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Sonntag, 30. Oktober 2016

B.B.King Gospel Brunch mit dem Harlem Gospel Choir

Direkt gegenüber von Madame Tussauds in der 42nd Street befindet sich die legendäre Blues Location B.B.King Blues & Grill. Sonntags gegen 13:30 Uhr findet dort ein gut frequentierter Gospel Brunch statt.



Es war gar nicht so einfach, rechtzeitig für den Gottesdienst um zehn in der Times Square Church aus dem Bett zu kommen. Muss man doch schon kurz nach halb zehn vor Ort sein, um noch einen Platz im Parkett zu bekommen. Den Coffee to Go trank ich unterwegs und so bekamen wir tatsächlich noch zwei Plätze kurz vor dem Mischpult. Heute war ein französischer Pastor zu Gast, dessen Gemeinde in unmittelbarer Nähe einer der Orte der Pariser Anschläge vom 13.11.2015 liegt. Die Gemeinde habe sich seitdem verdoppelt.

Um Multiplikation ging es auch in der Predigt, die durchgängig an noch Unentschlossene gerichtet zu sein schien. "Heute, wenn ihr meine Worte hört", aus Hebräer wurde mehrfach eindringlich wiederholt und mit weiteren Bibelstellen ergänzt. Der Haupttext der Predigt stand in Sprüche 1. Am Ende des Gottesdienstes gab es wieder sehr viele Entscheidungen für Jesus.

Wir hatten noch etwa eineinhalb Stunden Zeit und stürzten uns in das Gewimmel auf dem Times Square, machten Fotos, gingen hier und da in einen Laden und schlenderten bei bestem Frühlingswetter an den neun Blocks entlang bis zum B.B.King in der 42. Straße.

B.B.King Gospel Brunch Harlem Gospel Choir
B.B.King Gospel Brunch mit dem Harlem Gospel Choir
Für Brunch und Gospel waren 50 Dollar pro Person zu zahlen. Dann konnten wir den abgedunkelten Saal betreten. Am Buffet hatte sich bereits eine sehr lange Schlange gebildet. Überhaupt zelebrieren die Amis ihr Anstehen bis zur Perfektion. Selbst auf dem WC eines Broadway-Theaters wurde die Schlange in mehreren Windungen durch Absperrbänder kanalisiert und somit ein perfektes Entleeren des vorherigen Buffetinhaltes organisiert.

Wilfried stellte sich zuerst an, während ich die Plätze sicherte. Kaffeebecher, Jacken, Taschen und sogar echte Menschen konnten als Platzhalter dienen. Und mit genau diesen Utensilien reservierten wir einen Vierpersonentisch mit direktem Blick auf die Bühne. Hätten wir gewusst, was uns erwartet, hätten wir uns vielleicht in eine andere Ecke des Saales verkrümelt.

In die Stuhllehnen waren Noten gefräst und der Teppichboden zeigte ein Muster aus ineinander verschlungenen Instrumenten.  Auf einer der Boxen lag ein halbes Gerippe mit riesigem Totenkopf, dessen Augenhöhlen ständig die Farben wechselten. Ein Relikt des nordamerikanischen Kürbisfestes. Die Teller der vorbeieilenden Eingeborenen und Touristen waren so gefüllt, als hätte es seit dem letzten Wochenende nichts mehr zu essen gegeben. Wie wird das Buffet aussehen, wenn ich an der Reihe bin? Ich holte mir einen Kaffee.

Aus einem völlig unerklärlichen Grund hatte sich plötzlich die Schlange aufgelöst, so dass wir uns bei der Tischverteidigung abwechseln konnten. Es war alles reichlich vorhanden, so dass mein Teller nachher ähnlich aussah wie oben beschrieben.

Dann ging das Licht aus und es wurden kurze Teaser-Videos abgespielt. Kurz darauf traten mehrere Schwarze auf die Bühne und starteten den Gospel zum Brunch. Der Harlem Gospel Choir at its best. Das Essen war vergessen, die Getränke wurden in die Mitte der Tische gerückt und das Klatschen, Schunkeln und Amen rufen begann. Eine der Sängerinnen übernahm den Part der Ansagen:

"The rule is: You don't have to be quiet!"

"Amen" und "Halleluja" wurde immer wieder zwischen die Ansagen gepackt und von einigen Leuten im Publikum erwidert. Der Harlem Gospel Choir entfaltete eine sagenhafte Performance bei Gesang und Tanz. Die Interaktion mit dem Publikum erinnerte an einen Familiengottesdienst. Fast so wie in der Cantianstraße, wo meine Familie heute mit vier Gitarren und Kinderrasseln gerockt wurde. Aber auch nur fast.

B.B.King Gospel Brunch Harlem Gospel Choir
B.B.King Gospel Brunch mit dem Harlem Gospel Choir
Wahllos wurde ein Junge aus dem Publikum auf die Bühne gebeten und sollte sich kurz vorstellen. Der zwölfjährige Martin aus Europa sprach gut Englisch. Dann wurde Tasha "gegriffen". Sie kam aus Chicago, war aber komplett als wandelnde New-York-Werbung bekleidet. Bei "Oh Happy Day" musste sich die eigentliche Sängerin das Mikrofon zurück kämpfen, da ihr Tasha die ganze Show stahl. Dann holten sie die schüchtern wirkende Christine aus Brooklyn auf die Bühne. Zunächst rannte sie vor dem Mikrofon davon, legte dann aber eine ebenso ausgereifte Tanz- und Gesangsperformance auf.

Wenn der suchende Blick durch den Saal schweifte, neigten wir uns etwas zur Seite und konnten letztlich einem Aufruf entgehen. Dafür mussten alle Geburtstagskinder aus Oktober und November auf die Bühne, sich mit Name und Alter vorstellen und "Happy Birthday" mitsingen. Das klappte gut. Stehen, sitzen, wippen, klatschen, schunkeln, mitsingen, ein "Huuu" in den Raum brüllen waren die Ausdrucksformen unserer aktiven Teilnahme an diesem Gospel Brunch.

"Don't forget to tip your waiter", waren die Worte eines der Sänger als wir kurz vor Ende das B.B.King verließen. "Tax & Tip" waren "not included". Man tut also gut daran, noch reichlich monetären Puffer dabei zu haben, wenn man nach dem Gottesdienst in der Times Square Church noch zum B.B.King Gospel Brunch erscheint.

Freitag, 28. Oktober 2016

#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016 in New York City

Die internationale Konferenz Movement Day Global Cities kann inhaltlich mit dem in Deutschland bekannten Transforum verglichen werden. Es geht um die Vernetzung von Gemeinden, Werken, Organisationen und Leitungspersönlichkeiten, denen eine disruptive Beeinflussung der urbanen Gesellschaft durch das Evangelium wichtig ist.



Schon im März wurden die ersten Reisevorbereitungen getroffen. Dann fand ein Meeting des deutschen Teams statt, welches von Axel Nehlsen geleitet wurde. Axel Nehlsen war lange Jahre Geschäftsführer von Gemeinsam für Berlin und damit für diese Rolle prädestiniert. Unsere Delegation reiste individuell an und war auch an sehr unterschiedlichen Stellen der Stadt untergebracht.

#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016
#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016 - Teilnehmer aus Deutschland und Österreich
Gebet in Brooklyn

Auftakt war ein internationaler Gebetsabend in der Brooklyn Tabernacle Church. Bereits dort bekamen wir einen Vorgeschmack auf die Konferenz. Insgesamt wurden 3.000 Leiter erwartet, von denen etwa 1/3 aus den verschiedensten Teilen der Welt angereist war. 95 Nationen waren vertreten.

#MDGC16 in Manhattan

Die eigentliche Movement Day Global Cities Conference begann am Dienstag und beschäftigte sich dem Namen entsprechend mit den Herausforderungen des urbanen Umfeldes. Vormittags wurden diverse Einzelvorträge und Panel-Diskussionen auf der Bühne präsentiert, während nachmittags je zwei Seminar-Blöcke im Untergeschoss des Jacob K. Javits Convention Center angeboten wurden. Ich entschied mich für vier Tracks, in denen es um gesunde Leiter, die nächste Generation und Christen im Beruf ging. Leider konnten in eineinhalb Stunden die Themen immer nur angerissen werden. Zudem setzte im zweiten Block die biorhythmische Müdigkeit ein.

#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016
#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016 - Eingang zum Nordflügel des Javits Centers
Es traten jede Menge hochkarätiger Leiter und Pastoren auf. Bill Hybels (Willow Creek), Alan Platt (Doxa Deo), Timothy Keller (Redeemer Presbyterian Church) und Tony Evans (Oak Cliff Bible Fellowship) waren nur einige davon und wurden regelmäßig innerhalb unserer Gruppe genannt oder zitiert. Bill Hybels sieht zwei Hauptherausforderungen in der heutigen Zeit: Rassismus und Flüchtlinge. Der trotz seines geistlichen "Erfolges" sehr bescheidene Bill Hybels ermutigte zur Annahme der Herausforderung, machte aber auch klar, dass es nur über folgenden Weg gehe:

See it! Smell it! Touch it!

In diesem Zusammenhang habe sich Bill Hybels einst bewusst für "Respect Everyone Everytime" entschieden und regelrechte innere Kämpfe durchlebt. Er berichtete auch über sein Gabenprofil und wie wichtig ein Laufen in der Berufung sei. Effektiv und effizient versuche er sein Leben zu gestalten und keine Zeit mit unwichtigen Dingen zu verplempern (not wasting my time). Er erinnerte er sich an gute Erfahrungen bei der Vernetzung mit anderen Pastoren der Stadt. Als ihm zu einer Osterpredigt nichts weiter einfiel, fuhr er in der Nachbarschaft herum, klingelte bei den Pastoren und fragte, ob ihnen auch gerade nichts einfalle. Daraus seien Freundschaften und ein überkonfessionelles Beter-Netzwerk entstanden.

#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016
#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016 - Blick vom Javits Center auf das Empire State Bulding
#ChurchUnited war dann auch ein wichtiges Stichwort von Alan Platt, der die Einheit der Christen einer Stadt als Schlüssel für den gesellschaftlichen Einfluss, den Impact, ansah. Impact war ohnehin eines der am häufigsten verwendeten Schlagworte des Kongresses.

Besonders gute und nachhaltige Impulse bekamen wir von Tony Evans, der als Schwarzer mit Schnurrbart erst einmal recht unscheinbar wirkte, aber eine sagenhafte Rhetorik inklusive witziger Beispiele aus dem eigenen Leben mit intelligenter Pointe zum Thema passend entfaltete. Tim Keller ist ein Vorreiter für Berliner Gemeinden wie Berlinprojekt oder Berlin Connect. Akustisch und biorhythmisch kam ich bei seinem Vortrag nicht ganz mit. Da er jedoch ständig von unseren Teammitgliedern zitiert wurde, muss das wohl ein recht wertvoller Input gewesen sein.

Wenig Beachtung fanden leider die Vorträge und Diskussionen über Social Media und journalistische Disruption. Religion sei momentan gut als Bad News zu verkaufen. An die Google AdGrants mit ihrem 10.000-Dollar-Werbebudget konnte sich kaum ein Teilnehmer erinnern. Schade und zugleich seltsam, dass ich mich gerade auf diese Themen fokussiert hatte.

Der letzte Prediger bei der Abschlussveranstaltung am Donnerstag war Buchautor und Pastor A.R. Bernard (Christian Cultural Center). Optisch könnte er als stilechter Mafia-Boss durchgehen, brachte aber während seiner Ansprache die durchaus bedenkenswerte Aussage: "Die Bibel beginnt in einem Garten und endet in einer Stadt".

Städte wachsen zur Zeit schneller als die Gemeinden. Missionare müssen gar nicht mehr in die Welt hinaus gehen. Die Welt kommt zu uns in die Städte.

Seminare

Am Mittwoch wurde auf der Bühne ein Hocker mit drei Beinen zusammen geschraubt. Diese sollten die drei Säulen der Zusammenarbeit symbolisieren: außergemeindliche Organisationen, Christen im Berufsleben und die lokale Gemeinde. Die Sitzfläche verband die drei Bereiche, so dass der Hocker stabil auf dem Boden stehen konnte. Es wurden drei Personen aus diesen Bereichen interviewt.


#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016
#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016 - Plenum mit Dreibeinhocker
Bei "The Power of Workplace facing Pastors" wurde zunächst die Zusammensetzung des recht schwach besuchten Seminars abgefragt. Wenige Leute aus den hinteren Reihen outeten sich als Pastoren. "The rest of you work", war die Beschreibung dieser Situation durch den Seminarleiter. Es wurden Leute auf die Bühne geholt, die als Unternehmer, Beamte oder Angestellte ihre Bagels verdienen. Es stellte sich heraus, dass oft ein Doppelleben aufgebaut und gefördert wird. Der Christ in der Gemeinde und der Mensch am Arbeitsplatz. In der Gemeinde lerne man zwar Wachstum im Gebet, beim Lobpreis und beim Bibellesen, aber nur sehr wenig über den ganzheitlich christlichen Lebensstil, der sich im Berufsalltag bewähren muss. Ein Thema, das mich schon sehr lange beschäftigt.

Eine der Damen auf der Bühne sagte, dass ihr Glauben deutlich gewachsen war, als sie den Glauben bewusst in ihre Arbeit einbezogen habe. Sie bete jetzt sogar für ihre Kunden. Übrigens eine Herangehensweise, die auch die FBG verfolgt. Aufgabe der Gemeinde sei es daher, die Leute für außerhalb der Gemeinde auszurüsten, statt alle Ressourcen in die Gemeinde selbst einzuspeisen. Und wenn der Christ während der Arbeitswoche über seinen Pastor sagen kann "he is a colaborator for me", wurde alles richtig gemacht.

Bei "Entrepreneurs on the Frontlines of the City" ging es ergänzend zum vorherigen Seminar um die Herausforderungen von Unternehmern bei der geistlichen Einflussnahme in der Stadt. "Increase the Size of Your Impact", beinhaltete mal wieder das Wort Impact und die besonderen Möglichkeiten, die sich durch Kontakte und das Wirken in die Geschäftswelt ergeben. "Warum will ich ein Unternehmen gründen? Was ist die Vision? Wie soll das konkret umgesetzt werden?", waren Fragestellungen, denen man ebenfalls nachging.

Länder, Teams und Flaggenchaos

Kein Wunder, dass ich mich beim finalen Team-Treffen am Donnerstag der über dreißig Deutschen in der Kleingruppe mit dem Fokus auf den oben beschriebenen Dreibeinhocker wiederfand. Als Board Member der Internetmission Berlin und als IT-Unternehmer konnte ich gleich zwei dieser Beine bedienen.

Im Raum gab es zwei weitere Ländergruppen, die sich parallel über die Konferenz austauschten und beteten. Die geistlich eventuell etwas ambivalente Dominanz war jedoch auf unserer Seite. Apropos Dominanz: je ein Teilnehmer des nationalen Teams durfte bei der Abschlussveranstaltung die Fahne tragen. Ich sagte für unser Team zu und eilte eine Stunde vor Beginn zur Einweisung.

#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016
#MDGC16 Movement Day Global Cities Conference 2016 - Fahnen der 95 anwesenden Nationen (hier Philippinen)
Abgesehen davon, dass die Einweisung erst eine halbe Stunde später begann, entwickelte sich die Flaggen-Aktion zu einem regelrechten Chaos. Nachdem ich unsere Fahne gefunden hatte, suchte ich noch die von Österreich, da diese wohl oft vergessen werde und man dann hinter Deutschland herlaufen solle. Die Fahne war aber bereit gestellt, so dass die junge Dame im Dirndl wieder fröhlich wirkte. Ich platzierte sie direkt vor Deutschland, damit man dennoch die gewisse Verwandtschaft erkennen konnte. Der Stab war zweiteilig, was für ständiges Klirren bei der Entnahme der Fahnen sorgte. Die Security schritt recht grob ein, als sich Unmengen von Indern, Asiaten und Afrikanern in ihre Nationalflaggen hüllten und Gruppenfotos machten. Das Sternenbanner der USA war sogar mit einem güldenen Adler auf der Messingstange verziert. Auch wenn Bill Hybels oben vor Rassismus gewarnt hatte, entbrannten doch einige Kämpfe um die Fahnen. So wurde Tschechien letztlich von einem Inder repräsentiert, Australien von einer schwarzen Frau dargestellt und der Australier war mit einer für mich nicht identifizierbaren bunten Flagge unterwegs. Soweit ich mich erinnere, wurden die USA von einem Philippiner vertreten. Nur Österreich und Deutschland waren in der Hand der Eingeborenen verblieben, wobei auch die Frau im Dirndl deutsche Wurzeln hatte.

Lobpreis mit Geige und Dudelsack

Der Lobpreis von Getty Music im irischen Stil war absolut mitreißend. Im Hintergrund flimmerten Stadtszenen aus New York. Darüber waren die Liedtexte zum Mitsingen gelegt.

#MDCG16 und die größere Perspektive

Mehrfach wurde auf der Konferenz der Blick von der lokalen Gemeinde auf das globale Reich Gottes gelenkt. Bill Hybels untermauerte das mit 2. Kor 11,28: "...all the churches". Lokale Gemeinden stehen in einem größeren Kontext und erfüllen eine Säule des oben beschriebenen Hockers.

Beachtenswert war der starke soziale Fokus der amerikanischen Gemeinden und Organisationen. Das resultiert wohl daraus, dass dort deutlich weniger soziale Verantwortung seitens des Staates übernommen wird. Dennoch stand Jesus auf der Konferenz deutlich im Mittelpunkt, während er in unserem Lande eher der Soziologie weicht.

Am Rande des offiziellen Geschehens gab es viele interessante Begegnungen, bei denen wir erfuhren, dass in Nigeria für Sri Lanka und Europa gebetet werde oder dass in indischen Gemeinden Klassentrennungen schon dadurch begünstigt werden, dass man buchstäblich eine andere Sprache spreche. Auch Griechen und Mazedonier, Polen und Deutsche mussten sich des gemeinsamen Zentrums Jesus bewusst sein, um ein entspanntes Miteinander zu erleben. Letzteres ist wohl die Power of Jesus, die einzelne Menschen, Städte und Nationen verändern kann.

Dienstag, 25. Oktober 2016

Gebet in der Brooklyn Tabernacle Church

Am Vorabend des Movement-Day-Kongresses #MDGC16 trafen sich gestern christliche Leiter aus 95 Nationen zum Gebet in der Brooklyn Tabernacle Church. Die Kurzpredigten insbesondere von Tony Evans waren sehr gut. Wogegen Adam Durso etwas an den deutschen Gehörpräferenzen vorbei geht.



Bereits am Vormittag war ich mit der R-Linie nach Brooklyn gefahren und spontan an der Jay Street ausgestiegen. Nach wenigen Metern hatte ich die Tabernacle Church erreicht und lief weiter und weiter und weiter. Der Spaziergang durch Brooklyn nahm letztlich drei Stunden in Anspruch und führte mich durch Straßen mit dreistöckigen Häusern, vorbei an Hafenanlagen, über Radwege, Sportplätze und Parkanlagen. Der Blick über den East River war ein Genuss. Nach einem finalen Schlenker unter der Brooklyn Bridge hindurch war ich wieder am Ausgangspunkt.

Das qualifizierte mich als abendlicher Guide für eine Pastorengruppe aus Südafrikanern, Deutschen und Asiaten. Auch die Brooklyn TabernacIe Church muss ein ehemaliges Theater sein. In der Lobby wartete neben den Damen am Registrierungsstand auch Axel Nehlsen, unser Teamleiter aus Berlin. Nach einer herzlichen Begrüßung nutzten wir Jacken, Taschen und Infomaterial als Badetuch-Ersatz und reservierten mehrere Sitzreihen in der Nähe der Bühne. Dann trafen wir uns erstmalig als deutsche Teilnehmergruppe.

Wir stellten uns alle kurz vor und trafen die ersten konkreten Absprachen. Dann begaben wir uns zu den reservierten Plätzen und warteten auf den Beginn. Auf der Bühne lag eine riesige Aufblas-Weltkugel, die uns auf das internationale Gebet einstimmen sollte.


Brooklyn Tabernacle Church
Internationales Gebet in der Brooklyn Tabernacle Church
Ein Tabernacle-Pastor leitete den Abend ein und berichtete von seiner Mutter, die an der gegenüberliegenden Küste der USA durch den Heiligen Geist zum dringenden Gebet für ihren Sohn aktiviert wurde. Zeitgleich fand ein Überfall auf den Pastor statt und der Täter wollte diesen aus nächster Nähe erschießen. Klack, machte es und Dimas betete: "Jesus, tue ein Wunder". Klack, klack, klack, die Pistole versagte. Das Gebet hatte gewirkt. Das erinnerte mich an eine ähnliche Erfahrung, bei der mein 1000km entfernter Vater mitten in der Nacht zum konkreten Gebet aufgeweckt worden war.

Das war eine Steilvorlage für den weiteren Abend. Wir beteten in kleinen Gruppen für verschiedene Themen. Der Lobpreis war sehr proklamativ und überstieg an manchen Stellen die evangelikalen Gewohnheiten. Er war jedoch klarer Ausdruck der Prägung von Brooklyn Tabernacle.

Es traten mehrere christliche Leiter auf und hielten mehr oder weniger kurze Grußworte. Auch an diesem Abend ging es um Eph 3,20 und Erfahrungen mit Gottes Antworten auf Gebet. Antworten, die oftmals unsere Vorstellungskraft übersteigen, wie beispielsweise die konkrete Beeinflussung des Wetters während einer Open-Air-Veranstaltung. Ähnliches hatte mein Vater von einer Evangelisation mit Billy Graham berichtet.

Mehrere Teilnehmer waren von der Aussage beeindruckt, dass Gott uns nach dem Manna-Prinzip so viel gibt, wie wir fassen können. Pastor Tony Evans verglich das mit dem Pazifik. Wenn man ein Glas habe, könne man auch nur ein Glas abschöpfen. Mit einem Eimer könne man nur einen Eimer und mit einer Gallone nur eine Gallone abschöpfen.

Zum Abschluss kamen Kinder mit Fahnen auf die Bühne und beteten für Völker, Nationen und Kontinente.

Während fast alle Teilnehmer den Heimweg antraten, suchten wir zu dritt noch eine Kneipe und ließen den Abend bei Skat und Bier ausklingen. Um Mitternacht wurden jedoch auch hier die Stühle hochgestellt. Draußen waren bereits die Bürgersteige hochgeklappt. New York ist eben eine Stadt, die never sleeps.

Sonntag, 23. Oktober 2016

TSCNYC Times Square Church

Wer das urbane Gefühl von New York einatmen und einen Vorgeschmack auf Off 7,9-10 erleben möchte, sollte die Times Square Church besuchen. Beachtenswerte Professionalität von der Begrüßung bis zum Bekehrungsaufruf.




Beim Frühstück war noch unklar, ob wir in eine Tim-Keller-Gemeinde, Brooklyn Tabernacle, in die Bronx oder in die Times Square Church fahren. Während wir mit Unmengen von Kaffee den Jetleg kompensierten, entschieden wir uns für eine Teilung unseres Teams und fuhren zu dritt an den Times Square.

Die vielen Touristen des Vorabends schlummerten noch in ihren Hotelbetten, die üppige Leuchtwerbung flimmerte über die elektronischen Billboards und dann entdeckten wir über einem großen gelben "M" den Namen der angesteuerten Gemeinde. Vor dem Eingang standen zwei Schwarze im Dresscode "Black Tie" und Iuden die Passanten zum Gottesdienstbesuch ein. Wir passierten weitere Mitarbeiter des Welcome Teams und wurden nach einem "Yes!" auf die Frage "First time?" über mehrere weitere Herrschaften mit gelben Sakkos in einen Theatersaal durchgeroutet. Eine Dame mit asiatischen Wurzeln platzierte uns in einer der vorderen Reihen.

Der Screen über der Bühne wies darauf hin, dass man auf die Beter im Sanctuary Rücksicht nehmen und bitte in der Lobby Fellowship machen solle. Der Saal wurde in den nächsten Minuten komplett besetzt. Jede Lücke wurde von den Einweisern effektiv genutzt. Punkt zehn wurde der Vorhang nach oben gezogen.

TSCNYC Times Square Church
TSCNYC Times Square Church - Gottesdienst im Theatersaal
Ein spontanes "Wow" rutschte mir heraus, als ein Chor von mindestens einhundert Sängern sichtbar wurde. Davor waren mehrere Sessel aufgebaut, auf denen elf Älteste saßen. Lobpreis im besten Gospel-Style begann und brachte den ganzen Saal in Bewegung. Die Besucher waren ethnisch so durchmischt wie die Nutzer der New Yorker Untergrundbahn. Asiaten, Latinos und Schwarze waren in der deutlichen Überzahl. Die 7% europäischer Weltbevölkerung repräsentierten wir zusammen mit einigen weißen Amis.

In der Predigt ging es um Bad News and Good News im Zusammenhang mit Gebet. Interessanterweise wurde wieder einmal das biblische Buch genutzt, das mich gerade in meiner Looping-Lese beschäftigt: Epheser. Eph 3,20 wurde flankiert von Röm 8,26 und zunächst als schlechte Nachricht mitgeteilt, dass wir nicht wissen, wie wir beten sollen. Die gute Nachricht war dann, dass der Heilige Geist als Übersetzer eintritt. Als Eliah geflohen war, bat er im Gebet, dass Gott ihn killen solle. Der Heilige Geist habe dann "kill" in "kick" uminterpretiert und ihm dazu noch eine "cake" geliefert.

Pastor Tim Dilena präsentierte viele Beispiele aus seinem eigenen Leben. Besonders beeindruckend war eine Begebenheit an einem typischen Gebetsabend, an dem plötzlich ein Mann mit gebrochenen Rippen mitgebracht wurde. "Los Pastor, bete für Heilung", wurde er aufgefordert und bekam Panik. Und nachdem um den heißen Brei herum gebetet und das Nichteintreffen begründet wurde, meinte der Patient, er sei geheilt. "Das kann nicht sein", sagte Tim. Der Mann schlug sich an die Rippen und sagte: "Doch, ich bin geheilt".

"Oh my Goodness, it works!"

Die Predigt löste nachhaltige Erheiterung aus, hatte jedoch einen erheblichen Tiefgang. Am Ende wurde zur Entscheidung für Jesus aufgerufen. Es kamen etwa zwanzig Leute nach vorne und Pastor Tim Dilena ging sehr aufmerksam auf die Mutigen vor der Bühne ein. Sie wurden nicht einfach an ein Gebetsteam oder ähnliches delegiert, sondern von einem zweiten Pastor herzlich in die Gemeinde eingeladen.

Wie wir später erfuhren, hatten auch im Abengottesdienst viele Menschen eine Entscheidung für Jesus getroffen. Dass das zur Kultur der Times Square Church gehört, erlebten wir auch beim anschließenden Kaffee, wo wir von mehreren Mitarbeitern des Welcome Teams angesprochen wurden. Sie freuten sich, dass wir für eine Konferenz nach New York gekommen waren. Ansonsten hätten sie uns sicher direkt vor die Entscheidung für Jesus gestellt.

Der Gottesdienst bei der TSCNYC war eine gute Einstimmung auf den weiteren Tag, den wir mit einem typischen Touristenprogramm in Downtown verbrachten.

Sonntag, 16. Oktober 2016

SYM Saddleback Youth Ministry und die freundliche Übernahme in der Kalkscheune

Es gibt sie tatsächlich: Gemeinden mit Teenagern und Jugendlichen. @SaddlebackBLN veranstaltet seit einigen Wochen einen Jugendgottesdienst parallel zum englischen und deutschen Gottesdienst in der Kalkscheune. Unsere Kinder waren heute dabei.



Wir waren wieder einmal in der Kalkscheune zu Besuch, diesmal sogar für eine Kombination. Es gibt ja einen Gottesdienst auf Englisch, neuerdings einen auf Deutsch und auch noch einen Jugendgottesdienst - Saddleback Youth Ministry (SYM).
 
Dank des Akademische Viertels kamen wir wegen Unregelmäßigkeiten im S-Bahn-Verkehr zehn nach elf so pünktlich, dass wir uns sogar noch mit Tee bzw. Kaffee eindecken konnten. Dann ging es mit dem jeweiligen Gottesdienst los. Der Deutsche startete dreißig Sekunden später als der Englische, wie ich durchs Fenster über den Hinterhof beobachten konnte.
 
Wahrscheinlich sind englische Lieder einfach ausgeschmückter. Nach ein paar Liedern wurde per Beamer zum Youth Ministry aufgerufen. Das Timing war allerdings nicht so ganz ausgeklügelt, deshalb mussten wir, nach dem Durchqueren beider Gottesdiensträume, noch ein Lied abwarten, bis wir endlich mit ca. acht anderen Jugendlichen und zwei Leitern in einen mittelgroßen Raum mit ovalem Tisch gingen. Rund um den Tisch waren sehr bequeme Polsterstühle angeordnet und auf dem Tisch standen verschiedene Backwaren und Saft.
 
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es mit einem Quiz los, das so ähnlich wie Stadt-Land-Fluss konzipiert war. Obwohl die anderen Fragen nicht zum geografischen Thema passten, machte die Bonusfrage alles wieder wett (fürs geografische Thema und für uns): Welches Bundesland in Deutschland besteht aus zwei Städten? Naa? Diese Frage bescherte meinem Bruder und mir den Sieg und wir durften je einen coolen Preis, wie ein T-Shirt mit Logo (von SYM natürlich) oder eines diverser Bücher aussuchen.
 
Danach ging das Thema los. Doch nicht per Video, wie im großen Gottesdienst, sondern Live auf Englisch, mit Simultanübersetzung auf Deutsch, für das sprachlich gut durchmischte Publikum im Alter von zehn bis achtzehn. Dazu wurden englische Lückentexte zum Input ausgeteilt. Das finde ich voll super, man wird animiert mitzuschreiben und kann es, wenn man will, zu Hause zu jeder Zeit  rekapitulieren.
 
Heute ging es mit einer neuen Reihe los - „Flawed“. Heißt auf Deutsch „unperfekt“. Denn keine Person der Bibel (ausgenommen Jesus natürlich) war perfekt. Rahab zum Beispiel ist eine Prostituierte gewesen, Adam und Eva haben Gott nicht gehorcht und, und, und. Gott kann ganz normale Menschen benutzen, etwas Besonderes zu vollbringen. Würde er nur perfekte Menschen nehmen wollen, hätte er gar keine Leute zur Hand.
 
Nach zwei weiteren Spielen war auch der Gottesdienst der Erwachsenen zu Ende.
 
Alles in allem erinnerte SYM eher an einen Hauskreis. Man konnte Fragen stellen, es wurden Fragen gestellt, alles sehr interaktiv. Also nicht so, wie ich andere Jugendgottesdienste erlebt habe. Also wenn Ihr keine Lust auf 60 Minuten stilles rumsitzen habt, dann geht zu SYM.
 
Autorin: Tochter des Church Checkers

Samstag, 8. Oktober 2016

Männertag in der EFG Oberkrämer

Der Männertag in der EFG Oberkrämer ist schon seit Jahren das Highlight unseres männlichen Herbstes. Oberkrämer liegt in der Nähe des Autobahnkreuzes Oranienburg und ist damit hervorragend an das Straßennetz Berlins angebunden.



Was der Hebräer als "Rosh Pinnah" und der Lateiner als "caput anguli" bezeichnet, übersetzte Luther mit "Eckstein". Der Hauptreferent des heutigen Männertages in der EFG Oberkrämer war Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein. Hans-Joachim Eckstein ist ein gläubiger Theologe aus Tübingen, der begeistert und wissenschaftlich fundiert über seine Beziehung zu Jesus berichtet.

Der Eckstein

In seinem ersten Vortrag ging es um Hoffnung. Er setzte sich mit der Behauptung auseinander, Hoffnung sei nur ein Vertröstungsinstrument für politisch unterdrückte Bevölkerungsschichten. Dabei berichtete er von seinen ersten Glaubensschritten als Jugendlicher, der die Bibel rein aus Wissbegier durchlas und sofort als "Frommer" abgestempelt wurde. Er lernte dann weitere Christen kennen, die authentisch lebten und erlebte mit ihnen Glücksmomente, die er am liebsten konserviert hätte. Mit diesen Momenten antwortete er auch auf die Publikumsfrage, ob Ewigkeit nicht langweilig sei. Beim Erleben von Glück und Erfüllung gebe es keine Langeweile. Langeweile sei Ausdruck von Unerlöstheit.

"Die Hoffenden sind erfüllt mit einer Freude, von der die anderen noch gar nicht wissen, dass es diese Freude überhaupt gibt", brachte er die Dynamik von Hoffnung auf den Punkt. Er nannte Beispiele für die motivierende Wirkung von Vorfreude auf einen Besucher, ein Ereignis oder eine Sache. Hoffnung sei damit eine Wirklichkeit, die bereits in die Gegenwart hinein wirke.

Der Professor zog dann auch Parallelen zwischen Ewigkeit und Zeitlichkeit. Engel aus der Ewigkeit haben keine Uhren. Sie treffen immer präzise dann in der Zeit ein, wenn es erforderlich ist. Man kann sich das wie bei der Timeline in YouTube vorstellen, wo der Betrachter des Videos jederzeit in eine beliebige Stelle des Videos springen kann.

Zwischenspiel

Zwischen den Programmpunkten spielte die Männerband von Oberkrämer. Die Liedtexte wurden per Beamer eingeblendet. Unten rechts war schon der Anfang der nächsten Textseite zu lesen. Das erinnerte an das hebräische Alte Testament, wo auch immer das erste Wort der nächsten Seite unter dem Text avisiert wird.

Das Mittag und die Versorgung während der Pausen mit Kubikmetern an Kaffee verlief konfliktfrei und in einer guten Atmosphäre. Wir lernten einige neue Leute kennen. Auch aus unserer ehemaligen Gemeinde in Marzahn und sogar aus der LKG Eben Ezer waren Männer angereist. Damit durchmischt sich der starke Brüdergemeinde-Anteil so langsam mit anderen Christen.

Jojo-Effekt

Nach dem Mittag trat der Wahlberliner Jojo Zwingelberg auf. Dass sein echter Name Joachim ist, darf hier leider nicht erwähnt werden, auch nicht der damalige Spitzname von Matthias Burhenne, der als Mitveranstalter aus Wiedenest angereist war. Jojo arbeitet als Geschichtenerzähler und stellte sein Können unter Beweis. Sehr beeindruckend nahm er uns in die Petrus-Szene aus Lk 5,4-11 hinein und leitete dann in die Berufung des Matthäus aus Mt 9,9 über. Ich war sehr bewegt. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Heikle Gespräche

Dann ging es in eines der vier Seminare, von denen mich das Thema "Heikle Gespräche führen" interessierte. Im Seminarraum war hebräische Schrift an die Wand geklebt: "Mene Mene Tekel Upharsin". Matthias Burhenne konnte aus Zeitgründen leider nur einen Teil des Themas durchziehen. Das war aber schon interessant genug. So erfülle ein heikles Gespräch drei Bedingungen:  unterschiedliche Meinungen, es steht viel auf dem Spiel und die Emotionen sind intensiv. Ein wichtiges Stichwort war "Selbstbeherrschung". Dabei gelte es, seine Gefühle rechtzeitig(!) wahrzunehmen und mit Selbstbeherrschung zu reagieren. Zur Schärfung der Selbstwahrnehmung in diesem Bereich unter normalen Bedingungen und in Stresssituationen empfahl er den Birkmann-Test. Schade, mich hätte noch die Gesprächsführung mit Menschen interessiert, mit denen wegen zerstörten Vertrauens oder Beratungsresistenz kein Konsens mehr erwartet wird. Das heißt, ein Gespräch zur Anbahnung eines Exits geführt werden soll.

Apropos Exit

Der Männertag in Oberkrämer klang durch einen weiteren Vortrag von Hans-Joachim Eckstein aus. Er entfaltete den Unterschied zwischen Abbild und Ebenbild. Ein Abbild sei eine Kopie, die in der Beziehung von Gott und Mensch nicht funktioniert. Das Ebenbild hingegen sei Ausdruck einer Reflexion oder Darstellung einer anderen Quelle. Beispielsweise mache eine Glühlampe den unsichtbaren Strom sichtbar. Der Mond mache durch seine Reflexion die abwesende Sonne sichtbar. Prof. Eckstein mache durch die Erlaubnis, Gott durch sich wirken zu lassen, Gott sichtbar. "Christus in mir", nannte er das und berichtete über äußerst interessante Erfahrungen mit diesem Leben als Ebenbild Jesu.

Nachdem die USB-Sticks mit den Vorträgen bespielt waren, traten wir den Heimweg an. Fünfzig Kilometer Autobahn waren in weniger als einer halben Stunde gefahren. Die fünf Männer im Auto unterhielten sich immer noch angeregt über die Themen des Tages in Oberkrämer.

Sonntag, 2. Oktober 2016

Mavuno - EFG Lichterfelde

Mavuno ist Swaheli und bedeutet "Ernte". Da uns regelmäßig Leute aus der umbenannten EFG Lichterfelde begegnen, wollten wir uns dort einmal den Gottesdienst ansehen. Der Name lässt auf eine Gemeinde mit starker afrikanischer Prägung schließen. Dem ist nicht so, wie wir beim heutigen Besuch feststellen konnten.



So oft wie wir Gemeinden und Veranstaltungen in Steglitz, Lichterfelde, Lankwitz oder Lichtenrade besuchen, könnte man ja schon fast von einem BBB Berlin Bible Belt reden. Zumal noch weitere Gemeinden in dieser Region auf der Agenda stehen.

Wenigstens war der Gottesdienstbeginn bei Mavuno auf 11:00 Uhr terminiert, so dass die Anfahrt quer durch die Stadt zu einer familienfreundlichen Zeit gestartet werden konnte. Die Fahrt mit ihren unzähligen Ampeln erinnerte an das jüngste Wahlergebnis: Rot-Rot-Grün. Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wir das ehemalige amerikanische Militärgelände mit der Kirche im Südstaaten-Stil.

Vor der Tür war ein blauer Tisch aufgebaut, an dem mehrere junge Leute standen und in freudiger Erwartung zu den eintreffenden Fahrzeugen blickten. Am Tisch wurden wir herzlich begrüßt und konnten uns einige Flyer aussuchen. "Ja, Blau ist unsere Farbe", bemerkte die junge Dame als ich sie auf die markante Farbe des Stehtisches ansprach. Die Kapelle selbst war eher in Weiß gehalten und erinnerte auf den ersten Blick an die FCJG Lüdenscheid, die in Platzaufteilung, Art der Stühle und den typischen Kirchenfenstern eine gewisse Ähnlichkeit aufwies.

Wir liefen über den flauschigen blauen Teppichboden und trafen zunächst unsere Bekannten aus Marzahn. Sie waren bereits in ein Gespräch vertieft. Willkommenskultur wird bei Mavuno groß geschrieben. Als unbekannter Gast fühlt man sich sofort mitten drin. Da ich vor dem Losfahren noch einen ganzen Liter Wasser getrunken hatte, war mein erstes Ziel das WC. Dort fiel mir fast die Kinnlade herunter, denn das war ein so auffällig sauberes und helles WC mit Haargel und Eau de Toilette auf der Ablage. Auch die Sprüche am Spiegel regten meine Denkprozesse an: "Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe".

Die Familie nahm in der dritten Reihe links außen Platz. Über die Leinwand flimmerten die letzten Sekunden des Countdowns. Dann begann die Band zu spielen. Diese bestand aus einem Gitarristen und einem E-Schlagzeuger. "Großer Gott, wir loben Dich" in einer gut abgemischten Fassung mit zwei harmonierenden Instrumenten.

Als Pastor Daniel Flechsig seine Einleitung zum heutigen Entedankfest machte, war mir sofort wieder die Bedeutung von Mavuno präsent: Ernte. Wenn der Bauer die Ernte einfahre, verzehre er nicht alles, sondern hebe einen gewissen Teil für die nächste Saat auf. Das sei das klassische Re-Investieren. Darauf folgte die Kollekte und nicht die Predigt zum Thema Mavuno, pardon Ernte.

Da mir einige Gesichter bekannt vorkamen, fragte ich meinen Sohn: "Kennst du hier welche vom SOLA"? Er nickte. Um "sola" ging es heute auch in der Predigt. Mavuno hat das Lutherjahr 2017 schon etwas vorverlegt und behandelt aktuell das Thema "Ich glaube".

sola gratia (allein aus Gnade)
sola fide (allein aus Vertrauen)
sola scriptura (allein die Schrift)
solus Christus (allein Christus)

Ergänzend dazu gibt es noch "Soli Deo Gloria" (allein Gott die Ehre), wobei heute die Gnade, also sola gratia, auf dem Plan stand. Die Predigt begann mit einem Text aus Matthäus 20, 1-16, wo es um die Arbeiter im Weinberg geht, die egal zu welcher Uhrzeit sie angefangen hatten, alle jeweils einen Denar bekamen. Daniel Flechsig stellte die Frage in den Raum, ob solch eine Entlohnung nicht ungerecht sei. Da ich die Auflösung des Textes kannte, erschütterte mich diese Frage nicht weiter. Egal in welchem Alter jemand die Beziehung zu Jesus aufbaut, am Ende bekommt er das ewige Leben. Hauptsache, er hat vor dem Feierabend noch eine Anstellung bekommen. Ist doch gut so!

Der zweite Teil der Predigt war in dreizehn Unterthemen gegliedert, die laut des Predigers alle für sich ganz wichtig seien. Beim achten Punkt waren bereits deutliche Aufmerksamkeitsdefizite bei den heimischen Gottesdienstbesuchern festzustellen. Auf so viel Lehre war auch ich nicht vorbereitet und versuchte mit progressiver Muskelentspannung nach Jacobson die Konzentrationsfähigkeit zu reaktivieren. Einige Frauen schrieben eifrig die genannten Bibelstellen mit. Eine Dame bemerkte anschließend, dass sie noch nie so eine gute Zusammenstellung der Grundlagen und Facetten von Gnade gehört habe. Der Predigt folgten ein Lied mit der Band, der Segen und eine kurze Ansage.

Dann begann der zweite Gemeinschaftsteil mit Kaffee und Gesprächen. Kaffee hatte es auch vorher schon gegeben. Jetzt waren zur besonderen Freude der Kinder auch Kekse dabei. Der Pastor erzählte uns von der jüngeren Geschichte der Gemeinde, dem Namenswechsel, dem Start bei fast Null und der Relevanz für den Kiez. Mit 150 Personen seien die räumlichen Kapazitätsgrenzen erreicht. Am Gottesdienst hatten heute etwa sechzig Besucher teilgenommen. Die Altersstruktur war sehr gut durchmischt. Das Durchschnittsalter muss so bei vierzig liegen.

Da wir noch einen Anschlusstermin in Teltow hatten, verabschiedeten wir uns und fuhren weiter gen Süden.

Sonntag, 25. September 2016

Saddleback auf Deutsch

Der Berlin-Zweig der Saddleback Church wurde erst vor drei Jahren gegründet. Seitdem wächst die Gemeinde und wächst und wächst und wächst. Seit September gibt es zwei neue Gottesdienstformen bei #SaddlebackBLN: einen Jugendgottesdienst und einen Gottesdienst auf Deutsch.



Die Kalkscheune, wo sich die Saddleback Church sonntags trifft, liegt im Inner Circle der Stadt. Das ist insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn wieder einer der unzähligen Marathoni veranstaltet wird. Der Besucher aus dem grünen Stadtrand fühlt sich dann wie die "Christliche Gemeinschaft" am Tag des Mauerbaus. Wir entschieden uns zu einer Anfahrt per S-Bahn.

Kurz vor dem Alexanderplatz überfuhr die Bahn eine Brücke, unter der hunderte bunt gekleideter Athleten den über vierzig Kilometer langen Lauf zelebrierten. Am Bahnhof Friedrichstraße stiegen wir aus und konnten bequem die weiträumig abgesperrte Straße überqueren. Am Friedrichstadtpalast war ein Turm für den RBB aufgebaut und die Lawine der Läufer wälzte sich gerade an Charité und FDP vorbei.

"Wäre doch witzig, wenn der Erste einfach über die Absperrung klettert und zu Saddleback läuft", meinte mein Sohn, während wir zur Kalkscheune abbogen. Gleich am Eingang wurden wir sehr freundlich begrüßt. Das setzte sich im gesamten Haus weiter fort. Letztlich hatten wir ein Programmheft, einen Kugelschreiber und einen Becher Kaffee in der Hand. Der Gottesdienst auf Deutsch war deutlich ausgeschildert und fand in einem Nebenraum gegenüber dem englischen Gottesdienst statt.

Deutsch wurde tatsächlich sehr genau genommen. Alle Lobpreislieder waren ins Deutsche übersetzt. Wir sangen Lieder, von denen ich bisher nur die englische Fassung kannte. Das setzte sich konsequent in den Ansagen fort, die mit einem sehr einladenden Video von Pastor Dave Schnitter eingespielt wurden. Vor zwei Wochen gab es im Hof der Kalkscheune mehrere Taufen, die über und unter Wasser gefilmt worden waren (Video Taufe Juni 2016). Den Rest des Rahmenprogramms erledigten Anna und das Lobpreisteam.

Wie gewohnt gab es eine sehr impulsreiche Predigt. Diesmal von Rick Warren. Natürlich per Video, aber mit deutscher Simultanübersetzung. Wir folgten dem vierten Teil der Predigtreihe "Unerschütterlich" unter dem Motto "Wenn man das Unmögliche von dir fordert".

"Pastor Rick" hangelte sich am Text aus Daniel 2, 10-18 entlang und arbeitete zunächst heraus, woran man echte von falschen Propheten unterscheiden könne. Nebukadnezar wollte ja in den Versen bis 11 sehr konsequent mit den vermeintlichen Propheten seines Beraterstabes umgehen und ihrer Kompetenz auf den Zahn fühlen. Ab Vers 14 tritt Daniel auf und beeindruckt durch sein "ruhiges und überlegenes" Auftreten, das letztlich ihn, seine drei Freunde und seine ganzen Beraterkollegen vor der Hinrichtung bewahrte. Da der Text solch eine Fülle an wichtigen Prinzipien beinhaltet, die der Referent selbst schon oft praktiziert habe, wurden heute nur fünf von acht Grundprinzipien erläutert.

Wir schrieben auf unserem Begleitzettel eigene Gedanken zum Thema auf oder ergänzten Worte in Lückentexten. Das steigerte nicht nur die allgemeine Aufmerksamkeit, sondern ließ das Gesagte sofort aktiv reflektieren. Im Vergleich zu Volkhard Spitzer fragte ich mich, wie das Begabungsprofil von Rick Warren aussehe. Es muss eine starke Kombination aus Predigen und Lehren sein. Zumindest redete er fast die ganze Zeit frei und blickte selten auf einen kleinen Notizzettel auf seinem Stehtisch. Er erklärte gut verständlich die Zusammenhänge und stellte immer wieder passende Bezüge zu unserem Alltagserleben her. Die weiteren drei Prinzipien sollen am nächsten Sonntag beschrieben werden. Ein cleveres Konzept der Kundenbindung. Die Predigten können auf Deutsch per Podcast nachgehört werden.

Im Anschluss redeten wir mit unseren Bekannten über die Prinzipien 4 und 5, wo es um das Einholen von Gebetsunterstützung (Verse 17-18) und ferner darum ging, dass wir beim Beten übernatürliche Hilfe von Gott erwarten sollen. Von dieser Erwartung hatte ich heute schon auf meinem liebevoll beschriebenen Kaffeebecher gelesen: "God answers when you least expect". Ich bin gespannt.

Sonntag, 11. September 2016

Frauenkirche Dresden

Noch vor dem ersten Kreuzzug wurde am südlichen Elbufer eine Missionskirche erbaut, auf deren Platz heute die berühmte Dresdner Frauenkirche steht. Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirche diente für 48 Jahre als Mahnmal und wurde zwischen 1993 und 2005 wieder aufgebaut. Seitdem wird sie vorwiegend von Musikliebhabern und Touristen frequentiert. Es gibt aber auch jeden Sonntag um 11:00 Uhr einen Gottesdienst.



Ein Kochkurs mit dem BMW Excellence Club hatte uns an diesem Wochenende nach Dresden geführt. Acht Stunden Lebensmittelkunde, Kochen und Servieren mit Sternekoch Benjamin Biedlingmaier und der simultane Genuss des selbst gekochten 6-Gänge-Menüs zusammen mit den entsprechenden Weinen bis kurz vor Mitternacht hatten Einfluss auf die Planung des nächsten Morgens. Ein Gottesdienstbeginn um 11:00 Uhr in der Frauenkirche Dresden kam uns dabei sehr gelegen.

Gegen 9:00 Uhr waren wir im Frühstückssaal erschienen und trafen dort die Akteure des gestrigen Kochkurses wieder. Freundlich und frisch gingen sie ihrer Tätigkeit nach und wirbelten durch Saal und Küche. Wir regelten noch die letzten Formalitäten und liefen dann durch die sonnige Neustand vorbei am güldenen August und über die Elbbrücke zur Frauenkirche.

"Money follows Passion", fiel uns zum aktuellen Erscheinungsbild der Frauenkirche ein. Etwa zwanzig Menschen hatten 1989 den Stein zum Wiederaufbau ins Rollen gebracht und kurz darauf auch die Evangelisch-Lutherische Landeskirche und das Land Sachsen für das Projekt gewonnen.

An den zwei geöffneten Zugängen wurde explizit und mehrsprachig auf einen Gottesdienst hingewiesen. Das sollte Touristen und Musikliebhabern unmissverständlich mitteilen, dass es während der nächsten Stunde einen durch Predigt und Gebete durchbrochenen Musikgenuss geben werde. Ein Herr Rostig mit weißem Hemd drückte uns einen Ablaufplan in die Hand. Alle Lieder, liturgischen Texte und Bibelstellen waren dort abgedruckt. Sehr gut!

Da die Kinder nicht dabei waren, konnten wir endlich mal wieder weit vorne sitzen. Reihe 5 direkt hinter den Sitzplätzen, die Jutta Heidemann gesponsert hatte. Den Blicken der nach uns kommenden Gäste war zu entnehmen, dass es hier wohl Stammplätze gibt, die nun leider durch Reisende aus Berlin besetzt waren. Das Kirchenschiff wurde im Gegensatz zu den Emporen sehr voll. Dann wurden die Türen geschlossen.

Auf der Bühne tat sich einiges. Ein Chor marschierte durch zwei verzierte Barocktüren neben dem Altar ein. Ein Kirchenorchester nahm zwischen Kanzel und Chor Platz und der Dirigent übte sich während des Gottesdienstes im Multitasking. Die sportliche Statur hatte er sich wohl bei den mehrfachen Wanderungen zwischen Bühne und Orgel angeeignet. Die Orgel befand sich auf Höhe der zweiten Empore in der Wolkenlandschaft des Altarbildes. Der erste Teil des Gottesdienstes wurde auf sehr hohem Niveau klassischer Musik gestaltet.

Erst nach zweimaligem Umblättern des Begleitheftes erblickte der aufmerksame Leser unten rechts den Punkt "Predigt / Sermon" zu 2.Timotheus 1, 7-10. Auf genau diesen Moment hatten zahlreiche Besucher gewartet. Mit einem hörbaren Knarzen der Holzbänke entfernten sich Klassikfreunde und Touristen. Nachdem die Türen wieder geschlossen waren, redete Pfarrer Sebastian Feydt über den Timotheus-Text. Sein roter Faden ging am Text entlang und es wurden immer wieder Bezüge zum Alltag hergestellt. "Von Gott geht kein Geist der Furcht aus", formulierte er den Vers nach und gab uns einen Einblick in die Wortbedeutung des Urtextes. Ich betete unentwegt für den Mann auf der Kanzel und meine Frau war sehr angesprochen.

Es folgten weitere liturgische Elemente, bei denen auch die Musiker mit den Blasinstrumenten zum Einsatz kamen. Glaubensbekenntnis, Fürbitte, Vaterunser und Segen rundeten den Gottesdienst ab. Als wir vor die Kirche traten, hatte sich dort bereits eine sehr lange Schlange von Touristen gebildet, die leider die Information verpasst hatten, dass Gott uns einen Geist der Kraft, der Liebe und der Weisheit geschenkt hat.

Wir schlenderten durch die Dresdner Altstadt, über die Elbe und durch einige Hinterhöfe der Neustadt und erfuhren im Hotel, dass schon alle anderen Teilnehmer des Kochkurses abgereist waren. So holten wir unsere Koffer und reisten ebenfalls ab. Dresden ist immer mal wieder eine Reise wert.

Sonntag, 28. August 2016

JKB Treptow im Filmpalast Astra Johannisthal

Die JKB Treptow trifft sich in einem Kino am Sterndamm. Der Gottesdienst wird mit einem Brunch eingeleitet und auch danach ist Zeit zum Austausch im JKB Café. Der Lobpreis ist rockig und ansprechend. Die sehr integrative Willkommenskultur schafft für Gäste, Freunde und Bekannte einen schnellen Zugang zur Gemeinde.



Die Webseite wirkte sehr einladend, so dass wir gleich nach der Sommerpause einen Besuch in der besonderen Gottesdienst-Location der JKB Treptow vorgesehen hatten. Die Gemeinde trifft sich im Kino Astra am Sterndamm in Johannisthal. In diesem Kino hatte ich als Grundschüler diverse Filme gesehen und wenige Hausnummern weiter in einer Altbauwohnung mit Ofenheizung gewohnt, bevor wir 1995 nach Marzahn umgezogen waren. Die benachbarte Königsheide und Baumschulenweg waren die Orte meiner Kindheit. Somit fühlte ich mich heute sehr mit dem Kiez verbunden und freute mich, dass hier solch ein reges christliches Leben wächst.

Es war uns nicht wirklich klar, wie ein Brunch in nur einer halben Stunde zu absolvieren sei. Deshalb frühstückten wir zu Hause und peilten eine Ankunftszeit von 10:45 Uhr an. Alles lief nach Plan. Sogar ein Parkplatz vor dem Eingang des Kinos war frei. Als wir in den Vorraum traten, saß eine Frau mit Kreuz-Kette an der Kasse. Zwei junge Leute unterbrachen ihr Gespräch und kamen auf uns zu. Wir stellten uns gegenseitig vor und wechselten die ersten Worte über den Brunch und die Alleinstellungsmerkmale der Gemeinde. Auf dem Weg zum Kaffee sprachen uns weitere Gemeindemitglieder an und luden insbesondere unsere Kinder zu den altersspezifischen Aktionen ein.

Auf diese Weise war die Zeit bis zum Gottesdienstbeginn schnell verflogen und wir begaben uns zum Kinosaal 1. Dort wurden alle Besucher mit Bonbons begrüßt. Das Licht war gedimmt und die Bühne farblich ausgeleuchtet. Statt des akademischen Viertels reichen in Johannisthal fünf Minuten als Pufferzeit für entschleunigte Gäste. Über die Kinoleinwand flimmerte ein gut geschnittener Video-Countdown.

"Großer Gott, wir loben dich" wurde heute in einer bisher ungehörten Blues-Interpretation mit Gitarre, Bass und Schlagzeug vorgetragen. Die Bandperformance gefiel mir sehr gut. Mein Sohn war nur etwas verwundert über die weibliche Besetzung des Schlagzeugs.

Carolin aus der JKB Lichtenberg hielt eine Predigt zur Themenkombination von Sabbat und Gebet. Hinderlich für Gebet sei der allgemeine Leistungsdruck, der leider auch das persönliche Selbstbild tangiere. Der damit verbundene Aktionismus beschäftige uns so sehr, dass wir sogar die leisen Warnungen unseres Körpers überhören und mit einem "geht noch" weiter das Hamsterrad drehen. Carolin stellte mehrere Bücher vor, unter anderem "Der Klang" von Martin Schleske, worin es um das Hören und Reagieren auf das Reden Gottes gehe, insbesondere wenn mal wieder ein "geht noch" gegengehalten werde.

Der Hauptteil der Predigt beschäftigte sich damit, das Gebetsleben zu reaktivieren. Dazu könne man kontemplative Methoden wie Textiterationen, Rückzug ins Kämmerlein, einen Spaziergang oder das Sitzen im Café nutzen. Die JKB habe auf einer aktuellen Sommerfreizeit sehr gute Erfahrungen mit verschiedenen Methoden der Reanimation des persönlichen Gebetes gemacht.

Nach Kollekte, Lobpreis, Vaterunser und Segen verließen wir den gut klimatisierten Saal und schlenderten durch den Empfangsbereich des Filmpalastes Astra. Die Einstellung unserer normgerechten blauen Parkscheibe passte noch in das Zwei-Stunden-Limit. Johannisthal hat sich positiv entwickelt in den letzten zwanzig Jahren. Schön, dass sich das nicht nur auf die Bausubstanz, sondern auch auf das geistliche Leben bezieht.

Sonntag, 14. August 2016

Kirche am Südstern

Die Kirche am Südstern ist ein markantes Wahrzeichen christlicher Präsenz im Stadtbild Berlins. Die Sprüche zwischen den Doppeltürmen sind weithin sichtbar und auch das Leben in der Kirche ist vom Engagement für den Aufbau von Beziehungen zu Jesus geprägt.



Der letzte Besuch in der Kirche am Südstern muss wohl schon über zwanzig Jahre zurück liegen. Damals fand ein Gottesdienst mit Peter Dippl statt und ich erlebte eines der markantesten Abendmahle. Im akustisch ausgereiften Kirchenschiff wurden dünne Brotfladen, auch Mazzot genannt, verteilt und eine Analogie zwischen den Löchern und Brandmalen des ungesäuerten Brotes zum Leiden Jesu hergestellt. Anschließend wurden die Gottesdienstbesucher zum Essen der hellbeigen Brotstücke aufgefordert. Ein lautes vielstimmiges Knacken hallte durch den Saal und verstärkte die Wirkung der Erinnerung an das, was Jesus vor 2000 Jahren für uns getan hatte.

Heute klang Klaviermusik durch den Saal, als wir zwanzig Minuten vor Gottesdienstbeginn die Kirche betraten. Gegen den Druck der Familie konnte ich die Sitzreihe gerade noch von zehn auf neun verlegen. Dann nahmen wir auf den grünen Polsterstühlen Platz und waren gespannt auf das, was folgen werde. Bereits am Eingang waren wir freundlich begrüßt worden und auch jetzt kamen regelmäßig Leute aus der Gemeinde auf uns zu und schüttelten uns die Hand. "Seid ihr auf der Durchreise" oder "Oh, junge Leute", interessierte man sich für die Gäste.

Auf der rechten Seite des Altarbereiches hatte die Lobpreisband inklusive Schlagzeug ihren festen Platz. Davor stand ein Flügel und darüber hing die Leinwand für die Liedtexte. Der Gottesdienst begann mit einem alten Kirchenlied, das mit aktuellen Instrumenten begleitet wurde. Es folgten Ansagen, durch die wir erfuhren, dass es demnächst eine Gemeindefreizeit und den zweiten Taufgottesdienst in diesem Jahr geben werde. Die Kollekte wurde durch Maria am Klavier mit "What a Wonderful World" begleitet. "Und wer jetzt nichts geben kann, Herr, mache ihn bald zu einem fröhlichen Geber", war ein bisher noch nicht gehörter, aber durchaus sinnvoller Satz in einem Gebet für die Kollekte.

Und dann gab es noch den offiziellen Begrüßungsteil. Ein "Nein" trat über meine Lippen, als die Gemeinde aufgefordert wurde, den jeweiligen Nachbarn zu begrüßen. Allerdings nahm das hier im Südstern afrikanische Verhältnisse an. Die etwa siebzig Gottesdienstbesucher liefen quer durch den Saal und begrüßten sich wechselseitig und auch uns. Wären die weiteren 89% der Stühle im Mittelschiff besetzt gewesen, hätte sich dieser liturgische Teil wahrscheinlich nur auf die unmittelbare Umgebung konzentriert.

In der Predigt ging es um Römer 8 Vers 28 und dass uns trotz Hagel und Unwetter alle Dinge zum Besten dienen. Eberhard Sachse hatte bei den Überschwemmungen Ende Juli drei Pumpen bemühen müssen und dennoch einen feuchten Keller bekommen. Er schlug dann eine Brücke zu 1. Samuel 17, wo sich David auf den Kampf mit Goliath vorbereitet. David war dem Palästinenser körperlich und in der Ausrüstung unterlegen, wusste aber um die Größe und Möglichkeiten Gottes. Besonders interessant fand ich die Stelle mit Davids Schilderungen zum Erlegen von Löwen und Bären in Vers 35, wenn diese ein Schaf von seiner Herde wegtragen wollten. David hatte den Instinkt eines Hirten und war damit genau der richtige Leiter für das Volk Israel. Mit Gott ist also alles möglich, egal wie verfahren die Situation aussieht und egal wie groß die Blessuren sind. Gott holt das Optimum heraus.

Nach einem weiteren Lobpreislied und dem Segen gab es auf der Empore noch Gelegenheit für Kaffee und Gespräche. Da wir uns jedoch bereits auf den avisierten Italiener freuten, bedankten wir uns und verließen die liebevoll gepflegte Kirche. Bei Pizza und Lachsfilet tauschten wir uns am Marheinekeplatz über den Gottesdienst aus.

Samstag, 30. Juli 2016

FCJG Lüdenscheid

Die FCJG Lüdenscheid lässt sich am besten mit den Begriffen Charisma und Weltmission charakterisieren. Ihre Gottesdienste finden samstags statt und laufen unter dem Korintherbrief-Motto "Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder etwas...".



"Uups, sind wir zu alt", rutschte mir spontan heraus, als wir von drei jungen Damen herzlich am Eingang der FCJG Lüdenscheid begrüßt wurden.

Das Haus Wiedenhof befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des übersichtlichen Bahnhofs von Lüdenscheid. Die Freie christliche Jugendgemeinschaft (FCJG) in Lüdenscheid verbindet den Ruf von Charisma und Weltmission. FCJG-Präsident Walter Heidenreich ist über die Grenzen des Sauerlandes hinweg bekannt und eine befreundete Missionarin in Kambodscha wurde in Lüdenscheid maßgeblich auf ihren Dienst vorbereitet.

Heute wollten wir uns selbst ein Bild von dieser berühmten Gemeinde verschaffen.

OK, wir waren nicht zu alt. Die etwa einhundertfünfzig Besucher des Abendgottesdienstes waren zwischen zwanzig und fünfzig Jahre alt. Darüber hinaus sahen wir etwa zwei Kinder und eine ältere Dame mit amerikanischer Optik. Letztere wurde im Rahmen der Begrüßung als Huldah aus Kalkutta vorgestellt.

Nach dem recht kurzen Begrüßungs- und Ansagenteil ging es in eine Doxologie über, die an den Lobpreis in der Offenbarung erinnerte. Eines der beiden Lieder, die in der ersten Stunde gesungen wurden, sprach den Reiter auf dem weißen Pferd aus Offenbarung 19 ab Vers 11 an. Viele der Anwesenden flankierten den Gesang mit Melodien und Texten, die ihnen ad hoc eingegeben wurden.

Dann trat Huldah Buntain ans Pult. Die 90-jährige Kanadierin blickt auf über sechzig Jahre harter aber gesegneter Arbeit in Kalkutta zurück. Durch den frühen Tod ihres visionären Mannes war ihre besondere Organisationsbegabung gefordert, wodurch inzwischen viele Schulen, Krankenhäuser und Gemeinden in Indien entstanden sind. Huldah rollte ihre kraftvolle Stimme aus und zog die Zuhörer in der nächsten Stunde in den Bann ihrer persönlichen Gotteserfahrungen. Das Fazit war, dass Gott das Wort "impossible" (unmöglich) mag, um seine unbegrenzten Fähigkeiten zu demonstrieren. Die Seniorin machte deutlich, dass sie bis zum letzten Atemzug darauf achten werde, was Gott gerade tue und wo sie sich einklinken könne.

Dieser Bericht ermutigte uns sehr und bestärkte uns in der Bereitschaft, nach den konkreten nächsten Schritten zu fragen. Diese Frage muss wohl allgemein im Raum gestanden haben, da anschließend eine längere Gebetszeit eingeleitet wurde, wo sich die Besucher ganz neu für Gott zur Verfügung stellen konnten. Obwohl es bereits nach 22:00 Uhr war, wollte unser Sohn noch bleiben. Die Leute in der Mitte zeigten körperliche Reaktion wie Zittern, Lachen oder Umfallen. Kissen wurden herbeigetragen und die Zeit mit Musik untermalt.

Gegen 23:00 Uhr verließen wir die FCJG und fuhren durch das nächtliche Sauerland zurück nach Iserlohn. Unterwegs tauschten wir unsere Eindrücke aus. Für jeden von uns war etwas dabei gewesen. Das war der Umkehrschluss des FCJG-Slogans aus 1. Korinther 14 Vers 26 : "Wenn ihr zusammenkommt, hat jeder etwas zur Erbauung der Gemeinde".

Sonntag, 24. Juli 2016

EFG Wiedenest

Wiedenest liegt in der Nähe von Köln und ist bekannt für gute christliche Musik und seine Bibelschule. Auch in den Ferien ist der Gottesdienst der EFG Wiedenest gut besucht.



"Hier ist ja nichtig was los", raunte mir mein Sohn zu, als die umfangreichen Ansagen für die nächste Ferienwoche vorgetragen wurden. Es waren so viele Dinge, dass selbst die Kollekte während dieser Zeit eingesammelt wurde.

Wiedenest ist, wie der Name erahnen lässt, ein kleiner Ort im romantischen Ebbegebirge und liegt 60 km südlich von Dortmund und etwa 30 km östlich von Köln nahe des Kreuzes Olpe/Süd, wo sich A4 und A45 begegnen. Die Anfahrt ist wegen der vielen Kurven insbesondere für Motorradfahrer reizvoll. Parkplätze für Motorräder und Autos stehen reichlich zur Verfügung.

Das helle und freundliche Haus der EFG Wiedenest ist in den Räumen, Treppenhäusern und Fluren mit Piktogrammen dekoriert, zu denen man sich den passenden Bibelvers eingeprägen kann. Die Piktogramme sind teilweise so witzig, dass das VerseIernen einfach Spaß macht.

EFG Wiedenest Baptisten Forum Wiedenest
Bibelverse in der EFG Wiedenest
Beim Betreten des Saales wurden wir freundlich begrüßt. Wir stellten uns gegenseitig vor und erhielten ein Begleitblatt zum Gottesdienst. Der Saal bot Platz für etwa 250 Besucher. Trotz der Ferienzeit waren über zweihundert Leute gekommen. Die aus vier jungen Musikern bestehende Lobpreisband war gut abgemischt. Gut gemischt war auch die Altersstruktur der Gemeinde.

Der Gottesdienst begann mit einer Schweigeminute und Gebet für die Opfer des Amoklaufs in München. Dann folgten gemeinsame Lieder und die eingangs erwähnten Ansagen. Beim Kinderlied kam ich ins Schunkeln. Mein Sohn stieß mich an. Die ältere Dame neben ihm lächelte.

Die EFG Wiedenest beschäftigt sich in der Ferienzeit mit der Themenreihe "Beispiels-Weise" und berichtet über Menschen der Bibel, die im Laufe ihres Lebens deutlich an Weisheit zugenommen hatten. Dem gelben Begleitzettel war zu entnehmen, dass die sechs Themen von sechs verschiedenen Referenten vorgetragen werden.

Die heutige Predigt hielt Bernd Brockhaus. Mit seiner bemerkenswerten Radiostimme rezitierte er zwei Texte aus den Samuelbüchern, deren Zusammenhang wohl selten in einer Predigt behandelt wird. David bekommt darin die Ankündigung der Konsequenzen für seine Bathseba-Entgleisung und erlebt diese schließlich im zweiten Text im Rahmen der Machtergreifung seines Sohnes Absalom. Bernd Brockhaus entfaltete Davids menschliches Machtpotenzial, die persönliche Beziehung zu Gott, die Übernahme der Verantwortung für sein Handeln, die unkonventionelle Hilfe Gottes in dieser Situation und den damit verbundenen Weisheitsgewinn Davids. Die bekannten Regale mit Brockhaus-Lexika lassen auf die Länge der Predigt schließen. Trotz des interessanten Inhaltes übten sich einige Wiedenester in der Stabilisierung ihrer Konzentrationskraft.

Nach dem Segen verteilten sich die Gottesdienstbesucher im Gebäude. Wir schlenderten durch das Untergeschoss, erfreuten uns an den Piktogrammen, schauten in die vielen einladenden Kinderräume und mischten uns unter die Wiedernester, die bei Kaffee, Tee und Wasser ins Gespräch kamen. Dann verließen wir das Haus und freuten uns, dass das Auto nicht zugeparkt war. Die Rückfahrt durch das malerische Ebbegebirge konnte beginnen.

Sonntag, 26. Juni 2016

Berlinprojekt mit Ernst Lubitsch

Das Berlinprojekt ist eine wachsende Gemeinde im Herzen Berlins. Wer sich einklinken möchte, ist herzlich willkommen. Wer nur mal schnuppern möchte, kann das auch. Die evangelische Freikirche punktet mit professionellem Lobpreis, biblischer Predigt, Abendmahl und gut durchmischter Altersstruktur. Aber wer ist Lubitsch?



"Wer bitte ist Lubitsch?", fragte ich mich unmittelbar nach Betreten des Kinos Babylon. "Ist Lubitsch da?", wollte ich von einer der regelmäßigen Besucherinnen wissen. "Keine Ahnung", sie wisse nicht, wer das sei. Darauf fragte ich den freundlichen jungen Mann am Info-Tisch. Er kannte Lubitsch auch nicht. Und dabei sitzt Lubitsch jeden Sonntag im Gottesdienst des Berlinprojektes. Mit Ernst lauscht er dem Lobpreis, der Predigt und den Gebeten. Am Abendmahl nimmt er allerdings nur als Zuschauer teil. Er grüßt auch nicht. Zu konzentriert beschäftigt sich die lebensgroße Nachbildung des deutsch-amerikanischen Regisseurs in der Mitte der dritten Reihe mit der Handpuppe auf seinem rechten Arm.

Wir erlebten heute eine sehr angenehme Willkommenskultur. Am Nebeneingang wurden wir herzlich begrüßt und schauten uns kurz darauf an der Getränketheke um. Dort wurden reichlich Kaffee und verschiedene Teesorten angeboten. Der letzte Besuch lag schon etwa ein Jahr zurück, so dass uns entfallen war, dass das akademische Viertel integraler Bestandteil des Elf-Uhr-Gottesdienstes im Babylon ist. Ein wichtiges Detail angesichts der Parkraumbewirtschaftung um das Kino herum. In der nahe gelegenen Torstraße parke man sonntags kostenlos.

Proaktiv klinkten wir uns in den Begrüßungsdienst ein und empfingen die nach und nach eintreffenden Gottesdienstbesucher. Mit einigen kamen wir ins Gespräch. Auch alte Bekannte waren darunter. Auf dem Weg in den Kinosaal wurde uns ein 16-seitiges Programmheft in die Hand gedrückt. Wir stellten die Kaffeebecher in die dafür vorgesehene Halterung und warteten auf die Vollendung des akademischen Viertels.

Der Gottesdienst startete mit einem Gesangsstück von Sarah Kaiser. Es folgte eine Begrüßung mit kurzem Erfahrungsbericht über praktisches Christsein am Arbeitsplatz. Und dann wurde mit Bass- und Cajónbegleitung "Befiehl du deine Wege" von Paul Gerhardt gespielt. Überhaupt fiel das Lobpreis-Quartett durch eine bemerkenswerte musikalische Harmonie auf. Meine Frau bewunderte die Stimme der Sängerin Susi. Die Lieder sangen wir vom Blatt, also von den Seiten 3 bis 9 des Begleitheftes. Auch die Erklärung des Abendmahls, das Vaterunser und der Predigttext waren dort abgedruckt.

Die Predigt beschäftigte sich mit Genesis 15, 1-21. Abram wird darin zum Vertrauen auf Gott ermutigt. Gott schließt einen Bund mit Abram und seinen Nachkommen, die zu dem Zeitpunkt noch gar nicht sichtbar waren. Pastor Konstantin von Abendroth entfaltete die Spannung, in der sich Abram befand. Eine Spannung von Glauben, Vertrauen, Zweifel und sichtbarer Realität. Dass Gottes Realitäten größer sind, wurde deutlich, als Abram aus dem Zelt treten und die Sterne zählen sollte. Neuer Sichtbereich, neue Betrachtungsweise, neuer Horizont, neue Zukunftsperspektive, Weite und ein Bund mit Gott, wie er auch bei Menschen damals üblich war. Geteilte Tiere, durch die die Vertragspartner hindurchschritten und sich damit selbst das Urteil für eine Missachtung des Vertrages sprachen. In diesem Falle lief nur Gott durch die Mitte und erfüllte diesen Vertrag letztlich durch das stellvertretende Sterben von Jesus.

An das Sterben von Jesus und die Einheit seines Leibes als Bild für die Gemeinde erinnerte das anschließende Abendmahl. Der Gottesdienst endete mit dem Vaterunser, den Ansagen und einem Segensgebet. Bei den Ansagen fiel uns eine signifikante Gemeinsamkeit von Berlinprojekt, Saddleback und Kulturwerkstatt auf:

Taufen, Taufen, Taufen ...

Taufen - insbesondere von Erwachsenen - sind ein Indikator für gesundes Gemeindewachstum. Gemeindewachstum durch Menschen, die eine bewusste Entscheidung für Jesus getroffen haben und in den Lebensabschnitt "Jünger werden" einsteigen. Die Frage "Können Alte Jünger werden?" ist demzufolge mit einem klaren Ja zu beantworten.

Als wir in den Vorraum traten, war dort bereits emsiges Treiben. Die Snacktheke des Kinos hatte geöffnet und es gab bunt belegte Baguettes. Am Infotisch verkaufte Sarah Kaiser ihre neue CD mit Autogramm und Widmung. An der Wand hinter dem Tisch lasen wir wieder die Frage: "How would Lubitsch have done it?". Lubitsch saß immer noch im Saal und ließ sich von der Handpuppe anschauen. Vielleicht sollten wir die Frage neu besetzten: "WWJD - What would Jesus do?".

Sonntag, 19. Juni 2016

Kulturwerkstatt Berlin

Die Kulturwerkstatt Berlin trägt schon den Charakter dieser jungen Gemeinde im Namen. Herzliche Aufnahme von Gästen, interessante Menschen, guter Lobpreis, Familienfreundlichkeit, Angebote für den Kiez und eine inhaltsreiche Predigt zeichnen diese evangelische Freikirche aus.


Das akademische Viertel der benachbarten Saddleback Church wäre heute sehr praktisch gewesen. Trotz weiträumiger Umfahrung des Alexanderplatzes wären wir zehn vor elf bei der in die Altbauhäuser der Auguststraße eingepassten Kirche eingetroffen. Ein Sperrschild konnte noch ignoriert werden, die massive Bauabsperrung zum Überqueren der Torstraße jedoch nicht. Der Veranstalter des innerstädtischen Fahrradrennens musste gewusst haben, dass wir uns nur ungerne am Gottesdienstbesuch hindern lassen. 150 Meter vor dem Ziel mussten wir wieder umkehren und in den folgenden zehn Minuten einen Parkplatz außerhalb des Velothon-Ringes suchen. Diesen fanden wir in der Nähe der Christuskirche. Von dort aus benötigten wir weitere zehn Minuten für den Fußweg zur Kulturwerkstatt.

Den ehrwürdigen Backsteinbau betraten wir zusammen mit einer jungen Frau und ihrem Coffee To Go. Im Altarbereich spielte eine Band aus drei Personen. In der Mitte des sakralen Saales hingen drei große Schalltrichter aus Messing. Durch diese konnte man bis zum Altar durchschauen und in deren Spiegelung einen schnellen Blick auf den Sitz der Frisur werfen. Wir setzten uns in den Ostblock der Stuhlreihen und schauten uns die ausgelegten Programmheftchen an. Ein Early Bird zwitscherte uns von hinten aus zu, dass wir bisher nur die Begrüßung verpasst hätten.

Der Gottesdienst lief sehr klar strukturiert in kurzen und knackigen Einheiten ab. Zuerst wurde ein Kind mit Schwarzwälder Zuwanderungsgeschichte gesegnet. Ein Teil seiner Badener Verwandtschaft war angereist und gestaltete einige der damit verbundenen Elemente. Die Segnung durften sich die anwesenden Kinder noch anschauen und wurden dann unter besonderer Beachtung in ihren Kindergottesdienst verabschiedet. Damit waren die Anwesenden im Saal auf 2/3 reduziert, was etwa vierzig Personen entsprach. Vierzig interessante Menschen, die Kreativität und Intelligenz ausstrahlten, so wie Pastor Rainer Schacke, der seine berufliche Laufbahn als Journalist begonnen hatte.

Rainer griff den Segnungstext für den kleinen Neuberliner auf. Dieser stand in Hebräer 11 Vers 1 und leitete damit in eines meiner Lieblingskapitel des Neuen Testamentes ein. Er thematisierte das Kapitel bis Vers 12 und setzte damit eine Predigtreihe fort, in der es darum geht, Teil von Gottes Werk und Wundern zu werden. Immer wieder schlug er eine Brücke zwischen Glauben, Glaubenshelden und dem Vertrauen eines Kindes. Der Aufzählung und kurzen Vorstellung der Glaubenshelden aus Hebräer 11 stellte er abschließend eine Liste von deren Defiziten entgegen. Es waren eben auch nur Menschen wie du und ich.

Vor der Kollekte und dem Segen gab es heute das monatliche Abendmahl. Dieses nehmen wir immer wieder gerne mit Geschwistern unterschiedlicher Gemeinden ein und freuen uns dabei über das Bild des Leibes Christi, wo jedes "Körperteil" seinen speziellen Platz im Gesamtgebilde hat.

Nach dem Gottesdienst wurden wir freundlich begrüßt und sofort in die Unterhaltungen einbezogen. So erfuhren wir viel über die Geschichte der Kulturwerkstatt, aßen sehr leckeren Kuchen und schauten uns auch die gegenüber liegenden Kinderräume an.

Die Evangelische Kulturwerkstatt Berlin (EKW) ist eine Gemeinde für den Kiez. Sie trifft genau die in Mitte wohnende Kreativszene und junge Familien mit ihren speziellen Bedürfnissen. Sie bietet Menschen, die noch keine persönliche Beziehung zu Jesus haben, einen niederschwelligen Zugang und distanziert sich bewusst vom üblichen Transferwachstum. Am nächsten Sonntag finden im Weißen See mehrere Taufen statt. Sehr gut sei der regelmäßige LEGO/Brunch frequentiert, der uns an die LEGO-Bautage bei der EFG Weißensee erinnerte. Hier wären Synergien möglich. Überhaupt ist die Kulturwerkstatt sehr gut in der Stadt vernetzt und setzt gerne auf externen christlichen Angeboten auf. Warum auch das Rad neu erfinden, wenn es bereits die passende Veranstaltung gibt?

Gesättigt mit Kuchen und guten Gesprächen traten wir den sonnigen Fußweg zum Parkplatz an. Meine Tochter trank dabei ihren Tea To Go. Wir überquerten die Absperrungen des Velothons und fanden ein Auto ohne Ticket vor. Diese Parkzone wird nur bis Samstag bewirtschaftet.

Sonntag, 22. Mai 2016

Zukunft für Dich in Oberschöneweide

"Zukunft für Dich" ist eine evangelische Freikirche in Oberschöneweide mit einem starken Fokus auf soziales Engagement. Der Lobpreis ist flott und lädt zum Mitmachen ein. Die Predigt ist auf Jesus zentriert und wird in einer alltagsgerechten Sprache und Form vorgetragen. Nach dem Gottesdienst gibt es reichlich Essen. Gäste werden sehr herzlich empfangen und in das Geschehen integriert.



"Ja, die kenne ich", sagte meine Mutter und wollte gleich mitkommen. "Ja, Olli und Kathrin sind dort", erfuhr ich von ganz anderer Seite und sollte Grüße bestellen. "Zukunft für Dich" scheint eine gewisse Reichweite zu haben, die mir bisher nicht bewusst war. Immerhin hatte sich auch der NDR in seiner Dokumentation "Mission unter falscher Flagge" mit dem Verein aus Oberschöneweide beschäftigt. Die regionale Linke fand es verdächtig, dass Kinder auf dem Spielplatz mit Süßigkeiten zu Veranstaltungen eingeladen wurden und starteten damals eine Plakatkampagne gegen die vermeintliche Sekte.

Uns war deshalb nicht wirklich klar, was uns erwartet. Eines wussten wir jedoch: Anschließend gebe es ein gemeinsames Essen. Deshalb nahmen wir vorsorglich Rhabarberkuchen mit.

Oberschöneweide verkörpert zunehmend das, was Marzahn seit dreißig Jahren nachgesagt wird. Trotz renovierter Fassaden, vieler Grünanlagen und einem KWO-Gelände im Friedrichshain-Stil ist ein deutlicher sozialer Verfall zu bemerken. Das beginnt bei der äußerst aggressiven Stimmung auf dem Parkplatz vor REWE, erstreckt sich über die allgegenwärtigen Alkoholiker und endet bei der trostlosen Edisonstraße, deren Baumlosigkeit an die elend langen Straßenzüge Manhattans erinnert. Oberschöneweide dient als mehrspurig durchfahrbare Transitregion zur Stadtautobahn oder in den Südwesten Berlins.

Die Räume von "Zukunft für Dich" waren gut zu erkennen. Das Erdgeschoss des Eckhauses in Höhe der Klarastraße ist orange angestrichen und lädt den Passanten mit mehreren Schildern zum Besuch ein. So groß hatte ich mir das nicht vorgestellt. Vor der Tür hielten sich potenzielle Gottesdienstbesucher auf und begrüßten uns sehr herzlich. Wir betraten den Saal. Mit gleichbleibender Freundlichkeit begrüßten uns Frauen im Rollstuhl, Männer in Jogginghosen, Kinder in Deutschland-Trikots und junge Leute aus dem Mitarbeiterteam. Einer Mitarbeiterin drückten wir den Kuchen in die Hand und bekamen das Backblech kurz darauf abgewaschen zurück. Service!

Zukunft für Dich Oberschöneweide
Der Saal füllte sich, so dass die Zahl der Gottesdienstbesucher bei etwa fünfzig gelegen haben muss. Es begann mit einer flotten Anbetungszeit und präzise per Beamer eingeblendeten Texten. Dann wurden Geburtstagskinder und Gäste noch einmal offiziell und mit einem Willkommensgeschenk begrüßt.

Der gebürtige Hesse Jörg Kohlhepp predigte ausgehend von Römer 8 Vers 31 (Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein?) über Ängste und Zweifel sowie das aktive Eingreifen Gottes in unsere Herausforderungen. Unfälle, Depressionen, Krankheiten oder finanzielle Engpässe wurden aus dem Leben gegriffen und mit Beispielen für Gottes Hilfe beantwortet. Die Telefonnummer Gottes Fünfzig Fünfzehn oder Fünftausendfünfzehn oder Psalm Fünfzig Fünfzehn wurde uns vermittelt. Jörg hatte die gesamte Predigt über einen Draht zum Publikum, stellte Fragen und ging auf Bemerkungen der beiden Rollstuhl-Fahrerinnen aus der ersten Reihe ein.

Auch beim anschließenden Essen bemerkten wir einen liebevollen und empathischen Umgang miteinander. Menschen, die bisher selten mit den Sonnenseiten des Lebens in Berührung gekommen waren, werden bei "Zukunft für Dich" mit Respekt behandelt. Sie erhalten praktische Hilfe und ihr geleerter Selbstwerttank wird aufgefüllt. Besonders hilfreich ist dabei das ausgewogene Verhältnis von Mitarbeitern und Nutzern. Jörg ist einer von zwei hauptamtlich Angestellten. Darüber hinaus bringen sich etwa fünfzehn Ehrenamtliche ein.

Ich fragte mich die ganze Zeit, wie man dieses Projekt mit einem kurzen Satz beschreiben könne und blieb immer wieder bei einem Slogan der Bundeswehr hängen:

Wir. Dienen. Oberschöneweide.

Sonntag, 15. Mai 2016

Saddleback @Kalkscheune - experience #SaddlebackBLN

Die Saddleback Church ist eine wachsende evangelische Gemeinde in Mitte. Eine Predigt per Video ist ihr Alleinstellungsmerkmal. Gottesdienst und Predigt laufen auf Englisch und werden simultan übersetzt. Inhaltlich bieten die Predigten einen guten Alltagsbezug und sind wegen ihrer thematischen Nachhaltigkeit empfehlenswert. Die Zielgruppe sind Singles, junge Familien, Touristen, Studenten oder Berufs bedingte Wahlberliner, die sich über das sprachliche Entgegenkommen freuen. Der Gottesdienst eignet sich wegen der Professionalität und offenen Atmosphäre zum Mitbringen von Kollegen und Bekannten.



"Dann können wir ja zur Schönen Party gehen und gleich dort bleiben", freute sich meine Frau als sie die Location unseres nächsten Gottesdienstbesuches erfuhr. "11:00, Kalkscheune", hatte unsere Tochter in ihren WhatsApp-Chat getickert.

Ob wir noch die letzten Nachtschwärmer und Überreste der Schönen Party sehen werden? "Nein, die Leute sind so alt wie wir und halten nur von zweiundzwanzig bis zwei Uhr durch", zügelte sie die Dramatik meiner Vorstellungskraft. Wie wird es wohl mit der Parkplatzsituation aussehen?

Letztere war traumhaft. Hinter dem Friedrichstadtpalast waren unzählige Parkplätze frei. Es gab Parkraumbewirtschaftung zu zwei Euro pro Stunde und von der Schönen Party zeugten lediglich die Hinweisschilder an der Kalkscheune. Besucher von Saddleback wurden durch mehrere Schilder in die oberste Etage des Hauses geleitet. Ein interessantes Gebäude mit niedriger Zugangsschwelle.

Die Saddleback Church hatten wir bereits vor zweieinhalb Jahren besucht, als sie kurz nach der Gründung des Berlin-Zweiges in der Nähe des Potsdamer Platzes ihre Gottesdienste durchführte. Die Predigtreihe war damals so interessant, dass ich mit meinem Sohn noch ein weiteres Mal dort war.

Die Zielgruppe sind offensichtlich Touristen, Studenten, internationale Professionals und Deutsche mit erweiterten Englischkenntnissen. Wir hätten per Kopfhörer zwar eine Simultanübersetzung bekommen können, verzichteten aber darauf. Nach einer freundlichen aber nicht aufdringlichen Begrüßung kamen wir zunächst an einer Kaffeetheke vorbei. Es war noch recht leer im Saal. Der Saal erinnerte an einen der Nebenräume in der Time Square Church am Broadway. Videoscreens rechts und links neben der Bühne und fünf bis sechs Sitzreihen mit Blick auf die Längsseite des Raumes.

Die besondere Form der Sitzflächen führte dazu, dass mein abgestellter Kaffeebecher mit der liebevollen Aufschrift "Johannes 15, 5" langsam nach vorne rutschte, in Zeitlupe abkippte und den Saddleback-Saal großflächig in das Duftkonzept "Kaffee" tauchte. Es war inzwischen gar nicht mehr so einfach, zur Theke zu gelangen und einen Lappen zu bekommen. Der Saal hatte sich kurz nach Elf merklich mit Kaffee trinkenden Besuchern gefüllt. Ich beseitigte die farblich harmonierende Fußbodenveredelung, während die Familie die Gelegenheit nutzte und eine Bankreihe nach hinten umzog. Der Countdown lief. Akademisches Viertel.

Dann begann die Band zu spielen und Pastor David Schnitter leitete den Gottesdienst mit Grüßen und Ansagen ein. Alles auf Englisch. Das ist aber für den deutschen Gottesdienstbesucher noch recht harmlos. Der gewöhnungsbedürftige Teil kam nach der Anbetungszeit:

Public Viewing ohne Fußball.

Das Alleinstellungsmerkmal - Neudeutsch auch USP oder Unique Selling Proposition genannt - ist eine Predigt per Videoübertragung. Ich hatte mich bisher immer gefragt, wozu dann noch ein regionaler Pastor und der Aufwand einer Gemeindeorga notwendig sind. Heute erlebte ich die Antwort. Das einzige Video-Element ist die Predigt. Wenn man die Predigt als einen wichtigen Teil, aber nicht den einzig entscheidenden Teil von Gemeinde ansieht, lässt sich bei Saddleback erkennen, dass nachhaltige Professionalität in sämtlichen Bereichen wie Lobpreis, Kleingruppen, Kindergottesdienst, Evangelisation, sozialem Engagement usw. eine Gemeinde durchaus wachsen lassen kann. In den letzten zwei Jahren muss die Gemeinde offensichtlich um das Vierfache gewachsen sein.

Saddleback #SaddlebackBLN
In der heutigen Predigt ging es um Vergebung. Ausgangstext war Matthäus 6 Vers 12 aus dem Vaterunser. Anhand diverser weiterer Bibelstellen wurden die Facetten der Vergebung skizziert. Mein Sohn stieß mich an, ich solle auch mitschreiben und das Begleitblatt zur Predigt ausfüllen. Ab und zu notierte ich Zitate und festigte meine Ansichten zum Thema. Gut, wenn man das noch einmal so klar formuliert bekommt und weitere Zusammenhänge entdecken darf. Wir waren sehr berührt und nahmen gute Impulse auf, über die wir anschließend weiter redeten, wie beispielsweise, dass Vergeben nicht unbedingt etwas mit Vergessen zu tun hat und dass man nicht vergessen solle, dass einem vergeben wurde oder man selbst bereits vergeben habe. Ein wichtiger Fokus lag auf dem Vergeben im Sinne des Abgebens an Gott.

Die Beschriftung des Bechers meiner Frau musste etwas mehr Zeit in Anspruch genommen haben. Dort war zu lesen, dass Gott in diesem Jahr noch etwas Besonderes für sie geplant habe. Seltsam, dass bei den Ansagen, auf meinem Notizzettel und später auch in der Predigt das Wort "Ruanda" vorkam. Hatten wir doch am letzten Sonntag bereits etwas über Ruanda gehört. Nun klang die zarte Saite wie ein unüberhörbarer Gong. Wir füllten die Kontaktkarte aus und sind gespannt, wie es mit Saddleback, Ruanda und uns weitergeht.

"Das war cool! Hier können wir öfter hingehen", sagte unsere Tochter bei der Abfahrt. Solch ein deutliches Teenager-Statement gab es in den letzten zehn Monaten nur einmal: Heute.

Sonntag, 8. Mai 2016

ChristusKirche Berlin Mitte - Anklamer Straße

Der freundliche helle Gottesdienstsaal der ChristusKirche befindet sich auf einem Hinterhof in der Anklamer Straße. Der Lobpreis ist gut und die Predigt stellt einen hohen Alltagsbezug her. Es handelt sich um eine Pfingstgemeinde mit moderatem Fokus auf den Heiligen Geist. Die Altersstruktur ist gut durchmischt. Dem Kiezbesucher stehen nach dem Gottesdienst diverse Cafés und Restaurants zur Verfügung.



Die ChristusKirche in der Anklamer Straße ist eng mit der deutschen Geschichte verbunden. Heute vor einundsiebzig Jahren wurde in der Mitte Berlins der Zweite Weltkrieg beendet.

Der 13. August 1961 war ein Sonntag. An diesem Tag wollten die Mitglieder der Christlichen Gemeinschaft (heute Lukas-Gemeinde, Mülheimer Verband) zur Potsdamer Straße in den Gottesdienst gehen. Es ging nicht mehr. Der langjährige Lukas-Gemeindediakon Peter Hass ist immer fast zu Tränen gerührt, wenn er an den nur halb gefüllten Gemeindesaal am Tag des Mauerbaus denkt. Nach dem Mauerfall gab es vorsichtige Bemühungen der Annäherung zwischen den Hinterbliebenen aus dem Osten und den Leuten aus Schöneberg. Man hatte sich inzwischen deutlich auseinander gelebt. Die ChristusKirche gehört dem Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) an. Der Mülheimer Verband war wegen unglücklicher Passagen seiner Satzung in der DDR verboten.

Und noch mehr Geschichte: Heute vor zweiundzwanzig Jahren wütete in Ruanda ein Völkermord, dem innerhalb von dreieinhalb Monaten knapp eine Million Menschen zum Opfer fielen. Die Tutsi-Frau Denise überlebte und konnte im heutigen Gottesdienst berichten, wie sie durch das Eingreifen Gottes aus mehreren hoffnungslosen Todessituationen gerettet wurde. Sie war mir schon zu Beginn des Gottesdienstes durch ihr güldenes Kleid mit aufgedruckten Bibeln und christlichen Botschaften aufgefallen. Da sie seit den traumatisierenden Erfahrungen immer näher zu Gott gekommen war und ein intensives Gebetsleben pflegt, kann sie nun als Botschafterin der Vergebung fungieren. Das brachte ihr teilweise mehr Stress mit den eigenen Leuten ein als mit den Hutu-Tätern. Auch ihre Gemeinde habe damals kein nachahmenswertes Vorbild abgegeben. Über ihre Erfahrungen schrieb sie ein Buch.

"Du bist das Zentrum der Geschichte", hieß es dann auch über Jesus im ersten Anbetungslied. Die Anbetungszeit schloss sich einer ausführlichen Einleitung mit Verabschiedung in den Kindergottesdienst, den Grüßen zum Muttertag und dem Bericht von Denise an. Eine Anbetungszeit, in der wir alle Lieder ohne Textbedarf mitsingen konnten.

ChristusKirche Berlin Mitte - Anklamer Straße
Der erste Teil des Gottesdienstes war eine Steilvorlage für die Predigt von Erhart Zeiser. Es ging um die Größe Gottes, wie sie in Apostelgeschichte 5, 17-32 beschrieben wird. Die gerade erst entstandene Gemeinde redet öffentlich vom Leben und wird aus Eifersucht angegriffen und ins Gefängnis geworfen. Ein Engel befreit die Inhaftierten in der Nacht, diese gehen wieder in den Tempel und erzählen einfach weiter von Jesus, dem Leben. Wenn man sich den Text einmal auf der Zunge zergehen lässt, spürt man, dass hier keine menschliche Kraft am Werk ist und sich Gott sogar einen Spaß daraus macht, seine Leute durch einen Engel zu befreien, wo doch die Sadduzäer als initiale Neider (Vers 17) die Existenz von Engeln und auch die Auferstehung leugnen.

Erhart Zeiser thematisierte Widerstände als Trainingseinheit zur eigenen Stärkung und Weiterentwicklung. Immer wieder forderte er die Zuhörer zum Mit- und Umdenken heraus: "Wo Jesus ist, da ist das Leben". Man solle sich in diesem Zusammenhang fragen, warum in Gemeinden manchmal so wenig Leben sei. Er predigte lebendig und alltagsrelevant, so dass man gar nicht merkte, wie die zwei Stunden des Gottesdienstes vergingen. Damit war dann auch genau der richtige Zeitpunkt für ein Mittagessen im Kiez erreicht.

Nachdem wir einige Worte gewechselt und uns verabschiedet hatten, verließen wir den äußerst gepflegten Gemeindesaal im zweiten Hinterhof der Anklamer Straße 31 und stürzten uns in das bunte Treiben zwischen Bernauer Straße und Kastanienallee. Trödelmarkt, Mauerstreifen, Hipster-Bärte, Cafés, Radfahrer und internationale Restaurants wechselten sich ab. Nach gefühlten zwanzig Kilometern Spaziergang kehrten wir beim Inder ein.

Wir waren uns einig, dass man die ChristusKirche gerne ein weiteres Mal besuchen könnte.