Die Kirche am Südstern ist ein markantes Wahrzeichen christlicher Präsenz im Stadtbild Berlins. Die Sprüche zwischen den Doppeltürmen sind weithin sichtbar und auch das Leben in der Kirche ist vom Engagement für den Aufbau von Beziehungen zu Jesus geprägt.
Der letzte Besuch in der Kirche am Südstern muss wohl schon über zwanzig Jahre zurück liegen. Damals fand ein Gottesdienst mit Peter Dippl statt und ich erlebte eines der markantesten Abendmahle. Im akustisch ausgereiften Kirchenschiff wurden dünne Brotfladen, auch Mazzot genannt, verteilt und eine Analogie zwischen den Löchern und Brandmalen des ungesäuerten Brotes zum Leiden Jesu hergestellt. Anschließend wurden die Gottesdienstbesucher zum Essen der hellbeigen Brotstücke aufgefordert. Ein lautes vielstimmiges Knacken hallte durch den Saal und verstärkte die Wirkung der Erinnerung an das, was Jesus vor 2000 Jahren für uns getan hatte.
Heute klang Klaviermusik durch den Saal, als wir zwanzig Minuten vor Gottesdienstbeginn die Kirche betraten. Gegen den Druck der Familie konnte ich die Sitzreihe gerade noch von zehn auf neun verlegen. Dann nahmen wir auf den grünen Polsterstühlen Platz und waren gespannt auf das, was folgen werde. Bereits am Eingang waren wir freundlich begrüßt worden und auch jetzt kamen regelmäßig Leute aus der Gemeinde auf uns zu und schüttelten uns die Hand. "Seid ihr auf der Durchreise" oder "Oh, junge Leute", interessierte man sich für die Gäste.
Auf der rechten Seite des Altarbereiches hatte die Lobpreisband inklusive Schlagzeug ihren festen Platz. Davor stand ein Flügel und darüber hing die Leinwand für die Liedtexte. Der Gottesdienst begann mit einem alten Kirchenlied, das mit aktuellen Instrumenten begleitet wurde. Es folgten Ansagen, durch die wir erfuhren, dass es demnächst eine Gemeindefreizeit und den zweiten Taufgottesdienst in diesem Jahr geben werde. Die Kollekte wurde durch Maria am Klavier mit "What a Wonderful World" begleitet. "Und wer jetzt nichts geben kann, Herr, mache ihn bald zu einem fröhlichen Geber", war ein bisher noch nicht gehörter, aber durchaus sinnvoller Satz in einem Gebet für die Kollekte.
Und dann gab es noch den offiziellen Begrüßungsteil. Ein "Nein" trat über meine Lippen, als die Gemeinde aufgefordert wurde, den jeweiligen Nachbarn zu begrüßen. Allerdings nahm das hier im Südstern afrikanische Verhältnisse an. Die etwa siebzig Gottesdienstbesucher liefen quer durch den Saal und begrüßten sich wechselseitig und auch uns. Wären die weiteren 89% der Stühle im Mittelschiff besetzt gewesen, hätte sich dieser liturgische Teil wahrscheinlich nur auf die unmittelbare Umgebung konzentriert.
In der Predigt ging es um Römer 8 Vers 28 und dass uns trotz Hagel und Unwetter alle Dinge zum Besten dienen. Eberhard Sachse hatte bei den Überschwemmungen Ende Juli drei Pumpen bemühen müssen und dennoch einen feuchten Keller bekommen. Er schlug dann eine Brücke zu 1. Samuel 17, wo sich David auf den Kampf mit Goliath vorbereitet. David war dem Palästinenser körperlich und in der Ausrüstung unterlegen, wusste aber um die Größe und Möglichkeiten Gottes. Besonders interessant fand ich die Stelle mit Davids Schilderungen zum Erlegen von Löwen und Bären in Vers 35, wenn diese ein Schaf von seiner Herde wegtragen wollten. David hatte den Instinkt eines Hirten und war damit genau der richtige Leiter für das Volk Israel. Mit Gott ist also alles möglich, egal wie verfahren die Situation aussieht und egal wie groß die Blessuren sind. Gott holt das Optimum heraus.
Nach einem weiteren Lobpreislied und dem Segen gab es auf der Empore noch Gelegenheit für Kaffee und Gespräche. Da wir uns jedoch bereits auf den avisierten Italiener freuten, bedankten wir uns und verließen die liebevoll gepflegte Kirche. Bei Pizza und Lachsfilet tauschten wir uns am Marheinekeplatz über den Gottesdienst aus.