Posts mit dem Label Netzwerk werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Netzwerk werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Mittwoch, 24. Januar 2018

Berliner Kneipengespräche: Erklär-Videos aus dem Kiez

Die Kneipenkultur gehört zu Berlin wie das Gell zum Schwaben. Der ungehemmte Zuzug verschiebt jedoch die kulturellen Eigenheiten und drängt die Eingeborenen zusehends in den Status einer Minderheit. Dem begegnet die Internetmission Berlin mit regionalen Erklär-Videos zum christlichen Glauben.



Eine Lokalität in Berlin-Lankwitz bildet die Kulisse für die Erklär-Videos der Internetmission Berlin. Paule und Kasulske unterhalten sich bei einem Bierchen über die elementaren Fragen des Ljobens - ähm zu Deutsch Glaubens.

Die thematische Bandbreite ist enorm. Kasulske fragt nach Luther, erzählt von seiner Gänsehaut in der Kirche, redet mit Paule über das Beten vor dem Essen, trauert zusammen mit seinem Kneipenkumpel und quetscht ihn über das Leben nach dem Tod aus. Es gibt eine kleine Rahmenhandlung, zwei Bier und gelegentlich auch eine Zigarette. Die Frisur von Paule variiert je nach Jahreszeit. Beide Darsteller wirken authentisch. Kameraführung und Schnitt sind professionell.

Was sonst nur Seminare, Webinare und Bücher vermitteln, wird in den Kurz-Filmen auf flapsige Weise diskutiert. Die Länge der Videos liegt zwischen vier und acht Minuten. Dadurch sind sie auch gut geeignet als Gottesdienst-Intro. Die Wissensvermittlung erfolgt kurzweilig und auf Berlinerisch. Neubürger und Berliner können inhaltlich und sprachlich etwas dazulernen.

Aus den Dreharbeiten ist eine kleine Bewegung von Kneipen-Gottesdiensten hervorgegangen, die sich von Lankwitz aus über Berlin verbreitet.

Bei der Neugestaltung der Webseite von Gott-in-Berlin hat auch der YouTube-Kanal ein Facelifting erfahren. Dort gibt es seit Neuestem eine Playlist mit allen Kneipen-Videos. Das Reinschauen lohnt sich. Viel Freude dabei!

Samstag, 20. Januar 2018

Katholisch + Evangelisch + Orthodox + Koptisch = EINS

EINS war eines der ersten Gebets-Events für Berlin, an dem mehrere Hundert Christen unterschiedlicher - überaus unterschiedlicher - Prägung teilnahmen. Wir besuchten EINS heute in der EFG Schöneberg.



"Was bitte sind Alt-Katholiken?", fragte ich den jungen Mann an unserem Tisch. Die römisch-katholische Kirche hatte wohl nach Luther eine weitere Reformation erlebt, aus der die Alt-Katholiken hervorgegangen waren. Alt ist hier im Sinne von Fundament zu verstehen. Die Alt-Katholiken haben sich auf die allgemeine = katholische Kirche besonnen und lehnen die Unfehlbarkeit des Papstes ab.

Es entwickelte sich ein gutes Gespräch mit Menschen, deren Augen leuchteten, wenn es um EINS ging, nämlich Jesus als gemeinsame Grundlage. Weitere Bekannte gesellten sich dazu. Bald waren vier Gemeinden am Tisch vertreten. Wir trafen insgesamt sehr viele Alt-Bekannte quer durch die christliche Szene Berlins. Durchweg fitte Leute, denen die positive Entwicklung der Stadt wichtig ist.

Von EINS bis Erweckung

Auch die Erweckung um 1900 hatte mit gemeinsamen Gebetstreffen begonnen. Damals hatten sich die Christen gegenseitig um Vergebung gebeten, weil so viele trennende Dogmen und Praktiken den Blick auf EINS versperrt hatten, nämlich auf Jesus. Danach war es wie in der Apostelgeschichte abgegangen. EINS in Schöneberg bot dasselbe Potenzial. Mit dem Unterschied, dass noch Kopten, Orthodoxe und Katholiken dabei waren.

Multi-Kulti

An den Kopten waren wir bereits auf dem Weg zur EFG Schöneberg vorbeigeeilt und hatten noch überlegt, welcher Ethnie sie zuzuordnen seien. "Inder", meinte meine Frau. Ich verortete sie in Afrika. Dass man sich in der Herkunft täuschen kann, zeigten uns später der griechisch-orthodoxe Archimandrit und die südkoreanische Moderatorin. Beide kamen aus Duisburg.

Der hohe Anteil an Afrikanern, Asiaten, Syrern, Iranern und anderen Nicht-Muttersprachlern sorgte dafür, dass etwa die Hälfte der Gebetsstationen bei EINS mehrsprachig durchgeführt wurde. Fürbitte, Tanz, Singen und weitere Ausdrucksformen kamen zum Einsatz. Manch ein Teilnehmer betete erstmalig in einem neuen Stil und fühlte sich dadurch bereichert. Überhaupt herrschte den ganzen Nachmittag und Abend eine bemerkenswerte Harmonie.

Ökumene und Buffet

Musikalisch wurden wir von Afrikanern und Kopten begleitet. Die Predigt hielt Tobias Schöll vom Christus-Treff in Treptow. Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg hielt ein Grußwort. Der ÖRBB wird von Emanuel Sfiatkos von der griechisch-orthodoxen Kirche geleitet. Sehr bunt also das Event und gut aufeinander abgestimmt.

Griechen und Afrikaner waren für das Catering zuständig. Sie hatten zwei lange Buffets aufgebaut und einige Mitarbeiter zum Verteilen der spannenden Nationalgerichte dahinter gestellt. Wie üblich ging ich antizyklisch vor und hatte relativ schnell einen Zwischen-Snack, Besteck und Teller für unsere 5er-Gruppe besorgt. Die Befüllung der Teller musste in Eigenregie erfolgen. Das klappte auch ganz gut - schließlich ist Lebenszeit zu kostbar, um sie mit langem Warten zu verplempern. Während bekannte Pastoren noch in der Schlange standen, brachte ich unsere Teller zur Geschirrablage und versorgte die Wartenden mit einem Zwischen-Snack vom Buffet. Sie hatten aber gute Gespräche in der Reihe - wir am Tisch.

Gebetskonzert

Nach dem Essen sollte es ein Gebetskonzert mit BerlinUniteD geben. Da wir ständig alte Bekannte und neue Leute trafen, kamen wir kaum aus dem Untergeschoss heraus. Der Saal oben war inzwischen restlos mit Jugendlichen besetzt. "Wo gehen die eigentlich alle zur Gemeinde?", wollte meine Frau wissen. Bei unseren Streifzügen durch die Stadt hatten wir fast nur Gemeinden angetroffen, bei denen die Generation zwischen 10 und 20 fehlte.

Wir begaben uns auf die Empore und fanden sogar noch zwei Sitzplätze. Die Band rockte das Haus. Drei unbekannte Lieder. Der Pastor neben uns kannte die auch nicht. Trotzdem eine mitreißende Stimmung. Dann trat wieder Tobias Schöll auf. Am Flipchart entfaltete er eine kraftvolle Predigt zu Adam, Eva, dem System des Todes und der Überwindung dieses Systems durch Jesus mit dem System des Lebens.

Die Predigt war so kraftvoll, dass Jugendliche in Scharen nach vorne kamen und sich ein XP auf die Hand schrieben. Ein Zeichen, dass sie Jesus als Chef über ihr Leben anerkannten und Teil der Überwindung sein wollten. XP (Chi Ro) sind die griechischen Initialen für Christus - Χριστός - Christós.

Abgang

Da wir nun schon fünf Stunden bei EINS waren und auch nicht mehr so ganz mit der Altersstruktur harmonierten, entschlossen wir uns zur Heimreise. Zusammen mit dem Pastor neben uns verließen wir die Empore. Luftballons wurden durch den Saal geworfen. Diese sollten knallen, damit die Zettel mit den entsprechenden Gebetsthemen freigesetzt werden konnten. Jugend eben. Schade, dass unsere Kinder nicht dabei waren.

Wir holten die Winterjacken und wurden Zeugen einer ernst gemeinten Forderung an die EINS-Initiatoren: "Sowas müsste es jeden Monat geben!"

Montag, 1. Januar 2018

Silvester bei der Verklärung des Herrn in Marzahn

Gestern besuchten wir die katholische Kirche "Von der Verklärung des Herrn" in Marzahn. Die Kirche steht an der Landsberger Allee und ist nur wenige Minuten von der evangelischen Dorfkirche Marzahn entfernt.



Gegen halb vier schrillte unsere Klingel. Fragend schaute ich mich um.Alle zuckten mit den Schultern. Durch die Wechselsprechanlage klang die Stimme meiner Schwiegermutter. Un-geplant!

Schwiegermutter und Pfannkuchen

Kurz darauf der nächste Schreck: Die am Vormittag gekauften Pfannkuchen wurden für den sofortigen Verzehr freigegeben. Das war zwar tendenziell gut - aber - nur fünf Stück? Gab es eine zweite Lage? Nein - meine Frau sagte, sie wolle uns "beim Abnehmen helfen" und hatte tatsächlich nur fünf Pfannkuchen bestellt. Pro Person einen Pfannkuchen! Alle hatten die gleiche Marmeladenfüllung und befanden sich in der Metamorphose von luftig zu fest. Von daher hatte der spontane Besuch meiner Schwiegermutter den Alterungsprozess der Pfannkuchen rechtzeitig abgebrochen.

Die Oma hatte uns als Zwischenstation zur katholischen Kirche aufgesucht. Dort sollte um 17:00 Uhr eine ökumenische Andacht stattfinden. Das passte uns gar nicht, da wir am Vormittag bereits beim Gottesdienst waren und jetzt eigentlich unseren Jahresrückblick basteln wollten.

Jahresrückblick und Krippe

Wir änderten den Plan, ließen die Kinder mit dem Jahresrückblick zu Hause und begleiteten die Mutter durch die Nacht. Zumindest sah es aus wie Nacht. Nach Gebet war auch der Weg sicher und die Knaller trafen immer nur die Anderen.

15 Minuten zu früh erreichten wir die Kirche und konnten uns noch Plätze in der dritten Reihe aussuchen. Langsam füllte sich der Saal und alte Bekannte begrüßten uns. Vor dem Altar war eine Weihnachtsszene mit Jesus, Eltern und Hirten aufgebaut. Erwachsene und Tiere fokussierten das Baby in der Mitte. Die Szenerie strahlte einen tiefen Frieden aus.

Der Kantor übte noch schnell ein neues Lied mit den Anwesenden ein. Neu für die Gemeinde, ansonsten schon 80 Jahre alt: Jochen Klepper. Viele der Andachtsbesucher waren etwa 20 Jahre nach dieser Komposition geboren.

Jahreslosung und Jahresrückblick

Pünktlich um fünf klingelte ein Glöckchen und vier Herren schritten durch den Hauptgang nach vorne: Einer in weißem Kleid, zwei in schwarzem Kleid und einer in Jeans und Sakko. Die Herren in Schwarz unterschieden sich durch die Beffchen in reformiert und uniert. Ein Lutherischer mit komplett geteiltem Beffchen war nicht dabei. Dennoch ökumenisch genug für die Altjahresandacht.

Die Elemente des Gottesdienstes rotierten zwischen Weiß, Schwarz und Sakko. Die Predigt hielt der Unierte. Sein Thema war die 2017er Jahreslosung aus Hesekiel 36, 26. Dass jemand von den Anwesend tatsächlich "ein neues Herz" in 2017 bekommen habe, sah er für unwahrscheinlich an. Ich wollte das in dem Moment nicht relativieren, da ihn das wohl aus dem niedergeschriebenen Konzept gebracht hätte. bei der Reha in Teltow hatte ich Menschen mit einem buchstäblich neuen fleischernen Herzen erlebt. Ganz abgesehen von den Themen, die Jesus in mir nachjustiert hatte.

Den monatsweise vorgetragenen Jahresrückblick teilten sich die anderen drei Herren. Es wurde auf politische und gemeindliche Ereignisse eingegangen. So konnten die G20-Kravalle in einem Zuge mit der Seniorenfreizeit aufgezählt werden. Besondere Freude hatte ich bei der Liste des katholischen Paters und beschloss einen Folgebesuch bei einer seiner nächsten Predigten.

Lieder und Kollekte

Zwischendurch sangen wir Lieder aus einem grauen Gesangsbuch. Der Kantor trat dabei mehrfach mit Solo-Einlagen in Erscheinung. Die ökumenische Altjahresandacht endete mit einem Lied aus 1944: Bonhoeffer - Von guten Mächten. Es folgten der Segen von Pater Josef Kahmann und das Postludium.

Danach waren die vier Protagonisten verschwunden. Auch die avisierte Kollekte war nicht gesammelt worden. Ohne pyrotechnische Zwischenfälle gelangten wir nach Hause. Im Fahrstuhl packte meine Schwiegermutter ihre Kollekte ins Portemonnaie zurück. Der familiäre Teil des Abends konnte beginnen.

Montag, 11. Dezember 2017

Lunch bei Gemeinsam für Berlin

Vernetzung wird in der christlichen Szene unterbewertet. Immer wieder entdecken wir Parallelwelten oder Gemeinden, die regional gar nicht vernetzt sind. Heute besuchte ich das auf Vernetzung ausgelegte Lunch beim Gemeinsam für Berlin e.V.



In den letzten acht Jahren hatte ich verschiedene Wirtschafts-Clubs getestet und nur wenige Gruppen gefunden, bei denen Zeitaufwand, Kosten und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen.

Einer der interessanteren Wirtschaftsclubs wirbt zurzeit um meine Mitgliedschaft. Um eine weise Entscheidung zu treffen, musste ich mich erst einmal beraten. Am Vormittag führte ich deshalb zwei längere Telefonate mit dem Effekt, dass sich die gesamte Tagesplanung verschob. So klingelte ich erst zehn nach eins an der Tür von GfBerlin.

Pünktlich 13 bis 14 Uhr

Ein Blick in den Raum offenbarte mir, dass ich der fünfte Teilnehmer war. Das akademische Viertel, das in Gemeinden der City-Region üblich ist, gab es hier nicht. Pünktlicher Beginn und pünktliches Ende, fast wie beim Politischen Frühstück im Haus der Commerzbank am Pariser Platz. Pünktlich heißt: 13 bis 14 Uhr. Das Lunch findet etwa zweimal pro Monat statt und ist offen für jeden, der sich in der christlichen Szene vernetzen möchte. Die Kosten werden per Spende gedeckt.

Divergente Teilnehmer

Heute saßen eine NGO-Vertreterin, ein Gemeindegründer, ein Pastor, Andrea Meyerhoff von GfBerlin und der Church Checker zusammen. Leckeres Essen mit Nachtisch und Salat plus Kaffee wurden verzehrt und dabei jede Menge Infos und weiterführende Kontakte vermittelt. Visitenkarten wechselten ihre Besitzer. Da ich vermute, dass diese Art Zusammentreffen unter Chatham House Rules ablaufen, kann ich hier keine weiteren Details veröffentlichen.

Der Exit

Am Ende - also kurz nach zwei - gab uns Andrea noch jede Menge Flyer mit und warb für das Gebets-Event EINS, das am 20. Januar 2018 in Schöneberg stattfinden soll.

Anfahrt und Abfahrt konnten nur bedingt mit der Länge des Meetings in Einklang gebracht werden. Dennoch waren die Begegnungen so wertvoll, dass sich der Weg gelohnt hatte.

Die pünktliche Entlassung hatte sogar den Effekt, dass viele Themen nur angerissen werden konnten und eine abschließende Erörterung die Beibehaltung der neuen Kontakte erforderlich machte. Sehr cleveres Format!

Montag, 4. Dezember 2017

Limelight Collection - Creativity @Heilsarmee

Die Limelight Collection ist ein interessantes Format der Annäherung an Bibeltexte. Ein Berufskünstler leitet die kleine Gruppe bei der Entfaltung ihrer Kreativität an. Heute Abend habe ich Limelight in Prenzlberg besucht.



Nach dem Gottesdienst zeigte mir ein bekannter Schauspieler sein Smartphone. "Kennst du das?", wollte er wissen. Ich sah eine Einladung zu Limelight für Montagabend. Die Adresse war identisch mit der von Gemeinsam für Berlin. Hm, Montag? Der Männerabend bei Eben Ezer war mir zu weit: Lankwitz. Prenzlauer Berg hingegen wäre in 20 Minuten zu erreichen - mal unabhängig von der Parkplatzsuche betrachtet. Wegen eines Paralleltermins könne der Schauspieler selbst wohl nicht mitkommen.

So machte ich mich heute alleine auf den Weg. Den Parkplatz fand ich wenige Meter vom Haus entfernt. Pünktlich halb acht betrat ich die Räume der Heilsarmee. Diese befinden sich im Kellergewölbe der Kastanienallee 71 - freundlich, gemütlich und weihnachtlich geschmückt.

Mittzwanziger, Tee und Englisch

Mit meinem Erscheinen erhöhte sich die Teilnehmerzahl auf vier. Tee wurde angeboten. Es gab auch kleine Schokokekse. Sprache der Wahl war Englisch. Das Limelight Collective verstand jedoch auch Deutsch, so dass wir uns bilingual verständigen konnten.

Innerhalb des akademischen Viertels trafen weitere Leute ein, so dass wir letztlich mit neun Personen starteten. Den homogenen Altersdurchschnitt von Mitte zwanzig überschritt ich um einige Jahre - um nicht gleich das Wort Verdoppelung zu verwenden. Ich schaltete um auf den Ich-fühle-mich-jung-Modus. Zunächst setzten wir uns um eine große Decke und sangen Weihnachtslieder mit Tejas, einem Softwareguru aus dem Mittleren Osten. Tejas leitet übrigens die Jugendgruppe bei Saddleback, so dass sich hier völlig unerwartete Netzwerk-Verbindungen schlossen.

Matthäus 2

Dann bekamen wir eine kleine Einführung in Matthäus 2, 1-12. Alles auf englisch, aber egal. Wenigstens hatte ich am Sonntag den Akku nachgeladen, so dass meine Bibel-App wieder genutzt werden konnte. Außer Vulgata und Hebraica habe ich wohl nichts weiter auf dem Smartphone. Irgendwann ist der Speicher ja ausgereizt.

Nach einem entspannten Austausch über den Text verteilten wir uns im Raum. Buntstifte, Fasermaler, Kugelschreiber und Papier lagen bereit. Der Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. So wurde gemalt, getextet, sinniert, gebetet, gesessen, getanzt, gesungen oder Gitarre gespielt.

Papier und blauer Buntstift

Ich nahm ein Blatt Papier und malte mit einem blauen Buntstift, was mich bei diesem Text bewegte. Ein großer Stern im Zentrum, ein Weg, der sich langsam durch die dunkle Umgebung schlängelte und dann mitten in den Stern hineinmündete. Darunter das verschlafene Jerusalem, eine zugeklappte Bibel und ein Königs-Apfel mit Kreuz-Ornamenten, oder wie auch immer diese Kugel heißt, die die Könige auf alten Gemälden in der Hand halten. Letzteres symbolisierte das schockierte Jerusalem, den erschrockenen König Herodes und die desinteressierten Schriftkenner. Vers 10 bewegt mich schon seit gut 30 Jahren, als wir diesen Text erstmalig genüsslich mit Kollegen in einer Nachtschicht auf uns wirken gelassen hatten.

Kunstbetrachtung

Nach ausreichend viel Zeit kamen wir wieder an der flauschigen Decke zusammen. Es gab Brot und Butter - pardon bread & butter - eventuell in Anlehnung an das gleichnamige Festival of Style and Culture. In einer kreativen Reihenfolge stellten wir die Ergebnisse vor. Es wurden Bilder herumgereicht und jeder konnte sich einen Augenblick lang hineinversetzen. Wir kamen über Farben, Formen und den tieferen Sinn ins Gespräch und entdeckten Dinge, die selbst der jeweilige Künstler noch nicht bemerkt hatte.

Texte und Tanz

Kurze Texte wurden gelesen und eine Frau aus Ghana tanzte dazu. Sie erklärte uns jede ihrer Bewegungen, so dass ich erstmalig ein Verständnis für Ballett-Choreografie vermittelt bekam. Die Bewegungsabläufe waren so genial, dass ich wohl mit heruntergeklappter Kinnlade auf der Decke gesessen haben muss.

Drei Stunden City-Kreativität

Auf diese Weise hatte ich gar nicht bemerkt, dass schon drei Stunden vergangen waren. Der Abend wurde mit einem Gebet abgeschlossen und alle halfen noch beim Aufräumen. Wie ich erfuhr, kamen die Kreativen aus verschiedenen Gemeinden der weiteren City-Region: Wedding, Moabit, Mitte, Prenzlberg. Englisch war eine gute Option für die allgemeine Verständigung gewesen. Halb zwölf war ich wieder zu Hause.

Limelight findet jeden Montag statt und bietet einen guten Rahmen zur freien Entfaltung der Kreativität. Die geschaffene Kunst wird ernst genommen und das eigene Denken auf eine spannende Entdeckungsreise geschickt. Die Werke werden für spätere Inspirationen archiviert - als Original oder als Foto.

Samstag, 4. November 2017

Abend für Paare in der LKG Eben Ezer

Eine Ehe zwischen Mann und Frau gilt heute als antiquiert und homophob. Umso wichtiger ist es, dieser Minderheit Hilfe zur Selbsthilfe an die Hand zu geben. Gestern besuchten wir einen Paar-Abend in Lichterfelde.



SMS, Facebook und WhatsApp sollen Anzahl und Umfang von Missverständnissen deutlich erhöht haben. So kam der Hinweis auf den Paar-Abend bei Eben Ezer per WhatsApp. Meine Rückfrage nach Dresscode und Kosten wurde mit einem kurzen "nothing" beantwortet. Bezog sich das auf den Dresscode oder auf die Kosten? Ich fragte zurück.

Da ich am Nachmittag noch beim Berlin Tattoo war, trafen wir erst kurz nach sieben in der Celsiusstraße ein. Ich war müde und hungrig. Vor der Tür stand ein Feuerkorb - ohne Grillfleisch. Ein kurzer Blick in den Eingangsbereich verriet uns: Paar-Abende bei Eben Ezer sind beliebt - sehr beliebt.

Feuerschale, Eis und Vorraum

Als die WhatsApp kam, hatte ich sofort ein romantisches Candle Light Dinner mit maximal fünf Paaren im Sinn. Nun standen wir einer Situation ähnlich der Rush Hour am Times Square gegenüber. Deshalb wechselten wir einige Worte mit dem Veranstalter-Ehepaar, die uns auf einen Eisblock neben dem Feuerkorb hinwiesen. "Schaut mal genau hin", bat uns Birgit. Tatsächlich, da waren Playmobil-Figuren im Eisblock. Mir fiel der saisonal produzierte Playmobil-Luther ein. Auf Nachfrage wurde bestätigt, dass es sich hierbei nur um ein Hetero-Paar handele. Ich war beruhigt.

Im Vorraum trafen wir erstaunlich viele Bekannte. Sie hatten alle ihre Partner dabei. Aber wo war das Essen? Auf dem Weg zum offiziellen Teil griff ich mir noch drei Salzstangen und begegnete damit dem penetranten Hungergefühl. Im Gemeindesaal lagen Eis-Bonbons auf den Plätzen. Sehr gut! Das Bonbon-Papier legten wir neben einen Zettel mit zwei Thermometern.

Impulsvorträge und Gespräche mit dem Partner

Die nächsten zwei Stunden waren gefüllt mit kurzen Impulsvorträgen vom Altarbereich aus. Diese wurden durch praktische Übungen in Form von Gesprächen mit dem eigenen Partner aufgelockert. Jeder sollte auf den Thermometer-Zetteln die aktuell gefühlte Temperatur der Beziehung eintragen. Wir lagen fast gleich mit unserer Einschätzung.

Das Thema lautete übrigens: "Zurück zur ersten Liebe". An einer Stelle des Abends sollten wir aufschreiben, welche Bedürfnisse wir bei unseren Partnern wahrnehmen. Mir fielen auf die Schnelle drei Punkte ein. Zusätzlich notierte ich meine eigenen Bedürfnisse und schob den Zettel meiner Frau zu: "müde, 21:00, Hunger".

Der Spannungsbogen wurde dadurch aufrecht erhalten, dass es im vorletzten Teil um Zärtlichkeiten in Theorie und Praxis gehen sollte. Der Praxisteil wurde theoretisch behandelt. Im Finale gab es einen Vortrag über die verändernde Kraft des heiligen Geistes.

"Ich will jetzt einen Döner essen", schrieb ich auf den Zettel und zeigte ihn meiner Frau. Sie verwies auf die angekündigte Suppe. Vielleicht gab es die ja schon um sieben und wir hatten die verpasst. Nein, das könne nicht sein. Schließlich sei keines der Hemden bekleckert. "Siehst du, alles Dunkelblau", zeigte sie auf den Pullover eines Mannes, der über die Bühne zum WC eilte.

Suppe und Networking

Viertel nach neun war alles gesagt und das Networking konnte beginnen. Meine Vorstellungen von "Suppe" wurden nun durch die Praxis korrigiert. Im Café-Bereich der Gemeinde waren sechs Töpfe mit verschiedenen Suppen aufgereiht. Alle sahen sehr lecker aus. Dazu Schmand und geröstetes Brot sowie Käse in sämtlichen Formen und Farben.

Nachdem ich nur noch müde - aber nicht mehr hungrig - war, verbrachten wir noch mindestens eine Stunde in den gemütlichen Räumen von Eben Ezer. Als wir gingen, war die Playmobil-Frau schon fast aufgetaut. Der Mann hingegen war immer noch fest im Eisblock verhaftet.

Mittwoch, 1. November 2017

Church Checker sagt Danke: 100.000 Leser

Vor 500 Jahren und einem Tag hatte Martin Luther seine 95 Thesen veröffentlicht. Passend dazu hat Church-Checker.de heute die Leserzahl von 100.000 überschritten. Ein Grund, allen Ideengebern, Darstellern, Co-Autoren und Lesern Danke zu sagen.



Der Blog war 2010 ins Leben gerufen worden. Damals hatte ich eine Mitarbeiterin gebeten, den Bezirk Marzahn multimedial mit christlichen Inhalten zu bearbeiten. Es war schon lange mein Hobby, Gemeinden und Werken bei Google eine bessere Position zu verschaffen. Diesmal ging es um die Suchergebnisse für das Keyword: marzahn. Dabei entstanden Beiträge mit einer Gesamt-Performance von etwa 1.000 Lesern. Es folgte eine längere Pause.

2015

Vor etwa zwei Jahren hatte ich den Blog reanimiert und mit Berichten über unsere diversen Gottesdienstbesuche in Berlin und Umgebung befüllt. Schon die ersten Texte erfreuten sich einer guten Resonanz, so dass ich fortan fast jede unserer Bewegungen in der Szene mit einem Blog-Beitrag kommentierte.

4.000 Leser

Um ein möglichst realistisches Bild zu bekommen, hatte ich den Statistik-Filter ist so eingestellt, dass Eigenaufrufe und Suchmaschinen nicht mitgezählt werden. Im aktuellen Durchschnitt hat sich die monatliche Leserzahl auf 4.000 eingepegelt.

Transparenz und Feedback

Die Artikel sende ich zeitnah an die Leiter der Gemeinden oder die Event-Verantwortlichen. In der Regel wird es als hilfreiches Feedback aufgenommen und gerne für eigene Publikationen genutzt.

Wichtig ist mir auch der Austausch mit Kennern der Szene und anderen Personen, die die besuchten Gemeinden oder Formate ebenfalls erlebt hatten. So kann es durchaus zu Evaluations-Besuchen kommen. Im Allgemeinen werden die Schilderungen jedoch als plausibel und zutreffend bestätigt.

Nun aber zum Dank!

Der erste und größte Dank gilt Jesus, der mir gezeigt hat, dass die Nutzung der Infrastruktur des Internets durchaus Teil einer Berufung sein kann. Das Internet ist längst als Werkzeug zum Bau des Reiches Gottes etabliert und ich darf damit arbeiten.

Der nächste Dank gilt meiner Familie, die mich zu fast allen hier beschriebenen Gottesdiensten und Veranstaltungen begleitet hatte. Manchmal kam nur meine Frau, mein Sohn oder meine Tochter mit, aber immer diskutierten wir über das Erlebte, so dass ein guter Mix an Eindrücken in die Artikel einfließen konnte. In unserer Familie herrscht Meinungs-Pluralität, so dass die eigene Meinung immer auf dem Prüfstand steht.

Ein genereller Dank gilt all den besuchten Gemeinden und Veranstaltern für die Gastfreundschaft, gute geistliche Impulse, Gespräche, neue Kontakte und gewachsene Freundschaften.

Einige Namen

Namentlich möchte ich hier den CVJM-Kaulsdorf herausstellen, der uns Ende 2015 sehr herzlich aufgenommen hatte, so dass wir dort bis heute am wöchentlichen Gebetsabend teilnehmen. Ich danke ferner der FBG, der Internetmission Berlin, Gemeinsam für Berlin, dem Gesprächsforum Leben + Glauben, der Evangelische Allianz und Saddleback, die mich in der Berufung bestärkt und die Luft zum Durchatmen in der Szene gegeben hatten. Ein herzliches Dankeschön auch an die Baptisten-Gemeinden der Stadt für ihre bemerkenswert gute Willkommenskultur.

Dank gilt auch unseren Freunden aus Marzahn, die leider nicht namentlich erwähnt werden möchten. Sie begleiten uns gerne und geben ihren kritischen Input zu den Artikeln. Befruchtend sind auch ihre Checklisten mit den bisher nicht besuchten Gemeinden. Wenn wir mit ihnen unterwegs sind, staunen wir immer über ihre gute Vernetzung quer durch die Denominationen Berlins.

Ich danke Saddleback-Pastor Dave Schnitter für sein weites Herz bei der Förderung des Reiches Gottes auch über den Tellerrand der eigenen Gemeinde hinaus.

Herzlichen Dank auch an Pfarrer Axel Nehlsen, der mir bei theologischen Fragen zur Seite steht und gerne ein prüfendes Auge auf Artikel über Bibel, Kirchengeschichte und globale Zusammenhänge wirft.

Einige Berichte wurden nur durch Pressestatus und die Akkreditierung bei der Bundesregierung möglich. Deshalb an dieser Stelle ein besonderer Dank an die Mitarbeiter des Presse- und Informationsamtes und die Kollegen in den Presseabteilungen des Präsidialamtes, des Kanzleramtes und weiterer Behörden.

Ferner danke ich dem Mülheimer Verband mit seinen Pastoren Torsten Klotzsche und Hans-Peter Pache. Beide hatten uns zum Betreten des weiten Landes (Psalm 31, 9) motiviert und einen großen Vorrat an Praxis-Beispielen geliefert.

Auch der Dank an Pfarrer Swen Schönheit darf nicht fehlen. Ohne sein Buch "Menschen mit Format" hätte ich wohl nie so intensiv zu geistlichem Missbrauch und Leitungsprinzipien recherchiert.

Leser

Der Blog lebt von den Lesern. Deshalb an dieser Stelle ein herzliches Dankschön an die Leser.

Es ist immer wieder eine Freude, Leute zu treffen, die ich bisher nicht kannte, die aber ganze Passagen aus dem Church Checker zitieren können und mir dann von ihren eigenen Erfahrungen berichten. Darüber haben sich schon interessante Querverbindungen ergeben, die die Grenzen der Parallelwelten im christlichen Berlin abbauen.

Sinn und Zweck und Frucht

Der Church Checker erfüllt damit nicht nur einen Informationszweck für Menschen, die auf der Suche nach der zu ihnen passenden Gemeinschaft sind. Er fördert auch die Offline-Vernetzung der Christen in der Stadt. Zudem setzt er Optimierungspotenzial in Gemeinden frei, wie gerade bei ICF Tempelhof erlebt.

Schön, dass das Reich Gottes mithilfe des Internets so gut gebaut und gefördert werden kann.

Montag, 2. Oktober 2017

Gesprächsforum Leben + Glauben mit Pianist Sam Rotman

Die Abende im Best Western Steglitz bieten immer wieder eine gute Gelegenheit, Freunde oder den Chef mitzubringen. Gestern Abend spielte Sam Rotman Stücke von Beethoven und Rachmaninow.



Wir waren früh dran - gestern Abend beim Gesprächsforum Leben + Glauben. Meine Frau kam von zu Hause und ich aus der Reha-Klinik in Teltow. Unser Timing war nahezu perfekt. An Tisch 8 sollten wir diesmal sitzen. Die liebevoll per Hand geschriebenen Namenskarten standen bereits an den Plätzen. Vier alte Bekannte aus der Lukas-Gemeinde sollten uns beim Hören und Essen Gesellschaft leisten.

Kleiner Mann - große Energie

Weitere Bekannte erschienen, so dass der Abend ohne große Aufwärm-Phase seinen Lauf nahm. Hallo, kräftiger Händedruck, Umarmung, kurze News und dann war es auch schon 18 Uhr. Der kleine Sam Rotman setzte sich an den polierten Flügel und schmetterte Beethoven in die Tasten. Alles auswendig!

Dazu gab er mit seiner sagenhaften Radio-Stimme Erklärungen ab. Er erläuterte auch die weiteren Stücke von Rachmaninow und wurde dabei von Joe Hartung übersetzt. Der Pianist, der wohl zu den 25 der Besten seiner Instrumenten-Klasse zählt, sprach Englisch. Dennoch kannte er einige Wörter wie "Schade", "Ja" und "Danke".

Nach jedem Stück hauchte er ein "Ja!" in den Raum, schwang seine Hände wie ein Schwan im Fluge zur Seite, stand auf und verbeugte sich. Applaus. Dann die Erklärung des nächsten Stückes und einige Worte zum Komponisten.

Jesus versus Konzertflügel

Im letzten Viertel seines Konzertes erzählte er von sich selbst. Der 1950 geborene Rotman berichtete von seinen Eltern, seiner Geburt und Schulzeit in Nordamerika und seiner Begegnung mit Jesus. Jesus sei ihm wichtiger als die Musik. Immerhin war es Jesus gelungen, sein Innerstes zu verändern. Sam habe viele Masken getragen, sei sehr religiös und korrekt gewesen - rein äußerlich - und habe innen sehr viel Müll mit sich herumgetragen. Jesus habe das verändert. Die Begeisterung für die Beziehung zu Jesus sprudelte nur so aus ihm heraus.

Diätplan

Gegen 19:30 Uhr wurde das Buffet eröffnet. Ich hatte meinen Diätplan im Kopf und hielt mich an die unzähligen Varianten Fisch, Salate ohne Dressing sowie Ballaststoffe und ungesättigte Fettsäuren. Das ging erstaunlich gut. Die Gäste neben mir verspeisten Fleisch, Pilze, Brownies und andere leckere Dinge. Mal ganz abgesehen vom trockenen Rotwein an den Nachbartischen. Wir hatten stilles Wasser bestellt.

Termine und anderes

Am Tisch tauschten wir uns über die gemeinsame Vergangenheit und neueste Entwicklungen aus. Nach dem Essen wurden Fragen an Sam Rotman verlesen, die er sehr offen beantwortete. Es folgten Terminhinweise für Paar-Abende, Männertreffen und Gott begegnen am Meer mit Maike Behn und Joe Hartung.

Da meine Frau mit dem ÖPNV unterwegs war, mussten wir uns sehr bald von den Gesprächspartnern losreißen. Auf dem Weg durch die Lobby traf ich Bekannte aus Eben Ezer und bot ihnen eine Mitfahrgelegenheit nach Lichterfelde an. Während meine Frau auf den Bus wartete, hetzte ich mit meinen Fahrgästen durch die Nebenstraßen von Steglitz. Dass ich zu schnell war, merkte ich an ihrer Atemlosigkeit. Das Ausdauertraining in der Kardio-Klinik trägt Früchte.

Freitag, 16. Juni 2017

Internetmission Berlin: 8-Jährige macht Party

Die Internetmission Berlin feierte heute ihren 8. Geburtstag. Es gab Rap, Falafel und viele neue Kontakte.



Pünktlich zum #Kirchentag war die neue Webseite der Internetmission Berlin mit ihrem Branding GottinBerlin.de an den Start gegangen. 14 Monate war konzipiert, layoutet, projektiert und programmiert worden. 14, eine durchaus biblische Zahl, die uns in Matthäus 1 Vers 17 gleich dreimal über den Weg läuft. 14 entspricht dem Zahlenwert des Namens David (דוד).

David, CIA und Push!

Soweit ich mich erinnere, war jedoch kein David anwesend. Dafür aber Sammelbegriffe aus dem 50er-Segment wie Thomas oder Matthias. Überhaupt war die heutige Party eher ein Event für die ganze Familie. Kleinkinder, Jugendliche, Best Ager und Greise saßen im Saal und lauschten den Klängen der CIA. Da die CIA zur Zeit kaum in den Schlagzeilen ist, ersetzte ich das Wort auf dem Liedblatt durch NSA. Ohnehin war CIA hier im Sinne von Christen in Aktion zu verstehen.

Die CIA machten eine ähnliche Musik wie TCM: Rap. Richtig cooler Rap! Hey Yoh - Push! Und das demografisch durchmischte Publikum setzte mit ihrem Push! ein. Push hier im Sinne von Pray until something happens! (Bete bis etwas passiert!) Ein cooler Satz, den man sich so ähnlich wie BMW - Bete mal wieder! - gut merken kann.

Jänsehaut, Dominicus und Smartphone

Jänsehaut konnte man beim Gesang der schwarzen Mädels von Mélodie du Ciel (Melodie des Himmels) bekommen. Sie sangen auf Französisch oder so. Zumindest gab es eine deutsche Übersetzung. Auch der katholische Pfarrer vor uns wippte mit. Bertram Tippelt leitet die Gemeinde St. Dominicus in Gropiusstadt. Er betrat die Bühne und redete völlig frei über Jesus, den Konjunktiv und darüber, was Jesus mit einem Smartphone gemacht hätte. In der Predigt erfuhren wir zudem, dass hoch qualifizierte Kirchenmusiker wie Hausmeister bezahlt werden. Das fand der Mann im Baumwolltalar nicht angemessen.

Falafel, Würstchen und Quizduell

Anschließend gab es das von den Anwesenden ersehnte Buffet. Heute mit Spezialitäten aus dem Nahen Osten wie Humus und Falafel. Es war sehr lecker und ich entdeckte kein Fleisch. Deshalb wurden wohl draußen noch Würstchen gegrillt. Insbesondere dieser Teil der Gott-in-Berlin-Party ist hervorragend für die Vernetzung in der Szene geeignet. Meine Frau wurde von mehreren Schlüsselpersonen auf die Strategien beim Quizduell angesprochen, während ich mich über neue Technologien der Mülltrennung in China und Pakistan unterhielt.

Webseite, Kneipe und die große Uhr

Mit einer großen Uhr wurde der dritte Teil des Abends eingeleitet. Die neue Webseite und die Arbeit der Internetmission sollten vorgestellt werden. Jeder Redner hatte maximal 5 Minuten - zumindest laut Plan. Im Durchschnitt blieb es bei einer Verdoppelung dieser Vorgabe, so dass tatsächlich um 22:00 Uhr mit einem Gebet abgeschlossen werden konnte.

Ungeplant blieben wir jedoch noch eine weitere Stunde vor Ort. Während emsig Flaschenkisten und andere Utensilien an uns vorbeigetragen wurden, nahmen wir uns Zeit für ein wichtiges Gespräch mit einer alten Bekannten.

Donnerstag, 1. Juni 2017

Patriarch von Konstantinopel trifft den Bundespräsidenten

Orthodoxie ist für viele Deutsche ein Buch mit sieben Siegeln. Zurzeit bereist Bartholomaios I unser Land. Heute referierte er in der Konrad-Adenauer-Stiftung und besuchte anschließend den Bundespräsidenten.



Die Gold-Else am Großen Stern reflektierte die pralle Sonne. Schwerfällig wälzte sich der Verkehr um den Platz. Ich lief zur Konrad-Adenauer-Stiftung. Akribisch wurde die Gästeliste abgeglichen. Wer nicht im "Buch" gefunden wurde, musste am Rand warten.

Schwarz

Ich setzte mich in die Nähe des Rednerpultes. In der Mitte des Saales sah ich Schwarz: schwarze lange Gewänder, schwarze Hüte, schwarze Mützen, schwarze und graue Bärte. Über den Gewändern goldene Ketten mit großen goldenen und Stein-besetzten Broschen. Keine Rapper aus Brooklyn, sondern Metropoliten, Archimandriten und der Patriarch selbst.

Das Casting für eine Komplettverfilmung der Bibel mit Abraham, Petrus und anderen wäre hier schnell und erfolgreich abgeschlossen worden.

Erzbistum und EKBO

Im Saal saßen neben den Botschaftern von Griechenland, der Türkei und Zyperns auch der katholische Erzbischof Heiner Koch aus Berlin und sein evangelischer Kollege Markus Dröge von der EKBO. Ein breites Grinsen ging regelmäßig durch die Reihen, wenn in den Grußworten die "Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz" in der Langversion ausgesprochen wurde.

Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios I in Berlin
Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I, in Berlin



Grüß Gott!

Bartholomaios begann seinen Vortrag über Menschenrechte mit einem schwungvollen "Grüß Gott". Er hatte in München drei Semester Deutsch gelernt und las seine Rede fließend auf Deutsch vor. Es sah so aus, als hatte er nur fünf Blätter in der Hand. Gelesene Seiten gruppierte er unter den flachen Stapel. So oft, wie er die Seiten wechselte, müssen es um die zwanzig Blätter gewesen sein.

Seine Kollegen in Schwarz genossen den Sekundenschlaf oder beschäftigten sich mit ihrem Smartphone. Erzbischof Koch wechselte Blicke mit dem Apostolischen Nuntius des Heiligen Stuhls, Erzbischof Nikola Eterović. Dann kam ein langes Wort und der Patriarch warf spontan ein: "Zu lang!" Lachen. Der Saal war wieder in die Realität des Vortrages geholt. "Wenn ich ein bisschen müde bin, Sie müssen viel müder sein", war sein verständnisvoller Kommentar zum Vortrag.

Menschenrechte

Obwohl der Vortrag über Menschenrechte etwa eine dreiviertel Stunde gedauert hatte, war er doch sehr interessant. Mir war gar nicht bewusst, dass nicht-christliche Religionen eine große Distanz zu Menschenrechten hegen, denn:

  • Menschenrechte seien westliches Kulturgut.
  • Menschenrechte tragen das Siegel des Christentums.
  • Menschenrechte schützen einen gefährlichen Individualismus.
  • Menschenrechte stehen für Säkularisierung und Anthropozentrik.
  • Menschenrechte verbünden sich mit dem Atheismus.
  • Menschenrechte widerstreben der Souveränität Gottes.

Kein Wunder also, dass Menschenrechte außerhalb der westlichen Welt abgelehnt und missachtet werden. Die Botschafter verzogen keine Miene.

Orthodoxie

Die Magna Charta der Orthodoxie sei eine "Kultur der Person". Selbstlose Liebe könne ungeahnte Kräfte freisetzen. Er nannte das die "Liturgische Diakonie", was im Sinne einer alltäglichen Liturgie nach der sonntäglichen Liturgie zu verstehen sei. Der Patriarch wurde sehr emotional, als er sagte, dass die "defensive Haltung gegenüber der Aufklärung endgültig überwunden" werden müsse. "Fehlentwicklungen" in der Orthodoxen Kirche sollten auf keinen Fall zur pauschalen Verurteilung dieser Konfession genutzt werden. Eine große Baustelle sei die Ethnozentrik.

Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios I in Berlin
Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I, in Berlin
Ökumene

Bartholomaios hat viele Titel, so dass seine späteren Gesprächspartner im Schloss Bellevue erst einmal abklärten, wie sie ihn genau anzusprechen haben. "Seine Allheiligkeit Batholomaios I, Ökumenischer Patriarch von Konstantinopel" ist der volle Titel. Bei der offiziellen Anrede wird "Eure Allheiligkeit" verwendet, während die Bischöfe wie säkulare Botschafter mit "Eure Exzellenz" angesprochen werden.

Die Ökumene im Titel ist vergleichbar mit der Wortbedeutung von katholisch und erklärt den übergeordneten Anspruch auf die Definition der Rechtgläubigkeit. Zurzeit findet jedoch ein intensiver Austausch zwischen Othodoxen, Katholiken und Protestanten statt. Letztere sehen Ökumene als Gemeinschaft von Christen jedweder Konfession um das Zentrum Jesus Christus und die Bibel. So wurde es auf dem #Kirchentag ausgedrückt.

Der Patriarch im Schloss

Anschließend wurden die Herren in Schwarz mit schwarzen BMW 5er-Limousinen zum Bundespräsidenten ins Schloss Bellevue gefahren. Kein Ehrenposten, keine militärischen Ehren, kein roter Teppich. Dafür aber ein blauer Teppich und eine sehr familiäre Atmosphäre. Vier Kameraleute, ein Gästebuch und eine vertrauliche Unterredung mit Frank-Walter Steinmeier. Diese war nicht presseöffentlich.

Bei immer noch strahlendem Sonnenschein staute ich durch die Innenstadt nach Hause.

Sonntag, 28. Mai 2017

#Kirchentag: Abschluss-Gottesdienst in Wittenberg

Heute fand auf den Elbwiesen südlich von Wittenberg der Abschlussgottesdienst zum #Kirchentag statt. Unsere Schlafgäste aus England, der Bundespräsident und ich waren auch dort.



122 km mehr standen auf dem Tacho, als ich das Auto in einem Wohngebiet der Lutherstadt Wittenberg abstellte. Die überall angekündigten Park-Leitsysteme fehlten. Wir liefen nach Gefühl Richtung Elbe. Dabei durchquerten wir die Innenstadt mit den wichtigsten Luther-Gebäuden. Kurz vor der Elbe stellten wir fest, dass wir noch einen großen Umweg über eine Bahnbrücke zu absolvieren hätten.

30°C und eine Stunde Fußweg

Es dauerte eine volle Stunde vom Parkplatz bis zum Ziel: Umweg, Schleuse für den Sicherheits-Check, Ponton-Brücke, Eingang an der Südseite des Feldes. Letzteres bedeutete, dass wir einmal am Feld vorbei und dann innen wieder zurück laufen mussten. Solche Aktionen waren uns schon von der Messe vertraut. 30°C. Die ersten Sanitäter liefen mit Tragen über die Wiese.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Abschlussgottesdienst in Wittenberg auf den Elbwiesen
Ich verabschiedete mich von unseren englischen Schlafgästen und stapfte der Bühne entgegen. In der dritten Reihe fand ich noch einen Platz. Passend zu den vielen Sanitätern und Hitzschlag-Gefährdeten war Gesundheitsminister Gröhe bereits vor Ort. Er trug kein Sakko, aber Krawatte und einen orangen Schal. Kurz vor Beginn des Gottesdienstes gesellte sich Innenminister de Maizière dazu. Auch er war sehr sommerlich gekleidet.

Nach dem Vorbild des Neuen Testamentes saßen in den Blöcken direkt vor der Bühne nicht nur die Ersten aus Kirche und Staat, sondern auch Lahme, Blinde und Taube.

Gleich geht es los!

Ein letztes Statement vom Chef der koptischen Christen aus Ägypten. Dann eine kurze Pause; herzliche Umarmung des schwarz gekleideten Kopten mit Hermann Gröhe und anderen; freundliche Begrüßung eines katholischen Bischofs.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - 1/7 der Bläser beim Abschlussgottesdienst in Wittenberg auf den Elbwiesen
Hinter der Bühne blinkten hunderte Blasinstrumente und stimmten "Nun jauchzt dem Herren, alle Welt" an. Gigantisch! Posaunen, Pauken - so ähnlich muss das im Himmel sein, wenn die Ankündigungen aus der Offenbarung greifbare Realität werden. Als ich noch über die Zukunft vor dem Thron Gottes sinnierte, schritt der Bundespräsident neben der Bühne entlang und ging zu seinem Platz im Nachbarblock. Auch seine Frau - Elke Büdenbender - und jede Menge Fotografen waren dabei.

Predigt auf Englisch über 1. Korinther 13, 12

Der Gottesdienst nahm seinen Lauf. Liturgie mit Liedern, Gebet, Lesung aus 1. Korinther 13, Glaubensbekenntnis und Kollekte bildeten den Auftakt. In der Predigt sollte es laut Programmheft um 1. Korinther 13, 12 gehen: "Von Angesicht zu Angesicht". Es predigte Erzbischof Thabo Makgoba von der Anglikanischen Kirche Südafrikas. Als Schwarzer sprach er Englisch mit afrikanischem Akzent. Wer kein Englisch verstand, konnte auf dem linken Screen deutsche Untertitel und eine Übersetzung in Gebärdensprache sehen. Die rechte Videowand stand für das unkommentierte Original zur Verfügung. Viele der aus "Bade-Würte-Berg" stammenden Sitznachbarn konnten nur Deutsch.

So rauschte die Predigt an ihnen vorbei. An mir auch. Die Predigt hatte mit Martin Luther begonnen und lief über die allgemeine Ungerechtigkeit in der Welt in einem postulierten "I have a dream" aus.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Abschlussgottesdienst mit Abendmahl
Viel spannender war also das Drumherum. Dazu gehörten die immer wieder einsetzenden Bläser hinter der Bühne - wie schon erwähnt: Hunderte! Bewegend auch das gemeinsame Vaterunser, das gemeinsame Abendmahl und der Segen von EKD-Chef Bedford-Strohm im wehenden schwarzen Gewand. Die Sonne blitzte in das Kreuz über dem Talar und tauchte es in einen goldenen Glanz.

Einheit in Jesus Christus

Der Altar war eine Leihgabe des Deutschen Katholikentages. Überhaupt zeigten sich die katholischen Gastredner sehr erfreut über die guten Beziehungen zu den Protestanten. Das sei vor zehn Jahren noch nicht so selbstverständlich gewesen.

Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Besucher mit "Liebe Schwestern und Brüder" und zeigte sich ebenfalls hoch erfreut darüber, dass die Christen unterschiedlicher Konfessionen und Denominationen auf einem guten Weg zur Bündelung ihrer Kräfte seien. Das solle weiter intensiviert werden. Der Bundespräsident war selbst viele Jahre lang aktiv an den Evangelischen Kirchentagen beteiligt. Ein katholischer Redner brachte es auf den Punkt: Uns verbindet die Einheit in Jesus Christus.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Abschlussgottesdienst mit Segen von Heinrich Bedford-Strohm
Gegen 14:00 Uhr nutzte ich den VIP-Ausgang neben der Bühne und wollte möglichst vor dem großen Abgang den Hot Spot verlassen. Immer noch um die 30°C und pralle Sonne. Vorbei an etwa zwanzig schwarzen Limousinen mit Blaulicht, vorbei am Pressezelt, vorbei an vielen Polizeiautos, durch einen hohen Gitterzaun, hinaus auf das freie Feld. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis ich die Pontonbrücke passiert und die Strecke über die Bahnlinie absolviert hatte.

Das Auto war extrem aufgeheizt. Ich entfernte die Decke über dem Lenkrad und trat den Heimweg an. 29,5°C war neben dem Tacho abzulesen. Unsere britischen Gäste hatten noch eine Verabredung in Wittenberg. So fuhr ich die 122 km alleine mit aufgedrehter Musik nach Hause.

Donnerstag, 25. Mai 2017

#Kirchentag: Messe Berlin und City

Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag wartet mit vielen Veranstaltungen in Berlin, Wittenberg, Potsdam und Leipzig auf. Heute schauten wir uns auf dem Messegelände am Funkturm und am Alexanderplatz um.



Die Entscheidung für den öffentlichen Nahverkehr fiel heute leicht. Bequem erreichten wir die Nordseite des Messegeländes, liefen an schwer bewaffneten Polizisten vorbei, lehnten Flyer dubioser Gruppen ab und betraten das Palais am Funkturm. Hier, wo seit Jahren die goldenen Lolas an Filmschaffende vergeben werden und wilde After Show Partys toben, flatterten heute orange Schals und orange Fahnen mit großen runden Augen.

Wahrheit vor der Kamera

Wir steuerten die Bühne an und setzten uns in die dritte Reihe. Der Innenminister diskutierte vor laufenden Kameras des ZDF über Wahrheit. Thematisch entglitt das Ganze in Richtung Medienkompetenz, Shit Storm und juristische Optionen. Es wurde kontrovers diskutiert, enthielt aber für alle Teilnehmer des Panels wertvolle Impulse. Alle waren sich einig, dass gegenteilige Meinungen durchaus erwünscht seien, jedoch sollte der Diskurs in einer respektvollen Atmosphäre geführt werden.

#Kirchentag
#Kirchentag - Sitzplätze in den Messehallen
Leere, Pilgerweg und Seelsorge

Anschließend unternahmen wir den Versuch, uns systematisch von Nord nach Süd durch die Messehallen zu arbeiten. Die ersten Hallen waren etwas spartanisch eingerichtet. Hier und dort ein vereinzelter Stand, dann eine ganze Halle als Pilgerweg. Die übliche Optik schillernder Messebauten mit Jutebeuteln und Kugelschreibern begegnete uns nicht. Wir kauften zwei Pizzabrote und liefen weiter.

Eine ganze Halle für Seelsorge: Paarberatung, Einzelberatung, Gebetskabinen, Wartelisten. Interessant, woran beim Kirchentag gedacht worden war. Die Population wurde dichter. Immer mehr orange Schals und Beutel mit DEKT-Aufschrift kamen uns entgegen. Eine jung gebliebene Dame hatte sich einen grauen Hoodie im Kirchentags-Look zugelegt. Zwei großen Augen schauten mich von ihrem Rücken aus an.

Markt der Möglichkeiten

Wir näherten uns den eigentlichen Messeständen und fanden uns plötzlich in einem wilden Durcheinander wieder. Das heißt, über einigen Ständen waren Tafeln mit Kategorien angebracht. Allerdings erschloss sich die Zusammenstellung nicht wirklich unserer Logik.

Hier eine Israel-Ecke, dort Freizeitheime, hier Hospitalschiffe und dort die Bundespolizei; Bücher, Verlage, Bibelschulen, Missionsgesellschaften, Godly Play, Nagelkreuz-Verein, Verein der ostpreußischen Ostkirche und interreligiöse Stände. Dazwischen noch Aktionen gegen Menschenhandel, Podiumsdiskussionen, Pfadfinder, die Internetmission, die Christoffel Blindenmission, die Jesuiten, christliche Berufsperspektiven und World Vision.

#Kirchentag
#Kirchentag - Du siehst mich.
Mitglieder und Spender

So muss Luther Rom erlebt haben: Spende für Kaffee, Spende für den Verein, ein Euro für den bedruckten Radiergummi, eine Unterschrift gegen die Bundeswehr und hier noch das Formular zum Eintritt in einen Förderverein. Wären wir auf all diese Wünsche eingegangen, hätte uns das viel Geld gekostet und rein rechnerisch täglich zur Teilnahme an mehreren Jahreshauptversammlungen verpflichtet. Die Vielfalt ist schön und bunt, könnte aber sicher auch gebündelt und damit effizienter gestaltet werden.

"Christ und nicht hetero", lasen wir an einem Stand, der uns auf die Umwidmung des Regenbogens einstimmte. Beim nächsten Anbieter mussten wir erst einmal schauen, in welchem Kontext der Regenbogen dort genutzt wurde. Aha, Holzspielzeug für Kinder. Überhaupt wirkten die Besucher wenig heterogen. Wer "kirchlich" ist, offenbart sich durch ein wesentliches Merkmal:

Die Brille.

Es muss ein Modell im dreistelligen Preissegment sein. Dazu graue oder weiße Haare. Frauen tragen das Haar maximal schulterlang und Männer zusätzlich einen kurzen Bart. Sportliche Ökokleidung und gepflegtes Äußeres, kombiniert mit einem intelligenten Blick runden den homogenen Kirchgänger ab. Was wir bisher nur instinktiv kategorisiert hatten, notierte ich auf einem Zettel und evaluierte es im weiteren Verlauf des (Kirchen-)Tages.

#Kirchentag
#Kirchentag - Marienkirche am Alexanderplatz (Foto: Archiv 27.06.2017)
Alexanderplatz

Am Abend schauten wir uns mehrere Musikveranstaltungen rund um den Alexanderplatz an. Mit geschärftem Blick erkannten wir die DEKT-Teilnehmer auch ohne den markanten orangen Schal. Eine Band aus dem Libanon fiel jedoch durch das kulturell-ethnische Raster. Die Rocker hätten auch als Europäer oder Amerikaner durchgehen können. Fasziniert lauschten wir ihrer musikalischen Darbietung. Ein Schwarzer tanzte, Frauen mit Kopftüchern blieben stehen und EKD-Mitglieder offenbarten ihr Rhythmus-Gefühl.

Im benachbarten Bücherzelt kauften wir eine Twitter-Bibel. In der Marienkirche lauschten wir dem Konzert von Einheimischen und Geflüchteten: Klassik auf höchstem Niveau aus einem Mix europäischer und nahöstlicher Klänge und Gesänge.

Auf dem Rückweg mit der Tram setzten sich zwei ältere Damen zu uns. Den Zweck ihres Berlin-Besuchs erkannten wir an den Brillen und den schulterlangen grauen Haaren.

Mittwoch, 24. Mai 2017

#Kirchentag: Eröffnungs-Gottesdienst am Reichstag

Sehen und gesehen werden bei der Eröffnung des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentages #DEKT. Wer und was war alles beim Gottesdienst am Reichstag und dem anschließenden Empfang beim Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU zu sehen?



Es muss schon eine charismatische Persönlichkeit sein, die mehrere tausend Erwachsene zu seltsamen Handbewegungen anstiftet: Eckart von Hirschhausen. Beim Gottesdienstes zur Eröffnung des #DEKT motivierte er die Teilnehmer, mit ihren Händen ein Fernrohr zu formen und einen beliebigen Punkt in der Umgebung zu fixieren. Ich ließ mein Fernrohr von der Ministerbank zum Dach der Bühne schweifen und blieb dort haften: ein Dach über vielen Christen aus vielen Gemeinden und Konfessionen.

Sehen und gesehen werden

Als Hagar in 1. Mose 16, 13 - frei übersetzt - "Du siehst mich" sagte, wusste sie noch nicht, dass 4.000 Jahre später ein Kirchentag unter diesem Motto stattfinden wird. Im Bereich vor der Bühne galt jedenfalls das "Sehen und gesehen werden". Wolfgang Thierse, Christian Wulff, Franz Josef Jung, Hermann Gröhe, Petra Pau, Thomas de Maizière und Norbert Lammert sahen sich und andere Personen in ihrem Umfeld. Dazu gehörten Eckart von Hirschhausen, Friede Springer, Martin Pepper und jede Menge unbekannter Kirchenvertreter, die sich alle kannten. Letzteres war daran zu erkennen, dass sie sich sehr herzlich grüßten, als sie sich sahen.

#Kirchentag Reichstag Eröffnungsgottesdienst
#Kirchentag - Eröffnungsgottesdienst vor dem Reichstag
Du siehst mich ab 18:00 Uhr

Der Gottesdienst vor dem Reichstag startete um 18:00 Uhr. Immer wieder schallten Klänge vom Parallel-Gottesdienst am Brandenburger Tor herüber. Die eigentliche Musik spielte aber hier auf dem Platz der Republik:

Die Zuschauer sahen und hörten unter anderem den Landesbischof Heiner Koch. Als Katholik machte er sich stark für die Zusammenarbeit von evangelischen und katholischen Christen in der Stadt. Es gebe mehr Christen in Berlin, als wir denken. Eine Aussage, die ich nach dem Besuch von weit über 70 Gemeinden bestätigen kann.

Sehr positiv wurde auch der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, aufgenommen. Ausgehend vom Nagelkreuz, das er sichtbar über seinem schwarzen Gewand trug, predigte er über Jesus und "Eine feste Burg ist unser Gott". Diesen Satz zitierte er mehrfach auf Deutsch. Der Rest wurde von der Bühne aus übersetzt.

Mit "Schwestern und Brüder" begrüßte Norbert Lammert die Gottesdienst-Besucher und redete davon, dass Christen sichtbar sein sollten - auch im Alltag. Überhaupt blieb der gesamte Gottesdienst am Thema "Sehen": Mitmenschen wahrnehmen, in die Augen sehen, etwas sehen, übersehen, herabsehen, Gott sehen, von Gott gesehen werden.

#Kirchentag Reichstag Eröffnungsgottesdienst
#Kirchentag - Eröffnungsgottesdienst vor dem Reichstag - Predigt des Erzbischofs von Canterbury
Ich sehe einen Parkplatz und die Kanzlerin

Als ich zum Auto zurückkam, sah ich ein Ticket: 10 Euro. Behutsam entfernte ich es und fuhr zur CDU-Bundesgeschäftsstelle. Das war gar nicht so einfach. Die City war weiträumig abgesperrt. Ich parkte am Großen Stern und lief die 600 Meter zum Konrad-Adenauer-Haus.

Dort sah ich weitere Bekannte: Angela Merkel, EKD-Chef Heinrich Bedford-Strohm, Erhart Zeiser und Allianz-Primus Ekkehart Vetter. Eckart von Hirschhausen und Norbert Lammert standen neben mir und folgten dem Grußwort der Kanzlerin, die sich über den wachsenden Mut zum Outen als Christ redete. Ursula von der Leyen sah ich nicht, dafür aber die Kirchentags-Präsidentin Christina Aus der Au. Die Schweizerin mit dem starken fränkischen Akzent hatte schon beim Gottesdienst einen sehr sympathischen Eindruck hinterlassen.

Wir sehen die zu spät Kommenden

Wegen der oben erwähnten Verkehrssituation kamen fast alle Altvorderen zu spät, also die Personen, die in der ersten Reihe neben der Kanzlerin und Peter Tauber sitzen durften. Peter Tauber hätte ich nach dem Gottesdienst am Reichstag fast eine Mitfahrgelegenheit angeboten. Sein nächstens Ziel war absehbar.

Auch Erzbischof Welby mit dem Nagelkreuz und Landesbischof Bedford-Strohm kamen zu spät. Bedford-Strohm ist dafür bekannt, seinen Halsschmuck auf den Anlass anzupassen. Statt eines Kreuzes trug er heute einen DEKT-Schal. Sein Grußwort war frei gesprochen und zeigte, dass er auch Latein kann: Dreimal wiederholte er mit den Worten "homo incurvatus in se ipsum", dass der Mensch verkrümmt in sich selbst sei. Diese Verkrümmung könne sich nicht nur in Sünde äußern, sondern auch in einem um sich selbst Drehen. Das gelte für Einzelpersonen und ganze Gemeinden. Applaus.

Siehe, ein D!

Immer wieder grüßten mich völlig unbekannte Leute. Einer davon raunte mir in vertraulichem Ton zu: "Essen gibt's oben". Oben wurden die Gäste mit belegten Broten, Wein, Bier und anderen Getränken versorgt. Gemeinsam mit Allianz-Chef Ekkehart Vetter wurde die Demokratie einer Belastungsprobe unterzogen. Wir lehnten uns gegen das zwei Meter hohe D des CDU-Schriftzuges. Es gab nach und rutschte Richtung Fenster. Wir stellten den Buchstaben an seinem ursprünglichen Ort und wechselten den geografischen Standpunkt.

Am Ende des Ganges wurden Eierkuchen gebacken. Ich bekam einen in Form des CDU-Schriftzuges. Sollte das mein Gewissen herausfordern? Keine Ahnung. Ich tauchte die drei Buchstaben in rote Fruchtsoße und verspeiste das D zum Schluss.

Apropos rote Fruchtsoße: Die Kanzlerin hatte den EKD-Ratsvorsitzenden trotz seiner politischen Orientierung sehr herzlich begrüßt und dann von der Kanzel aus bemerkt, dass sie die geschwisterliche Gemeinschaft über Parteigrenzen hinweg genieße. Am Promi-Tisch saß Angela Merkel dann jedoch neben dem Briten mit dem Nagelkreuz.

Montag, 17. April 2017

IGA 2017 - Gottesdienst in der Arena

Christen in der Arena gab es schon vor 1900 Jahren in Rom. Der heutige Aufenthalt in der Arena war nicht ganz so gefährlich und kostete statt der körperlichen Unversehrtheit je nach Personengruppe bis zu 90 Euro.



Die IGA 2017 Internationale Gartenausstellung war am Gründonnerstag in Berlin-Marzahn eröffnet worden. Wo vor drei Tagen der Bundespräsident und die Altrocker-Band Karat auf der Bühne standen, agierten heute der Gospelchor "Bona Deus" und die Band "Patchwork". Patchwork wird inzwischen wohl mehr auf eine weit verbreitete Familienform als auf eine Decke aus verschiedenen Stoffteilen bezogen.

Ökumenischer Gottesdienst

Der ökumenische Ostergottesdienst unter dem Titel "O Happy Day" war schon im März angekündigt worden. Es wurden vergünstigte Karten vermittelt, so dass es 2.500 Vorverkäufe gab. Das entspricht der Hälfte der geladenen Gäste zur Eröffnung am Gründonnerstag.

Das Wetter war jedoch genauso durchwachsen wie vor drei Tagen, so dass nur etwa ein Drittel der Ticketinhaber in der Arena erschienen waren. Den Altersdurchschnitt schätzten wir auf fünfzig. Während kurzer Schauer wurden bunte Regenfolien übergestreift. Die Helfer mit ihren gelben Jacken waren dennoch gut zu erkennen. Zu Beginn hatten sie kleine Faltblättchen mit den Liedtexten und dem Gottesdienstablauf verteilt. Am Ende halfen sie an den Gebetsstationen. Es wurde Weihrauch verbrannt und hüllte die Arena in den Gärten der Welt in seinen markanten Duft.

Osterhase und Osterbotschaft

Die Halleluja-Rufe von der Bühne erinnerten an den Münchner Engel Aloisius beim "Frohlocken". Die vorderen Blocks gingen nach wiederholtem und lauter werdendem "Halleluja" willig mit. Der Moderator, Pastor einer Berliner Baptistengemeinde, wirkte etwas unvorbereitet und teilte seiner ökumenischen Zuhörerschaft freudig mit, dass der Osterhase die Osterbotschaft bringe. In diesem Zusammenhang könnte der Lehrplan der Theologischen Hochschule Elstal etwas nachjustiert werden.

Der Gärtner

Anschließend trat weder der Osterhase noch einer der pelzigen Freunde, die während der IGA zum Fotoshooting animieren, auf die Bühne, sondern Probst Dr. Christian Stäblein von der EKBO. Er trug einen schwarzen Talar und ein großes silbernes Kreuz um den Hals.

Er hielt eine sehr anschauliche Predigt. Es ging um Johannes 20, 11-18 mit Maria und ihrer Annahme, Jesus sei der Gärtner. Der Gärtner kümmere sich um das Leben und der Gärtner entsorge tote Pflanzen oder gelegentlich auch andere Tote. Es sei allgemeines Klischee, dass der Gärtner insbesondere in britischen Krimis der Mörder sei. Jesus sei als Gärtner auch zum Mörder geworden. Er habe den Tod getötet. Eine spitzfindige Pointe zu diesem Bibeltext und eine gelungene Brücke zur IGA 2017.

Apropos Brücke

Da die Eintrittskarten für den Besuch der gesamten Ausstellung galten, hatten wir vorab einige Stationen in den Gärten der Welt besucht. Besonderes Interesse bestand an der kunstvoll gestalteten Friedhofslandschaft. Beide Omas hatten innerhalb der letzten zwei Jahre Abschied von ihren Ehepartnern nehmen müssen. Auf einer Bank neben den Grabsteinen aßen wir selbst gebackene Schokokekse und Bouletten.

Dann liefen wir zur Seilbahn und ließen uns über den Kienberg nach Hellersdorf gondeln. Anstehen sowie Hin- und Rückfahrt hatten insgesamt nur zwanzig Minuten gedauert, so dass wir tatsächlich fünf Minuten vor Gottesdienstbeginn in der Arena saßen.

Montag, 27. März 2017

Vormundschaft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

Die Caritas ist eine von drei Organisationen, die sich um ehrenamtliche Vormünder für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kümmert. In der letzten Woche nahmen wir an einer Informationsveranstaltung teil.



Jährlich treffen mehrere tausend Flüchtlinge in Deutschland ein, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und sich nicht in Begleitung ihrer Erziehungsberechtigten befinden. Die Zahlen sind rückläufig und die Herkunftsländer wechselnd.

Wer also ein christliches Mädchen aus Syrien betreuen möchte, kann alternativ auch Lotto spielen und auf die Auszahlung des Jackpots hoffen. Ein sehr hoher Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen ist männlich, kommt teilweise aus als sicher eingestuften Herkunftsländern und hat keine wirkliche Bleibeperspektive. Neben jeder Menge Traumata bringen die Minderjährigen Analphabetismus, realitätsfremde Vorstellungen und eine islamische Prägung mit. Bei Jugendlichen kommen dann noch pubertäre Anwandlungen hinzu, deren Auswirkungen schon bei einheimischen Kindern nicht immer kalkulierbar sind.

Unterschrift der Eltern

Minderjährige haben jedoch diverse Hürden zu überwinden, bei denen sie per Gesetz auf Unterschriften der Eltern oder Erziehungsberechtigten angewiesen sind. Fehlt solch eine Person, wird durch das Jugendamt ein Vormund gestellt. Eine Integration ist jedoch besser möglich, wenn ehrenamtliche Personen dieses Amt ausfüllen, zumal es mindestens einmal im Monat ein Präsenztreffen zwischen Vormund und Flüchtling geben muss.

Kleine Wohnung und die Zeit

Der Charme an der Vormundschaft besteht darin, dass der Jugendliche räumlich von der Familie getrennt lebt. So sind begrenzte Wohnverhältnisse kein Hinderungsgrund für die Übernahme einer ehrenamtlichen Vormundschaft. Die Vormünder arbeiten mit Jugendamt, Familiengericht und den Sozialarbeitern im Flüchtlingsheim Hand in Hand. Letztere übernehmen auch Termine wie Elternabende in der Schule oder ähnliches.

Dennoch sollte man sich ein gewisses Zeitbudget einplanen. Es werden tagsüber Telefonate, E-Mails oder gemeinsame Behördengänge notwendig sein, was mit dem Arbeitgeber abzustimmen ist.

Integration und Rückführung

Der Vormund hat keinen großen Einfluss auf den Bleibestatus oder eine eventuelle Rückführung seines Mündels. Der Vormund kann sein Mündel sprachlich und gesellschaftlich fördern und eventuell in eine Ausbildung vermitteln. Bildungsmaßnahmen können sich verzögernd auf eine drohende Abschiebung auswirken. Der Vormund sollte sich jedoch keine zu großen Illusionen über die Integrationswilligkeit oder Integrationsfähigkeit machen und die Erwartungslatte lieber tiefer ansetzen.

Viele der Minderjährigen wurden von ihren Eltern vorgeschickt. Sollten die Eltern dann auch in Deutschland eintreffen, geht die Vormundschaft nicht einfach automatisch zu den leiblichen Eltern über. Die Vormundschaft muss dann über das Familiengericht offiziell rückabgewickelt werden.

Geld

Ehrenamtlichen Vormündern steht eine steuerfreie Aufwandsentschädigung von knapp dreihundert Euro pro Jahr zu. Zeit, Geld und Motivation sind also mitzubringen. Der Vormund überprüft übrigens auch die Einnahmen und Ausgaben des Mündels und ist für die korrekte Verwendung von beispielsweise Möbel-Zuschüssen verantwortlich. Die Haftung des Vormundes für den jungen Flüchtling ist durch eine Haftpflicht der Familiengerichte abgedeckt, wobei hier genau geschaut werden sollte, welche Situationen konkret versichert sind.

Vernetzung

Ehrenamtliche Vormünder stehen nicht alleine. Es gibt themenbezogene Netzwerke, in denen ein reger Austausch stattfindet. Als Dach fungiert unter anderem die Caritas, bei der wir diese Informationsveranstaltung besucht hatten. Das sehr gut besuchte Treffen dauerte keine zwei Stunden. Der nächste Schritt ist ein psychologisches Einzelgespräch, in dem die Eignung und die Motivation des potenziellen Vormundes geklärt wird. Es müssen physische und psychische Ressourcen für diese Tätigkeit zur Verfügung stehen. Mal eben nebenbei Vormund machen geht nicht.

Hut ab vor jedem, der sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe stellt und damit einen aktiven Beitrag zur Integration in unsere Gesellschaft leistet. Als Deutsche gehen wir dabei voran. Laut Caritas gibt es bisher keine muslimischen Initiativen der ehrenamtlichen Vormundschaft. Die Kluft zwischen den islamischen Gruppierungen spielt dabei auch eine Rolle.

Freitag, 24. März 2017

Dynamissio - missionarischer Gemeindekongress 2017

Dynamissio versteht sich als missionarischer Gemeindekongress. Der dreitägige Kongress ist aber weit mehr. Dynamissio endet am Samstag mit einem gemeinsamen Gottesdienst inklusive Abendmahl. Heute hatte ich die Ausstellung im Velodrom besucht.



Der Außenbereich des Velodroms hat den Charme der Unterwelt des Flughafens Tempelhof. Nackter unbehandelter Beton, undefinierbare Zugänge zum Innenbereich, Sichtachsen wie im Schießstand des "Planeten der Affen". Vögel zwitscherten. Die Sonne tauchte den breiten Eingangsbereich in ein angenehmes Licht.

Durch einen nüchternen Gang und um mehreren Abzweigungen gelangte ich schließlich in einen Saal mit unzähligen Messeständen. Zur Internetmission Berlin musste ich mich durchfragen und fand sie tatsächlich in der äußersten Ecke. Der Projektleiter hatte systematisch die Standbetreuer anderer Organisationen abgezogen und zum Stellplatz A25 geholt. Dort liefen die Kneipenvideos, die den Glauben auf berlinerisch erklären.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Mission ganz groß geschrieben
Seminare, Foren, Projekte

Im Saal war kaum etwas los. Die meisten Teilnehmer hatten sich in Berlin verteilt, um Seminaren oder Foren beizuwohnen oder gar eines der knapp vierzig Projekte kennen zu lernen. Die Seminare bewegten Themen wie "Digitale Kirche", "missionaler Lebensstil", "Kommunikation statt Konfrontation", "Kids first!" und andere sehr vielseitige Interessensgebiete.

Die Foren waren in Evangelium, Gemeinde und Politik + Kultur eingeteilt. Die Besetzung war hochkarätig. Es referierten beispielsweise Volker Kauder MdB zur Religionsfreiheit oder Volker Beck MdB zur Rolle der Kirche in einer multireligiösen Gesellschaft.

Vernetzung und Flyer

Vernetzung auf höchstem Niveau während der Veranstaltungen und beim Durchlaufen der Messestände. CVJM, Gideon, Bibellesebund, FEG, World Vision, ERF, Campus für Christus, Juden für Jesus und Open Doors waren nur einige der Organisationen, die in trauter Einheit ihre Spezifika präsentierten. Überall gab es Goody Bags, Kugelschreiber, Bonbons, Bücher und Flyer. Flyer ohne Ende. Dankend lehnte ich viele der Flyer und Kugelschreiber ab. Ich gab mehrere Visitenkarten heraus und wunderte mich, dass kaum jemand eine personalisierte Karte dabei hatte.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Projekte stellen sich vor
Dynamik und Mission

Dynamissio ist ein schönes Wortspiel aus Dynamik und Mission. Eine Kombination, die in deutschen Gemeinden nur partiell abgedeckt wird. Die Zuständigkeit für Mission wird regelmäßig an übergemeindliche Organisationen delegiert. Gut, wenn diese Organisationen dann auch keine Mitarbeiter oder finanzielle Ressourcen aus der Ortsgemeinde abziehen. Dynamik hat etwas mit Vorwärtsentwicklung zu tun und kann gelegentlich Geschwindigkeiten annehmen, die den bisherigen Lenker einer Gemeinde überfordern.

Dynamissio vereint Christen mit dem gleichen Ziel, nämlich Menschen für Jesus zu begeistern. Die Wege zum Ziel sind vielgestaltig und setzen an unterschiedlichen Etappen des Glaubenslebens und bei differenzierten Lebenssituationen an: Missionsschiffe im Indischen Ozean, sprechende Stifte in Kinderbüchern, kostenlose Bibeln für Hotelgäste, Bibelschulen für reifende Christen, Vermittlung christlicher Fachkräfte in schwer zugängliche Länder, Leitungskurse für Ortsgemeinden, Hilfe für verfolgte Christen, Materialien für Hauskreise, missionarische Aktionen für Studenten und vieles mehr.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Betet für die Menschen in Nordkorea!
Besonders bewegend war der Stand von Open Doors, der den Besucher greifbar in das Szenario nordkoreanischer Arbeitslager integrierte. An den Wänden waren Berichte von Häftlingen, die bis zum Tod an Jesus festgehalten hatten und damit auch ein Umdenken bei ihren Wärtern anstoßen konnten.

Ein beachtenswerter Fokus lag auch auf den Basics der Beziehung zu Jesus, dem Bibellesen. So gab es Bibelkurse, Bibeln in unterschiedlichen Übersetzungen, Bibeln mit Bildern, Bibeln als Film oder Bibeltexte als Comic.

Dynamissio 2017
Dynamissio 2017 - Basiswissen aus der Bibel
Christen unter sich

Bei all den Programmen und Angeboten auf dem Dynamissio-Kongress blieben die Anbieter unter sich. Die Zielgruppe der Noch-Nicht-Christen hätte sich hier sicher wohl gefühlt, stand aber nicht im Fokus der Kongress-Teilnahme. Die geballte Ladung missionarischer Organisationen zeigte, dass der jeweilige Akteur nicht allein auf weiter Flur steht.

Letzteres ist übrigens auch ein Phänomen, das uns bei der gemeindlichen Wahrnehmung in Berlin aufgefallen ist. Wer Sonntag für Sonntag in dieselbe Gemeinde geht, übersieht irgendwann das reichhaltige christliche Leben in der Stadt. Dabei finden oft im Umkreis von wenigen hundert Metern mehrere Gottesdienste gleichzeitig statt. Der Blick über den Tellerrand ist gut und hilfreich. Dynamissio ist ein Blick über den Tellerrand. Nicht nur zu den Gleichgesinnten, sondern auch zu Freunden und Bekannten, die Jesus noch nicht kennen.

Sonntag, 19. März 2017

Webinar mit Alexander Garth

Die Internetmission Berlin übt sich in der breiten Nutzung multimedialer Technologien wie YouTube, Facebook, Blogger, Widgets oder Webinaren. Heute fand das zweite Webinar mit Pfarrer Alexander Garth statt.



Vorab: Alexander Garth hat nichts mit dem gleichklingenden Haarstudio und dessen vielfach parodierter Werbung zu tun. Alexander Garth ist multifunktionaler Theologe, Buchautor und Pfarrer. In Berlin wurde er durch Gründung und Leitung der JKB Lichtenberg bekannt. Ein Gemeinde-Derivat der Stadtmission, welches in Berlin-Hellersdorf seinen Anfang nahm.

Im heutigen Webinar der Internetmission Berlin ging es um das Thema "Kein Krieg ist heilig". Das Thema wird in der Gesellschaft und anderen religiösen Zusammenhängen durchaus differenziert betrachtet. Deshalb war die klare Überschrift des Webinars bereits eine Provokation, die zur Teilnahme anregen sollte.

Familien-Event

Wir hatten das Webinar als Familien-Event eingeplant. Es begann pünktlich um 19:00 Uhr und wurde live aus der CKB, der City Kirche Berlin, übertragen. Normalerweise steht Volkhardt Spitzer dort vor der Kamera und transferiert seine Botschaft in die Wohnzimmer Deutschlands, Europas und Asiens.

Die bekannten Grünpflanzen hinter dem transparenten Pult fehlten. Blaue Wände des Innenraums, blaues Rollup der Internetmission Berlin, blaues Sakko, blaues Hemd und blaue Brille stellten ein farbharmonisches Ensemble für das etwa 40-minütige Webinar dar. Auch die Bildaufteilung war gelungen. Alexander Garth stand links, mittig blickte der Zuschauer auf den Altarbereich mit Kreuz und rechts auf das Rollup mit der Aufschrift "Alle sind online, Gott auch".

Pfarrer aus Wittenberg

Der Pfarrer aus Wittenberg machte zunächst einen Exkurs durch das Alte Testament mit Hauptaugenmerk auf die Vernichtung von Städten wie Jericho. Dann ging er zum Neuen Testament über und erklärte die Sicht durch die ergänzenden Anweisungen Jesu. "Ich aber sage euch", verschärfte Jesus in der Bergpredigt bekannte Gesetze aus dem Alten Testament, indem er sie in Richtung eines respekt- und liebevollen Umgangs miteinander nachjustierte.

Einen großen Teil des Webinars nahmen Jesus und seine Aussagen zur Liebe gegenüber Gott und der Liebe zum Mitmenschen ein.

Fragen aus dem Publikum

Die letzte Viertelstunde stand für Fragen aus dem virtuellen Publikum zur Verfügung. Viele Fragen drehten sich um Martin Luther, islamistischen Terrorismus und mögliche Gewaltanwendung im Kontext von Selbstverteidigung und wehrhafter Demokratie. Das Webinar enthielt ferner eine Umfrage, die live kommentiert wurde. Abschließend wurden die Teilnehmer um ein kurzes Feedback zum allgemeinen Eindruck und der Webinar-Länge gebeten.

Mehrwert eines Webinars

Wegen unserer heutigen Terminhäufung hatte meine Frau direkt vor dem Webinar ihre Haare mit "Coloration Creme sans Ammoniaque" von L'ORÉAL einpinseln lassen. Das Timing war so gut, dass sie unmittelbar danach die Farbe ausspülen konnte. das wäre bei einem Präsenztermin an einer zentralen Location nicht möglich gewesen.

Donnerstag, 16. März 2017

Gebet mittwochs 12:45 Uhr

Seitdem ich ein WhatsApp-fähiges Smartphone habe, hat sich der eigentliche Zweck des Telefonierens auf ein Minimum reduziert. Dafür nutze ich andere Features wie die Erinnerung an gemeinsame Gebetszeiten per Handywecker.



Die Internetmission Berlin stellt einige Herausforderungen an die Wecker-Konfiguration. Es beginnt damit, dass das gemeinsame Gebet per Telefonkonferenz vierzehntägig stattfindet. Mittwochs. Mittwoch kann ich einstellen, 12:45 Uhr kann ich einstellen, aber nicht vierzehntägig. Meine Frau machte schon den Vorschlag, den Kalender mit allen vierzehntägigen Gebetsterminen zu befüllen und mit einem Alarm zu verbinden. Das war mir zu aufwendig, so dass ich kurzerhand den Wecker auf jeden Mittwoch 12:45 Uhr eingestellt habe.

Zwölf Uhr mittags ...

Mittwoch 12:45 Uhr ist so eine Zeit, die mitten in der Woche und damit auch mitten im Tagesgeschäft liegt. Es soll Arbeitnehmer geben, deren feste Mittagspausen genau diese Zeit überspannen. Ich gehöre nicht dazu. Deshalb ereilt mich der Weckruf gelegentlich in Situationen der freien Wildbahn, die gar nicht so auf konzertiertes Gebet ausgelegt sind.

Letzte Woche beispielsweise auf der Rückfahrt von einem Auswärtstermin. Erst kurz vor der Siegessäule vernahm ich den seichten Klang des Weckers, der fast eine Stunde von der lauten Musik im Auto übertönt worden war. Im Kreisverkehr und bei der Zufahrt auf das Brandenburger Tor konnte ich dann verkehrsbedingt einige Gebetsfragmente abgeben. Da mich die hartnäckige Erinnerungsfunktion des Handyweckers im Zusammenspiel mit dem Klangteppich im Fahrzeug beschäftigte, ergab es sich fast automatisch, dass ich immer wieder das Gebet aufgriff.

Gestern meldete sich der Wecker, als Ursula von der Leyen zusammen mit ihren Amtskollegen aus Österreich und der Schweiz zwei Kränze niedergelegt hatte und gerade das Ehrenmal der Bundeswehr verlassen wollte. Kurzes Gebet, Hektik, Wecker aus, Fassung bewahren, Gebet und Begleitung der Ministerin zum Hauptgebäude, Gebet, Abfahrt, Ampel, Gebet.

Konzertiertes Gebet

Gelegentlich passt es sogar, dass ich beim Erschallen des Weckers im Büro sitze, der vierzehntägige Mittwoch auf dem Kalender steht und ich tatsächlich zum Telefon greifen und mich in den Konferenzraum einwählen kann. Gebet ab zwei Personen hat noch einmal eine ganz andere Dimension - siehe Matthäus 18, 19-20.

In diesem Sinne können die Zeiten auch nach Bibelstellen festgelegt werden. Ein Hauskreis könnte beispielsweise den Wecker auf Mittwoch 18:19 Uhr stellen. Mittwoch enthält die Buchstaben M und T wie Mt und 18:19 Uhr erinnert an Kapitel 18 Vers 19. Einige Pastoren haben ihren Weckruf auf 10:02 Uhr eingestellt. Das bezieht sich auf Lukas 10 Vers 2 und regt das Gebet für Mitarbeiter an. Während der Originalkontext das überregionale Reich Gottes im Blick hatte, geht es bei heutigen Pastoralgebeten wohl eher um Helfer für die Ortsgemeinde. Wem die Transformation durch Beziehungsaufbau mit Jesus am Herzen liegt, könnte den Wecker auf 19:10 Uhr stellen und damit in Bezug zu Lukas 19,10 treten.

Frühgebet

Ganz harte Beter könnten den Wecker sogar auf 3:16 Uhr stellen und sich mitten in der Nacht an das nächtliche Treffen von Jesus mit Nikodemus erinnern, wo der vielzitierte Satz Johannes 3 Vers 16 "So sehr hat Gott die Welt geliebt..." fällt.

Apropos Nacht: aus eigener Erfahrung mit mehrmonatigem Frühgebet weiß ich, dass im Halbschlaf eine sehr gute Kommunikation mit Gott möglich ist. Im morgendlichen Delirium hört man viel besser, was Gott zu sagen hat, da die eigenen Gebetsmonologe noch nicht so flüssig über die Lippen gehen.

Montag, 20. Februar 2017

Gesprächsforum - Reich werden mit Josef Müller

Josef Müller ist ein passgenaues Abbild des "verlorenen Sohnes" aus Lukas 15, 11-32. Gestern Abend erlebten wir ihn im Best Western in Steglitz.



Neunzehn Tische waren zum Dinner eingedeckt. Die Platzierung stand fest und wurde bereits am Eingang zum Großen Saal mitgeteilt. Neben meinem Namen stand ein TV. Da ich keine Kamera dabei hatte, fragte ich nach und erfuhr, dass "TV" die Abkürzung für "Tischverantwortlicher" sei. Ich solle anschließend lediglich einen weiteren Fragebogen ausfüllen und könne an der nächsten Mitarbeitersitzung teilnehmen. Auch in Steglitz.

Unser Tisch war regional sehr divergent besetzt: Lankwitz, Gesundbrunnen und Marzahn. Um den Smalltalk anzukurbeln, drehten wir zunächst die Tischkarten so um, dass jeder die jeweiligen Namen lesen konnte. Alle endeten mit "Mann". Wir einigten uns auf ein Arbeits-Du und gaben einige persönliche Eckdaten zum Besten.

Ambiente und Kollegen

Die Abendveranstaltungen des Gesprächsforums Leben + Glauben finden auf hohem gesellschaftlichen Niveau statt und eignen sich damit hervorragend zum Einladen von Kollegen und Geschäftspartnern. Das Buffet ist nachhaltig gut und punktet mit dem Alleinstellungsmerkmal, dass es logistisch so ausgereift ist, dass keine langen Wartezeiten entstehen. Allein die Getränke-Kellner schienen bei den über hundert Besuchern gestern etwas überfordert zu sein.

Koffer voller Geld

Josef Müller passte als Referent ideal in den Rahmen. Josef Müller war Teil der Nobelszene Münchens, hatte einen schwarzen Rolls Royce mit weißem Fahrer und einen weißen Rolls Royce mit einem schwarzen Fahrer. Wegen eines Autounfalls sitzt er seit seinem Jugendalter im Rollstuhl. Deshalb wählte er einen Beruf, dem er vom Schreibtisch aus nachgehen konnte. Er wurde Steuerberater und wollte sehr schnell viel Geld verdienen. In Koffern transportierte er Gelder aus Drogen- und Waffengeschäften nach Deutschland und legte diese mit einem hohen Gewinnpotenzial an. Das rächte sich jedoch über das begleitende Risiko. Plötzlich hatte er Schulden in Millionenhöhe und die amerikanische Mafia am Hals. Er kompensierte das durch Mandanten, die ihm mehrere Millionen borgten.

Die amerikanischen Strafverfolger konnten das kriminalistische Bedrohungsproblem zwar parallel lösen. Die Schulden blieben. Diesmal jedoch bei seinen engeren Bezugspersonen. Auch heute noch gehen die Erlöse aus den Büchern an seine Gläubiger und zeigen einen Wandel der Persönlichkeit nach Lukas 19, 1-10 (Zachäus).

Knast nach Römer 8, 28

Es gab einige Berührungspunkte mit dem Glauben an Gott und einer persönlichen Ansprache durch Jesus. Die erste wörtliche Anrede auf Deutsch bekam er in seinem Hotelzimmer in Florida. Diese Ansprache war so einschneidend, dass er kurz darauf nach Europa zurückflog und sich dort den Behörden stellen wollte. Diese kamen seiner Zeitplanung zuvor und verhafteten ihn in einem Wiener Hotelzimmer. Wegen Geldwäsche wurde er zu mehreren Jahren Haft verurteilt. In seiner Münchner Gefängniszelle las er das Neue Testament und suchte aktiv den Kontakt zu Gott. Dieser offenbarte sich kurz darauf sehr deutlich durch eine tiefe überfließende Freude, von der Menschen berichten, die ihre "Bekehrung" datieren können. Er rollte dann mit seinem Stuhl auf den Gang und umarmte einige seiner härtesten Zellennachbarn, küsste sie und sagte ihnen dass Gott sie liebt. Nachdem sie sich aus ihrer Starre erholt hatten, gingen sie zum Arzt und baten um dieselben Pillen, die Josef bekommen haben musste.

Ab dem Moment fuhr Josef Müller auf der Bühne richtig ab. Die Begeisterung für Jesus floss nur so aus ihm heraus. Der Rollstuhl bewegte sich von einer Ecke der Bühne zur anderen. Auch die anschließenden Fragen beantwortete er sehr authentisch wie jemand, der Jesus inhaliert hatte und in einer sehr engen Beziehung zu ihm steht.

Unverständnis versus Begeisterung

Während durchaus positives Feedback von den Gästen kam, schaute ich auch in skeptische Gesichter. Rolls Royce, Boote, Hotelzimmer, Koffer voller Banknoten korrelieren auch im Ambiente des Gesprächsforums Leben + Glauben nicht unbedingt mit dem Alltag der Gäste. So hörten wir auch Einschätzungen, die Josef Müller in die Ecke eines egozentrischen Aufschneiders stellten.

Dennoch hatte der Lebensbericht Früchte getragen und mindestens ein Teilnehmer hatte an diesem Abend eine Beziehung zu Jesus begonnen.

Aus meiner Sicht war Josef Müller authentisch. Trotz seiner Querschnittslehmung hatte er sich Humor und Lebensfreude bewahrt. Er hatte dem angeborenen Optimismus und dem erlebten materiellen Überfluss noch den größten Reichtum hinzugefügt: die persönliche Beziehung zu Jesus.

Sonntag, 12. Februar 2017

Bundesversammlung in der St. Hedwigs-Kathedrale

Der Sonntag der 16. Bundesversammlung zur Wahl des neuen Bundespräsidenten begann mit einer ökumenischen Morgenandacht in der St. Hedwigs-Kathedrale. Gemäß Artikel 54 des Grundgesetzes besteht die Bundesversammlung aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder gewählt werden.



Weiß-rote Absperrgitter, Polizisten und schwarze Limousinen markierten heute früh das Areal rund um die St. Hedwigs-Kathedrale. Absolutes Halteverbot, Polizeibusse, Menschen in langen Mänteln und Pressefahrzeuge säumten die Bürgersteige. Bereits am Eingang des katholischen Sakralbaus mit der grünen Kuppel stellte sich heraus, wer zur Bundesregierung und wer zur Bundesversammlung gehörte.

Eine gepanzerte Limousine mit Blaulicht folgte der nächsten. Vor mir traf Volker Kauder ein und eilte durch den westlichen Portalzugang, der für die Bundesversammlung vorgesehen war. An der östlichen Pforte hatten sich Kameraleute postiert und fingen die amtierenden Spitzenpolitiker ein.

Ost und West

Die schmalen Türen führten jeweils in den Ostflügel oder den Westflügel der Kathedrale. Es war gut geheizt, so dass ich meinen Mantel ausziehen konnte. Viele der Volksvertreter bevorzugten jedoch ein nachhaltiges Tragen ihrer Mäntel. Nun ja, sie waren alt genug. Viertel vor neun war der Saal schon sehr voll. Auf den Bänken lagen Programmhefte, in denen sämtliche Lieder, Gebete und der Predigttext abgedruckt waren.

Gegen neun Uhr war der Saal so gut gefüllt, dass einige Gäste sogar stehen mussten. Etwa dreihundert Mitglieder der Bundesversammlung wollten den Tag mit einem Gottesdienst beginnen. Politisch korrekt wurde die Zusammenkunft offiziell als "ökumenische Morgenandacht" deklariert, enthielt jedoch fast alle Elemente der allgemein üblichen Liturgie. Allein die Ansagen fehlten und die Kollekte wurde am Ausgang gesammelt: für die Telefonseelsorge.

Bundesversammlung St.Hedwigs-Kathedrale ökumenische Morgenandacht
16. Bundesversammlung - Ökumenische Morgenandacht in der St. Hedwigs-Kathedrale


Große Koalition

Ich hatte direkten Blickkontakt zu Martin Schulz, dem Wettbewerber von Angela Merkel bei der nächsten Bundestagswahl. Angela Merkel war durch einen Kopf verdeckt. Dafür hatte ich den neben ihr sitzenden Frank-Walter Steinmeier im Blick. Dass sämtliche CDU-Politiker durch die "Mitgl.BVers." verdeckt waren, hatte mich zunächst nicht weiter beschäftigt, könnte aber eine prophetische Sicht auf das nächste Wahlergebnis sein. Wir werden es sehen.

Von Nord nach Süd saßen die unterschiedlichen Parteienvertreter in Eintracht nebeneinander: Maria Böhmer, Julia Klöckner, Martin Schulz, Peter Altmaier, Herrmann Gröhe, Wolfgang Schäuble, Joachim Gauck, Norbert Lammert, Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier. Es schloss sich der Altarbereich mit dem Kreuz an, was die Anwesenheit von Jesus symbolisierte.

Ökumene

So bunt wie der Parteienreigen waren auch die Akteure an der Kanzel. Flüssig und in ökumenischer Harmonie wechselten sich Erzbischof Dr. Heiner Koch, Prälat Dr. Karl Jüsten und Prälat Dr. Martin Dutzmann ab. Jeder von ihnen hatte spezielle Impulse, die politische Themen und biblische Botschaft verknüpften. Die Versammlung wurde klar auf die Gegenwart Gottes hingewiesen und bei einem längeren Moment der Stille sollten die Anwesenden reflektieren, in welcher Beziehung sie selbst gerade zu Gott stehen. Kein Input und kein Lied war darauf gerichtet, dem Hörer hörig zu werden. Jesus und die Ehre Gottes standen im Mittelpunkt.

Matthäus 20, 1-15

In der Predigt ging es um den Hausherrn, der den gesamten Tag über Arbeiter für seinen Weinberg anstellt und diesen am Abend jeweils einen Tageslohn auszahlen lässt (Mt 20,1-15). Der Fokus lag auf der Person des Hausherrn, der zwar gemäß Vers 8 einen Verwalter hatte, aber viele Dinge selbst in die Hand nahm, da sie ihm wichtig waren. "Früh am Morgen" hatte er sein Haus verlassen und die ersten Mitarbeiter angestellt und auch Verantwortung für seine Mitbürger übernommen, die keine Arbeit gefunden hatten, aber zum Feierabend ihre Familie ernähren konnten. "Grundsicherung", raunte meine Nachbarin ihrem Begleiter zu. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, als die Bundesversammlung der Predigt lauschte.

Wenn du willst, kannst du das Gebot halten.

Bereits in der Einleitung wurde aus Sirach 15, 15 zitiert, wo es heißt: "Gott gab den Menschen seine Gebote und Vorschriften. Wenn du willst, kannst du das Gebot halten". Gottes Gebote, Gleichheit und Gerechtigkeit waren Themen, die sich durch den gesamten Gottesdienst zogen. Als besonderes Zeichen der Gleichheit durften sich die Anwesenden per Handschlag einen "Friedensgruß" zusprechen.

Vaterunser mit der Bundesregierung

Nach mehreren Vortragsstücken des Chores und der Dombläser der St. Hedwigs-Kathedrale standen wir auf und beteten gemeinsam das Vaterunser. Mehrere hundert Entscheidungsträger unseres Landes beteten zusammen das Vaterunser. Eine besondere Atmosphäre, die den Innenraum der Kathedrale erfüllte und in der eine unsichtbare Kraft zu spüren war. Es folgte das gemeinsame Lied "Nun danket alle Gott" und danach der Segen, der auch als eine von Gott begleitete Entsendung zur bevorstehenden Wahl formuliert wurde.

Am Ausgang wurde für die Telefonseelsorge mit ihren etwa 7.500 ehrenamtlichen Mitarbeitern gesammelt. Die in einigen Gemeinden so penetrant eingeworbenen "Scheinwerfer" waren heute wohl alle zur Wahl des neuen Bundespräsidenten nach Berlin gekommen. Beim Verlassen der Kathedrale lief mir Petra Pau über den Weg. Ihr folgte Peter Altmaier im Anzug. Er telefonierte scheinbar mit seinem abwesenden Fahrer. Ich hatte mich bereits in den Mantel gewickelt und freute mich, dass mein Auto ganz in der Nähe parkte.