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Sonntag, 15. Oktober 2017

20 Jahre CVJM Kaulsdorf

Der CVJM in Kaulsdorf ist eine feste Größe im Bezirk. Auch wir pflegen seit zwei Jahren einen regen Kontakt zu den wertvollen Mitarbeitern. Heute feierte der CVJM Kaulsdorf seinen 20. Geburtstag.



Exakt 49 Jahre nach der Gründung des heutigen Staates Israel wurde am 14. Mai 1997 der CVJM Kaulsdorf gegründet.

Die Geschichte des CVJM ist eine Geschichte der Wunder. Der Kaufpreis des Gästehauses, die Finanzierung der Projekte, die Harmonie der Leitung und die positive Wirkung auf das Umfeld des Großbezirkes Marzahn-Hellersdorf sind mit wissenschaftlichen Argumenten nicht zu erklären.

Trotz der aktuellen Umbaumaßnahmen ist das Übernachtungspotenzial ausgelastet und die Gäste kommen gerne wieder. Die Wandelbar mit ihren Kinder- und Jugendaktivitäten platzt aus allen Nähten. Die Mitarbeiter sind jedoch hoch motiviert. Die richtigen Leute am richtigen Platz.

Flankiert wird die praktische Arbeit des CVJM Kaulsdorf durch eine wöchentliche Gebetsgruppe. Neben Wundern im privaten und beruflichen Umfeld konnten hier auch Wunder bezüglich des CVJM erbeten und erlebt werden.

Am heutigen 20. Geburtstag waren so viele Freunde und Mitglieder des CVJM Kaulsdorf gekommen, dass sogar noch Stehplätze genutzt werden mussten. Es gab Berichte aus der Historie, musikalische Untermalung, einen Gottesdienst, Grußworte und eine Hausbegehung inklusive der neuen Räume im Dachgeschoss.

Die Mitglieder und Mitarbeiter des CVJM Kaulsdorf sind in verschiedenen Gemeinden der Stadt beheimatet. Eine entsprechend freie Atmosphäre herrscht im Haus und auf den regelmäßigen Freizeiten. Auch zur Presse, der regionalen Wirtschaft und den politischen Akteuren in Bezirk und Bundesregierung bestehen sehr gute Beziehungen.

Samstag, 7. Oktober 2017

Kirche für Jedermann in Teltow

Die "Kirche für Jedermann" in Teltow ist eine freundliche und gemütliche Gemeinde, die sich jeden Samstag für zwei Stunden zum Gottesdienst trifft. Heute war ich dort zu Gast.


Hätte ich gewusst, dass die Hausnummer 18 am gefühlten Stadtrand von Potsdam liegt, wäre ich wohl mit Auto zur Kirche für Jedermann gefahren. So stellte ich beim Erblicken des ersten Straßenschildes "Potsdamer Straße" fest, dass ich noch über 70 Haunummern ablaufen müsse. Die Potsdamer Straße fiel durch zwei Dinge auf: Tod und Autohäuser. Zwei Bestatter, ein Denkmal mit mahnenden Toten und unzählige Gebrauchtwagen-Händler. Wenigstens regnete es nicht.

Willkommen!

Zehn nach zehn war ich endlich an der Eingangstür des großflächig bemalten Flachbaus angelangt. Die Begrüßung war sehr herzlich. Kaum hatte ich mich gesetzt, bekam ich als Gast einen Gutschein für den Buchertisch. Ich schnaufte noch etwas die 70 Hausnummern weg und hatte mich zum ersten Klang der Anbetungszeit wieder gefangen.

Anbetung

Die Anbetungszeit verdiente hier tatsächlich diese Bezeichnung, da die sehr bekannten Lieder aus den 1990ern klar auf die Ehre Gottes ausgerichtet waren und nicht auf unser Wohlbefinden. Wenn es um uns in den Liedern ging, dann mit der Bitte um ein neues Herz und die Symbiose mit Jesus. Der unterlegte Klangteppich aus Gitarren, Cajon und Keyboard hatte einen Drive, der mich die ganze Zeit über gefesselt hielt. Fasziniert war ich auch über die Harmonie der Stimmen.

Erlebt

Es schloss sich eine Zeit des Erzählens an. Endlich mal wieder eine Gemeinde, in der die Leute von ihren alltäglichen Erfahrungen mit Jesus berichten konnten. Die Leute von der Kirche für Jedermann hatten viel mitzuteilen und freuten sich gegenseitig an den Erfahrungen. Im Saal saßen etwa 50 Personen. In diesem Bereich bewegte sich auch das Durchschnittsalter mit leicht nach unten orientierter Tendenz. Hier entscheiden sich regelmäßig Menschen für Jesus. Heute sollte es sogar eine Taufe für einen Rollstuhlfahrer geben.

Die Gottesdienste finden samstags statt, weil die Wurzeln der Gemeinde auf die Adventisten zurück gehen. Hier ist aber Jedermann willkommen, so dass sich eine sehr heterogene Gruppe gebildet hat, die sich gegenseitig inspiriert.

Erziehung

Etwa zur Halbzeit wurde ein Bügelbrett mit Laken auf die Bühne getragen: das obligatorische Puppenspiel. Das Puppenspiel führte - wie auch diverse andere Elemente - zur Predigt hin. Es ging um Erziehung. Ein knuffiger Plüsch-Prinz wollte ein Praktikum als Erzieher machen und musste sich einem Test unterziehen. Er fiel durch.

Die Predigt wird bei der Kirche für Jedermann von Laien gehalten. Dadurch ist ein brauchbarer Alltagsbezug gewährleistet. Mit Hebräer 12, 6 wurden wir in die herausfordernden Facetten der Erziehung hineingenommen. Erziehung der eigenen Persönlichkeit durch schmerzliche Erfahrungen. Der heutige Prediger konnte das mit sehr vielen Beispielen plastisch erläutern und suchte auch immer wieder den Dialog mit den Zuhörern.

Segen

Zum Abschluss stellte sich die gesamte Gemeinde im Kreis auf, fasste sich an die Hände und sang ein Segenslied. Sehr familiär. Überhaupt hatte ich mich sehr heimisch gefühlt. Das Licht, die kneipenähnliche aber gemütliche Einrichtung und die natürliche Freundlichkeit der Anwesenden waren ein gelungener Mix, einen Schnupper-Gast zum Mitglied werden zu lassen.

Ich hätte mir noch ein Buch aussuchen können. Auch hätte ich noch zu Mittag essen können. Allerdings hatte ich heute noch weitere Termine und wollte das Diät-Essen in der Klinik nicht verpassen. So wechselte ich noch einige Worte und eilte hinaus. Auch der Rückweg über eine Parallelstraße dauerte 25 Minuten. Damit waren neben Laufband, Ergometer und Muskelaufbau noch zwei Einheiten Ausdauer-Training dazu gekommen. Eine ungeplante Sporteinlage von knapp sechs Kilometern schnell gelaufener Wegstrecke.

Sonntag, 1. Oktober 2017

Nehemia Potsdam

Die Nehemia-Gemeinde in Potsdam ist über die Grenzen der Landeshauptstadt hinweg bekannt. Dabei werden immer zwei Attribute genannt: Royal Rangers und charismatisch. Heute wollte ich den Gottesdienst bei Nehemia besuchen.



Und wieder regnete es in Brandenburg. Wieder auf der Fahrt zu einem Gottesdienst in Potsdam. Sehr seltsam. Mein Ergotherapeut bestätigte letzte Woche, dass auch bei tagelangem Regen immer zu Sport und Bewegung im Freien die Sonne herauskomme.

Die Pappelallee liegt hinter der Alexandrowka. Den Weg war ich schon mehrfach gefahren, zumal auch Verwandtschaft in dieser Straße wohnt. Auf der linken Seite erblickte ich ein Areal mit Hinweisen auf die Nehemia-Gemeinde. Ich stellte das Auto in einer Nebenstraße ab und lief zum Haupttor. Es regnete immer noch.

Stadtmauer gegenüber des eigenen Hauses

Nehemia war der, der die Stadtmauer von Jerusalem wieder aufgebaut hatte. Jeder Einwohner sollte gemäß Kapitel 3 die Mauer gegenüber seines Hauses aufbauen. Das war sehr effizient. Schließlich hatten die Leute ein gewisses Eigeninteresse an diesem Schutzwall.

Das große Gittertor war verschlossen. Das kleine Gittertor für die Fußgänger war mit einer Kette gesichert. Keine Anzeichen eines in wenigen Minuten beginnenden Gottesdienstes. Kein Mensch weit und breit. Ein verlassen wirkender Gewerbehof mit Gebäuden, Grünanlagen und Freiflächen, die wohl ihre besten Jahre hinter sich haben. Ich zückte das Handy und schaute noch einmal auf der optimierungsfähigen Webseite der Nehemia-Gemeinde nach: Ort korrekt, Zeit korrekt, Datum korrekt. Es regnete immer noch.

Gemälde an der Gitterpforte

Nach fünf Minuten ging ich zum Auto zurück. Ein seiner Halbwertzeit ausgesetztes Banner bewarb die Royal Rangers und die Nehemia-Gemeinde. Eine Frau mit Hund kam mir entgegen. Ich parkte aus und rollte noch einmal langsam am Areal vorbei. Im Augenwinkel huschte ein Person mit einem Kreuzigungs-Gemälde an mir vorbei. Im Rückspiegel sah ich sie die Straße überqueren. Bei der nächsten Möglichkeit wendete ich. Vielleicht stimmte ja nur die Zeit nicht: 10 Uhr.

Als ich das Pfadfinder-Eldorado erreichte, stand auch die Frau mit dem Bild ratlos vor der Gitterpforte. Sie sei jetzt drei Wochen nicht beim Gottesdienst gewesen und habe lediglich gehört, dass eine neue Location im Gespräch sei. Diese sei wohl in der City, also der City von Potsdam. Sie wisse aber auch nichts über die genaue Adresse. Sie bemühte das Smartphon und kam zum gleichen Ergebnis wie ich zuvor. Das beruhigte mich.

Was ist los mit Nehemia?

Das Bild habe sie extra für die Nehemia-Gemeinde gemalt, wo es an den Wänden immer so kahl ausgesehen habe. Zudem sei sie eine halbe Stunde durch den Regen unterwegs gewesen. Zu Fuß schon frustrierend. Sie fragte, ob ich sie in die City - also die von Potsdam - mitnehmen könne. OK, das lag auf meinem Rückweg nach Teltow. "Wollen wir zu einem anderen Gottesdienst fahren", fragte sie und ich scannte kurz einige Alternativen durch: erlebt-Potsdam, mittendrin-Potsdam, ICF. Für mich war keine Alternative dabei, da ich ja unbedingt rechtzeitig zur leichten Vollkost in der Klinik zurück sein wollte. So blieb nur die Mitnahme in die City.

Nehemia sei eine kleine Gemeinde mit offensichtlich integrativer Atmosphäre. Die Leute seien sehr freundlich, der Lobpreis sei zeitgemäß und werde vorwiegend durch den Pastor und einen Gitarristen gestaltet. Der Pastor sei Mitte dreißig. Das klang ganz gut und passte in die Struktur von erlebt und mittendrin. Über die Predigten erzählte meine Mitfahrerin nichts, aber dass die Gottesdienste immer von 10 bis 12 Uhr gehen.

Farbe und die passende Info

Da sie die Querstraßen zur City nicht so gut kannte, setzte ich sie an einer Straßenbahn-Haltestelle ab. Das Bild hatte unter dem Regen etwas gelitten, was ich an den weißen Farbrückständen auf dem Ledersitz erkennen konnte. Während die Künstlerin durch das nasse Potsdam stapfte, fuhr ich durch das herbstliche Teltow-Fläming zurück. Der Abdruck des Gemäldes ließ sich problemlos mit Papiertüchern und Desinfektionsmittel entfernen. Es war wohl keine Ölfarbe.

Beim erneuten Besuch der Webseite - diesmal per Laptop - entdeckte ich plötzlich im zweiten Slider der Startseite einen wichtigen Hinweis: "Ab 1. Oktober finden unsere Gottesdienste im Friedenssaal statt (Schopenhauer Straße 23, 14467 Potsdam) - herzlich willkommen!"

Sonntag, 24. September 2017

Erlebt in Potsdam

Die junge Gemeinde im Südosten von Potsdam sollte man einmal erlebt haben. "erlebt - Kirche für Potsdam" ist wie "Brücke Berlin" ein Gründungsprojekt unter dem Dach des Baptismus. Heute nutzte ich die Nähe meiner Reha-Klinik in Teltow, um den Gottesdienst bei "erlebt" zu erleben.



258 PS gleiten über die herbstlichen Straßen von Teltow-Fläming. Buntes Laub am Straßenrand, Nieselregen benetzt die Frontscheibe. LIMIT verhindert das obligatorische Blitzerfoto im Land Brandenburg. Untermalt wird das Ganze durch Anbetungsmusik von Michael W. Smith. Schon fast zu entspannend für eine Strecke, die ich noch nie gefahren bin.

K2 im Kuckucksruf 9

Nach einer halben Stunde habe ich das K2 im Kuckucksruf 9 erreicht. Immer noch erstaunt, dass mein Navi solch eine abenteuerliche Straße in einem gut bewaldeten Neubaugebiet überhaupt kennt. Ich parke in einer Nebenstraße und gehe zum einladenden flachen Gebäudekomplex des K2. Draußen begrüßt mich ein alter Bekannter. Ein Ex-Mitglied meiner Ex-Gemeinde, der mit seiner Frau bei erlebt eine neue geistliche Heimat gefunden hat.

Vor dem Flachbau stehen Leute um die 30, reden miteinander, lassen sich vom Regen berieseln und begrüßen mich sehr freundlich. Ab und zu huscht ein Kind an uns vorbei. Im Vorraum gibt es Kaffee und Kuchen und weitere Herausforderungen an mein Namensgedächtnis: Felix, Christoph, Tobias, Manuel, Christiane sind Namen, die ich mir auf die Schnelle merken kann. Ich baue Eselsbrücken und trainiere das Gelernte.

Herzlich Willkommen!

Mir wird eine Tüte in die Hand gedrückt: "Herzlich Willkommen! Schön, dass du da bist!!! JETZT ÖFFNEN", steht darauf. In der Tüte finde ich eine Beschreibung von erlebt, die fast identisch mit der Webseite ist und eine Gebrauchsanweisung für den Gottesdienst. Willkommenskultur wird bei erlebt groß geschrieben.

Der Gottesdienst beginnt fast pünktlich um 11 und startet nach einer kurzen Einleitung mit einigen flotten Lobpreisliedern. In unbekannte Lieder findet sich der Besucher schnell hinein. Im angemieteten Saal zähle ich etwa 50 Erwachsene: Altersdurchschnitt 35. Die Kinder werden vor der Predigt mit einem Bilderrätsel verabschiedet. Dann wird der Predigttext gelesen.

3 Sonntage, 3 Predigten, 3 Pastoren

Schon den dritten Sonntag geht es um Lukas 4 - die Versuchung von Jesus. Der Personalschlüssel von erlebt ist bemerkenswert: ein echter Pastor und zwei Azubi-Pastoren wechseln sich beim Predigen ab. Heute ist der Dritte von ihnen mit der dritten Versuchung dran. Das heißt, er predigt darüber. Immer wieder werden Beispiele aus dem persönlichen Erleben eingeflochten, so dass der Alltagsbezug des zukünftigen Berufs-Christen gesichert scheint. Die Predigt ist komplett ausformuliert, wird aber relativ frei vorgetragen. Er zitiert auch seine Vorredner in einer Weise, dass der Gast nicht den thematischen Anschluss verliert.

Nach der Predigt folgen weitere Lieder und das Abendmahl. Endlich mal wieder Abendmahl! Das erlebe ich viel zu selten. Bei erlebt kann ich es heute wieder erleben und freue mich sehr. Parallel wird Gebet angeboten. Eine Geste des Gitarristen suggeriert mir das plötzliche Ende des Gottesdienstes. Meine Nachbarin deutet an, dass noch der übliche Abspann komme. Tatsächlich folgen die Ansagen. Verschüchtert wird eine liebevoll gestaltete Spendenbox von hinten nach vorne durch die Reihen geschoben. Es folgt der Segen.

Mit Puls 100 nach Teltow

Beim Blick auf die Handy-Uhr sehe ich "6 Nachrichten in 2 Chats". Meine Familie inklusive Omas will mich heute in der Reha-Klinik in Teltow besuchen. Es ist schon halb eins. Ich rede noch kurz mit dem echten Pastor, verabschiede mich von meinen Bekannten und hetze zum Auto.

Handy raus. Meine Frau ist nicht erreichbar. Puls steigt. Baustellen und nicht beschilderte Umleitungen treiben den Puls weiter hoch. Die Zeit läuft. Puls steigt. 13:29 Uhr stelle ich den Wagen vor der Klinik ab und stürze in den Essenssaal. Es wird gerade aufgeräumt. "Sauerbraten ist alle, aber wir haben noch Cordon bleu", sagt mir die Dame im weißen Kittel. OK, passt zwar nicht zum Diätplan, ist aber lecker. Auf dem Zimmer messe ich den Puls: 100.

Sonntag, 10. September 2017

Gottesdienst im Klinikum

Wenn ich die Bibel richtig verstanden habe, ist Gottesdienst eine 24/7-Angelegenheit. Diese konnte ich in der vergangenen Woche im Vivantes Friedrichshain feiern.



Es begann mit einem Gottesdienst bei Brücke Berlin in Charlottenburg. Der Aufstieg ins Dachgeschoss war ein sicherer Indikator für die Familie, mich anschließend beim Krankenhaus abzusetzen. In der Notaufnahme ging alles sehr schnell. Ergebnis: Lungenembolie mit sehr ausgeprägter Diagnose.

Rote Tasche mit Elberfelder in großer Schrift

Während meine Frau die eine Zeitschrift im Wartebereich studierte, packten die Kinder zu Hause meine Krankenhaus-Ausrüstung ein. conhIT Connecting Healthcare IT stand auf der knallroten Umhängetasche. Ein Schlafanzug, eine Unterhose, ein T-Shirt, mein Handy mit Ladekabel und die Elberfelder in großer Schrift. "Du sollst dich ja nicht so anstrengen", war ihre Argumentation für die Wahl der Elberfelder. Danke, aber ich lese gerade eine andere Bibel. Deshalb bat ich meine Frau, mir am nächsten Tag die Vulgata mitzubringen.

Langzeit-Ehe und noch immer frisch

Meine Mitpatientin hinter der Spanischen Wand war fortgeschrittenen Alters und lag hier wegen eines Schlaganfalls. Ihr Gesundheitszustand wurde merklich besser, so dass wir bald ins Gespräch kamen. besonders beeindruckend war die Beziehung zu ihrem Mann. Liebe wie am ersten Tag. Ein Beispiel für jeden guten Ehekurs, nur eben keine wirkliche Beziehung zu Jesus. Das fand ich sehr schade. Leider ergab sich kein Anknüpfungspunkt, um noch etwas über das Danach mit ihr ins Gespräch zu kommen.

Dreibett-Zimmer

Nach etwa 24 Stunden wurde ich von den Kabeln befreit und auf die normale Abteilung verlegt. Dreibett-Zimmer. Bei den vielen guten Begegnungen taten mir die Privatpatienten leid, die sich im Einzelzimmer langweilen. Im Zimmer lag bereits ein älterer Herr, der sein Leben lang als Maler gearbeitet hatte und nun kurz vor dem Abschied stand. Ein feiner und freundlicher Bettnachbar.

Die Frage nach Gott quittierte er mit einer sehr emotionalen Antwort: "Die Pfaffen kannst du alle vergessen. Die quatschen nur dummes Zeug und helfen dir letztlich doch nicht." Ein nicht ganz unbekanntes Thema. Hätte ich ihm von unserem Gemeindeaustritt vor zwei Jahren erzählen sollen? Schade jedenfalls, dass ihm die pastorale Erfahrung nun bei der direkten Kontaktaufnahme zu Jesus im Weg stand.

Am zweiten Tag kam unser dritte Mann und keiner hatte Skat-Karten dabei. Er war tätowiert, sehr kräftig, sehr sportlich, eine wahre Kämpfernatur von Mitte 40. Die Krankheit sah man ihm nicht an. Seine Brüder vom Motorad-Club gaben sich die Klinke in die Hand. Ich war fasziniert über diese Community. Sie brachten Geburtstagsgeschenke, schoben ihn im Rollstuhl zur Cafeteria, spielten Mensch ärgere Dich nicht und freuten sich auf seine Genesung.

Bibel auf dem Nachttisch

Entspannung im Krankenhaus ist nicht! Bis zum Nachmittag wurden wir mit Behandlungen, Messungen und Essenseinnahmen beschäftigt. Meine 10 x Danke pro Tag konnte ich morgens kaum am Stück aufschreiben, weil Blutdruck oder Sauerstoff-Sättigung gemessen wurden. Auch das eine Kapitel aus 4. Mose war selten in einem Rutsch zu lesen. So lag die grüne Bibel mit der goldenen Schrift oft zugeklappt auf dem Nachttisch.

Die Blicke von Ärzten und Schwestern fixierten das Buch. "Lesen Sie die Bibel?", kam ab und zu eine interessierte Frage. Der 4. Mose enthält ja so einige Geschichten, die uns den Humor Gottes nahe bringen. "Ist die Bibel so lustig?", fragte unser Motorrad-Freund. Ja, das konnte ich bestätigen.

Abschied

Nach einer Woche wurde ich entlassen. Beim Zusammenpacken der Sachen fiel mir ein, dass ich ja noch die Elberfelder in großer Schrift dabei hatte. Diese hatte ich einmal durchgelesen, so dass ich sie jetzt auch weitergeben konnte. Ich schenkte sie dem Kämpfer aus dem Nachbarbett. Er freute sich und wollte darin lesen. Ich schüttelte das Buch aus, entnahm einen Notizzettel, schaute nach eventuellen Unterstreichungen und steckte die Visitenkarte des Orthopädie-Fachhandels beim Anfang des Neuen Testaments rein: "Am besten hier anfangen". Dann packte ich den Rest zusammen und verabschiedete mich von den beiden Patienten.

Irgendwie war in den paar Tagen eine Beziehung entstanden. Trotz unserer sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten und Ansichten hatten wir uns gegenseitig aufgemuntert, viel gelacht und auf unsere Sachen aufgepasst. Mit ein wenig Abstand muss ich sagen, dass das alles einen Sinn hatte. Ich nehme es mit Römer 8 Vers 28.

Sonntag, 3. September 2017

Brücke Berlin schließt Lücke in Charlottenburg

Brücke Berlin ist eine moderne Gemeinde und bedient seit einem Jahr eine Versorgungslücke in Charlottenburg. Zu siebent besuchten wir heute den Gottesdienst.



Es waren wohl vier Brücken, die wir auf der Fahrt zu Brücke Berlin in Charlottenburg überquert hatten. Was mit der Bahn etwa 80 Minuten dauerte, ging mit dem Auto auch in 35 Minuten vom Stadtrand aus. Vor der Hausnummer 94 stand bereits ein Mann mit blauem T-Shirt. "Brücke Berlin?", fragte er und streckte seinen Arm in Richtung Eingang aus. Wir schlenderten an einer orangen Fassadenfärbung entlang in den Hinterhof. Dort stand ein Mann mit Anzug. Dieser outete sich später als Fotograf. Er zeigte auf eine schmale Tür mit grauer Treppe.

Treppe ins Dachgeschoss

Als ich die Tür und die Treppe sah, versuchte ich tief durchzuatmen. Meine Familie hatte bereits eine halbe Etage erklommen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich eine Lungenembolie hatte. Ein Mann ignoriert starkes Seitenstechen. Geht ja auch irgendwann wieder weg. Brücke Berlin hat neue Räume im Dachgeschoss mit Oberlicht. Oben angekommen, kroch ich in den Flur und versuchte die vielen Bekannten halbwegs im Stehen zu begrüßen und hechelte erst einmal am Tresen aus. Die Kinder schauten mich besorgt an. Man reichte mir einen Becher mit Wasser.

Lobpreis und Gründer-Mentalität

Sitzen war gut! Wir okkupierten zwei Reihen. Der Saal füllte sich, so dass letztlich um die vierzig Erwachsene und einige Kleinkinder anwesend waren. Ein Schwarzer mit Krawatte trat ans Keyboard und wurde von einer voluminösen schwarzen Frau mit Gesang begleitet. Die Frau hätte mit ihrer Performance einen kompletten Gospelchor ersetzen können. Wir gingen mit. Knie wippten. Oberkörper bewegten sich im Rhythmus.

Zur Einleitung des Gottesdienstes war Torsten Hebel eingeladen worden. Torsten Hebel ist Moderator, Comedian und Gründer. Brücke Berlin schaut sich zurzeit die verschiedenen Gründertypen der Bibel an, so dass Gründer Hebel sehr gut passte. Mit viel Humor brachte er uns das Thema nahe und erzählte auch von seinen tiefen Krisen und Herausforderungen beim Gründen. Seinen Leitgedanken zum Gründen könnte man wie folgt zusammenfassen:

Hier ist ein Problem. Keiner löst es. Ich habe eine Idee. Also mache ich!

Zwischendurch wurden immer wieder Lieder von der kernigen Sängerin vorgetragen. Das verleitete mich zu der Annahme, dass Torsten Hebel auch die Predigt gehalten hatte. Die Predigt kam aber anschließend. Es ging um die Gründertypen Aquila und Priscila. Dass Priscila im Neuen Testament immer zuerst genannt wird, fand ich auf Nachforschung nicht bestätigt. Die Aufzählung wechselt immer ab. Egal, es muss sich jedenfalls um ein Dream-Team gehandelt haben, das zudem ehelich verbandelt war. Sie werden immer zusammen genannt und an ihren Wirkungsstätten hatten sie wohl immer richtig was bewegt. Ein vergleichbares Ehepaar saß übrigens heute mit uns im Gottesdienst.

1 Jahr Brücke Berlin

Nach Kollekte, Ansagen, Segen und einigen Liedern wurde das Buffet freigegeben. Brücke Berlin feierte heute sein einjähriges Bestehen und den Umzug in die Location im Dachgeschoss. Wirklich schöne Räume mit Blick auf den Himmel über Charlottenburg. Ich hatte keinen Hunger und hielt mich an einem Becher Kaffee fest. Wir wurden mehrfach angesprochen und hatten längere gute Unterhaltungen. Die Willkommenskultur war ausgesprochen gut.

Hier kannst du deinen Chef mitbringen.

Erklärtes Ziel der Brücke Berlin ist es, eine Gemeinde zu sein, in die auch der Chef mitgebracht werden kann, ohne dass man danach die Firma wechseln muss. Verständliche Predigt, moderne Elemente wie Lobpreis und Kabarett können wir nach dem Besuch bestätigen. Während sich die "coolen" Gemeinden in Mitte, Prenzlberg und Friedrichshain auf die Füße treten, ist Charlottenburg noch unerschlossenes Land. Brücke Berlin ist ein erster Schritt zur Bedienung dieser Lücke westlich der City.

Brücke Berlin läuft unter dem Dach des Bundes der Baptisten. Auch dort ist der Bedarf an Gemeinden für die unterschiedlichen Zielgruppen der Stadt angekommen und wird nun konsequent bedient. Würde Gemeindegründung meiner aktuellen Berufung entsprechen, hätte ich dort sicher den richtigen Partner gefunden.

Rückweg über drei Brücken

Vorsichtig stieg ich die Treppe herunter. "Merkst du, wie langsam du läufst", schaute mich meine Frau an. Die Familie drängte mich nach nur drei Brücken zum Stopp am Krankenhaus Friedrichshain: Notaufnahme, 10 Minuten warten und dreieinhalb Stunden CT, Infusionen, Spritzen, Röntgen, Ultraschall und letztlich die Diagnose: Lungenembolie. "Ich muss Sie hier behalten", sagte die Ärztin und schob mich mit Tropf, Kabeln, Beatmung und Monitoren in die Beobachtungsstation.

Sonntag, 6. August 2017

Stadtkirche Offenburg

Offenburg liegt ganz in der Nähe von Straßburg, also an der Grenze zum Elsass. Da wir zu wenig Französisch verstehen, fuhren wir kurzentschlossen über den Rhein und besuchten einen evangelischen Gottesdienst in der Stadtkirche Offenburg.



Eine knappe halbe Stunde brauchten wir von Straßburg bis ins Zentrum von Offenburg. Das Navi kannte den Weg. Direkt vor der Tür der Stadtkirche wurde ein Parkplatz frei. Zwei Kinder, zwei Omas, meine Frau und ich verließen das gemietete Mehrzweckfahrzeug. Die Sonne schien.

Gastfreundschaft

Während wir noch die hohe Außenfassade und die Inschriften studierten, kam ein sportlicher Best Ager und begrüßte uns freundlich. Zusammen mit ihm betraten wir die Kirche und bekamen sofort zwei Gesangsbücher in die Hand gedrückt. Ein weiterer Mitarbeiter gesellte sich dazu und fragte, ob jemand von uns bei der Fürbitte mitmachen wolle. Ich bemerkte kurz, dass wir nur zu Besuch seien. Das sei egal, wir könnten es uns noch überlegen.

Suchmaschinen-Optimierung

Wegen der Hörgeräte meiner Schwiegermutter wurde eine der vorderen Reihen angesteuert. Der Saal füllte sich mit etwa 60 Erwachsenen. Der Best Ager hatte sich einen Talar übergeworfen: Pfarrer Kühlewein-Roloff. Bei der Suche nach einem Gottesdienst in der Nähe unseres Urlaubsortes hatte meine Frau anhand der guten Internet-Bewertungen und der Facebook-Präsenz die Entscheidung zum Besuch der Stadtkirche Offenburg getroffen. Auch der Name Kühlewein-Roloff fiel mehrfach und wurde von unseren Gastgebern als empfehlenswert bestätigt.

Zwei Gesangsbücher und drei Lesezeichen

Drei Bänder waren am dicken Gesangsbuch angebracht. Diese wurden mit den ersten drei Zahlen an den Wandtafeln harmonisiert. Nach jedem Lied oder Psalm wanderten die Bänder weiter im Buch, so dass wir gut vorbereitet durch die Liturgie kamen. Das letzte Lied wurde aus dem dünnen Jugend-Liederbuch gesungen. Geschätzter Altersdurchschnitt: 55 Plus. Allerdings passte das nicht so recht zur frischen und sehr gepflegten Optik der Kirche. Ein Großteil der Mitglieder muss wohl auf Reisen gewesen sein.

Rück-Formung durch Herz-OP

Der agile Pfarrer setzte die Zuhörer kurz in Kenntnis, dass er heute vom Predigttext aus dem Losungsbuch abweichen werde und sprach dann über die Jahreslosung. Zur Mitte des Jahres könne man das ruhig einmal machen. Die Jahreslosung aus Hesekiel 36 Vers 26 besagt, dass Gott uns ein neues Herz und einen neuen Geist schenkt. Zunächst zerlegte der Referent das inflationär genutzte Wort Reformation und machte daraus eine Rück-Formung. Über diese Rück-Formung des Menschen in einen Zustand, wie ihn sich Gott vorgestellt hatte, baute er das Sprungbrett zur Herz-Transplantation. Mir war bisher gar nicht bekannt, dass Menschen mit einem physisch neuen Herzen plötzlich anders ticken können.

Café und Alleinstellungsmerkmale

Nach dem Gottesdienst begaben wir uns in das Café. Dieses ist auf der Westseite an das Kirchenschiff angebaut. Dort unterhielten sich die Omas mit einigen Senioren. Das Café sei sehr beliebt bei Mitgliedern und Gästen. Die Stadtkirche Offenburg hat zudem ein beneidenswertes Alleinstellungsmerkmal: Potenzial an Kindermitarbeitern aber zu wenige Kinder. Der Normalfall ist ja umgekehrt.

Bemerkenswert ist auch die Eingangstür zur Kirche. Dort ist das Glaubensbekenntnis in Form einer Topic Cloud eingeprägt. Freundlich, hell und integrativ sind Attribute, die mir nach dem Besuch der Stadtkirche Offenburg im Gedächtnis haften. Wer in der Nähe ist, sollte dort einmal vorbeischauen.

Samstag, 29. Juli 2017

Advent in Marzahn - jeden Samstag ab 9:30 Uhr

Eine Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten hatte ich wohl bisher noch nie besucht. Eine dieser Gemeinden trifft sich jeden Samstag zum Gottesdienst in der Kirche Marzahn/Nord.



Wenn sich Gemeinden die Räume teilen, kann es gelegentlich zur Überschneidung von Interessen kommen. Sehr praktisch, wenn eine Adventgemeinde als Untermieter fungiert. Adventisten praktizieren ihren Glauben antizyklisch:

Ankunft

Advent ist für sie kein Zeitraum am Jahresende. Advent ist vom lateinischen Wort für Ankunft abgeleitet und steht für die Erwartung der baldigen Ankunft von Jesus. Da es sich bei Jesus eher um eine Wiederkehr oder Rückkehr handelt, hätten auch Namen wie Revent- oder Reditus-Gemeinde gepasst. Den Advent kennt aber in unseren Regionen jeder. Das gibt einen guten Anknüpfungspunkt für Gespräche.

Sabbat

Das zweite markante Alleinstellungsmerkmal ist die Heiligung des 7. Tages, des biblischen Ruhetages, des Sabbats. Deshalb treffen sich Adventgemeinden am Samstag zum Gottesdienst und haben diese Wocheneinteilung sogar in ihren Namen aufgenommen: Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten.

Bibelgespräch und Predigt

Gottesdienste der Adventgemeinde Berlin-Marzahn beginnen am Samstag um 9:30 Uhr. Die folgenden zwei Stunden beinhalten zwei wesentliche Teile: Bibelgespräch und Predigt. Das sei weltweit so üblich und habe sich bewährt. Die beiden Teile könnten auch in der Reihenfolge gedreht werden, gehörten jedoch elementar zur Sabbat-Feier.

Umrahmt wurden das Bibelgespräch und die Predigt heute durch acht Lieder, die gemeinsam gesungen wurden. Davon kannte ich 25%. Ansonsten hängte ich mich an den Gesang der Gemeinde. Nur bei einem Lied wurden Strophen ausgelassen.

Auch die bekannten Elemente Kollekte, Schriftlesung und Ansagen gab es. Sehr erfreut war ich über die Aufforderung, am Mikrofon über aktuelle Erlebnisse mit Gott zu berichten. Die persönliche Beziehung zu Jesus spielt hier eine wichtige Rolle. Jeder hatte seine Bibel dabei. Auch ein Alleinstellungsmerkmal. Dass das so sein könnte, war mir beim Frühstück eingefallen, so dass auch wir zwei Besucher aus der Nachbarschaft eine Elberfelder und eine Schlachter dabei hatten.

Bibel, Gesetz und Galaterbrief

Ohne die Bibeln wären wir beim Bibelgespräch sehr aufgefallen. Die etwa dreißig Gottesdienstbesucher im Altersdurchschnitt von Mitte fünfzig wurden in zwei Gruppen geteilt und in zwei Räume geleitet. Es ging um Galater 3. Die Gemeinde hatte sich über die Woche schon auf Soli Fide (nur aus Vertrauen) nach dem Vorbild Abrahams vorbereiten können.

Der Brief an die Galater ist insofern eine pikante Lektüre, da die Befolgung der Gesetze des Alten Testamentes wichtiges Merkmal adventistischer Frömmigkeit ist. Den Sabbat am Samstag als Ruhetag einhalten, keinen Alkohol trinken, nicht rauchen, keinen Schmuck tragen, kein Schweinefleisch essen waren einige der Regeln, die während der geleiteten Diskussion genannt wurden.

Einige der Teilnehmer setzten sich sehr ehrlich mit ihren Grenzen bei der Einhaltung der Gesetze auseinander und wiesen auf die Freiheit hin, die wir in und durch Jesus haben. Zu viel Frömmigkeit deute auf eine Leiche im Keller hin.

Wachstum im Süden

Weltweit werde über die Woche dasselbe Thema behandelt. So sind alle 19 Mio. Adventisten über den Sommer mit dem Galaterbrief beschäftigt. Jährlich kommen über eine Million Adventisten dazu. Das stärkste Wachstum ist in Afrika und in Südamerika zu verzeichnen. Europa rangiert im Promille-Bereich. In Deutschland gibt es knapp 100 Adventgemeinden, die regional teilweise in Körperschaften des öffentlichen Rechts zusammengefasst sind. Das hat Auswirkungen auf die organisatorische Bewegungsfreiheit und die Steuerzahlung. Apropos Steuern: 2014 hatten die Adventisten weltweit etwa 3,4 Mrd. USD erwirtschaftet, was einer Steigerungsrate von knapp 4% zum Vorjahr entspricht.

Advent nach Lukas 15

Die Predigt war in die zweite Stunde des Gottesdienstes eingebettet. Es ging um den verlorenen Sohn aus Lukas 15, 11-24. Der Referent habe schon einmal darüber gepredigt und nun weitere interessante Aspekte gefunden. Sein Fokus lag auf dem Auslandsaufenthalt des Sohnes, seiner möglichen Motivation der Freiheitsliebe und den Freunden, die mehr seine Ressourcen als ihn selbst liebten. In Vers 20 lesen wir: "und aufstehend kommt er zu seinem Vater ..." auf Latein "et surgens venit ad patrem suum". Da war es wieder, das Wort venire, das auch im Advent steckt.

Nach dem Gottesdienst wurden wir von vielen Leuten angesprochen und unterhielten uns noch über eine halbe Stunde mit ihnen. Kaffee oder Snacks gab es nicht. Das war uns egal, schließlich waren wir ja wegen des Sabbat-Gottesdienstes hier.

Sonntag, 16. Juli 2017

Zwei Degen und eine Zeitreise: Kirche Marzahn/Nord

Die Evangelische Kirchengemeinde Marzahn/Nord nutzt das letzte Kirchengebäude, das vor dem Ende der DDR eingeweiht wurde. Sehr spontan hatten wir uns für den Besuch des dortigen Gottesdienstes entschieden.



Meine Schwiegermutter hatte sich um 9:36 Uhr per WhatsApp zum Mitkommen angemeldet. Der Rest der Familie hatte andere Pläne. Zwei Freunde aus Marzahn kamen mit dem Fahrrad. Man musste sich bücken, wenn man den Seiteneingang zur Kirche nutzen wollte. Dieser war mit einem weißen Schlauch versehen, an dessen Anfang das heutige Datum stand. Eine Zeitreise ins Innere der Kirche.

Zugang durch den Tunnel

Da ich mich in der Kirche Marzahn/Nord nicht so gut auskannte, spähte ich in die verschiedenen Seitenräume des Ganges. Schließlich landete ich im Gemeindesaal. Die Wände waren mit Tüchern verhangen. Der Altarbereich wirkte königlich und antik mit silbernen und goldenen Tüchern sowie dunklen ehrwürdigen Vorhängen.

Meine Schwiegermutter hatte ich direkt vor der Tür abgesetzt und war dann noch mit der Parkplatzsuche beschäftigt gewesen. Offensichtlich hatte sie sich im Gang verlaufen und kam erst deutlich nach mir in den Saal. Um 10:30 Uhr begann der Gottesdienst mit einem alten Kirchenlied. Pastorin Dang gab eine kurze Einleitung und kündigte den bevorstehenden Einsatz von zwei Degen an: Monika und Rolf Dieter Degen.

Zwei Degen, 150 Psalmen und das Leben eines Königs

Monika platzierte sich unauffällig an der Technik während ihr Gatte uns auf eine Zeitreise mitnahm. Wir wurden etwa 3.000 Jahre zurück katapultiert. Der Hirtenjunge David saß am Tisch und schrieb Psalm 23. Er wolle sich erinnern und nichts vergessen von den großen Taten Gottes in seinem Leben. Rolf Dieter Degen rezitierte Ausschnitte aus vielen Psalmen und verband diese mit der Chronologie des Lebens von David. Scharfsinnig interpretierte er die Zusammenhänge der Geschehnisse im Leben des zweiten Königs von Israel.

Voll Spannung klebten die Zuhörer an seinen Lippen und den langsamen Bewegungen des Degens. Es waren um die siebzig Besucher erschienen. Das entsprach in etwa auch dem Durchschnittsalter.

Schilder, Bibeltexte, Bausubstanz

Nach einer Stunde, einem weiteren Lied, dem Vaterunser und dem Segen war der Gottesdienst zu Ende. Die Gemeinde wurde auf die Schleusinger Straße hinaus geführt, wo neue Tafeln mit Texten aus der Bibel aufgestellt waren. Auch die Künstlerin war dabei und wurde mit einem Blumenstrauß geehrt. Die Texte verbinden wichtige Aussagen aus dem Neuen und Alten Testament miteinander.

Das Gemeindehaus, der Garten und das Pfarrhaus machen einen sehr gepflegten Eindruck. Finanzielle Engpässe scheint es in Marzahn/Nord nicht zu geben. Im Garten staunten wir über die liebevoll angeordneten Tonfiguren und Tontafeln, die die 10 Gebote und biblische Geschichten darstellten. Ganz neu war die Bühne am Ende des Gartens - der Traum eines jeden Lobpreisleiters, der noch mit dem Fallstrick Selbstdarstellung kämpft.

Vor dieser Bühne gab es Eintopf mit Würstchen sowie Kaffee und Kuchen. Spontane Life-Musik mit Gitarre und Gesang untermalte das Essen und die Gespräche an den Tischen.

Gebückt durch die enge Pforte

Und dann war es endlich so weit: Die Akteure der Zeitreise hatten das Essen, die Gespräche, die Danksagungen und das Geschirr-Wegbringen erledigt und waren bereit zum Einsatz in der Historie.

Wieder liefen wir gebückt durch den Schlauch am Seiteneingang. Diesmal fiel mir auf, dass viele Personen der Geschichte mit Mitte fünfzig aus dem Diesseits geschieden waren. Sollte mir das zu denken geben? Mein Hausarzt hatte eine Reduzierung der Körperfülle empfohlen und dabei auf den Herzinfarkt mit Mitte vierzig verwiesen. Hatten alle diese berühmten Leute einen Herzinfarkt? Nein, einige waren wohl auch an der Pest gestorben.

Dann kamen wir zur ersten Station: Saul. Saul war nicht da. Scheinbar musste er noch Tassen in den Geschirrspüler räumen. Irgendwann erschien er. Er war ja schließlich der König. Freudig berichtete er über seine psychischen Probleme und die Beziehung zu David. Der Schrubber-Stiel in seiner Hand hatte am unteren Ende eine bedrohlich wirkende Spitze.

Paul Gerhard und zwei Unbekannte

Schnell gingen wir weiter - kurz über den Flur - 1.000 Jahre später in Jerusalem. Hier ging es um Petrus, der kurz vor der Verurteilung von Jesus plötzlich nicht mehr wusste, dass er mal mit Jesus durch die Gegend gezogen war. Es schloss sich eine Station mit dem weniger bekannten Johannes Agricola (1494 - 1566) an. Diesem folgte der bekannte Paul Gerhard (1607 - 1676) und der wiederum eher unbekannte Franz Theremin (1780 - 1846). Frau Dang konnte besonders viel über Franz Theremin, dessen Werk und Familie berichten.

Die Zeitreise sollte wohl eher am späten Abend durchgeführt werden. Beim Flackern der Kerzen entfalten die Kulissen bestimmt eine sehr realistische Wirkung.

Sonntag, 9. Juli 2017

Dorfkirche Marzahn wächst weiter

Vor einem halben Jahr wurde Lucas Ludewig als neuer Pfarrer in der Dorfkirche Marzahn begrüßt. Heute besuchten wir dort einen Gottesdienst.



Der gute Ruf als innovativer Vertreter des klerikalen Standes war Lucas Ludewig schon damals vorausgeeilt, nachdem er mit einem Star-Wars-Gottesdienst die Aufmerksamkeit der Presse auf die Zionskirche gelenkt hatte. Unsere Mutter und Schwiegermutter besuchen seit einiger Zeit regelmäßig die Veranstaltungen der Dorfkirche Marzahn. Auch sie sind vom Neuen in Schwarz begeistert.

Der Pfarrer mit dem gewinnenden Lächeln stand am Eingang der Kirche und begrüßte die Besucher. Ich skizzierte ihm kurz die familiären Zusammenhänge, als wir mit der geballten Verwandtschaft den rotbraunen Sakralbau betraten.

Heute wollten wir Lucas Ludewig mal predigen hören. Im Innenraum hatten sich etwa 80 Personen eingefunden. Damit war der untere Bereich fast komplett besetzt. Einige Besucher wichen auf die Empore aus. Der Kampf um angestammte Sitzplätze stellt seit Einführung von Pfarrer Ludewig eine immer größer werdende Herausforderung dar. Wir freuten uns über das deutliche personelle Wachstum.

Unsere Mütter begrüßten ständig ihre gleichaltrigen Freundinnen aus dem Seniorenkreis. Dann gab es noch einen Platzwechsel wegen der Hörgeräte und der Gottesdienst konnte beginnen. Orgelspiel, ein modernes Lied und dann die Ansagen des Pfarrers. Er werde heute nicht predigen, sondern die Bühne - also den Altarbereich - für die Kinder und Jugendlichen freigeben. Sie hatten ein Musical einstudiert.

Mit zunehmendem Alter nahm die Textsicherheit ab, selbst wenn nur ein Wort vorzutragen war. Die jüngeren Kinder schlugen sich dafür sehr gut, wobei schlagen wohl das falsche Wort ist, da es um Reformation und die Liebe Gottes ging. Es wurde viel gesungen und oft die Kleidung und die Kulisse gewechselt. Langer Applaus für die Kinder!

Nach Gebet, Abschlusslied und Segen wurde die Gemeinde zum Sommerfest eingeladen. Dieses startete unmittelbar nach dem Gottesdienst: Grillwurst, Hüpfburg, Kaffee und Kuchen.

Sonntag, 11. Juni 2017

Kirche des Nazareners in Steglitz

Die Kirche des Nazareners ist eine Gemeinde-Bewegung, die vor etwa 100 Jahren ihren Anfang nahm. Auf Empfehlung eines Nazarener-Protagonisten besuchten wir heute die Johannes-Gemeinde in Steglitz.



Was hat Johannes mit Nazareth zu tun? Bereits im ersten Kapitel des Johannes-Evangeliums wird gefragt, ob aus Nazareth etwas Gutes kommen könne. Jesus verbrachte seine Kindheit und Jugend in Nazareth. Deshalb wurde er Nazarener genannt. Auch die Moslems sprechen von Nazarenern, wenn sie Christen meinen.

Erweckung 1908

Die Kirche des Nazareners ist eine weltweite Bewegung, die ihre Wurzeln im Methodismus hat. Ihr Startpunkt kann auf die Erweckungsbewegung von 1908 in den USA datiert werden. Innerhalb von fünfzig Jahren hatten sich die Nazarener über verschiedene Länder verteilt und waren 1958 auch in Deutschland angekommen, zunächst in Frankfurt am Main.

In den 1990er Jahren galt es bei Jugendlichen in Berlin als trendy, die Gebetskonzerte der Nazarener zu besuchen. So gehört Musik auch heute noch zu den definierten Grundwerten:

  • Gemeinschaft mit viel Lobpreis
  • Bibel kennen lernen in Hauskreisen und Seminaren
  • Authentisch als Christ den Alltag meistern
  • Missionsprojekte unterstützen

Bible Belt Steglitz

Die heute besuchte Johannes-Gemeinde gehört zum Verband der Kirche des Nazareners. Im Umkreis von etwa 100 Metern treffen sich mindestens sechs weitere Gemeinden, darunter auch Powerhouse Ministries. Letztere nutzt die Räume der Nazarener, die jeden Samstag zusätzlich an eine arabische Gemeinde untervermietet sind. Wrangelstraße als "Bible Belt" von Berlin.

Ein besonderes Merkmal der Johannes-Gemeinde ist wohl die ausgesprochen herzliche Willkommenskultur und integrative Atmosphäre. Der Lobpreis ist entschleunigt. Die Liedtexte werden präzise auf der Leinwand eingeblendet. Der Gemeindesaal bietet Platz für rund 70 Personen. Heute waren etwa 50 Erwachsene mit mehreren Kindern erschienen. Als besonderes Highlight durften die Kinder die gesamte Lobpreiszeit bei den Eltern bleiben und gingen dann in ihr Programm. Jugendliche sahen wir keine.

Virale Wirkung nach Lukas 13

Statt Pastor Martin Wahl predigte ein Gast aus Alabama, der sich zurzeit um Flüchtlinge in Griechenland kümmert. Der Amerikaner Jacob hatte spontan das Thema Trinitatis (Drei-Einigkeit) gewechselt und war seinem Eindruck gefolgt, dass heute Lukas 13 dran sei. In den Versen 18 bis 21 geht es um das Reich Gottes im Vergleich mit dem Senfkorn und dem Sauerteig.

Ein oft gelesener und bekannter Text, aber mit vielen neuen Sichtweisen. So hatte ich mir bisher noch nie darüber Gedanken gemacht, dass der Sauerteig biblisch eher negativ belegt ist. Sauerteig galt damals als Metapher für Korruption und hatte auch beim Passah-Mahl nichts zu suchen. Soll das Reich Gottes also in Korruption bestehen? Nein, Jesus widmet die Bilder um und zeigt anhand dessen, dass menschliche Maßstäbe von rein und unrein eben nur menschliche Maßstäbe sind. Auch das Senfkorn galt als unrein und gehörte nicht in einen gepflegten Gemüsegarten. Zu viral breite es sich aus und sauge den anderen Nutzpflanzen die Nährstoffe ab. Eine sehr spannende Auslegung.

Als wir uns losgerissen hatten ...

Nach dem Segen strebten viele der Besucher dem Tisch mit Getränken und Kuchen entgegen. Andere kamen auf uns zu, so dass wir längere Zeit im Saal standen und über die IGA, die Nazarener und gemeinsame Bekannte redeten. Wir mussten uns regelrecht losreißen.

Das Auto war durch die pralle Sonne gut beheizt. Während der Hinweg nur 34 Minuten gedauert hatte, nahm der Rückweg fast eine Stunde in Anspruch. Das lag nicht an der Fahrrad-Sternfahrt, sondern an den unzähligen Baustellen in der Stadt.

Sonntag, 28. Mai 2017

#Kirchentag: Abschluss-Gottesdienst in Wittenberg

Heute fand auf den Elbwiesen südlich von Wittenberg der Abschlussgottesdienst zum #Kirchentag statt. Unsere Schlafgäste aus England, der Bundespräsident und ich waren auch dort.



122 km mehr standen auf dem Tacho, als ich das Auto in einem Wohngebiet der Lutherstadt Wittenberg abstellte. Die überall angekündigten Park-Leitsysteme fehlten. Wir liefen nach Gefühl Richtung Elbe. Dabei durchquerten wir die Innenstadt mit den wichtigsten Luther-Gebäuden. Kurz vor der Elbe stellten wir fest, dass wir noch einen großen Umweg über eine Bahnbrücke zu absolvieren hätten.

30°C und eine Stunde Fußweg

Es dauerte eine volle Stunde vom Parkplatz bis zum Ziel: Umweg, Schleuse für den Sicherheits-Check, Ponton-Brücke, Eingang an der Südseite des Feldes. Letzteres bedeutete, dass wir einmal am Feld vorbei und dann innen wieder zurück laufen mussten. Solche Aktionen waren uns schon von der Messe vertraut. 30°C. Die ersten Sanitäter liefen mit Tragen über die Wiese.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Abschlussgottesdienst in Wittenberg auf den Elbwiesen
Ich verabschiedete mich von unseren englischen Schlafgästen und stapfte der Bühne entgegen. In der dritten Reihe fand ich noch einen Platz. Passend zu den vielen Sanitätern und Hitzschlag-Gefährdeten war Gesundheitsminister Gröhe bereits vor Ort. Er trug kein Sakko, aber Krawatte und einen orangen Schal. Kurz vor Beginn des Gottesdienstes gesellte sich Innenminister de Maizière dazu. Auch er war sehr sommerlich gekleidet.

Nach dem Vorbild des Neuen Testamentes saßen in den Blöcken direkt vor der Bühne nicht nur die Ersten aus Kirche und Staat, sondern auch Lahme, Blinde und Taube.

Gleich geht es los!

Ein letztes Statement vom Chef der koptischen Christen aus Ägypten. Dann eine kurze Pause; herzliche Umarmung des schwarz gekleideten Kopten mit Hermann Gröhe und anderen; freundliche Begrüßung eines katholischen Bischofs.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - 1/7 der Bläser beim Abschlussgottesdienst in Wittenberg auf den Elbwiesen
Hinter der Bühne blinkten hunderte Blasinstrumente und stimmten "Nun jauchzt dem Herren, alle Welt" an. Gigantisch! Posaunen, Pauken - so ähnlich muss das im Himmel sein, wenn die Ankündigungen aus der Offenbarung greifbare Realität werden. Als ich noch über die Zukunft vor dem Thron Gottes sinnierte, schritt der Bundespräsident neben der Bühne entlang und ging zu seinem Platz im Nachbarblock. Auch seine Frau - Elke Büdenbender - und jede Menge Fotografen waren dabei.

Predigt auf Englisch über 1. Korinther 13, 12

Der Gottesdienst nahm seinen Lauf. Liturgie mit Liedern, Gebet, Lesung aus 1. Korinther 13, Glaubensbekenntnis und Kollekte bildeten den Auftakt. In der Predigt sollte es laut Programmheft um 1. Korinther 13, 12 gehen: "Von Angesicht zu Angesicht". Es predigte Erzbischof Thabo Makgoba von der Anglikanischen Kirche Südafrikas. Als Schwarzer sprach er Englisch mit afrikanischem Akzent. Wer kein Englisch verstand, konnte auf dem linken Screen deutsche Untertitel und eine Übersetzung in Gebärdensprache sehen. Die rechte Videowand stand für das unkommentierte Original zur Verfügung. Viele der aus "Bade-Würte-Berg" stammenden Sitznachbarn konnten nur Deutsch.

So rauschte die Predigt an ihnen vorbei. An mir auch. Die Predigt hatte mit Martin Luther begonnen und lief über die allgemeine Ungerechtigkeit in der Welt in einem postulierten "I have a dream" aus.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Abschlussgottesdienst mit Abendmahl
Viel spannender war also das Drumherum. Dazu gehörten die immer wieder einsetzenden Bläser hinter der Bühne - wie schon erwähnt: Hunderte! Bewegend auch das gemeinsame Vaterunser, das gemeinsame Abendmahl und der Segen von EKD-Chef Bedford-Strohm im wehenden schwarzen Gewand. Die Sonne blitzte in das Kreuz über dem Talar und tauchte es in einen goldenen Glanz.

Einheit in Jesus Christus

Der Altar war eine Leihgabe des Deutschen Katholikentages. Überhaupt zeigten sich die katholischen Gastredner sehr erfreut über die guten Beziehungen zu den Protestanten. Das sei vor zehn Jahren noch nicht so selbstverständlich gewesen.

Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Besucher mit "Liebe Schwestern und Brüder" und zeigte sich ebenfalls hoch erfreut darüber, dass die Christen unterschiedlicher Konfessionen und Denominationen auf einem guten Weg zur Bündelung ihrer Kräfte seien. Das solle weiter intensiviert werden. Der Bundespräsident war selbst viele Jahre lang aktiv an den Evangelischen Kirchentagen beteiligt. Ein katholischer Redner brachte es auf den Punkt: Uns verbindet die Einheit in Jesus Christus.

#Kirchentag Abschlussgottesdienst Wittenberg Elbwiesen
#Kirchentag - Abschlussgottesdienst mit Segen von Heinrich Bedford-Strohm
Gegen 14:00 Uhr nutzte ich den VIP-Ausgang neben der Bühne und wollte möglichst vor dem großen Abgang den Hot Spot verlassen. Immer noch um die 30°C und pralle Sonne. Vorbei an etwa zwanzig schwarzen Limousinen mit Blaulicht, vorbei am Pressezelt, vorbei an vielen Polizeiautos, durch einen hohen Gitterzaun, hinaus auf das freie Feld. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis ich die Pontonbrücke passiert und die Strecke über die Bahnlinie absolviert hatte.

Das Auto war extrem aufgeheizt. Ich entfernte die Decke über dem Lenkrad und trat den Heimweg an. 29,5°C war neben dem Tacho abzulesen. Unsere britischen Gäste hatten noch eine Verabredung in Wittenberg. So fuhr ich die 122 km alleine mit aufgedrehter Musik nach Hause.

Mittwoch, 24. Mai 2017

#Kirchentag: Eröffnungs-Gottesdienst am Reichstag

Sehen und gesehen werden bei der Eröffnung des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentages #DEKT. Wer und was war alles beim Gottesdienst am Reichstag und dem anschließenden Empfang beim Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU zu sehen?



Es muss schon eine charismatische Persönlichkeit sein, die mehrere tausend Erwachsene zu seltsamen Handbewegungen anstiftet: Eckart von Hirschhausen. Beim Gottesdienstes zur Eröffnung des #DEKT motivierte er die Teilnehmer, mit ihren Händen ein Fernrohr zu formen und einen beliebigen Punkt in der Umgebung zu fixieren. Ich ließ mein Fernrohr von der Ministerbank zum Dach der Bühne schweifen und blieb dort haften: ein Dach über vielen Christen aus vielen Gemeinden und Konfessionen.

Sehen und gesehen werden

Als Hagar in 1. Mose 16, 13 - frei übersetzt - "Du siehst mich" sagte, wusste sie noch nicht, dass 4.000 Jahre später ein Kirchentag unter diesem Motto stattfinden wird. Im Bereich vor der Bühne galt jedenfalls das "Sehen und gesehen werden". Wolfgang Thierse, Christian Wulff, Franz Josef Jung, Hermann Gröhe, Petra Pau, Thomas de Maizière und Norbert Lammert sahen sich und andere Personen in ihrem Umfeld. Dazu gehörten Eckart von Hirschhausen, Friede Springer, Martin Pepper und jede Menge unbekannter Kirchenvertreter, die sich alle kannten. Letzteres war daran zu erkennen, dass sie sich sehr herzlich grüßten, als sie sich sahen.

#Kirchentag Reichstag Eröffnungsgottesdienst
#Kirchentag - Eröffnungsgottesdienst vor dem Reichstag
Du siehst mich ab 18:00 Uhr

Der Gottesdienst vor dem Reichstag startete um 18:00 Uhr. Immer wieder schallten Klänge vom Parallel-Gottesdienst am Brandenburger Tor herüber. Die eigentliche Musik spielte aber hier auf dem Platz der Republik:

Die Zuschauer sahen und hörten unter anderem den Landesbischof Heiner Koch. Als Katholik machte er sich stark für die Zusammenarbeit von evangelischen und katholischen Christen in der Stadt. Es gebe mehr Christen in Berlin, als wir denken. Eine Aussage, die ich nach dem Besuch von weit über 70 Gemeinden bestätigen kann.

Sehr positiv wurde auch der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, aufgenommen. Ausgehend vom Nagelkreuz, das er sichtbar über seinem schwarzen Gewand trug, predigte er über Jesus und "Eine feste Burg ist unser Gott". Diesen Satz zitierte er mehrfach auf Deutsch. Der Rest wurde von der Bühne aus übersetzt.

Mit "Schwestern und Brüder" begrüßte Norbert Lammert die Gottesdienst-Besucher und redete davon, dass Christen sichtbar sein sollten - auch im Alltag. Überhaupt blieb der gesamte Gottesdienst am Thema "Sehen": Mitmenschen wahrnehmen, in die Augen sehen, etwas sehen, übersehen, herabsehen, Gott sehen, von Gott gesehen werden.

#Kirchentag Reichstag Eröffnungsgottesdienst
#Kirchentag - Eröffnungsgottesdienst vor dem Reichstag - Predigt des Erzbischofs von Canterbury
Ich sehe einen Parkplatz und die Kanzlerin

Als ich zum Auto zurückkam, sah ich ein Ticket: 10 Euro. Behutsam entfernte ich es und fuhr zur CDU-Bundesgeschäftsstelle. Das war gar nicht so einfach. Die City war weiträumig abgesperrt. Ich parkte am Großen Stern und lief die 600 Meter zum Konrad-Adenauer-Haus.

Dort sah ich weitere Bekannte: Angela Merkel, EKD-Chef Heinrich Bedford-Strohm, Erhart Zeiser und Allianz-Primus Ekkehart Vetter. Eckart von Hirschhausen und Norbert Lammert standen neben mir und folgten dem Grußwort der Kanzlerin, die sich über den wachsenden Mut zum Outen als Christ redete. Ursula von der Leyen sah ich nicht, dafür aber die Kirchentags-Präsidentin Christina Aus der Au. Die Schweizerin mit dem starken fränkischen Akzent hatte schon beim Gottesdienst einen sehr sympathischen Eindruck hinterlassen.

Wir sehen die zu spät Kommenden

Wegen der oben erwähnten Verkehrssituation kamen fast alle Altvorderen zu spät, also die Personen, die in der ersten Reihe neben der Kanzlerin und Peter Tauber sitzen durften. Peter Tauber hätte ich nach dem Gottesdienst am Reichstag fast eine Mitfahrgelegenheit angeboten. Sein nächstens Ziel war absehbar.

Auch Erzbischof Welby mit dem Nagelkreuz und Landesbischof Bedford-Strohm kamen zu spät. Bedford-Strohm ist dafür bekannt, seinen Halsschmuck auf den Anlass anzupassen. Statt eines Kreuzes trug er heute einen DEKT-Schal. Sein Grußwort war frei gesprochen und zeigte, dass er auch Latein kann: Dreimal wiederholte er mit den Worten "homo incurvatus in se ipsum", dass der Mensch verkrümmt in sich selbst sei. Diese Verkrümmung könne sich nicht nur in Sünde äußern, sondern auch in einem um sich selbst Drehen. Das gelte für Einzelpersonen und ganze Gemeinden. Applaus.

Siehe, ein D!

Immer wieder grüßten mich völlig unbekannte Leute. Einer davon raunte mir in vertraulichem Ton zu: "Essen gibt's oben". Oben wurden die Gäste mit belegten Broten, Wein, Bier und anderen Getränken versorgt. Gemeinsam mit Allianz-Chef Ekkehart Vetter wurde die Demokratie einer Belastungsprobe unterzogen. Wir lehnten uns gegen das zwei Meter hohe D des CDU-Schriftzuges. Es gab nach und rutschte Richtung Fenster. Wir stellten den Buchstaben an seinem ursprünglichen Ort und wechselten den geografischen Standpunkt.

Am Ende des Ganges wurden Eierkuchen gebacken. Ich bekam einen in Form des CDU-Schriftzuges. Sollte das mein Gewissen herausfordern? Keine Ahnung. Ich tauchte die drei Buchstaben in rote Fruchtsoße und verspeiste das D zum Schluss.

Apropos rote Fruchtsoße: Die Kanzlerin hatte den EKD-Ratsvorsitzenden trotz seiner politischen Orientierung sehr herzlich begrüßt und dann von der Kanzel aus bemerkt, dass sie die geschwisterliche Gemeinschaft über Parteigrenzen hinweg genieße. Am Promi-Tisch saß Angela Merkel dann jedoch neben dem Briten mit dem Nagelkreuz.

Sonntag, 21. Mai 2017

RESET Berlin sorgt für Updates in Friedenau

RESET Berlin ist ein Jahr jünger als unser Sohn und gehört zum Ecclesia-Verband, der wiederum ein Teil des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) ist. Heute besuchten wir den Gottesdienst im ehemaligen Computerladen an der Bundesallee.



Meine Winterräder hatte ich in der Nähe von RESET Berlin gekauft und stellte bei der Montage fest, dass die keine RDC-Sensoren haben. RDC-Sensoren messen den Luftdruck und melden ihn ans Cockpit. Gelbes Warnsymbol! Nach dem Einbau der Sensoren brauchten die Räder einen RESET.

Mit einem Reifendruck von 2,4 bis 2,7 Bar rollten wir heute auf die Location von RESET Berlin in der Bundesallee zu. Als wir den Eckladen mit der markanten Schrift sahen, bogen wir ab und fanden etwa hundert Meter weiter einen Parkplatz.

Cappuccino, Milchkaffee, Filterkaffee

Zum Konzept der Besucherführung gehört es, dass die Räume von der Nebenstraße aus betreten werden. Wir öffneten die Tür und standen sofort in einem kleinen Vorraum mit Theke. Die Dame dahinter fragte uns, was wir denn trinken möchten. "Kaffee", sagte ich und wurde durch die Gegenfrage sofort in einen Entscheidungsnotstand versetzt: Cappuccino, Milchkaffee, Filterkaffee und weitere Arten von Kaffee wurden genannt. Filterkaffee kannte ich. Den zapfte ich aus einer großen silbernen Kanne. Meine Frau ließ sich eines der anderen Getränke zubereiten.

Im Saal standen elf kleine Tische mit Barhockern. Der Raum hatte ein Fassungsvermögen von maximal siebzig Personen. Auf den Tischen standen Schälchen mit Kaffeebohnen und Teelichten.

Gemeinsames Essen

Der Gottesdienst bei RESET beginnt um 10:30 Uhr. Es gibt kein akademisches Viertel. Wer schon um zehn kommt, kann die halbe Stunde vorher zum Frühstücken und Netzwerken nutzen. Langsam-Esser dürfen während der Lobpreiszeit im Saal den Rest verzehren. Es gebe einmal im Monat auch ein Mitbring-Buffet, welches nach dem Gottesdienst verspeist werde. Kaffee-Atmosphäre und gemeinsames Essen ist ein wichtiges Merkmal von RESET.

Säule des Hauses und Säulen der Gemeinde

Wir kamen mit dem Pastor Jim Johnson, seiner Frau und einigen Leuten aus der Gemeinde ins Gespräch. Dann setzten wir uns an einen Tisch direkt vor der Bühne. Neben uns - also mitten im Raum - stand eine Säule. Sie muss wohl eine tragende Rolle für das darüber liegende Mietshaus spielen. Ansonsten wäre sie ein Fall für die nächste Baumaßnahme. Heute trug sie den Beamer, eine Kamera und die Verantwortung dafür, dass Tisch 9 nur akustisch dem Geschehen folgen konnte.

Apropos Säule: Die Gemeinde hat ein breit aufgestelltes Leitungsteam, das sogar Sprechstunden anbietet. Der Pastor ist also kein Alleinunterhalter. Er kann delegieren und die Mitglieder von RESET ihren Gaben gemäß agieren lassen.

Kurz vor Beginn stellte sich der Pastor mit den Akteuren zusammen und betete für den Gottesdienst. Es gab einen Werbeblock für Kleingruppen und eine längere Lobpreiszeit. Das Team mit zwei Gitarren und einem Keyboard war recht jung. Überhaupt gab es in der Gemeinde viele Mittzwanziger. Es wurde mehrfach betont, dass es sonst voller sei. Zwanzig Personen hätten heute noch gepasst.

Englisch, Deutsch und Römer

Pastor Jim predigte auf Englisch. Er wurde von der Bühne aus übersetzt, so dass wir das wichtige Thema doppelt hören konnten. Evangelium pur: Römer 6, 6-7 und weitere Bibelstellen untermalten die Folgen der Kreuzigung. Durch das Blut von Jesus seien die Sünden abgewaschen worden. Tod und Kreuz seien darüber hinaus ein Zeichen für neue Lebensqualität. Eine Lebensqualität, die nicht mehr vom "Selbst" bestimmt werde:

Gott an erster Stelle; Gott mit höchster Priorität; dann der Rest: Familie, Kinder, Eltern, Beruf, Träume. Das sei jedoch kein Freibrief für geistlich begründete Verantwortungslosigkeit. RESET der Denkmuster, RESET der Prioritäten, RESET der Entscheidungsgrundlagen.

Während der Predigt versuchten Frau und Sohn, den Kaffeebohnen aus der Deko ihren ursprünglichen Duft zu entlocken. Sie zerbröselten diese auf dem Tisch und streuten sie anschließend ins Teelicht. Als das nicht gelang, stellte ich die Bohnenschale an meine Ecke des Tisches und schirmte sie mit vier Tassen vom weiteren Zugriff durch die Familie ab. RESET!

UPDATE bei RESET

Im Zuge von Gebet und Segen wurde angesagt, dass in fünf Minuten das UPDATE beginne. UPDATE ist Englisch und bedeutet im Kontext von RESET: Gemeindeversammlung. Fünf Minuten sind ein sportliches Limit. Deshalb verließen wir schnell die Räume.

In der Nähe gab es nur zwei Restaurants. Deshalb fuhren wir nach Schöneberg-City und testeten dort einen Perser. In diesem Falle keinen Teppich, sondern ein Restaurant mit dem Namen Shayan. Da die Körbe für "das Opfer" nur Gemeinde-Leuten gereicht worden waren, reichte das Bargeld für fünf Mahlzeiten, zwei Mango-Lassis und drei Softdrinks.

Sonntag, 30. April 2017

Berlin Connect - Hillsong Family in der Kulturbrauerei

Berlin Connect gehört zur Hillsong Family und spricht Young Professionals und Studenten auf Englisch an. Die Willkommenskultur ist beispielhaft. Heute besuchten wir Berlin Connect in der Kulturwerkstatt.



Berlin Connect feiert seine Gottesdienste inzwischen im Hotel Maritim proArte stattfinden. So hatte ich es zumindest der Webseite entnommen. Wir entschlossen uns für eine Anreise mit der S-Bahn. Kurz vor elf traten wir in die Lobby und fragten nach dem Gottesdienst. "Sie meinen diese Kirche", fragte die Dame an der Rezeption. Ihre Kollegin bot noch das "Gebet für Berlin" an. Aber beides fand heute nicht statt. Da hatte ich mich wohl verguckt.

Flexibler Ortswechsel

Smartphone, Webseite, Aha: Kino in der Kulturbrauerei, 11:00 Uhr. Wir entschieden uns, mit der Straßenbahn zur Kulturbrauerei nach Prenzlauer Berg zu fahren. Die M12 kam kurz nach elf und zuckelte eine Viertelstunde von der Friedrichstraße in den Trendbezirk.

Im Blogbeitrag aus 2015 wurde nichts von einem akademischen Viertel erwähnt. Deshalb gingen wir davon aus, dass wir mitten in den Gottesdienst hineinplatzen. Auf dem Weg malten wir uns aus, wie wir neben der Bühne die Tür zum Saal öffnen und alle Augen auf uns gerichtet sind. Schnell deklarierten wir die Peinlichkeit in eine geeignete PR-Aktion um und gingen zielstrebig auf den gelben Backsteinkomplex zu.

Welcome Home

Der Weg zum Gottesdienst war gut ausgeschildert. An der Treppe wurden wir sehr freundlich begrüßt und jegliche Bedenken wegen des Zuspätkommens zerstreut. An der Tür empfing uns eine Mitreisende des #MDGC16-Teams und organisierte für meine Frau ein Kopfhörer-Set. Der heutige Gastredner solle sehr schnell sprechen. Inzwischen sind wir jedoch verschiedene Referenten mit markantem "American English" gewohnt. Deshalb verzichtete der Rest der Familie auf eine Simultan-Übersetzung.

Im Kinosaal nahm uns ein weiterer Mitarbeiter mit Welcome-Home-Shirt in Empfang und zeigte uns eine freie Sitzreihe. Die Lobpreiszeit war noch in vollem Gange. Auf der Bühne spielte eine Band und wurde von vier Sängerinnen unterstützt. Die Gemeinde konnte den jeweiligen Text an der riesigen Kinoleinwand ablesen.

Wir hatten also noch nicht so viel verpasst. Es folgten die Ansagen per Videobotschaft und die Kollekte mit großen Plastiktöpfen. Diese werden wohl originär für Grünpflanzen verwendet. Es konnten neben Geld auch die im Responsive Design gestalteten Kontaktkarten eingeworfen werden.

Dein Wert bei Gott

Dann trat Sy Rogers auf. Ein Mann mit einer sehr bewegten Historie und einer entsprechenden Kompetenz bei der Seelsorge in sexuellen Fragen. Letzteres passte sehr gut zur aktuellen Seminarreihe "God, Sex & Culture", die noch an drei Abenden im Mai fortgesetzt wird.

Auch wenn Sy Rogers nur wenige Bibelstellen zitierte, hatte er doch eine klare Kernbotschaft: Jeder Mensch hat einen Wert vor Gott. Im Deutschen wird immer von "Liebe" geredet, während andere Sprachen wie Griechisch, Latein oder Englisch nach Mitgefühl, Erotik, Freundesliebe oder Wertschätzung differenzieren. Das hilft bei der Auslegung und Umsetzung der Bibelstellen deutlich mehr als der frei interpretierbare Begriff "Liebe".

Die Performance von Sy Rogers war so brillant, dass die in der Tat sehr schnelle Aussprache und die Länge der Predigt kaum ins Gewicht fielen. Meine Familie konnte gut folgen und lachte an den richtigen Stellen, was auf ein problemloses Verstehen des englischen O-Tons hindeutete. Spontane Amen-Zurufe und nonverbale Gesten aus dem Publikum zeigten eine breite Übereinstimmung mit dem so lebhaft auf der Bühne vorgetragenen Thema.

Während der Predigt scannte ich gedanklich mehrere Personen aus dem Bekanntenkreis und überlegte, ob ich sie ihrem Wert vor Gott entsprechend behandle und wo konkreter Optimierungsbedarf bestehe.

Segen und Integration

Zum Abschluss wurde ein Start in die Beziehung zu Jesus inklusive Übergabegebet angeboten. Dann folgte eine weitere Kollekte, diesmal für Sy Rogers. Nach den Segenswünschen für die kommende Woche verließen die Besucher den Kinosaal.

Es waren nur noch wenige Minuten bis zum 13-Uhr-Gottesdienst. Dennoch widmeten sich die Welcome-Home-Mitarbeiter entspannt den Gästen und Dauerbesuchern. Selbst unsere Kinder wurden von etwa sechs Gemeindeleuten angesprochen. Eine integrative Atmosphäre, in die man gerne öfter eintauchen möchte. "Bis nächsten Sonntag", wurden wir verabschiedet und mussten uns regelrecht losreißen.

Beim benachbarten "Pane e Vino" reflektierten wir bei Pizza für 3,90 Euro den Gottesdienst und entschieden uns für den Besuch eines der Seminare im Mai.

Sonntag, 23. April 2017

Saddleback Berlin mit Taufe und Live-Predigt

Heute war ein besonderer Sonntag bei "Saddleback". Mit baptistischen Wurzeln sind regelmäßige Taufen schon fast ein Muss. Ergänzend dazu wurde heute auch noch live gepredigt. Buddy Owens, der Mentor von Pastor Dave Schnitter, war aus Kalifornien angereist, so dass auf die übliche Video-Predigt verzichtet wurde.



Bereits gegen 8:30 Uhr hatte "a couple of guys" das Taufbecken im Hof der Kalkscheune aufgebaut. Eine Gartenplansche von 2,6 x 1,6 x 0,65 Metern und einem Fassungsvermögen von 2.700 Litern Wasser. Egal, Hauptsache ein Wasserstand, der ein komplettes Untertauchen als Symbolhandlung gemäß Kolosser 2, 12 und Römer 6, 3-4 ermöglicht. Der zeitgenössische Baptismus kann sogar den gesamten Akt der Taufe per Video festhalten. Dazu reicht eine der beliebten Action-Kameras oder ein wasserdichtes Smartphone.

Gottesdienst in der Kalkscheune

Als wir gegen zehn bei Saddleback eintrafen, plätscherte das Wasser ins Taufbecken. Wenige Stunden zuvor war meine Frau mit ihren Freundinnen an dieser Stelle noch von einem Dance Floor zum nächsten geschwebt. Dave Schnitter begutachtete das Wasser und eilte dann in den zweiten Stock, um die Gottesdienstbesucher zu begrüßen.

Als der Countdown endete und die ersten Gitarrenklänge von der Bühne schallten, war es noch sehr leer im Saal. Nirgends konnte ich Buddy Owens entdecken und fragte mich, ob heute flexibel umdisponiert werde. Aber der Raum füllte sich und füllte sich und zum Ende der Lobpreiszeit erspähte ich den heutigen Redner ganz hinten in der Ecke. Er beobachtete von dort aus den europäischen Ableger der amerikanischen Muttergemeinde, die mit 20.000 Gottesdienstbesuchern als "Mega Church" bezeichnet wird. Die Bezeichnung "Groß-Mutter" könnte hingegen zu Verwechslungen führen.

Buddy und Matthäus

Buddy Owens justierte sein kleines Mikrophon am Hemdskragen und legte los. Er redete über "die skandalöse Liebe Gottes" und hangelte sich dabei an diversen Bibelstellen entlang. Den Zuhörern stand wie üblich ein Begleitzettel für Notizen zur Verfügung. Es ging um Matthäus, der das Matthäus-Evangelium geschrieben hatte. Als Zollbeamter wurde er von den Leuten seines eigenen Volkes gemieden und die Römer mochten ihn nicht, da er kein Römer war. Matthäus saß also zwischen den Stühlen und hatte lediglich sein Geld und Freunde mit ähnlichen gesellschaftlichen Kennziffern. Den Juden galt er als "unrein" und hatte damit keinen offiziellen Zugang mehr zu Gott.

Jesus ist für sein unkonventionelles Vorgehen bekannt. In Matthäus 9 Vers 9 kommt er am Zollhaus vorbei, schickt einen seiner Schüler los und lässt dem Beamten ausrichten: "Wenn du alles richtig machst und dich ordentlich anstrengst, können wir mal über eine Begegnung reden". Nein, so war das nicht. Der Text beschreibt das folgendermaßen: "Und Jesus sah einen Mann im Zollhaus sitzen, der Matthäus hieß, und sagte zu ihm: Laufe hinter mir her". Solch eine Ansprache war völlig unerwartet und neu für Matthäus.

Blickwinkel

Neu für mich war die Interpretation von Matthäus 13, wo es um die kostbare Perle und den Schatz im Acker geht. Seit meiner Kindergottesdienstzeit hatte ich verinnerlicht, dass der Kaufmann ein Mensch ist, der endlich zu Jesus, also der kostbaren Perle findet und dann alles andere dafür aufgibt, um diese Perle zu bekommen. Buddy Owens wechselte die Blickrichtung und setzte Jesus an die Stelle des Kaufmanns. Jesus, der mit seinem Leben dafür bezahlte, dass er mich gewinnen kann. Sagenhaft. Eine Sicht, die auch auf den Schatz im Acker adaptierbar ist und viel logischer klingt als die bisherige Interpretation.

Kaffee am Pool

Nach dem Gottesdienst sollten wir uns alle noch Kaffee holen und in den Hof gehen. Dave Schnitter hatte Shorts und ein dunkelblaues Tauf-Shirt, ein T-Shirt sozusagen, angezogen. Auch Buddy Owens war so gekleidet, trug aber keine Schuhe. Er zitterte, trug die Unterkühlung jedoch mit Fassung. Es wurde noch einmal heißes Wasser in den Pool gegossen und dann konnte es losgehen. Der Hof der Kalkscheune war jetzt mit Menschen sämtlicher Nationalitäten und Altersgruppen gefüllt, die mit Smartphones und Kaffeebechern dem Geschehen beiwohnten. Spontan entschied sich noch eine weitere Frau zur Taufe, so dass es insgesamt sieben Unterwasseraufnahmen mit der GoPro geben konnte.

Sieben Taufen

Dave erklärte kurz den Sinn der Taufe anhand der oben zitierten Bibelstellen. "It's a symbol", sagte er und wie auf Knopfdruck ging ein Platzregen auf die Sonnensegel im Innenhof nieder. Dieser wurde immer stärker und endete in einem Hagel. Die Sonnensegel schützten jedoch die Gemeinde, so dass nach einer kurzen aber würdigen Beachtung des Zeichens vom Himmel die Zeremonie fortgesetzt werden konnte. Buddy und Dave stiegen ins Planschbecken und tauchten alle sieben Personen nacheinander komplett unter. 2,6 x 1,6 Meter waren ein durchaus geeignetes Maß dafür. Mit Applaus und Ausrufen der Begeisterung begrüßte die Gemeinde die "auferstandenen" Familienmitglieder.

Dreieinhalb Grad

Während sich die Getauften abtrockneten, traten wir den Heimweg an. Da es immer noch regnete und sich große Pfützen am Straßenrand gesammelt hatten, führte ich meiner Familie das sogenannte "Drive By Baptism" vor. Es fanden sich allerdings keine Interessenten. Kurz vor der Haustür merkte ich beim Bremsen ein gewisses Aquaplaning. "Ja, meine Sommerräder rutschen auch öfter mal bei den aktuellen Temperaturen", sagte meine Frau. Ich schaute aufs Thermometer: 3,5 °C.

Samstag, 22. April 2017

Every Nation Berlin - samstags im Prenzlauer Berg

Der Name "Every Nation Berlin" lässt bereits vermuten, dass es sich um eine jugendliche Gemeinde mit internationalem Touch handelt. Der entscheidende Unterschied zu vergleichbaren Gemeinden besteht darin, dass die beiden Gottesdienste am Samstag stattfinden.



Diese Gemeinde wollte ich schon länger einmal besuchen, hatte mir aber nur etwas wie "internäschnell" und "Tschörtsch" gemerkt und war Dank Google bei der BICC im CinemaxX gelandet. Eine interessante Erfahrung, aber eben nicht die gesuchte Zielgemeinde. Inzwischen konnte ich noch einmal nachfragen und mir tatsächlich "Every Nation" merken.

Die Parkplatzsituation in der Heinrich-Roller-Straße war unerwartet entspannt. Punkt 19:30 Uhr trat ich durch die Tür der Nummer 13. Im Erdgeschoss hat die Gemeinde mehrere Räume ausgebaut.

Gemütlich

Ich fand mich in einer regelrechten Club-Atmosphäre wieder. Überall wuselten einheimische und internationale Mittzwanziger herum. Einige hatten es sich bereits auf den Ledersofas und Kneipenstühlen im Hauptsaal gemütlich gemacht und lauschten der mit Musik untermalten Begrüßung. Kein akademisches Viertel und kein Countdown.

An einer Säule lehnte ein Bekannter vom CVJM. "Ich höre mir noch die ersten drei Lobpreislieder an und gehe dann", sagte er und erklärte mir, dass er bereits beim Siebzehn-Uhr-Gottesdienst dabei gewesen war. Zudem solle ich mich nicht wundern, dass es hier sehr charismatisch zugehe. Das klang spannend.

Intensive Anbetungszeit

Ich setzte mich vor das Mischpult und ließ mich vom Drive der Lobpreisband mitreißen. Die Lieder waren teilweise bekannt oder so sparsam mit Text versehen, dass der Erstbesucher schnell auf Deutsch oder Englisch mitsingen konnte. Eine derart intensive Anbetungszeit hatte ich schon lange nicht mehr erlebt und ertappte mich im gedanklichen Abschweifen und dem simultanen Lobpreisgebet. Nach dem geistigen Exkurs klang immer noch dasselbe Lied durch den Raum, was jedoch in diesem Kontext weder störend noch langweilig wirkte.

Kollekte und der Altersdurchschnitt

Die Kollekte zur Halbzeit erzeugte eine gewisse Aufbruch-Stimmung. Ist jetzt schon Schluss? Ein Teil der etwa hundert Leute blieb sitzen und befüllte die mit Geschenkpapier beklebten Sammelboxen.

Das Durchschnittsalter von "Every Nation Berlin" muss bei Mitte zwanzig liegen. Einige Ältere hatten sich zwar im Saal verteilt, aber ansonsten zeigte sich eine recht homogene Altersstruktur. Ansagen, Berichte und Predigt wurden auf Deutsch und Englisch vorgetragen, so dass immer mindestens zwei Personen auf der Bühne standen.

Every Nation ist eine Gemeindebewegung, die in etwa fünfzig Ländern vertreten ist. Heute Abend wurde ein starker südafrikanischer Einfluss deutlich.

Heilung und Prophetie

Ein wenig fühlte ich mich in die frühen Jahre der Gemeinde auf dem Weg versetzt, als diese noch liebevoll als "Phila" (Philadelphia Gemeinde) bezeichnet wurde und sich in Schöneberg zum Gottesdienst traf. Warum kam ich mir nur plötzlich so alt vor?

Krankenheilung, Handauflegung, Sprachengebet und Prophetie sind selbstverständliche Elemente des Glaubenslebens bei Every Nation. Zudem zog sich durch den gesamten Gottesdienst der Hinweis auf den stellvertretenden Tod von Jesus, der damit die Trennung in der Beziehung zu Gott beseitigt hatte. Auf der Bühne stand ein Kreuz mit der Aufschrift "Gnade".

Sonne, steh still!

Heute ging die Predigtreihe "Auf in den Kampf" zu Ende. Es ging um die Schlacht bei Gibeon aus Josua 10. Nach einer sehr guten Erklärung der Gründe für die Kriegshandlungen im damaligen Kanaan ging der Referent auf die erhebliche Leistung der israelischen Soldaten ein, die eine ganze Nacht marschiert waren und dann gleich einen Tag lang kämpften. Gott unterstützte den Kampf mit Hagel. Und damit nicht genug: Josua sprach dann zur Sonne und zum Mond, dass sie still stehen bleiben sollten und sie taten das. Somit konnten die Soldaten einen weiteren Tag kämpfen und die fünf Armeen der Amoriter inklusive der fünf Könige vernichtend schlagen.

Daraus ließen sich viele interessante Gedanken für unsere Alltagssituationen ableiten. Rede mit Gott und rede zu den Herausforderungen, zu den im Weg stehenden Bergen. Der spannende Bibeltext und der Mix mit persönlichen Erlebnissen machten die Predigt lebendig und etablierten eine Aufmerksamkeit, die bis zum Schluss andauerte. Flankiert wurde das durch Themenfotos auf der Leinwand.

Flyer und Gebet

Am Ende konnten die jeweiligen Sitznachbarn füreinander beten. Dabei sollte auch die Frage nach einer konkreten Entscheidung für Jesus gestellt werden. Die Frage nach der Entscheidung und das Angebot der entsprechenden Begleitung fand sich auch auf den Flyern wieder, die auf den Plätzen lagen oder an Erstbesucher ausgeteilt wurden. Als ich die Nummer 13 verließ, regnete es. Ich stopfte die Flyer in meine Jacke und begab mich zum Parkplatz.

Wichtige Info per November 2018:
Die Gemeinde ist umgezogen und hat neue Gottesdienstzeiten. Every Nation Berlin trifft sich ab sofort jeden Samstag um 17 Uhr in der Anklamer Str. 31, 10115 Berlin.

Montag, 17. April 2017

IGA 2017 - Gottesdienst in der Arena

Christen in der Arena gab es schon vor 1900 Jahren in Rom. Der heutige Aufenthalt in der Arena war nicht ganz so gefährlich und kostete statt der körperlichen Unversehrtheit je nach Personengruppe bis zu 90 Euro.



Die IGA 2017 Internationale Gartenausstellung war am Gründonnerstag in Berlin-Marzahn eröffnet worden. Wo vor drei Tagen der Bundespräsident und die Altrocker-Band Karat auf der Bühne standen, agierten heute der Gospelchor "Bona Deus" und die Band "Patchwork". Patchwork wird inzwischen wohl mehr auf eine weit verbreitete Familienform als auf eine Decke aus verschiedenen Stoffteilen bezogen.

Ökumenischer Gottesdienst

Der ökumenische Ostergottesdienst unter dem Titel "O Happy Day" war schon im März angekündigt worden. Es wurden vergünstigte Karten vermittelt, so dass es 2.500 Vorverkäufe gab. Das entspricht der Hälfte der geladenen Gäste zur Eröffnung am Gründonnerstag.

Das Wetter war jedoch genauso durchwachsen wie vor drei Tagen, so dass nur etwa ein Drittel der Ticketinhaber in der Arena erschienen waren. Den Altersdurchschnitt schätzten wir auf fünfzig. Während kurzer Schauer wurden bunte Regenfolien übergestreift. Die Helfer mit ihren gelben Jacken waren dennoch gut zu erkennen. Zu Beginn hatten sie kleine Faltblättchen mit den Liedtexten und dem Gottesdienstablauf verteilt. Am Ende halfen sie an den Gebetsstationen. Es wurde Weihrauch verbrannt und hüllte die Arena in den Gärten der Welt in seinen markanten Duft.

Osterhase und Osterbotschaft

Die Halleluja-Rufe von der Bühne erinnerten an den Münchner Engel Aloisius beim "Frohlocken". Die vorderen Blocks gingen nach wiederholtem und lauter werdendem "Halleluja" willig mit. Der Moderator, Pastor einer Berliner Baptistengemeinde, wirkte etwas unvorbereitet und teilte seiner ökumenischen Zuhörerschaft freudig mit, dass der Osterhase die Osterbotschaft bringe. In diesem Zusammenhang könnte der Lehrplan der Theologischen Hochschule Elstal etwas nachjustiert werden.

Der Gärtner

Anschließend trat weder der Osterhase noch einer der pelzigen Freunde, die während der IGA zum Fotoshooting animieren, auf die Bühne, sondern Probst Dr. Christian Stäblein von der EKBO. Er trug einen schwarzen Talar und ein großes silbernes Kreuz um den Hals.

Er hielt eine sehr anschauliche Predigt. Es ging um Johannes 20, 11-18 mit Maria und ihrer Annahme, Jesus sei der Gärtner. Der Gärtner kümmere sich um das Leben und der Gärtner entsorge tote Pflanzen oder gelegentlich auch andere Tote. Es sei allgemeines Klischee, dass der Gärtner insbesondere in britischen Krimis der Mörder sei. Jesus sei als Gärtner auch zum Mörder geworden. Er habe den Tod getötet. Eine spitzfindige Pointe zu diesem Bibeltext und eine gelungene Brücke zur IGA 2017.

Apropos Brücke

Da die Eintrittskarten für den Besuch der gesamten Ausstellung galten, hatten wir vorab einige Stationen in den Gärten der Welt besucht. Besonderes Interesse bestand an der kunstvoll gestalteten Friedhofslandschaft. Beide Omas hatten innerhalb der letzten zwei Jahre Abschied von ihren Ehepartnern nehmen müssen. Auf einer Bank neben den Grabsteinen aßen wir selbst gebackene Schokokekse und Bouletten.

Dann liefen wir zur Seilbahn und ließen uns über den Kienberg nach Hellersdorf gondeln. Anstehen sowie Hin- und Rückfahrt hatten insgesamt nur zwanzig Minuten gedauert, so dass wir tatsächlich fünf Minuten vor Gottesdienstbeginn in der Arena saßen.

Sonntag, 9. April 2017

ICF Tempelhof mit Autobahnanschluss

Innerhalb von zwei Jahren musste ICF Berlin mehrfach die Location wechseln. Heute besuchten wir den Gottesdienst in der Tempelhofer Ringbahnstraße.



Einen Besuch in der Ringbahnstraße hatte ich mir schon lange vorgenommen. Zweimal hatten wir ICF im Ullsteinhaus besucht, einmal im Gasometer und einmal zu Weihnachten im Kino der Gropiuspassagen. Zum Jahreswechsel war ICF Berlin in neue Räume in der direkt an der Stadtautobahn gelegenen Ringbahnstraße umgezogen. Ein typisches Industrie- und Bürogebäude mit kleinem Parkplatz und niedriger Hemmschwelle für Erstbesucher.

ICF Welcome Home

Da wir nicht wussten, wie die Parkplatzsituation auf dem Hof aussieht, nutzten wir eine Lücke gegenüber der knallroten Beachflag "ICF WELCOME HOME". In der Einfahrt stand ein Mann mit blondem Haar und einer deutlich erkennbaren ICF-Beschilderung um den Hals. Er begrüßte uns sehr freundlich und versicherte uns, dass es bei ICF kein akademisches Viertel gebe. Das war gut so, da wir sehr früh vor Ort waren: zehn vor elf.

Während die Familie noch ratlos nach dem Weg spähte, entdeckte ich an der rechten Ecke des Vorhofes die nächste knallrote Beachflag "WELCOME HOME". Knapp konnten wir dem Überrollen durch ein Fahrzeug aus Potsdam-Mittelmark entgehen und erreichten unbeschadet den Eingang. Wir liefen durch das Treppenhaus und sahen eine angelehnte Tür. Dahinter wurde ein größerer Raum in Betoncharme sichtbar. Dieser war schon reichlich mit jungen Leuten und deren Kleinkindern gefüllt.

Willkommen und Transparenz

Langsam und präsent schlenderten wir durch den Raum, schauten uns um, bewegten uns auf den gegenüberliegenden Gang zu, blickten in eine Kinderecke und gingen dann in den großen hellen Vorraum zurück. Auf dem Weg begegneten uns mehrere Personen mit ICF-Badge. Allesamt blickten sie durch uns hindurch. Der gläserne Gast.

An der Theke wurde zuerst der hinter uns stehende Mann bedient. Dann kauften auch wir zwei Becher Kaffee für zwei Euro und stellten uns damit ans Fenster. Von dort aus beobachteten wir die hereinflutenden Gottesdienstbesucher. Einige kannten wir vom Sehen oder vom SOLA. Auch mutmaßliche Dauerbesucher standen wie Luft im Vorraum.

Gottesdienst

Als die Türen zum Saal geöffnet wurden, verständigten wir uns darauf, im Mittelfeld zu sitzen. Die Familie hatte mit der Reihe ganz hinten geliebäugelt. Es müssen um die 160 Sitzplätze gewesen sein. Optisch erinnerte uns der Saal an die Equippers in der Blissestraße.

In medialer Perfektion flimmerte ein Video über die Leinwände. Coole Szenen, attraktive Mittzwanziger und ein genialer Schnitt zeichneten dieses Intro aus. Es folgte eine kurze Begrüßung und dann startete die Lobpreisband. Keines der im Verlauf des Gottesdienstes gespielten Lieder war uns bekannt. Fast alles auf Englisch, die Texte gelegentlich etwas flach, aber eine gute musikalische Performance.

Hashtag Jesus

Die aktuelle Predigtreihe #JESUS umfasst mehrere Themenkomplexe. Heute sprach André Schönfeld von ICF Grünheide über Freundschaft. Mein Sohn konnte sich im Vorfeld noch daran erinnern, dass es bei unserem Besuch in Grünheide um Kreise ging, in denen man sich bewege und die man auch mal übertreten solle. Heute wurden mehrere Bibelstellen von Adam und Eva, über Mose und die Schlacht gegen Amalek bis hin zu "Ich habe euch Freunde genannt" aus Johannes 15 Vers 15 zitiert.

Der Referent hantierte die gesamte Predigt über mit einer großen Blumenspritze und pumpte die potenzielle Sprühkraft auf. Die ersten beiden Sitzreihen waren bereits befeuchtet worden und es war unklar, ob die Spritze später noch zur Reaktivierung der Aufmerksamkeit genutzt werde. André zog damit eine Parallele zum Prinzip von Druck und Stärkung.

Nach der Predigt folgten weitere unbekannte Lieder, eine kurze Gebetszeit für die Anliegen auf dem Screen sowie ein Segensgebet.

Postludium

Die "transparente" Willkommenskultur hatte eine nachhaltige Wirkung auf mein Wohlbefinden und die Bleibeperspektive. Unmittelbar nach dem Amen strebte ich dem Ausgang entgegen. Eine der oben erwähnten ICF-Schildträger stand im Vorraum und grüßte nun freundlich. Dann folgte sie uns Richtung Ausgang. Sie wollte wissen, ob wir das erste Mal bei ICF seien und lud uns zu einem Getränk ein. War nett gemeint, aber der richtige Zeitpunkt verpasst. Ich lehnte ab und trat ins Treppenhaus.

Meine Familie fand das zu hart und versuchte mich zu beruhigen: "Wir sind bei ICF noch nie begrüßt oder angesprochen worden". In dieser Form war mir das bisher noch gar nicht aufgefallen, wahrscheinlich weil ich sonst immer selbst auf die Leute zugegangen war.

Jedenfalls hatte die Familie einige Impulse aus der Predigt mitgenommen und zählte diese auf dem Weg zum Parkplatz auf. Während der gesamten Rückfahrt diskutierten wir sehr akzentuiert, bis uns schließlich mit Türkischer Pizza und Döner der Mund gestopft wurde.

Sonntag, 12. März 2017

Equippers Berlin

Die "Equippers" möchten laut ihrer Webseite "Menschen durch den Glauben an Jesus Christus für das Leben ausrüsten". Heute besuchten wir die "Ausrüster", neudeutsch "Equippers", in der Blissestraße.



Equipment ist immer gut. Bands beschäftigen Rowdies zum Verlagern ihres Equipmets. Seminarleiter haben Equipment in Form von Laserpointern dabei. Überlebenstrainer führen als Equipment ein Zelt mit. Designer klappen frutarische Notebooks als kompetenzstärkendes Equipment auf. Handelsvertreter nach HGB §84 haben Kugelschreiber als Equipment im Sakko. Pastoren legen Bibeln als berufstypisches Equipment auf dem Bühnenequipment ab.

City-Gemeinde im Geschäftshaus

Das erste Equipment, das uns auf die Ausrüster in der Blissestraße hinwies, war eine rote Strandflagge, im Katalog "Beachflag" genannt, mit der Aufschrift "Equippers". Diese war auch mit Gleitsichtbrille besser als die Hausnummer 2 zu erkennen. Direkt hinter dem Eingang war das Haus mit einem Elevator, zu deutsch Fahrstuhl, equippt, so dass der Aufstieg in die vierte Etage des Geschäftshauses für Besucher jeden Alters erleichtert wurde.

Vor dem Fahrstuhl stand ein mit rotem Badge ausgerüsteter Mitarbeiter und lotste die Gäste zum Gottesdienst. Die Willkommenskultur war beispielhaft. Von mehreren Leuten wurden wir proaktiv begrüßt und gefragt, ob wir das erste Mal zu Gast seien. Man empfahl uns die Ausrüstung mit einem Kaffee und wünschte uns eine gute Zeit im Dachgeschoss gegenüber des ehemaligen Domizils der Philippinischen Botschaft.

Echte Band

Wenn eine Lobpreisband die Bezeichnung Band verdient, dann die Band der Equippers. Unmittelbar nach pünktlichem Ablauf des Countdowns rockten sie los. Neben zwei Sängerinnen und einem Sänger waren vier weitere Musiker aktiv, die die Equipments E-Gitarre, Bass-Gitarre, Konzertgitarre, Keyboard und Schlagzeug bedienten. Es wurde weitestgehend deutsch gesungen, wobei ich keines der Lieder kannte.

Pastor Jürgen Eisen begrüßte die Gemeinde und übergab den Predigtteil an zwei Mittzwanziger, die gerade in der Pastorenausbildung stehen. Für Daniel und Elisa wurde zunächst eine große Leiter auf der Bühne platziert. Ein spannendes Equipment, mit dem man auch den Beamer oder die Spots an der Decke hätte reparieren können.

Leiterschaft mit Daniel, Elisa und Ruth

Mit Daniel und Elisa waren nicht zwei meiner Lieblingspropheten aus dem Alten Testamentes gemeint, sondern zwei frische Theologiestudenten. Sie predigten über das Buch Ruth mit dem besonderen Fokus auf Entscheidungen. Entscheidungen, die gravierende Konsequenzen haben können und aus Logik oder aus dem Herzen heraus getroffen werden. Von Ruth wissen wir, dass ihre Entscheidung als richtig reüssiert hatte. Ihre Schwägerin hatte sich für die logische und bodenständige Variante entschieden und war damit aus der biblischen Berichterstattung verschwunden.

Trotz ihres zarten Alters schöpften die beiden Referenten aus ihrem persönlichen Erleben in Bezug auf Entscheidungen und brachten das Thema anhand mehrerer Verse des Ruth-Buches didaktisch gut auf den Punkt. Während Daniel mutig die Stufen der Aluleiter erklomm, ersparte sich Elisa diesen sportlichen Akt. Sie hat als Frau schon genug Herausforderungen in ihrem Seminar, das traditionell eher von Männern frequentiert wird.

Gebet und Entscheidung

Zum Ausklang der Predigt ging es ans Eingemachte. Ein Aufruf zum Gebet und die Frage in die Runde, wer denn aktuell vor wichtigen Entscheidungen stehe. Man wolle konkret für die Person und das Anliegen beten. Die Karten mit der Aufschrift "GEBET" waren mir schon am Infotisch aufgefallen. Dass Gebet groß geschrieben ist, merkten wir an vielen Stellen des Gottesdienstes. Praktische Ausrüstung für den Alltag als Christ.

Am Ende sprach uns Jürgen Eisen an und ließ uns vom Equipment zur Nostalgie umschwenken. Mit Jürgen Eisen hatte ich vor knapp dreißig Jahren im Rahmen der Jugendleitung zu tun. Letzte Woche waren wir im Süden Berlins unterwegs und kamen dabei an seiner alten Heimat vorbei. Witzig, dass wir ihn ausgerechnet wenige Tage später als Pastor einer City-Gemeinde treffen. Hintergrund der Equippers ist der BFP Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden, dem auch die ChristusKirche in Mitte angehört.

Gemeinde sucht Raum

Etwa 150 Gottesdienstbesucher hatten wir gezählt. Der Raum war randvoll und bot keine wirklichen Erweiterungsmöglichkeiten. Wie wir erfuhren, gehören der Gemeinde jedoch knapp doppelt so viele Menschen an, die sich in Gesamtheit gelegentlich Open Air oder in einem eigens dafür angemieteten Kinosaal treffen. Den Altersdurchschnitt schätzen wir auf Mitte dreißig. Jürgen Eisen sagte uns, dass die Gemeinde aktiv nach größeren Räumen suche.

Bei Verlassen der Location wässerte ein Familienmitglied noch das Equipment eines Mitarbeiters mit dem Tee meiner Tochter. Angebissener Apfel und Feuchtigkeit konnten durch den exzessiven Einsatz von Papier bereinigt werden. Auch in dieser Hinsicht war die Gemeinde gut ausgerüstet.

Nostalgie

Anschließend kehrten wir zu sechst bei einem Vietnamesen in der Berliner Straße ein und tauschten uns über den Gottesdienst aus. Neben Jürgen Eisen gab es weitere nostalgische Punkte. Bei Stempel-Kaiser in der Brandenburgischen Straße hatte meine Frau als Schülerin ihr Taschengeld aufgebessert und in der benachbarten Auenkirche hatten wir vor zweiundzwanzig Jahren unsere Hochzeit gefeiert.