den Fotografen ständig den Blick auf die Kanzlerin.

"Schön, dass du da bist", steht auf dem Bus. Er zeigt die Silhouette von Marzahn.

Die "Manege" ist ein Pilotprojekt für Jugendliche, die aufgrund von Behinderungen oder ihrer sozialen Herkunft kaum Chancen auf dem allgemeinen Ausbildungsmarkt hätten. Der Bund unterstützt achtzehn solcher Projekte als Arbeitsmarktinstrument. Angela Merkel informiert sich heute über die praktische Umsetzung und die Ergebnisse. Auf dem Programm stehen die Holzwerkstatt und der Friseur-Salon. Letzteren hatte sie offensichtlich nicht selbst in Anspruch genommen, was die Vorher-Nachher-Fotos dokumentieren.

Während des Rundganges stehen Kekse und Getränke für die Pressevertreter bereit. "Heute ist alles kostenlos", sagt die Dame hinter dem Tresen und löst eine Welle der Getränkebestellungen bei Jugendlichen und Kameramännern aus. Einige verdrücken sich in die Nachbarräume und essen Kekse. Andere sichern ihre Poleposition für die geplante Presseerklärung.

Als Angela Merkel mit zwanzig Minuten Verspätung zum Pressestatement erscheint, ist sie sichtlich gerührt vom Engagement der angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie den Ergebnissen, die dieses Projekt bei den Jugendlichen erzielt.

Dann wechselt sie noch einige Worte mit Bezirksstadträtin Dagmar Pohle, erfährt die Einwohnerzahl von Marzahn, freut sich über den deutlichen Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit und verlässt das Don-Bosco-Zentrum durch eine Menge applaudierender Jugendlicher. Jemand hat eine Deutschlandfahne mitgebracht und am Zaun ausgerollt.

"Wir denken an Sie", verabschiedet Schwester Margareta die Kanzlerin.

Hier noch ein Video: Angela Merkelbesucht das Don-Bosco-Zentrum in Marzahn

Sonntag, 6. Dezember 2015

Weihnachtssingen und Chanuka

Advent und Weihnachten füllen die Terminkalender des Berliners. Das gilt auch für christliche Angebote. Hier wird eine Tour vom Weihnachtssingen in der Advent-Kirche bis zum Entzünden des Chanuka-Leuchters vor dem Brandenburger Tor beschrieben.



Passend zum 2. Advent - 2015 auch als Nikolaustag bekannt - waren wir am Nachmittag zum Weihnachtssingen in der Evangelischen Kirchengemeinde Advent an der Danziger Straße.

Die Adventkirche hat kirchenmusikalisch so Einiges zu bieten. Der Kinderchor, der Posaunenchor und der Erwachsenenchor waren an verschiedenen Stellen des architektonisch äußerst interessanten Gebäudes verteilt. Das Haus steht an der Ecke Danziger Straße / Heinz-Bartsch-Straße, hat eine nahezu quadratische Grundfläche, ist mit der Eingang-Altar-Achse von Westen nach Osten ausgerichtet und wirkt wie eine transportable innerstädtische Kompaktkirche als sakralbauliches Pendant zum urban beliebten MINI oder SMART. Passt an jede Ecke, wenngleich auch nicht in jede Parklücke.

Apropos Parklücke: Wir waren mit der Bahn unterwegs und kamen trotz der guten Anbindung mal wieder so knapp, dass wir die Plätze auf der Empore im Südflügel benutzen mussten. Die Bänke waren nicht festgeschraubt, was in der Folge nicht ganz ungefährlich war, da man sich zum Bewundern des Kinderchores im Altarbereich etwas weiter nach vorne beugen musste.

Dafür hatten wir einen direkten Blick auf den Bläserchor im unteren Nordflügel. Der Bläserchor überraschte uns mit Swing und Jazz und ab und zu mal einem klassisch gespielten Weihnachtslied. Der Saal und unsere Sitzbank schwankten. Kinder kamen jedoch nicht zu Schaden.

Dann wechselte das Programm wieder zum Kinderchor oder dem gemischten Chor rechts neben uns auf der Empore. Dieser wurde von Isabel Pauer geleitet. Ihre Power entfaltete sich durch mehrfachen Ab- und Aufstieg zwischen Hauptsaal und Empore und mitreißende Kanonisierung der Gäste.

Der Pfarrer trat nur kurz zu Beginn und zum Ende auf. Wir waren sehr beeindruckt von dieser Mitmach-Aufführung und verließen die gut besuchte Kirche.

An der frischen Luft wurde uns der Vorschlag unterbreitet, gleich noch zum Brandenburger Tor zu fahren, wo heute Abend ein großer Chanuka-Leuchter entzündet werden solle. Na super: Paris, Französische Botschaft, jüdisches Fest, Menschenansammlung - was für eine tolle Idee kurz nach den Anschlägen von Paris. OK, Gruppenzwang macht mutig. So fuhren wir also mit Tram und S-Bahn zum Brandenburger Tor und harrten der Dinge, die da stattfinden würden.

Zwischen einem Weihnachtsbaum und dem Brandenburger Tor war ein riesiger weißer Leuchter aufgebaut, daneben ein Partyzelt, ein Aufpustbär in Lebensgröße, viele Stühle mit Reserviert-Schildern und jede Menge rot-weiße Gitter. Die Gitter und die hohe Polizei-Präsenz beruhigten uns etwas. Da wir noch viel Zeit bis zum offiziellen Beginn hatten, konnten wir uns gute Plätze sichern - wie wir dachten. Frau und Kinder holten von irgendwo Kaffee und heiße Schokolade.

Dann füllte sich der Bereich mit den Sitzplätzen. Gelockte Herren mit schwarzen Mänteln und auffälligen schwarzen Hüten traten auf die Bühne und machten Stimmung mit hebräischem Rap. Wer sich das nicht vorstellen kann, denke einfach an ZZ-Top mit N.Y.C.C.-Mucke auf Ivrith.

Plötzlich fluteten wie aus dem Nichts die Officials an uns vorbei. Sie hatten wohl vorher in der Commerzbank gefeiert. Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters war dabei. Der amerikanische Botschafter Emerson und der britische Botschafter Sebastian Wood waren bei der uniformen Optik mit langen dunklen Mänteln und roten Schals kaum von den weiteren mehr oder weniger wichtigen Männern des schwarz-roten Mantelknäuels zu unterscheiden.

Botschafter Emerson, Monika Grütters und weitere Personen hielten ihre Reden und dann wurden unzählige Leute in das Partyzelt geholt. Wahrscheinlich war den dortigen Akteuren inzwischen auch schon so kalt wie uns. Dort musste es jetzt schon sehr warm sein. Noch wärmer wurde es, als Frau Grütters die Hebebühne bestieg und zwei der Flammen entzündete. Schade, dass ich keine Kamera dabei hatte. Das war ein guter Blickwinkel.

Sebastian Wood verließ mit seiner chinesischen Frau Sirinat den Ort des Geschehens. Das taten wir in Sicht auf die zu erwartende Fülle der öffentlichen Verkehrsmittel auch und - fuhren mit Bus und Bahn zurück nach Marzahn.