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Montag, 19. Dezember 2016

Adrians neuer Adventskalender

Adrian Plass wurde mit dem "frommen Chaoten" bekannt. Wie sein Adventskalender zeigt, kann er auch ernste Geschichten schreiben.



Der Sohn unseres Steuerberaters, Adrian Snell und Adrian Plass waren gute Argumente für die Namensgebung unseres Sohnes. Meinen Eltern gefiel der Name Adrian zwar nicht. Für uns war er jedoch mehrfach positiv belegt. Zudem gab es eine Kongruenz zwischen unserem Humor und dem des schreibenden Adrians.

Mit dem Titel seines Buches "Adrians neuer Adventskalender" hatten wir eine fröhliche Adventszeit assoziiert und waren davon ausgegangen, dass wir die vierundzwanzig Tage bis Heiligabend mit heiteren Erzählungen erfreut werden.

Adrian Plass - Adrians neuer Adventskalender
Adrian Plass - Adrians neuer Adventskalender
Das Büchlein mit den knapp 100 Seiten enthält 24 Kapitel, so dass an jedem Dezembertag analog zum Weihnachtskalender eine Geschichte gelesen werden kann. Ein beachtlicher Teil der Geschichten ist allerdings eher ernst und besinnlich.

Besonders bewegt waren wir am 14. Dezember durch das Kapitel mit der Überschrift "Der Keller". Die Geschichte nimmt eine Wendung, mit der man nicht gerechnet hatte. Einen Tag zuvor hatten wir noch eine Kostprobe britischen Humors bekommen.

So wechseln sich in diesem "Adventskalender" heitere Geschichten und ernste Denkanstöße ab. Man weiß nicht, was einen am nächsten Tag erwartet. Bis zum Heiligabend bleibt es spannend und die tägliche Lese-Überraschung ähnelt der kindlichen Überraschung beim Öffnen des nächsten Türchens am Schokokalender.

Dieses Buch ist "exklusiv für Adrians deutsche Freunde" geschrieben. Immerhin kennt man ihn ja durch die unzähligen Berichte aus dem Leben des frommen Chaoten.

Freitag, 9. Dezember 2016

Wölfe im Schafspelz

Schuldgefühle, biblisches Halbwissen und subtile Beziehungsgeflechte begünstigen die Strukturen des geistlichen Missbrauchs. In der Folge werden insbesondere begabte Mitarbeiter und Leiter nachhaltig für das Reich Gottes deaktiviert.



Der Autor Edin Lovas schöpft in seinem Buch "Wölfe im Schafspelz - Machtmenschen in der Gemeinde" aus eigenen Erfahrungen in der charismatischen Szene Norwegens. Es wird jedoch schnell klar, dass sich das Thema durch sämtliche Denominationen ziehen kann. Deshalb ist dieses kleine Buch mit seinen weniger als hundert Seiten eine hervorragende Ergänzung zu anderen Werken wie "Heilung erfahren" von Ken Blue oder "Geistlicher Missbrauch" von Inge Tempelmann.

Wölfe im Schafspelz - Machtmenschen in der Gemeinde - Edin Lovas
Wölfe im Schafspelz - Machtmenschen in der Gemeinde - Edin Lovas
Während "Heilung erfahren" anhand von Matthäus 23 missbräuchliche Konstrukte entlarvt und Auswege sowie Heilungsempfehlungen aufzeigt, nimmt sich das Buch von Inge Tempelmann wissenschaftlich fundiert der Thematik "Geistlicher Missbrauch" an. "Wölfe im Schafspelz" betrachtet mit einem strategischen Blick weitere Aktionsfelder wie beispielsweise das Verhalten der unbeteiligten Masse.

Gruppendynamik

Der mitlaufende Konsument wird von dem Problem in der Regel nichts mitbekommen. Das liegt daran, dass er für den Missbraucher ungefährlich ist. Zudem werden unangenehme Dinge weitestgehend unter den Teppich gekehrt. Kritische Gespräche finden unter vier Augen statt, persönliche Briefe werden öffentlich verlesen und Hinterfragungen als Angriff auf die Leitungsperson dargestellt. Die sensationshungrige Masse schwankt in jede gewünschte Richtung mit und unterstützt damit das Missbrauchssystem.

So manch ein Aussteiger berichtet von seltsamen Situationen bei der Begegnung mit ehemaligen Bekannten aus dem Umfeld des Systems. Langjährige Geschäftsbeziehungen oder vermeintliche Freundschaften liegen plötzlich auf Eis, obwohl die Personen gar nicht direkt involviert waren. Individuell zuordenbare Formulierungen der Beteiligten tauchen an Ecken auf, an denen man diese gar nicht erwartet.

Kompetenz oder Wahrheitshoheit

Dabei sind missbrauchende Leiter zutiefst unsicher und oftmals weder als Leiter begabt noch berufen. Deshalb stört jede tatsächlich befähigte Person die Harmonie und muss reglementiert oder entfernt werden, auch auf Kosten der Grundprinzipien einer gesunden Entwicklung des Reiches Gottes. Da unbequeme Personen im Stillen zum Gehen bewegt werden, lassen sich im Nachhinein auch sehr gut theologische Unterschiede oder andere Begründungen konstruieren. Die per Amt gepachtete Wahrheitshoheit wird ungeprüft akzeptiert.

Harmoniebedürfnis tritt vor Wahrheit, Reden vor Beten, Sicherheit vor Glaubenswagnis und schweigende Defizitakzeptanz vor überfällige Optimierung. Hinzu kommt der gegenseitige Schutz durch Verantwortliche der übergeordneten Hierarchieebene.

Zielgruppe

Das kleine Buch mit dem plüschigen Titelbild hat es in sich. Edin Lovas untermauert seine Aussagen mit vielen Bibelstellen und seziert treffsicher die strategischen Denk- und Handlungsmuster geistlicher Missbraucher. Er gibt Handlungsempfehlungen für die weitestgehend sinnfreien Vier-Augen-Gespräche und ernüchtert mit der Feststellung, dass sich Missbraucher normalerweise nicht ändern.

Das Buch eignet sich insbesondere für Menschen, die im Ausstiegsprozess stehen und bestimmte Vorgänge in der Gemeinde nicht logisch einordnen können. Der Heilungsprozess nach dem Ausstieg sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Deshalb empfiehlt sich die zusätzliche Lektüre eines der beiden oben erwähnten Bücher (Ken Blue und/oder Inge Tempelmann) sowie der aktive Kontakt zu vertrauenswürdigen und authentischen Christen.

Hier eine Checkliste zur Erkennung von geistlichem Missbrauch, die sich weitestgehend mit den Checklisten in den erwähnten Büchern deckt.

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus

Swen Schönheit ist Pfarrer im Norden Berlins und setzt sich in seinem Buch "Menschen mit Format" mit Leitungsprinzipien auseinander, die er bei Jesus entdeckt hat. Das Buch enthält viele Praxisbeispiele und gibt Christen mit Leitungspotenzial wertvolle Impulse für ihre Aufgaben im Reich Gottes.



Die Anregung zum Lesen des Buches "Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus" bekamen wir vor zwei Jahren von Hans-Peter Pache, der zur Zeit als Leitercoach im Mülheimer Verband unterwegs ist. Die etwa 300 Seiten hatte ich innerhalb weniger Tage durchgelesen und war von der facettenreichen Betrachtung des Themas Leiterschaft sehr beeindruckt. Auch meine Frau und weitere Leute aus dem Leitungsteam hatten das Buch gelesen und waren begeistert. Viele Seiten sind mit Unterstreichungen und Randnotizen versehen.

Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus Swen Schönheit
Menschen mit Format - Leiten lernen bei Jesus - Swen Schönheit
Swen Schönheit geht zunächst auf die Grundlagen von Leitung ein. Dann baut er das Thema über die wichtigen Punkte Identität, Begabung und Berufung auf. Leitungsaktivitäten ohne Begabung oder Berufung werden in der Regel im Chaos oder Siechtum enden.

Leiter sollten Visionen haben, die idealerweise mit den Ansichten Gottes harmonieren. Damit beschäftigt sich das fünfte Kapitel. Ab dem sechsten Kapitel geht es in die praktische Umsetzung mit der Festlegung von Prioritäten, der Optimierung des Charakters und dem Umgang mit Prüfungen und Widerständen. Hier spielt die Vorbildwirkung des Leiters und dessen Authentizität hinein. Krisen als Chancen zu sehen, ist ein bekanntes Prinzip aus dem Unternehmertum oder aus Bibelversen wie Römer 8,28.

Das neunte Kapitel mit der Überschrift "Vollmacht" hatte uns besonders angesprochen. Aber auch die weiteren Kapitel zur Bedeutung des Gebetes, der Teambildung und der Stabübergabe bestätigten unsere Erfahrungen. Teamwork und Abgabe von Verantwortung an die nächste Leitergeneration wird auch auf internationalen Kongressen wie dem #MDGC16 immer wieder als Erfolgskonzept zum nachhaltigen Bau des Reiches Gottes postuliert.

Als Pfarrer geht Swen Schönheit in seinem Buch ungeschminkt und direkt auf Herausforderungen im Leitungsalltag von Gemeinden ein. Das stärkt die Kompetenz der Ausführungen. Es werden Persönlichkeitsstrukturen und Verhaltensmuster beleuchtet und anhand vieler biblischer Beispiele immer wieder Parallelen zwischen vorbildhaften Situationen und eigenem Erleben gezogen.

Montag, 28. November 2016

Chasing Daylight - die letzten 100 Tage

Da wir uns in den letzten vierzehn Monaten von beiden Vätern alias Großvätern verabschieden mussten, spricht "Chasing Daylight" von Eugene O'Kelly genau in unsere familiäre Situation. Viele Passagen sind emotional nachvollziehbar und ich bin beeindruckt, wie rational der Top-Manager O'Kelly mit seinem ungeahnt plötzlich diagnostizierten Ableben umgeht.



Wohl dem, der das Privileg hat, sich auf den Tod vorbereiten zu können. Mein Vater wurde im Sommer 2014 sehr plötzlich mit einer angehenden Blutvergiftung im Bereich der Nieren ins Krankenhaus eingeliefert. Die sofort eingeleitete Operation war die ultimative Hilfe, die ihm noch ein weiteres Lebensjahr ermöglichte. Er erlebte seine Goldene Hochzeit, ein Weihnachtsfest, seinen 75. Geburtstag und sogar noch den einundfünfzigsten Hochzeitstag.

Geklärte Beziehung und Abschied

Die Einlieferung im Sommer 2014 war für mich ein Alarmsignal, noch alle offenen Dinge mit ihm zu klären. Ich schrieb ihm einen längeren Brief. Das war sehr gut so! Er war davon so bewegt, dass wir anschließend gemeinsam beteten und noch ein intensives Jahr der Vater-Sohn-Beziehung leben konnten. Wir telefonierten regelmäßig, lasen uns Bibeltexte vor und beteten gemeinsam. Die Zeit, die uns noch blieb, nutzen wir als bewusste Abschiedszeit und erlebten eine Tiefe in der Beziehung, die es in den vorangegangenen Jahren kaum gegeben hatte. Er schlief im August 2015 in Frieden ein und auch die Beerdigung wurde zu einem positiven Erlebnis.

Einfach tot umfallen

Im Januar 2015 saßen wir mit den Eltern meiner Frau in Costa Calma (Fuerteventura) auf der Terrasse unseres Hotelzimmers und füllten die Patientenverfügungen aus. Bei Zigarre, Chips und Kerzenschein kreuzte mein Schwiegervater die Fragen zur maschinellen Lebenserhaltung an und schrieb darunter, dass er am liebsten einfach "tot umfallen" wolle. Das geschah im Oktober diesen Jahres in seinem Bad. Nach einer intensiven Wiederbelebung wurde er ins künstliche Koma versetzt und an Beatmungsmaschinen gehängt. Es folgte eine Zeit des bewussten Abschieds. Bekommt er noch etwas mit? Hört er uns? Wir redeten mit ihm und beteten für ihn und bedankten uns für die gemeinsame Zeit.

Als ich gerade das Handy ausschalten wollte, um das Flugzeug nach New York zu besteigen, rief meine Frau an und sagte, dass ihr Vater am frühen Morgen verstorben sei. Später erfuhr ich, dass er lächelnd auf der Bahre lag.

Chasing Daylight Eugene O'Kelly
Chasing Daylight - Eugene und Corinne O'Kelly
Chasing Daylight von Eugene und Corinne O'Kelly

Das Buch "Chasing Daylight" (Jagd nach dem Tageslicht) beschreibt eine ähnliche Situation, nur dass der Autor wesentlich jünger war. Als CEO der Beratungsgesellschaft KPMG war Eugene O'Kelly es gewohnt, ständig in Flugzeugen, in Hotelzimmern, auf Golfplätzen und den Chefetagen der Welt unterwegs zu sein. Seine Arbeitswoche umfasste gerne siebzig bis neunzig Stunden.

Der Top-Manager aus New York war 53 Jahre alt, als seine Frau einen ungewohnten Schweißtropfen auf seiner Wange bemerkte. Nach einer aktiven Woche lässt sich solch ein Symptom auch als normale Stressreaktion bagatellisieren. Dennoch suchten sie einen Arzt auf. Mehrere Untersuchungen an aufeinander folgenden Tagen brachten die finale Klarheit über seinen Gesundheitszustand: drei Tumore in der Größe von Tennisbällen hatten sich in seiner linken Gehirnhälfte gebildet und waren ohne Schmerzen oder merkliche Beeinträchtigungen gewachsen. Der Zeitpunkt für einen sinnvollen Eingriff war bereits weit überschritten.

Lebenserwartung 100 Tage!

Der Top-Manager beschreibt seinen Umgang mit der Diagnose und die rationale Planung seiner letzten 100 Tage. Er traf zunächst die Entscheidung, die Situation zu akzeptieren und diese letzte Phase seines Lebens zur wichtigsten Phase werden zu lassen. Er stellte sich der Realität und fertigte eine Todo-Liste an, die sich im Wesentlichen mit der Übergabe seines Postens bei der KPMG, den Formalitäten für die Beisetzung und die Erbschaftsangelegenheiten und dem bewussten Loslassen seiner Beziehungen beschäftigte. Darüber hinaus wurden noch einige prinzipielle Verhaltensregeln aufgestellt. Hier die Liste:

+ ordne rechtliche und finanzielle Dinge
+ verabschiede dich (unwind relationships)
+ vereinfache alles
+ lebe im Jetzt
+ schaffe große oder perfekte Momente (oder sei offen dafür)
+ beginne den Übergang zum neuen Lebensstatus
+ plane das Begräbnis

Der Nachfolger war innerhalb von drei Tagen gefunden. Die sonstigen Formalitäten liefen eher nebenher und das "Entwinden" (unwinding) der Beziehungen in möglichst "besonderen Momenten" war Hauptfokus seiner Aufmerksamkeit. Dazu fertigte er ein Diagramm mit Kreisen an. Im innersten Kreis stand seine Familie, dann kamen angeheiratete Verwandte, engere Freunde und nähere Geschäftspartner. Im äußersten der Kreise standen die langjährigen Bekannten und Business-Kontakte. Er entschied sich für eine Abarbeitung von außen nach innen.

Abschied

Er schrieb die Menschen auf, mit denen er eine Zeit seines Lebens oder kurze intensive Momente verbracht hatte und kam letztlich auf 1.000 Namen. Einige schrieb er per Mail an, andere rief er an, wieder andere traf er persönlich. O'Kelly nahm diese letzten Stunden so intensiv auf, dass fast jede dieser letzten Begegnungen mit anschließendem "Good bye" zu einem "Perfect Moment" für ihn und auch die Gesprächspartner wurde. Der Abschied von dieser Personengruppe nahm drei Wochen in Anspruch, was bei einem Budget von 100 Tagen schon recht viel war.

Schwieriger wurde es mit den engeren Bezugspersonen zwischen äußerem und innerem Kreis. Einige genossen den Abschied in einem dieser perfekten Momente im Central Park, einem Restaurant oder am Telefon. Andere waren wütend über das Leben, das Schicksal und konnten gar nicht verstehen, warum ausgerechnet dieser begabte Mann sterben müsse. Er solle doch kämpfen und nicht einfach so dem als nah diagnostizierten Tod entgegengehen.

Zum Schluss lud er seine Familienangehörigen an den Lake Tahoe ein, fuhr in einem schnellen Motorboot mit ihnen über das spiegelglatte Wasser und genoss auch diese Momente. Er freute sich an gutem Wein, an gutem Essen, dem Blick auf den East River und anderen bisher überhörten Dingen. Von seiner Tochter Dina verabschiedete er sich mit dem Buch selbst. Sie war damals erst vierzehn und verarbeitete vieles in Gedichten.

Dann enden die Aufzeichnungen Eugenes

Der bewegendste Teil des Buches war für mich das Ende der Aufzeichnungen von Eugene und die Fortsetzung durch seine Frau Corinne. Auf 155 Seiten war einem dieser Manager mit seinen vertrauten Denkstrukturen so nahe gekommen, dass die finale Beschreibung seiner letzten Tage dem oben geschilderten Miterleben des Abschiedes von unseren Vätern glich.

Auch wenn Gott recht selten in diesem Buch thematisiert wird, kommt doch zum Ausdruck, dass eine Hoffnung auf die Ewigkeit bei Gott sowie ein guter Abschluss von Beziehungen wesentlich zur Entspannung und einer friedlichen "Transition" beitragen.

Freitag, 25. November 2016

A Disruptive Gospel - Transforming Your City

Ein Evangelium, das die Metropolen dieser Welt durchdringt, beschreibt Mac Pier in seinem Buch "A Disruptive Gospel". Er stellt in achtzehn Kapiteln diverse Beispiele urbaner Transformation vor und geht auch auf die Grundprinzipien erfolgreicher Bewegungen ein.



Das über zweihundert Seiten umfassende Buch "A Disruptive Gospel" von Mac Pier war ein wertiger Bestandteil unseres dunkelblauen Jute-Begleitbeutels zur #MDGC16-Konferenz in New York. Während viele Flyer, Heftchen und Visitenkarten auf der allgemeinen Ablage der NYSUM landeten, wurden dieses Buch, eine Tony-Evans-DVD und die Pfefferminz-Pillen einer Bibelschule ins Reisegepäck transferiert.

Beispiel New York City

Bereits der Titel verspricht eine moderne Auseinandersetzung mit der effektiven Verbreitung des Evangeliums. Besonders hatte mich Kapitel 2 beeindruckt, wo die geistliche Disruption New Yorks beschrieben wird. Die Not war in den 1980er und 1990er so groß, dass sich Leiter unterschiedlicher Gemeinden zum Gebet und gemeinsamen Aktionen trafen. Das taten sie so nachhaltig, dass innerhalb weniger Jahre die Mordrate deutlich nach unten ging, der soziale Frieden gestärkt und viele neue Gemeinden gegründet wurden. Die Wirkung ist statistisch belegt und auch in den Straßen und Untergrundbahnen spürbar. Queens, Brooklyn und die Bronx lassen sich heute auch als weißer Tourist gut per Spaziergang erkunden, was vor fünfundzwanzig Jahren weniger denkbar gewesen wäre.

Diese beachtliche Harmonie einer multiethnischen Population erlebte ich bereits bei meiner Ankunft in New York, als ich mich vom Busbahnhof nach Queens begab. Gleiches in den Gemeinden, die wir besuchten und auf der Straße. Man musste morgens um acht dem Gangsta-Rapper im Donuts-Shop nur freundlich zunicken und schon bekam auch er ein breites Lächeln auf dem Gesicht und grüßte zurück.

A Disruptive Gospel Mac Pier
A Disruptive Gospel - Mac Pier


Transformation durch Einheit

Das Geheimnis liegt in der Einheit. Einheit der geistlichen Leiter und Einheit mit parakirchlichen Werken und dem "Marketplace". Während in Deutschland nur die Pastoren und eventuell noch christliche Hilfsorganisationen auf dem Radar sind, stellen in sämtlichen Teilen der Welt die christlichen Unternehmer (Marketplace) einen wichtigen Bestandteil der Vernetzung dar.

Mac Pier trifft sich in Kapitel 6 im einunddreißigsten Stockwert eines Bürohauses in Downtown Dallas mit Ray Nixon, einem texanischen Unternehmer. Er hat dort einen weiten Blick über die Stadt und erfährt viele interessante Dinge über die Geschichte, die Zusammensetzung der Bevölkerung und die aktuellen Herausforderungen. Auch hier geht es um Einheit der christlichen Leiter, Gebet und praktische Hilfe. Mit praktischer Hilfe ist durch das gesamte Buch hindurch Hilfe zur Selbsthilfe sowie Bildung gemeint.

Statistiken

Die Berichte enthalten viele Zahlen und strategische Hintergrundinformationen, warum beispielsweise Kinder ohne präsente Väter suboptimale Entwicklungen nehmen, wie der Präsident Ruandas für Einheit im Volk und einen wirtschaftlichen Aufschwung sorgt oder wie ausgewanderte Menschen aus Haiti zur Rückkehr auf die Insel zwecks humanitärer Hilfe motiviert werden.

Es werden konkrete Beispiele aus Dubai, Pretoria, Indien, Ruanda, Haiti und anderen Regionen mit Großstädten dargestellt. Immerhin wurden auch schon in der Apostelgeschichte die großen Städte der Antike bereist, um dort einen viralen Einfluss (Impact) auf das Römische Reich zu initiieren. Auch Großbritannien und Schweden geben viel Grund zur Hoffnung. In Frankreich entstehen momentan neue Gemeinden, was wohl eine Folge der Terroranschläge von Paris ist.

Und bei uns?

Allein Mitteleuropa wirkt in Kapitel 17 etwas blass und eingeschlafen nach den vielen ermutigenden Schilderungen. Das wird wohl daran liegen, dass das Prinzip des effektiven Zusammenspiels von lokaler Gemeinde, christlichen Organisationen und Marketplace (siehe Dreibeinhocker) in unseren Regionen noch nicht angekommen ist. Die lokale Gemeinde stellt oftmals das Maß aller Dinge dar und grenzt sich gerne gegen benachbarte Denominationen ab. Dann kommen christliche Organisationen und dann erst einmal gar nichts. Unternehmer und Führungskräfte aus dem säkularen Berufsleben werden in Deutschland selten als geeignete Player für das Reich Gottes angesehen.

Die im Buch mehrfach skizzierten Vernetzungen über Schlüsselpersonen aus Politik und Wirtschaft sind in Europa eher unterentwickelt. Sehr beeindruckend, was Mac Pier in diesem Zusammenhang über Dubai berichtet. Das Schlusswort von Bob Doll widmet sich komplett den christlichen Leitern aus dem Marketplace-Segment und ermutigt sie zum Denken und Handeln in der Reich-Gottes-Perspektive.

Wer das Buch lesen möchte, sollte Englisch verstehen. Eine Übersetzung des zweiten Kapitels über die statistisch belegten Veränderungen in New York City ist bereits angedacht.

Dienstag, 20. September 2016

Koran und das Halbwissen aus dem Hörensagen

Der Abendländer denkt beim Wort "Islam" sofort an Terroristen und Frauen in Burka. Einige Kirchenführer wagen die Annäherung und möchten gerne Juden, Christen und Moslems als Monotheisten unter einen Hut bringen. In diesem Zuge kann es zu heftigen Debatten kommen, deren Inhalt von Unwissenheit und Stammtischargumenten geprägt ist.



Bei einem Bibelabend im August ergab sich eher beiläufig solch eine Diskussion. Ausschlaggebend war die Beschäftigung der Leitung eines Gemeindeverbandes mit der Frage, ob Christen und Moslems an denselben Gott glauben. Vom schroffen Nein bis zur Übertragung der Wurzeln des Islam auf Abrahams Sohn Ismael waren viele Argumente dabei, die sich aus dem Hörensagen formiert hatten. Im Nachgang wurde mir klar, dass ich viel zu wenig von den Basics des Islam wusste, um hier fundiert mitreden zu können.

Deshalb bestellte ich mir einen Koran und las ihn innerhalb von zwei Wochen durch. Erstaunt war ich in vielerlei Hinsicht über das, was ich dort lernte.

Die Thora und das Evangelium bestätigend

Bereits in Sure 2,83 erhebt der Koran den Anspruch, als "bestätigende Schrift" für das Alte und das Neue Testament "herabgesendet" worden zu sein. Diese Aussage zieht sich durch den gesamten Koran und wird in der Regel mit dem Hinweis verbunden, dass sich Juden und Christen ja in der Schrift "uneins" waren und nun eine klärende Ergänzung gekommen sei.

Der Koran sieht sich also nicht als separate Schrift, die neben der Bibel steht, sondern als krönender Abschluss. Immerhin wurde er ja auch erst im siebten Jahrhundert geschrieben.

Die Bestätigung sieht allerdings so aus, dass diverse biblische Begebenheiten mehrfach, in zeitlich freizügiger Reihenfolge und durchaus lückenhaft wiedergegeben werden. Ein oft wiederholtes Thema ist Mose am brennenden Busch, die ersten Plagen in Ägypten und das Ertrinken des ägyptischen Heeres im Schilfmeer. Auch Lot und seine Frau spielen eine große Rolle. Ebenso Noah und die Vernichtung der damaligen Menschheit in der Sintflut.

Auch Josef, David, Jona, Hiob, Salomo, die Königin von Saba und Jesus kommen im Koran vor.

Paradies und Feuer

Der Koran weidet sich regelrecht am Untergang der Ungläubigen in den Wasserfluten oder im Feuer. Fast jede Seite enthält eine Beschreibung der Qualen im infernalen Jenseits. Wenn die Haut angesengt sei, gebe es eine Neue. Feuer hier und Feuer dort, Feuer als Dach und Feuer ringsumher und keine Chance zu entrinnen, so der "Ungläubige" erst einmal dort sei. Was relativ knapp in Lk 16,22-31 oder Off 19,19-21 und Offenbarung 20,9-15 beschrieben wird, zieht sich schon fast genüsslich durch den gesamten Koran.

Selbst im Paradies, welches von "Wasserbächen durcheilt" wird, liegen sich die "Gläubigen" auf Brokatkissen gegenüber, in den Händen silberne Becher, um sie herum keusch blickende Jungfrauen gleichen Alters (sogenannte Huri) und fragen sich gegenseitig, wo denn die Ungläubigen seien. Und dann blicken sie hinab ins Feuer und sehen sie dort schmoren. Es geht also auch bei der Beschreibung des Paradieses mehr um die distanzierte Beobachtung des Gerichtes an den Ungläubigen als um die Nähe zu Gott. Interessant ist zudem, dass im Gegensatz zum Gold und den weißen Kleidern aus Off 21,10-11 und Off 6,11 im Jenseits des Koran grüne Kleider und silberne Gerätschaften (Sure 76,15.16.21) zum Einsatz kommen.

Der Gläubige des Koran definiert sich durch das Glauben ans Jenseits, das regelmäßige Gebet und das moderate Almosengeben.

Abrahams Sohn Ismael

Ismael spielt im Koran so gut wie keine Rolle. Auf die Araber als Nachkommen Ismaels war Muhammad ohnehin nicht gut zu sprechen, da sie im siebten Jahrhundert Vielgötterei betrieben, ihn nicht ernst nahmen und ständig in Kampfhandlungen mit ihm verwickelt waren. Selbst die eine Erwähnung der Begebenheit, bei der Abraham seinen Sohn opfern sollte (Sure 37,98-113 im Vergleich zu Gen 22,1-19), ist nicht eindeutig auf Ismael zuzuordnen, da vom "Sohn" gesprochen aber kein Name genannt wird. Anhand der Ankündigung von Isaaks Geburt in Vers 112 könnte man in Vers 98 auf Ismael schließen. Allerdings hat der Koran generell eine andere Auffassung von historischen Reihenfolgen, was schon in Vers 133 zu Tage tritt, wo es um Lot und seine Frau (Gen 19) geht.

Jesus im Koran

Jesus wird regelmäßig als "Sohn der Maria" erwähnt. Zweimal wird sogar von Jungfrauengeburt und "Unserem Geiste" geredet (Sure 21,91 und Sure 66,12). In Sure 19,29 wird Maria allerdings mit der gleichnamigen Schwester Aarons vermengt. Ansonsten wir immer wieder betont, dass "Allah keine Gefährten beigesellt" sind und dass er "keinen Sohn gezeugt" habe. Nach Sure 9,30 solle Allah diese Messias-Gläubigen Juden und "Nazarener" tot schlagen.

Am Kreuz sei laut Sure 4,156 ein "Ähnlicher" aber nicht Jesus selbst gestorben. Das stellvertretende Opfer für Sünden, wie es das Neue Testament durchgängig als gute Nachricht postuliert, wird generell abgelehnt (Sure 35,19 und andere). Die komplette Sure 61 beschäftigt sich unter dem Titel "die Schlachtordnung" mit Jesus und seinen Jüngern als "Allahs Helfer".

Ist Allah derselbe Gott?

Die Frage lässt sich nicht klar mit Ja oder Nein beantworten.

Dtn 6,4 macht klar, dass es nur einen Gott gibt. Der Koran richtet sich in vielen Versen gegen die Vielgötterei der damaligen Araber und sieht jeden ins Feuer gehen, der "Allah Gefährten beigesellt". Das gibt ihm eine klare monotheistische Ausrichtung.

Der Blickwinkel unterscheidet sich jedoch sehr deutlich. Aus dieser ganz anderen Perspektive erfolgt deshalb auch die Beschreibung des einen Gottes. Mit "Blut und Gut" erwerbe man sich Punkte bei Allah. Vieles geschieht auf der Vielleicht-Basis oder eben auch nicht, je nachdem ob Allah es will. Es gibt letztlich keine Garantie für den Moslem, einmal in der Gegenwart Gottes das Jenseits zu erleben. Das höchste Ziel ist ein Platz auf dem Brokatkissen in einem der sieben Himmel mit Blick zu den Ungläubigen im Feuer. Ein sehr männliches Ziel, welches die Themen Frauen, Genuss und Rache bedient. Über die Privilegien Muhammads bezüglich der Frauen gibt Sure 33 Aufschluss.

Interessant ist auch die Reihenfolge in bestimmten Formulierungen. So wird mehrfach von "lebendig machen und töten" geredet, während die Bibel von "töten und lebendig machen, schlagen und verbinden" redet, also den positiven Ausgang im Fokus hat. Und während wir im ersten Kapitel der Bibel lesen "Gott sah, dass es gut war", lesen wir in der vorletzten Sure 113,1-2: "Ich nehme Zuflucht zum Herrn des Morgengrauens vor dem Übel dessen, was Er erschaffen".

Sure 109 distanziert sich in sechs Versen sehr direkt von allen Andersgläubigen.

Die Sicht lässt sich wohl am besten mit Apg 16,16-18, mit Apg 19,13-16 oder Num 22-24 erklären, wo externe Personen wie das Mädchen in Philippi, der Mann aus Ephesus oder Bileam zwar die Wahrheit über Gott oder Seine Pläne sagten, jedoch aus einer Sicht, die keine direkte und persönliche Beziehung zu Gott implizieren lässt.

Was macht der Koran mit dem Leser?

Das Buch trieft von Hass, Verbitterung und Rachegelüsten gegenüber den Ungläubigen. Nach dem ersten Drittel hatte ich nicht mehr damit gerechnet, dass noch weitere Themen behandelt werden und wurde sogar von Freunden ermutigt, den Koran beiseite zu legen. Es drehe sich weiter alles im Kreis. Dennoch wollte ich es wissen und las ihn bis zum Ende durch. Sechshundert Seiten.

Wer verbittert und frustriert ist und erfahren möchte, wie er in dieser Stimmungslage auf seine Umwelt wirkt, sollte den Koran lesen. Das erklärt einiges in Bezug auf Depression, Terror, Hoffnungslosigkeit und den Umgang mit vermeintlich Ungläubigen. Nach Sure 8,60 kann ohnehin jeder als Feind deklariert und entsprechend behandelt werden, der nicht ins Konzept passt. Ein hervorragendes Werkzeug zum diktatorischen Machterhalt.

Parallel hatte ich das Johannis-Evangelium und den ersten Johannisbrief gelesen und damit den passenden Antworttext im Blick.

Dienstag, 24. Mai 2016

#gemeinsam von Allah zu Jesus

"Allah gesucht - Jesus gefunden" ist ein Buch, das durch einen ehemaligen Moslem in einer für Außenstehende verständlichen Sprache geschrieben wurde. Anschaulich und liebevoll vermittelt es einen professionellen Einblick in muslimische Denkstrukturen und die Szenarien eines möglichen Ausstiegs. Das Buch ist autobiografisch geschrieben.



Das Bundesministerium des Innern beschäftigt sich seit Mai unter #gemeinsam (Hashtag Gemeinsam) mit gesellschaftlichem Zusammenhalt und Integration. Zusammenhalt und Integration funktionieren allerdings nur, wenn sich alle Beteiligten in einer positiven Weise aufeinander zu bewegen. Die Alternativen sind bereits sichtbar: Radikalisierung, Ghettoisierung, Subkulturen, Vorurteile und Abgrenzung. Deshalb ist Information sehr wichtig.

"Das Buch muss Papa unbedingt lesen", sagte meine Tochter und biss ins Brötchen. Meine Frau stimmte zu. Auch sie hatte "Allah gesucht - Jesus gefunden" von Nabeel Qureshi gelesen. Das Buch hatten wir ausgeliehen bekommen, nachdem es der Schwiegersohn von Bekannten empfohlen und diese es ebenfalls gelesen hatten. Bei anderen Bekannten liegt das Buch noch eingeschweißt auf dem Tisch.

Allah gesucht Jesus gefunden
Der Autor erzählt seine eigene Lebensgeschichte aus Sicht eines Moslems, der während des Studiums zum Christentum konvertierte. Er gehört der zweiten Generation von Moslems an, die in die westliche Kultur ausgewandert waren. Er hinterfragt zunächst sehr scharfsinnig und kritisch das Christentum. Da er mit unserer "Sprache" vertraut ist, vermittelt er auf sehr gut verständliche Weise islamische Denkmuster und Argumentationen. Der Leser erfährt, warum der Koran nicht übersetzt und als besonders heiliges Buch angesehen wird. Qureshi schreibt über seine damaligen Empfindungen für den Islam, den inneren Kampf um die Wahrheitsfindung, über Widersprüche und nur durch Glauben zu begründende Fundamente.

Es prallen Welten und diametral divergente Denkmuster aufeinander. Es gibt faktisch keine Kompatibilität der Kulturen. Es bieten sich nur wenige logische Ansatzpunkte zu einem gegenseitigen Verständnis. Der sehr ehrliche Bericht dieses intelligenten Mannes zeigt, dass "tektonische" Verschiebungen des Denkens notwendig sind, um die Brille der islamischen Tradition abzusetzen und aus der Ehre-Scham-Falle in eine selbstkritische Sicht zu gelangen. Dabei bringt der Islam durchaus Werte mit, die unserem Abendland verloren gegangen sind. Das beginnt beim Familienzusammenhalt und endet bei der Abtreibung. Wäre Nabeel Qureshi nicht als vollzeitlicher Redner in eine christliche Organisation eingestiegen, hätte er als Arzt auch das Thema Fachkräftemangel bedienen können.

Nach Lesen dieses äußerst informativen Buches sehe ich einige wage Ansatzpunkte für #gemeinsam und Integration:

  1. Change Prozesse bei Moslems werden durch Träume ausgelöst
  2. Die zweite Generation befindet sich in einer inneren Zerrissenheit zwischen traditioneller Enge und westlicher Freiheit
  3. Christen sollten ihren eigenen Glauben kennen und in wenigen Sätzen erklären können
  4. Erfahrungsberichte und Lebensstil vermitteln mehr als theoretische Diskussionen
Da die erste Generation kulturell schwer erreichbar erscheint, könnte bei der zweiten Generation angesetzt werden. Nehmen wir uns die Zeit dafür?

Unabhängig davon sollte das Kommunikationsmittel Gebet dazu verwendet werden, Gott um direkte Ansprache per Traum zu bitten. Denn eine direkte und persönliche Beziehung zu Gott ist Moslems weitestgehend fremd. Vieles wird dem Zufall und den eigenen guten Taten überlassen.

Freitag, 22. April 2016

97 Prozent

Mindestens 97 Prozent aller Christen sind zu einem Leben im normalen Alltag berufen. Dort sollen Sie das biblische Prinzip von Salz und Licht leben. Robert Fraser setzt sich mit Berufung und Effektivität auseinander und ermutigt zum Bau des Reiches Gottes außerhalb der Gemeinde.



An mehreren Stellen des Neuen Testamentes lesen wir, dass die Gemeinde mit einem Organismus zu vergleichen ist. Es gibt verschiedene Begabungen in verschiedener Intensität und diese Begabungen sind so verschieden, dass eine gegenseitige Ergänzung notwendig ist. Begabungen, Defizite und gegenseitige Ergänzung stellen also ein elementares Prinzip von Gemeinde Jesu dar.

Wie sieht das in der Praxis aus? Sind Berufung und Begabungen nur für den innerkirchlichen Gebrauch bestimmt? Muss ein Pastor alle Körperteile des Leibes Christi personifizieren? Was, wenn der freundliche Begrüßungsdienst zum Netzwerker in einem Business Club berufen ist? Was, wenn die Mitarbeiterin des Kindergottesdienstes als positiv berichtende Journalistin berufen ist? Was, wenn ein Pastor gar nicht vollzeitlich für gemeindeinterne Dinge berufen ist, sondern für die Tätigkeit in einem "normalen" Beruf wie Bauingenieur, Klempner oder Inhaber eines IT-Unternehmens?

Genau diesen Fragen geht Robert Fraser in seinem Buch "97 Prozent - Das Reich Gottes außerhalb der Gemeinde bauen" nach. Dabei zieht sich seine eigene Lebensgeschichte und Berufungsfindung durch alle 170 Seiten. Er schreibt über Fehlentscheidungen, Fehlplatzierungen und die positiven Ergebnisse beim Leben in der Berufung. Dazu sind jedoch einige traditionelle Denkmuster zu korrigieren.

97 Prozent - Das Reich Gottes außerhalb der Gemeinde bauen
Das Buch macht bewusst, dass sich christliches Leben und Vorbildwirkung den größten Teil der Woche außerhalb der Gemeinde abspielt. Es geht um das Verhältnis zu nichtchristlichen Mitarbeitern, Vorgesetzten, Freunden und Nachbarn. Es geht um Christsein in der natürlichen Umgebung des Alltags und einen geschärften Blick für das, was Jesus gerade dort bewegen möchte. Zur richtigen Zeit am richtigen Platz sein hat nichts mit dem Badehandtuch auf dem Stuhl in der zweiten Reihe des Gemeindesaales zu tun, sondern mit aktivem Hören auf die Stimme Gottes.

Es ist ein ermutigendes und aufbauendes Buch für Christen, die voll im Alltag stehen und trotz regelmäßiger Gemeindebesuche geistlich unterernährt sind. Es hilft, die persönliche Berufung zu erfragen oder nach zu justieren.

Da Robert Fraser seine pastorale Berufung als IT-Unternehmer lebt, schrappt das Buch an einigen Stellen am Wohlstandsevangelium vorbei, bekommt aber immer wieder gut die Kurve. Es vermittelt Geld als Werkzeug, das weise und verantwortungsvoll zum Bau des Reiches Gottes zu nutzen sei. Zudem wird eine klare Unterscheidung zwischen vergänglichem und ewigem Reichtum vorgenommen und mit Freude festgestellt, dass vergänglicher Reichtum zur Schaffung ewigen Reichtums genutzt werden kann.

Ein Bibelvers aus Kolosser 3 Vers 23 blieb besonders bei mir hängen:

"Alles, was ihr zu tun habt, das leistet mit willigem Herzen, als gälte es dem Herrn und nicht den Menschen".