Posts mit dem Label Gemeinde werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Gemeinde werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Samstag, 14. Januar 2017

Ich bin, wo ich hingehe.

Die geistliche Identität eines Christen wird gerne anhand seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ortsgemeinde kategorisiert. Ist das noch zeitgemäß?



Um die Allianzgebetswoche herum wurden wir überproportional oft nach unserer Mitgliedschaft in einer Ortsgemeinde gefragt. Offensichtlich wird es als befremdlich empfunden, wenn nicht sofort ein gelangweiltes "Ich bin bei den Baptisten in Soundso", ein vorsichtiges "Ich bin Katholik", ein nüchternes "Wir sind beim CVJM" oder ein überlegenes "Wir sind jetzt in der Gemeinde auf dem Weg" kommt. Lässt sich doch anhand einer solchen Aussage eine Schublade öffnen, in die der überzogene Charismatiker, der verstaubte Bruder, der Öko-Freak oder der sentimentale Lobpreissänger einzuordnen geht.

Dass wir zurzeit keine Mitgliedschaft vorzuweisen haben, ist in gemeindlichen Vorstellungsrunden nicht vorgesehen. "Aber ihr geht doch in irgendeine Gemeinde oder wart doch irgendwo", wird dann nachgefragt. Bei einem Vortrag der Konrad-Adenauer-Stiftung trafen wir alte Bekannte, die uns nach dem Wiedereinstieg fragten. Als wir ihnen sagten, dass wir nach achtzehn Monaten immer noch keine feste Gemeinde haben, fragten sie ernstlich besorgt nach, ob wir vom Glauben abgefallen seien.

Wir haben es ihm verboten.

Heute Früh las ich in Markus 9,38-41 den bekannten Text, in dem Johannes zu Jesus kommt und ihm erzählt, dass sie einem Mann das Reden und Wirken im Namen Jesu verboten hätten, da dieser nicht ihrer Gruppe "hinterher laufe". Dabei hatte Jesus regelmäßig die Geheilten in ihre vertraute Umgebung zurückgeschickt, dass sie genau dort für ihn aktiv werden.

Dieser Text tangiert unseren aktuellen Erfahrungskontext. Dabei hatte ich 97% meines Lebens in etablierten Strukturen verbracht und mich als Teil dieser Strukturen engagiert und auch partiell darüber definiert. Das Privileg des Großstädters ist ja, dass er sich aus einem riesigen Pool an Gemeinden bedienen und dort anschließen kann, wo er theologisch und personell orchestriert.

Das vereinfacht die schnelle Einordnung des Gesprächspartners. Auf bundesweiten Seminaren oder Freizeiten trifft man aber auch Christen vom Dorf, die so gut wie keine gemeindliche Auswahl haben. Mit ihnen muss man sich dann etwas intensiver beschäftigen, um gemeinsame oder divergente Standpunkte auszuloten.

Schublade

Wie stark die Einordnung anhand der Gemeindezugehörigkeit hinkt, zeigt die personell unerschöpfliche Gruppe der Baptisten. Allgemeine Merkmale sind die gute Willkommenskultur, die Glaubenstaufe und die breite Generationsdurchmischung. Unterschiede zeigen sich jedoch beim Lobpreis, der liberalen bis charismatischen Predigt, der Freundschaft zu Israel versus Kuschelkurs zum Islam und der Zusammenarbeit mit anderen Verbänden. Genau so unterschiedlich denken auch die Mitglieder, deren Erwachsenentaufe in einigen Fällen aufgrund gruppendynamischen oder sachdienlichen Drucks durchgeführt wurde. EFG-Baptisten legen Wert darauf, nicht mit den Southern-Baptists in eine Schublade gesteckt zu werden.

Gemeinden und Transferwachstum

Das Southern-Baptist-Derivat Saddleback entspricht im Erscheinungsbild der Prägung von Berlin Connect, Berlinprojekt oder Mosaik Berlin. Stilistisch lassen sich noch die Kulturwerkstatt Mitte, JKB Treptow oder ICF einbeziehen.

Wegen der ähnlichen Altersstrukturen, ansprechender Predigten, guter Willkommenskultur und vergleichbar professionellem Lobpreis vereinen sich diese Gemeinden zu einem ungeschriebenen Bund, einem stilistisch definierten Pool zeitgemäßer Gemeinden. Mitglieder transferieren in der Regel nur innerhalb dieses Pools und kehren selten in etablierte Gemeinden oder Kirchen zurück.

Das Ausdünnen bestehender Gruppen durch den Weggang in modernere Gefüge wird als "Transferwachstum" bezeichnet. Die Anwendung dieses Begriffes entspricht aber nur bedingt den Tatsachen, da in deren Gottesdienste auch Freunde und Kollegen mitgenommen werden können, ohne dass diese anschließend irritiert die Beziehung kündigen. Der Boden für Neubekehrungen ist hier deutlich besser gedüngt.

Durch Hauskreise und Seminare wird für geistliches Wachstum gesorgt, was im traditionellen Umfeld mitunter einen anderen Stellenwert hat oder in einen anachronistischen Rahmen gepresst wird.

Wachstum in der Beziehung zu Jesus

Wichtiger als das Etikett für die Schnellkategorisierung ist die lebendige und wachsende Beziehung zu Jesus. Wenn Gemeinden dafür den Rahmen bieten und deren Leiter und Mitglieder ein authentisches Vorbild abgeben, ist es fast egal, unter welchem "Confession Branding" das läuft.

Kürzlich traf ich einen Unternehmer, der wegen struktureller Defizite aus seiner evangelischen Freikirche ausgetreten war und nun seine geistliche Nahrung bei der katholischen Kirche vor
Ort bekommt.

Ich bin immer wieder fasziniert, welch eine Tiefe des Glaubenslebens und der Erfahrungen bei Christen zu Tage kommen, wenn man das Vereinslabel übergeht und sich über deren spannendes Erleben in der Beziehung zu Jesus unterhält.

Und wo geht ihr nun hin?

Ein Freund schrieb mir kürzlich ein Mail, worin er noch einmal ausführlich die Gründe für die Mitgliedschaft in einer Ortsgemeinde darlegte. Die Argumente kannte ich nur zu gut und kann diese vom Prinzip her unterstreichen. Allerdings betrachte ich das Reich Gottes inzwischen deutlich umfänglicher als nur bis zum Tellerrand des verorteten Clubs.

Auch ohne Unterschrift auf einem Eintrittspapier sind wir geistlich versorgt und von ehrlichen Korrektive umgeben. Wir erleben intensive christliche Gemeinschaft mit Freunden, die unterschiedlichsten Gemeinden oder Werken angehören. Während wir früher in sonntäglicher Betriebsamkeit und quer durch die Woche im ekklesiastischen Mikrokosmos rotiert hatten, stehen nun die Kapazitäten für den eigentlichen Beziehungsteil und das weite Reich Gottes zur Verfügung.

Auch als Teil einer Ortgemeinde hatte ich geistliche Nahrung eher "im Kämmerlein" oder in Kleingruppen aufgenommen und im größeren Kreise wieder abgegeben. Mitgliedschaft ersetzt nicht die Pflege der persönlichen Beziehung zu Jesus.

Da insbesondere für unsere Kinder eine feste Anlaufstelle wichtig ist, wird es wohl auch bei uns wieder auf den Einstieg in eine Bestandsgemeinde oder die Mitarbeit in einer Neugründung hinauslaufen. Dazu aber mehr, sobald es spruchreif ist.

Dienstag, 27. Dezember 2016

Migrationskirchen in Berlin

In den letzten eineinhalb Jahren hatten wir über sechzig verschiedene Gemeinden besucht und in diesem Blog beschrieben. Darunter waren auch Gemeinden mit starken afrikanischen, russischen oder internationalen Akzenten. Der Gemeinsam für Berlin e.V. hat nun eine Webseite aufgesetzt, die der starken Zuwanderung nach Berlin Rechnung trägt.



Beim Besuch von Gemeinden mit internationalem Mitgliederschwerpunkt stellten wir fest, dass das nur bedingt auf unsere kulturellen Bedürfnissen adaptierbar ist. Auch wenn wir in der Regel sehr herzlich aufgenommen wurden, fanden wir bei Gottesdienstelementen, den aktuellen Themen oder dem Frömmigkeitsstil zu wenige Anknüpfungspunkte, die eine tragfähige Langzeitgemeinschaft möglich gemacht hätten.

Gleich und Gleich ...

Dass dieses Empfinden auf Gegenseitigkeit beruht, stellten wir bereits Anfang der 1990er Jahre fest, als viele Russlanddeutsche nach Berlin kamen und nur wenige von ihnen in etablierten Gemeinden Anschluss fanden. Integration ist zwar in aller Munde, gestaltet sich jedoch in der Praxis schwieriger als gewünscht. So finden sich ethnisch und konfessionell harmonierende Gruppen und gründen neue Gemeinden in der Stadt, die wiederum einen klaren Zielgruppenfokus aufweisen.

Um Suchenden das Finden leichter zu machen, hat Gemeinsam für Berlin nun die Webseite Migrationskirchen-in-Berlin.de aufgesetzt, die die einzelnen Gemeinden und Kleingruppen nach Sprache, Nationalität und Konfession bzw. geistlicher Prägung katalogisiert.

Französisch, Farsi, Filipino

Wer zuwandert und Farsi spricht, kann diese Sprache anklicken und bekommt darauf fünf Gemeinden in Berlin angezeigt. Koreaner haben eine deutlich größere Auswahl. Ihnen werden evangelische Freikirchen, Pfingstgemeinden und eine römisch-katholische Gemeinde präsentiert. Während sich die Koreaner stark auf die City konzentrieren, bewegen sich russische Gemeinden eher auf die nördliche und östliche Peripherie zu. Franzosen haben fünf relativ zentral gelegene Anlaufstellen, die von acht portugiesisch sprechenden Gemeinden umringt sind.

Die Karte zeigt diverse europäische Sprachgemeinden von ungarisch über norwegisch, schwedisch, serbokroatisch, holländisch und polnisch bis hin zu finnisch. Philippiner, Vietnamesen, Japaner, Chinesen, Mongolen, Tamilen und weitere Asiaten versammeln sich großflächig in Berlin. Araber, Kopten, Aramäer, Syrer ziehen sich mit vierzehn Standorten geografisch betrachtet in Bananenform zwischen Tegel und Grunewald über die Stadt.

Wie zu erwarten war, haben Menschen mit Zuwanderungsgeschichte und gleichzeitigen Kenntnissen der englischen Sprache die größte Auswahl bei etwa dreißig im Portal registrierten Anlaufstellen. Beim Besuch einiger dieser Gemeinden konnten wir einen hohen Grad des Integrationspotenzials feststellen.

Weitere Infos

Bei einigen der Sprachen kann weiter geklickt werden, so dass sich einzelne Denominationen aufklappen und Einzelgemeinden sichtbar werden. Klickt man weiter, werden Gottesdienstzeiten und zusätzliche Informationen sichtbar. Ein sehr praktisches und gut navigierbares Webangebot zum schnellen Auffinden einer eventuell passenden Gemeinde. Die finale Entscheidung kann ohnehin erst nach einem Besuch vor Ort getroffen werden.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Fernsehpredigt mit der Oma

Wenn Ehepartner unterschiedliche Glaubensauffassungen haben, kann es vorkommen, dass sich die Gottesdienstbesuche auf Weihnachten und Ostern reduzieren oder der unmündige Christ maximal einen Hauskreis unter der Woche besuchen darf. Oft bleibt dann noch der Ausweg über Fernseh- oder Podcast-Predigten.



Meine Schwiegermutter ist es gewohnt, Gottesdienste im Fernsehen zu verfolgen. Das ist abwechslungsreich, gemütlich, hygienisch und logistisch effektiv. Verbindlichkeit, christliche Gemeinschaft und Bekanntheit in der Ortsgemeinde sind dadurch allerdings kaum möglich. Das musste sie erschrocken zur Kenntnis nehmen, als das Ableben ihres Mannes zum Totensonntag in der Dorfkirche keine Erwähnung fand.

Bereits am letzten Sonntag war es uns in Chemnitz gelungen, sie zu einem echten Gottesdienst mitzunehmen. Echte Sänger, ein echter Prediger und echte Leute um uns herum in einem echten Gemeindehaus. Die Alternative wäre ein Fernseh-Gottesdienst aus Herrnhut gewesen.

Fernsehen war ein guter Aufhänger, sie heute einmal mit zu Saddleback zu nehmen. Wir entschieden uns für den Gottesdienst auf Deutsch. Forrest aus Alabama hatte einen Weihnachtschor zusammengestellt und präsentierte das Ergebnis. Da die Oma weder etwas sah noch hörte, wechselten wir die Sitzreihe und konnten nun das Geschehen von sehr weit vorne aus verfolgen. Der Chor sang Weihnachtslieder auf Deutsch und auf Englisch und ging dann in den Nachbarsaal.

Dann begann die Predigt. Es ging um "die gute Nachricht" von Weihnachten. Tom Holladay erzählte ein Beispiel von seinen Enkeln, die in New York Kakao gekauft bekamen. Eines der Kinder ließ sofort die Tasse fallen und produzierte eine riesige "Sauerei". Der Verkäufer reagierte souverän, indem er einen Wischmopp nahm, die "Sauerei" großflächig reinigte, hinter den Tresen ging, einen neuen Kakao zapfte und ihn dem Enkelkind überreichte. "Geht aufs Haus", sagte er und lehnte den Zahlungswunsch des Referenten ab. "Gott macht unsere Sauerei sauber - kostenlos", war die Lehre aus dieser Situation.

Wo sonst die vielen freien Stellen zum Ausfüllen auf dem Beiblatt zum Gottesdienst waren, standen heute Bibelstellen über Bibelstellen zur "guten Nachricht" von Weihnachten. Wir hörten die geballte Ladung des Evangeliums. Tom Holladay redete allerdings sehr schnell und Dave Schnitter übersetzte in einer entsprechenden Geschwindigkeit simultan. Nach zwei Lobpreisliedern und der Kollekte war der Gottesdienst zu Ende und wir füllten noch einmal Kaffee und Tee nach.

Gespannt fragten wir die Oma, wie sie denn diese spezielle Art der Fernsehpredigt fand. Sie stellte fest, dass sie neue Hörgeräte benötigt, da sie das schnelle Reden nicht so richtig verstehen konnte. Erschwerend kam hinzu, dass die Mundbewegungen des amerikanischen Predigers nicht zur deutschen Übersetzung passten. Sehr schade!

Dennoch waren wir begeistert, dass sie sich auf diesen Test eingelassen hatte und freuen uns schon auf ihre nächste Begleitung. Immerhin sorgt sie dafür, dass ich weiter vorne sitzen kann. Falls dann zufällig ein Fernseh-Gottesdienst aufgenommen wird, sind wir hoffentlich öfter mal im Bild.

Sonntag, 4. Dezember 2016

FEG Chemnitz

Wegen eines runden Geburtstages waren wir an diesem Wochenende im Großraum Chemnitz unterwegs. Auf Empfehlung besuchten wir die wenige Kilometer südlich der City gelegene FEG Chemnitz.



Die Suche nach einem passenden Gottesdienst in Chemnitz begann damit, dass wir uns bei der Heilsarmee, dem Kirchenportal Kirche-Chemnitz.de und weiteren Webseiten umschauten. So wirklich aussagekräftig waren die Webseiten und Informationen jedoch nicht, so dass wir etwas ratlos waren. Erschwerend kamen weitere Parameter hinzu, nämlich dass das Altersspektrum der Besucher zwischen dreizehn und neunundsechzig lag und die Geschmäcker von anglophiler Trendgemeinde bis traditioneller Kirche gingen. Die Heilsarmee wurde mehrheitlich abgelehnt, da der dortige Gottesdienst erst um 16:00 Uhr beginnt. Sogar der Vormittag stand auf der Kippe, da der Besuch einer Tante eingeschoben werden sollte. Schon war ein Fernsehgottesdienst mit Direktübertragung aus Herrnhut im Gespräch.

Mein Halbschwager feierte am Samstag seinen Fünfzigsten. Verlässliche Prognosen über den Restalkoholpegel der am Gottesdienst Interessierten waren dadurch auch nicht möglich. Die angereiste Verwandtschaft wohnte in einer Pension in Rabenstein. Rabenstein liegt westlich von Chemnitz, verfügt über eine Burg und ein Schloss sowie eine imposante Fußgängerbrücke. Wir waren bereits am Freitag angereist und konnten beim samstäglichen Freikratzen der Autoscheiben den Morgennebel, die tief stehende Sonne und den weihnachtlichen Duft des Kaffeehauses unterhalb der rostigen Stahlträgerbrücke genießen. Dann fuhren wir in die Radon-Therme Schlema.

Lutherkirche oder FEG Chemnitz?

Nachdem wir genügend Radon getankt hatten, klingelte das Handy und Frank Heinrich MdB begrüßte uns in seinem Wahlkreis. Er freute sich, dass wir ausgerechnet im heimatlichen Rabenstein übernachten und feiern. Dann gab er uns zwei Gottesdienst-Empfehlungen unter Berücksichtigung der oben geschilderten personellen Herausforderungen: Lutherkirche Chemnitz und FEG Chemnitz.

Der Gottesdienst in der Lutherkirche startet um 9:30 Uhr und der Gottesdienst in der FEG um 10:30 Uhr. Meine Schwiegermutter plädierte für die Lutherkirche, so dass wir die Geburtstagsfeier schon kurz vor elf verließen und ein frühes Aufstehen anpeilten. Erwartungsgemäß zog sich das Frühstück jedoch so lange hin, dass wir flexibel auf FEG Chemnitz umdisponieren mussten.

Wir trafen eine halbe Stunde vor Beginn bei der FEG ein. Das Kirchengebäude ohne Glockenturm steht separat inmitten eines Wohngebietes mit niedrigen sanierten Plattenbauten. Ein großes schlichtes Kreuz markiert das helle Gemeindehaus. Die Klapptafel mit der Gottesdiensteinladung hatten wir übersehen, da wir nicht aus Richtung City gekommen waren.

Schwiegermutter setzt Akzente

Im Gemeindesaal wurden Lobpreislieder geübt und Tüten für eine weihnachtliche Verteilaktion sortiert. Es war noch sehr leer. Meine Schwiegermutter strebte die zweite Reihe an. Solche Momente stärken die Beziehung zwischen angeheirateter Mutter und Schwiegersohn. "Warum sitzen wir so weit vorne? Hier sehen wir doch nicht, wann wir aufstehen müssen", protestierte die Familie. "Ich höre sonst nichts", war das unschlagbare Argument meiner Schwiegermutter. Ich saß schützend neben ihr und unterstützte sie bei der Verteidigung ihrer Position. Allerdings hoffte ich, dass wir keine Stammplätze besetzt hatten.

Pastor Bernard Millard und einige Verantwortliche kamen an uns vorbei und grüßten sehr freundlich. Besonders unterhaltsam war der nicht erwartete Countdown. Jede der fünf Minuten blinkte eine Zahl auf. Dazwischen wurden Informationen zu den WCs, den parallelen Kindergruppen und dem Gemeinschaftsteil eingeblendet. Die verantwortlichen Mitarbeiter wurden wahlweise aus Sicht der Kinder, der Jugendlichen oder des Geschirrspülers dargestellt.

Gottesdienst

Mit der letzten Filmsequenz schritt ein Mitarbeiter an die Kanzel und begrüßte die Gemeinde. Der Raum hatte sich in der letzten halben Stunde gut gefüllt, so dass es um die achtzig Besucher gewesen sein müssen. Die Altersstruktur war sehr gut durchmischt. Es gab viele Kinder und Jugendliche, aber auch Senioren. Das sah gesund und auf Wachstum angelegt aus.

Es folgten Weihnachtslieder und Jugendlieder aus den 1990ern, die wir weitestgehend ohne Blick auf den Text mitsingen konnten. Meine Tochter fand es "cool", dass immer schon der Text der nächsten Strophe eingeblendet war. Das hilft, falls der Techniker einmal abgelenkt ist. Bei der FEG Chemnitz klappte es jedenfalls perfekt.

Beziehung statt Betriebsamkeit

Die Predigt startete mit einem Rückblick auf den vergangenen Sonntag, wo es um Psalm 24 gegangen sei. "Wer ist der König der Ehren?" und "Öffnet die Tore!" ist dort zu lesen. Bernard Millard leitete zu Off 3,20 über: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an". Es war also immer noch der rote Faden vorhanden. Jesus solle in alle unsere Lebensbereiche eingelassen werden. Um das zu unterstreichen, sprang er zu Off 2,4, wo es um das Schreiben an die Gemeinde in Ephesus geht, die die erste Liebe mit gemeindlicher Betriebsamkeit vertauscht hatte. Ergänzend hätte noch Off 3,1 zitiert werden können, worin zur Gemeinde Sardis gesagt wird: "Ich kenne deine Werke. Du hast den Ruf, lebendig zu sein, aber du bist tot". Statt dessen leitete er zu Joh 21 über, wo es ebenfalls um die Liebe bzw. die Beziehung zu Jesus geht.

Dank einer Bibel-App konnte ich recht schnell die sämtlichen Stellen aufrufen und nachlesen. Zusammengefasst ging es darum, die persönliche Beziehung zu Jesus zu intensivieren und sich nicht durch andere Dinge inklusive innergemeindlicher Betriebsamkeit ablenken zu lassen. Die Predigt stieß auf familiäres Wohlwollen.

Ich wunderte mich nur, warum die dunkelbraune Holzkanzel so sehr in die Ecke des Altarbereiches gestellt war. Sollte das eine besondere Art der Demut demonstrieren, oder war das ein ungeplanter Nebeneffekt der jüngsten Reinigungsaktion? Redner mit ausladenden Armbewegungen wären regelmäßig mit der Wand kollidiert.

Aufstehen zum Segen

Weitere Lobpreislieder, eine Kollekte und ein sehr umfangreicher Programmpunkt mit Ansagen rundeten den Gottesdienst ab. Die Befürchtungen meiner Frau, dass man nicht wisse, wann Aufstehen und Hinsetzen gewünscht sei, wurden nicht bestätigt. Ein Alleinstellungsmerkmal der FEG Chemnitz ist wohl, dass lediglich zum abschließenden Segen aufgestanden wird. Gebete, Ansagen, Kollekte und Lobpreis fanden komplett im Sitzen statt.

Gemeindemitglieder bedankten sich beim Pastor für die Predigt. Wir wechselten einige Worte mit ihm, ließen unseren Blick über das muntere Treiben im Gemeindesaal schweifen und verließen kurz darauf die FEG.

Es standen noch der Chemnitzer Weihnachtsmarkt und ein gemeinsames Essen am Schlossteich auf dem Programm. Bei letzterer Gelegenheit trafen wir auch die übernächtigten Geburtstagsgäste wieder und ließen mit einem gestellten Gruppenfoto per Selbstauslöser unseren Besuch in Chemnitz ausklingen.

Sonntag, 27. November 2016

#MarzahnConnection - Gebet für 260.000

Nur selten lässt sich die reale Zeit wie auf der Timeline eines YouTube-Videos zurückstellen. "Lola rennt" ist ein Film, der mehrfach an der gleichen Stelle einsetzt, aber immer einen anderen Verlauf der Geschichte erzählt. Im CVJM-Haus Trinity erlebten wir heute einen Rewind und Neustart mit Potenzial für eine rennende Lola aus Marzahn.



Mehrere Tische waren zu einer Tafel zusammengestellt. Die Sitzecke mit ihren bequemen schwarzen Lederpolstern war für die Gäste des Abends vorbereitet. Es waren vier Gebetsstationen eingerichtet. Erinnerungen an alte Zeiten des Wachstums einer gesunden Jugendkirche in Marzahn wurden wach. Damals feierten wir hier Gottesdienste und Themenpartys. Es gab vier große Hauskreise, die beständig wuchsen. Ja, damals ...

Als die Kanzlerin beim Besuch des Don-Bosco-Zentrums nach der Einwohnerzahl Marzahns fragte, antwortete die Bezirkspolitikerin Dagmar Pohle: "260.000". Eine Zahl, die mit der Population deutscher Kleinstädte wie Münster (296.000) vergleichbar ist. Die Gemeindelandschaft in Marzahn bedient viele traditionelle Bedürfnisse wie die evangelische Landeskirche, die Baptisten, die SELK und die katholische Kirche. Wachstum scheint es jedoch nur bei den Katholiken, dem Lichtblick e.V. oder Gemeinden mit Fokus auf Aussiedler zu geben.

260.000 Marzahner haben also nur dann eine Anlaufstelle für den christlichen Glauben, wenn sie sich auf traditionelle Strukturen einlassen, zur Zielgruppe des Lichtblick e.V. gehören, eine russische Prägung haben oder sich über die Bezirksgrenzen hinaus orientieren. Doch wo kann Otto Normalverbraucher aus Marzahn eine Beziehung zu Jesus aufbauen? In welche Gemeinde kann er ohne Bedenken seine Freunde oder Kollegen mitnehmen?

So saß heute eine gute Anzahl ehemaliger Mitglieder der Jugendkirche Marzahn (jetzt Kirche43) zusammen und überlegte und betete, wie eine neue Gemeinde im und für den Bezirk aussehen könnte. Die Atmosphäre war angenehm entspannt. Die Timeline nach CVJM Trinity (2006) wurde kaum thematisiert und bei Lobpreis, Andacht und Essen wurde vorwärts gedacht.

Da viele der Anwesenden bereits eine neue Homebase bei ICF, der Kreativen, JKB Treptow, Saddleback oder anderen Gemeinden gefunden hatten, verständigten wir uns auf regelmäßiges Gebet für den Bezirk und zum Hören auf die opportunen Instruktionen Gottes. Ein guter Plan, der allgemeine Zustimmung fand.

Sonntag, 13. November 2016

Familienkonferenz

Auf unserer Eltern-Kind-Kur im Sauerland hatten wir viele gute Anregungen für den Familien-Alltag bekommen. Eine davon war die Etablierung einer Familienkonferenz.



Schon während unserer Kur im Juli kauften wir in der nächst größeren Stadt ein dickeres Notizbuch im A4-Format. Damit wurde der greifbare Grundstein für die Einführung der Familienkonferenz gelegt. In einem der Erziehungsseminare hatte die Referentin von ihren guten Erfahrungen mit der Familienkonferenz berichtet. Sie hatte deutlich mehr Kinder im Haushalt und konnte mit diesem Instrument ein geeignetes Podium schaffen, bei dem alle Akteure der Familie gleichberechtigt zu Wort kommen und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden.

Wir legten einen wöchentlichen Turnus fest, den wir seit dem sechsten August mehr oder weniger konsequent eingehalten haben. Bei vier Personen lassen sich die Aufgaben sehr gut verteilen. Im Rotationsprinzip bedienen wir folgende Arbeitsbereiche:

1) Agenda und Leitung
2) Protokoll
3) Catering (Tisch decken und für Essen, Trinken, Knabbereien sorgen)
4) Aufräumen (Tisch abräumen und Ausgangszustand des Zimmers wieder herstellen)

Der nächste Termin und die Aufgabenverteilung werden am Ende jeder Konferenz festgelegt und in das Buch geschrieben. So kann man im Zweifelsfall immer wieder nachschlagen und auch der Papa kann sich nicht vor dem Catering drücken.

Am sechsten November, also drei Monate nach Start, fand die elfte Familienkonferenz statt. Das spricht schon einmal für die Regelmäßigkeit. Meine Frau war für Agenda und Leitung zuständig, die Kinder für Catering und Aufräumen und ich für das Protokoll. Nach einer Gebetsrunde mit aktuellen Themen kamen wir zu TOP2: "Gottesdienste". Es wurde der Vorschlag unterbreitet, dass wir jetzt ein bis dreimal im Monat zu Saddleback fahren, da der SYM Saddleback Youth Ministry wohl gut zu unseren Teenagern passe. Auch die Predigten hatten bisher immer einen wertvollen und im Alltag umsetzbaren Inhalt. Deshalb stimmte ich zu, obwohl sich noch diverse weitere Gemeinden auf der Church-Checker-Agenda befinden.

Es ging dann noch um eine E-Ukulele, die Handbrems-Reparatur bei unserem Volvo, die vielen Termine der bevorstehenden Woche, den Lehrersprechtag und das Taschengeld. Wenn die Diskussion hitziger wurde oder in humoristische Exkurse abglitt, nutzen wir eine Art Erzählstein, so dass immer nur ein Familienmitglied zur gleichen Zeit reden durfte. Auf diese Weise wurde jeder gehört und wir entwickelten gemeinsam einen Konsens.

Nach über einer Stunde war die Agenda mit insgesamt acht Punkten durchthematisiert. Sonstige Tagesordnungspunkte gab es diesmal nicht. Abschließend konnten wir den Termin und die Aufgaben für die nächste Familienkonferenz festlegen.

Heute jedenfalls besuchen wir, wie in der elften Konferenz festgelegt, wieder die Saddleback Church in der Kalkscheune.

Montag, 7. November 2016

Was machst du morgen um diese Zeit?

Beim Movement Day #MDGC16 wurde in einer Plenumsrunde ein Hocker mit drei Beinen zusammen geschraubt. Ein Bein symbolisierte übergemeindliche Organisationen und Werke, ein weiteres Bein stand für Christen im Berufsalltag und das dritte Bein für die lokale Gemeinde. Die Sitzfläche Verband die Teile zu einer stabilen Einheit.



Vor einigen Jahren hatte ich im Dünenhof die Predigt eines international bekannten Evangelisten gehört. Die Rede hatte einen roten Faden und war mit ordentlich viel Humor gewürzt. Ein brillanter Rhetoriker! Er hatte diverse Beispiele parat, die die Zuhörer bei der Stange hielten. Als wir das in unserer Gruppe reflektierten, fiel mir auf, dass ich die ganzen Beispiele schon kannte. Glyn Norman, unser erster Missionsleiter in der Jugendkirche Marzahn, hatte schon Mitte der 1990er von diesem Mann geschwärmt und genau dieselben Beispiele aus dessen Leben erzählt. Darauf stellte ich mir ernsthaft die Frage:

Erlebt der Mann inzwischen nichts mehr mit Gott?

Beim Movement Day Global Cities #MDGC16 gab es einige Panels und Seminare, die am Großteil der Teilnehmer vorbei gerauscht waren. Auf Nachfrage konnten sie sich nicht mehr daran erinnern.

So verpuffte die wertvolle Information, dass Social Media und Suchmaschinenoptimierung ein wichtiges Werkzeug moderner Gemeinden sind und von Google sogar mit einem AdGrants-Werbebudget über 10.000 Dollar pro Monat unterstützt werden können.

Ebenso wenig Beachtung fand die Sektoren übergreifende (cross sectoral) Diskussionsrunde mit dem dreibeinigen Hocker, einem Symbol für das Zusammenspiel von parakirchlichen Organisationen, Christen im säkularen Beruf und der lokalen Gemeinde.

Doppelleben in Gemeinde und Beruf

Genau an diesem Tag fanden auch zwei Seminare für Unternehmer und Christen im außergemeindlichen Berufsleben statt. Diese waren ebenfalls recht überschaubar besucht.

Es wurde deutlich, dass Christen oft ein Doppelleben von Gemeinde versus Alltag führen. Dieser Zustand werde dadurch gefördert, dass in der Gemeinde gelehrt werde, wie man der Gemeinde selbst diene, bete, Lobpreis mache oder andere geistliche Übungen verrichte. Die Ganzheit des christlichen Lebensstils, auch Jüngerschaft genannt, werde jedoch weitestgehend vernachlässigt. Pastoren verlieren je nach Programmhäufung den Kontakt zur Außenwelt und seien dann gar nicht mehr in der Lage, ihre Gemeindeleute für den Alltag fit zu machen.

Plötzlich tauchte der Pastor auf

Einer der wenigen anwesenden Pastoren verblüffte einmal sein Gemeindemitglied, als er auf einer säkularen Konferenz erschien und auch mal schauen wollte, was seine Leute so die Woche über beschäftigt. Das brachte Punkte und intensivierte die Relevanz des pastoralen Standings.

In einer Abschlussrunde mit den deutschen Teilnehmern der Konferenz setzte ich mich in die Gruppe der "Cross-Sectoralen", da ich ja zwei der Beine bediene. Ein Mann aus Stuttgart erzählte, dass in seiner Gemeinde jeden Sonntag jemand auf die Bühne geholt und gefragt werde:

"Was machst du morgen um diese Zeit? Wofür können wir beten?"

Teamleiter Axel Nehlsen fragte mich darauf, in welcher der achtundfünfzig bis Oktober besuchten Gemeinden mir solch eine konkrete Aussendung in die Arbeitswoche bereits begegnet sei. Irritiert stellte ich fest, dass mir ad hoc keine dazu einfiel.

Bei ICF Tempelhof, EFG Weißensee, Saddleback, Christus Kirche Mitte, Berlin Connect und einigen weiteren Gemeinden hatten die Predigten zwar einen starken Alltagsbezug, aber an eine konkrete Aussendung in die Arbeitswoche konnte ich mich nicht erinnern. Beim Christus Treff, der Kirche43 oder in der FCJG Lüdenscheid wurde zu Beginn des Gottesdienstes von den Erlebnissen der Woche erzählt, was schon der richtige Ansatz ist.

Ein gut funktionierendes Netz an Kleingruppen oder Zweierbeziehungen mit Fokus auf Jüngerschaft kann sicher sehr förderlich sein. Dennoch sollte diese große Sicht auf das Reich Gottes außerhalb der eigenen Räume ein Teil des gelebten Selbstverständnisses einer lokalen Gemeinde sein. Uns ist in den letzten fünfzehn Monaten immer wieder aufgefallen, dass viele wertvolle Kräfte innerhalb des Gemeindesystems gebunden sind und dann gar keine Kapazitäten mehr für den außergemeindlichen Bau des Reiches Gottes inklusive Kontakt zu nichtchristlichen Freunden zur Verfügung stehen.

Beim Gebetsabend des CVJM Kaulsdorf geht es regelmäßig um offene Türen bei befreundeten Nachbarn und Kollegen. Verblüfft stellen wir dann fest, wie diese Gebete erhört werden und sich Menschen sogar zwei Wochen vor dem Ableben nachweislich für Jesus entscheiden oder sehr komplexe Alltagssituationen von Gott gelöst werden.

Noch viel zu oft spreche ich das Wort "Gemeinde" aus, obwohl ich den "Leib Christi" als wesentlich größere Einheit erlebe. Nach vielen Gesprächen mit Pastoren und geistlichen Leitern in den letzten Wochen gewöhne ich mir so langsam den Begriff "Reich Gottes" an.

In diesem Zusammenhang sei auf das Buch "97 Prozent" von Roger Fraser verwiesen, worin es um die Berufung zum Bau des Reiches Gottes außerhalb der Gemeinde geht.

Erhart Zeiser von der ChristusKirche Mitte brachte das cross-sectorale Umdenken als Pastor und ehemaliger Manager sehr gut auf den Punkt:

"Ich sehe mich als Unterstützer der Profis."

Freitag, 4. November 2016

Gemeinde ohne Gebet und 10 typische Folgen

Es soll Pastoren geben, die eine Gemeinde anhand von Bibelstellen davon zu überzeugen suchen, dass Gebet gerade nicht(!) dran ist. Ein Grund könnte die Angst vor dem Reden Gottes sein, das nicht immer mit den individuellen Vorstellungen harmoniert. Beim internationalen Gebetsabend in der Brooklin Tabernacle Church wurde uns das "Prayer Global Magazine" übergeben, worin sich ein interessanter Artikel zu diesem Thema befand.



Der nachfolgende Text ist eine freie Übersetzung des Originalartikels von Bishop Joseph Mattera, welcher bei Mattera Missions International nachzulesen ist. Der Text in der Printausgabe des "Prayer Global Magazine" (1st edition, October 2016, Seiten 42/43) weicht ohnehin in einigen Formulierungen von der Internetversion ab. Deshalb wurde hier auf eine sinngemäße Wiedergabe geachtet.

Joseph Mattera schreibt:

Als Pastor war ich über 34 Jahre in viele lokale, regionale oder nationale Gebetsinitiativen involviert. Gott hatte mir sehr deutlich gezeigt, dass es die erste Priorität eines Leiters ist, Zeit vor und mit Ihm im Gebet zu verbringen, bevor wir zum eigentlichen Dienst starten können (Mk 3,14). Der Apostel Paulus wirbt mit Nachdruck dafür, dass alle Gläubigen beständig im Gebet bleiben (1.Thes 5,17). Trotz alledem gibt es jede Menge Gemeinden, in denen kein regelmäßiges Gebet stattfindet. In letzter Konsequenz ergibt sich trotz vieler durchaus umfangreicher Programme eine gefährliche Lücke.

Folgende 10 Probleme ergeben sich, wenn das Gebet in der Gemeinde vernachlässigt wird:

1) Es zeigt, dass die Leiter nicht beten

Gemeinden reflektieren die Prioritäten und den Lebensstil ihrer Gründer bzw. ihrer Leiter. Wenn die Hauptpriorität des Pastors das Suchen von Gottes Angesicht ist, wird sich das auf das Gebetsleben der ganzen Gemeinde durchschleifen. Wenn der Pastor selbst wenig oder gar nicht betet, wird die Gemeinde mit Strategien arbeiten, die nicht vom Heiligen Geist geleitet sind. Als sich Petrus in Apg 6,4-6 zwischen der Befriedigung menschlicher Bedürfnisse und Gebet entscheiden musste, entschied er sich für Gebet. Auch Mose wusste, dass die vertikale Sicht besser ist als die horizontale (Ex 18,19 oder Ex 33,13+18). Die grundsätzliche Frage ist doch, wie wir Gott bekannt machen wollen, wenn wir Ihn gar nicht persönlich kennen?

2) Unfähigkeit zu hören, was der Heilige Geist sagt

Wenn eine Gemeinde nicht betet, verpasst sie den Moment, in dem sie von Jesus aufgesucht wird (Kairos in Lk 19,44). Gemeinden und Leiter, die nicht regelmäßig im Gebet auf Gott warten, bekommen nicht mit, was Er ihnen zu sagen hat. Paulus und Barnabas wären gemäß Apg 13,1-2 niemals ausgesendet worden, wenn es kein Gebetstreffen gegeben hätte.

3) Wahre Einheit fehlt

Die Kraft der ersten Gemeinde bestand in der besonderen Einheit der Kerngruppe (Apg 2,44 und Apg 4,32-33). Wie funktionierte das? Im ersten Kapitel der Apg lesen wir, dass einhundertzwanzig Jünger für zehn Tage in einem Raum zusammensaßen und im Gebet auf Gott warteten. Das Pfingstereignis hätte gar nicht in dieser Form stattfinden können, wenn dem nicht diese besondere Zeit des Gebetes und der Einheit vorausgegangen wäre. Gemäß Joh 17,20-23 ist die Einheit der Gemeinde ein Indikator für ihre Echtheit und damit eine wichtige Voraussetzung, dass Menschen zum Glauben an Jesus finden.

4) Kaum göttliches Eingreifen in schwierige Situationen

Die Bibel ist voll von Berichten über Gottes Eingreifen in schwierige Situationen. Der Prophet Hesekiel bemerkte, dass das Land zerstört werde, weil niemand in die Lücke getreten sei (Ez 20,30-31). Aaron stand zwischen den Lebenden und den Toten mit Weihrauch, was eine Metapher für das Gebet ist, und konnte damit die Plage in der Wüste abwenden. Es gibt so viele Beispiele von Gottes Eingreifen in der Bibel, dass man diese hier gar nicht alle aufzählen kann. Gerade in der Apg lesen wir oft von Gottes Eingreifen als direkte Folge von Gebet. In Apg 4,31 wird die Gemeinde mit Mut zum Reden über Jesus ausgestattet, in Apg 10,4-5 sendet Gott während der Gebetszeit einen Engel zum Centurio und in Apg 13,1-2 werden Paulus und Barnabas im Rahmen einer Gebetsversammlung ausgesendet. Das heißt, dass eine Gemeinde ohne regelmäßiges Gebet einen erheblichen Mangel an Gottes Eingreifen in das Alltagsgeschehen erlebt.

5) Arbeitsbereiche dümpeln dahin

Die Bibel lehrt uns, dass wir stark im Herrn und in der Kraft Seiner Stärke sein sollen (Eph 6,10-13). In Jes 40,31 lesen wir, dass wir auf den Herrn warten sollen, damit Er unsere Kraft erneuert. Ohne Gebet im Kämmerlein und in der Gruppe können Gemeindemitglieder schnell ausbrennen und sind dann nicht mehr fähig, das Reich Gottes zu bauen.

6) Oberflächliches Wissen über Gott

Hosea lehrt uns, dass wir Gott unbedingt kennen lernen sollen (Hos 6,3) und dass ein Volk dadurch zugrunde geht, dass es Gott nicht oder nur oberflächlich kennt (Hos 4,6). Ohne regelmäßiges Bibellesen und Kommunikation mit Gott wird die Erkenntnis von Gottes Wegen oberflächlich und man handelt sich so einige vermeidbare Probleme ein. Während die ständig wankenden Israeliten nur die Taten Gottes kannten, waren Mose Gottes Wege und Ziele bekannt (Ps 103,7).

7) Gemeindemitglieder werden nicht zu Jüngern

Ich habe bisher keinen Menschen erlebt, der begeistert von Jesus war und dabei kein robustes Gebetsleben hatte. Deshalb können in einer Gemeinde nur dann reife Jünger entstehen, wenn regelmäßig und gemeinsam gebetet wird. Auch habe ich noch nie einen Menschen vom Glauben abfallen gesehen, der ein intensives Gebetsleben pflegt. Wer jung ist im Glauben kann Beten nicht aus der Theorie lernen, sondern muss in die Praxis hineingenommen werden. Am besten geht das beim gemeinsamen Gebet.

8) Handlungsmuster des Feindes werden nicht erkannt

In Mt 26,41 sagt Jesus: "Wachet und betet, damit ihr nicht in Versuchung fallt. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach". Dummerweise schlief Petrus ein, während Jesus im Garten betete. Dadurch lief er völlig unvorbereitet in das Verhör Jesu hinein und verleugnete letztlich sogar seinen Herrn. Ich habe es mehrfach erlebt, dass im Gebet Handlungsmuster und direkte Angriffe des Feindes offenbart wurden, die wiederum durch Gebet gestoppt werden konnten. Eine Gemeinde ohne Gebet ist ein gefundenes Fressen für Täuschungen und Versuchungen des Feindes.

9) Arbeit ist umsonst

Jesus sagt, dass Er die Gemeinde baut (Mt 16). Wenn also nicht gebetet wird, wird Jesus die Möglichkeit entzogen, die Gemeinde selbst zu leiten. Stattdessen muss sich die Gemeinde auf ihre begrenzte Sichtweise und menschliche Fähigkeiten verlassen. Wie auch immer, wenn Gott das Haus nicht baut, bauen die Arbeiter umsonst (Ps 127,1).

10) Gefährliche Lücke im Verteidigungssystem

Letztlich sagt der Apostel Paulus, dass die Schlüsselkomponente der Waffenrüstung Gottes das kontinuierliche Gebet füreinander ist (Eph 6,18). Eine nicht betende Gemeinde hat damit eine riesige ungeschützte Stelle in ihrem Verteidigungssystem, eine Lücke durch die sie leicht angreifbar wird.


Quellenangabe mit Verlinkung siehe oben

Sonntag, 16. Oktober 2016

SYM Saddleback Youth Ministry und die freundliche Übernahme in der Kalkscheune

Es gibt sie tatsächlich: Gemeinden mit Teenagern und Jugendlichen. @SaddlebackBLN veranstaltet seit einigen Wochen einen Jugendgottesdienst parallel zum englischen und deutschen Gottesdienst in der Kalkscheune. Unsere Kinder waren heute dabei.



Wir waren wieder einmal in der Kalkscheune zu Besuch, diesmal sogar für eine Kombination. Es gibt ja einen Gottesdienst auf Englisch, neuerdings einen auf Deutsch und auch noch einen Jugendgottesdienst - Saddleback Youth Ministry (SYM).
 
Dank des Akademische Viertels kamen wir wegen Unregelmäßigkeiten im S-Bahn-Verkehr zehn nach elf so pünktlich, dass wir uns sogar noch mit Tee bzw. Kaffee eindecken konnten. Dann ging es mit dem jeweiligen Gottesdienst los. Der Deutsche startete dreißig Sekunden später als der Englische, wie ich durchs Fenster über den Hinterhof beobachten konnte.
 
Wahrscheinlich sind englische Lieder einfach ausgeschmückter. Nach ein paar Liedern wurde per Beamer zum Youth Ministry aufgerufen. Das Timing war allerdings nicht so ganz ausgeklügelt, deshalb mussten wir, nach dem Durchqueren beider Gottesdiensträume, noch ein Lied abwarten, bis wir endlich mit ca. acht anderen Jugendlichen und zwei Leitern in einen mittelgroßen Raum mit ovalem Tisch gingen. Rund um den Tisch waren sehr bequeme Polsterstühle angeordnet und auf dem Tisch standen verschiedene Backwaren und Saft.
 
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es mit einem Quiz los, das so ähnlich wie Stadt-Land-Fluss konzipiert war. Obwohl die anderen Fragen nicht zum geografischen Thema passten, machte die Bonusfrage alles wieder wett (fürs geografische Thema und für uns): Welches Bundesland in Deutschland besteht aus zwei Städten? Naa? Diese Frage bescherte meinem Bruder und mir den Sieg und wir durften je einen coolen Preis, wie ein T-Shirt mit Logo (von SYM natürlich) oder eines diverser Bücher aussuchen.
 
Danach ging das Thema los. Doch nicht per Video, wie im großen Gottesdienst, sondern Live auf Englisch, mit Simultanübersetzung auf Deutsch, für das sprachlich gut durchmischte Publikum im Alter von zehn bis achtzehn. Dazu wurden englische Lückentexte zum Input ausgeteilt. Das finde ich voll super, man wird animiert mitzuschreiben und kann es, wenn man will, zu Hause zu jeder Zeit  rekapitulieren.
 
Heute ging es mit einer neuen Reihe los - „Flawed“. Heißt auf Deutsch „unperfekt“. Denn keine Person der Bibel (ausgenommen Jesus natürlich) war perfekt. Rahab zum Beispiel ist eine Prostituierte gewesen, Adam und Eva haben Gott nicht gehorcht und, und, und. Gott kann ganz normale Menschen benutzen, etwas Besonderes zu vollbringen. Würde er nur perfekte Menschen nehmen wollen, hätte er gar keine Leute zur Hand.
 
Nach zwei weiteren Spielen war auch der Gottesdienst der Erwachsenen zu Ende.
 
Alles in allem erinnerte SYM eher an einen Hauskreis. Man konnte Fragen stellen, es wurden Fragen gestellt, alles sehr interaktiv. Also nicht so, wie ich andere Jugendgottesdienste erlebt habe. Also wenn Ihr keine Lust auf 60 Minuten stilles rumsitzen habt, dann geht zu SYM.
 
Autorin: Tochter des Church Checkers

Sonntag, 9. Oktober 2016

Projekt:Kirche in Friedrichshain

Projekt:Kirche ist ein frisches Gemeindeprojekt in Friedrichshain, welches schon durch seine Webseite einen äußerst positiven Eindruck vermittelt. Der Name deutet bereits an, dass es sich um einen Ableger des Berlinprojektes handelt. Projekt:Kirche punktet durch einen zeitgemäßen Gottesdienst und eine gute Willkommenskultur.



Das Projekt:Kirche trifft sich normalerweise um 18:00 Uhr im Hoffmann-Saal des Plus Hostels in der Nähe der Oberbaumbrücke. Der Friedrichshainer zeichnet sich nicht nur durch ein eigenes Zeitmaß aus, sondern auch durch Kreativität, Flexibilität und Spontanität. Deshalb war der heutige Gottesdienst mit Kindersegnung auf 11:00 Uhr verlegt worden. Auch die Location hatte man geändert: Studiobühne in der Alten Feuerwache. Die Webseite hatte bereits eine sehr positive Ausstrahlung, die wir gerne mit der Praxis verifizieren wollten.

Wir trafen eine Viertelstunde vor Beginn ein und fanden direkt vor dem Eingang einen Parkplatz. Dieser für Friedrichshain absolut untypische Sachverhalt steigerte unsere Vorfreude. Neben dem Eingang zur Alten Feuerwache ging es zum Bezirksamt Friedrichshain. Unter dem Schild mit dem Berliner Bären war ein weiteres Hinweisschild angebracht: "Hier wird die Welt erschaffen". Dieser Anspruch erschien uns sehr sportlich. Sportlich war auch der Aufstieg in die zweite Etage zur Studiobühne. Für Kinderwagen gab es einen Fahrstuhl, der in jeder Etage von zwei Holztüren mit Mann- und Frau-Symbolen flankiert war.

Vor der Studiobühne wurden wir sehr freundlich von Sabrina begrüßt, die ich bereits von der Webseite kannte. Eine andere junge Frau drückte uns A5-Schreibunterlagen mit eingeklemmtem Gottesdienstablauf in die Hand. Sehr kreativ. Das erinnerte mich an die Speisekarten in einigen der Friedrichshainer Szene-Restaurants. Das fanden wir sehr clever, da keine Heftchen gefaltet werden müssen, sondern die Blätter einfach ausgedruckt und - klack - festgeklemmt werden.

Auf Nachfrage erfuhren wir, dass es auch hier eine Art akademisches Viertel gebe, welches jedoch auf zehn Minuten reduziert sei. Deshalb sei man noch mit dem Aufbau und den Proben beschäftigt und wir sollten uns ruhig einen Kaffee holen. Julia begrüßte uns an der "KaffeeBar" und erzählte uns einiges zur Gemeinde. In diesem Gespräch spielte meine Frau ihren Trumpf aus: "Das ist die Gemeinde mit den "Poetry Slams". "Aha", die Stimmung wurde immer besser. Wir fühlten uns hier richtig wohl. Weitere junge Leute kamen, stellten sich vor und wechselten einige Worte mit uns. Auf Druck der Familie mussten wir wieder in der letzten Reihe sitzen.

Als etwa fünfzig Besucher anwesend und die akademischen zehn Minuten verstrichen waren, begann der Gottesdienst. Er wurde umrahmt von einigen Vortragsstücken und dem Lobpreis eines dreiköpfigen Teams. Die Kindersegnung fand ganz am Anfang statt und wurde sehr ausführlich von Sabrina erklärt. Die Gemeinde segnete eines der kleinen Mädchen, deren Doppelname Lichtstrahl und Mutterschaf bedeutet. Überhaupt scheint Projekt:Kirche nur aus Singles und Paaren zwischen dreißig und vierzig sowie einigen Kleinstkindern zu bestehen. Wieder einmal fragten wir uns, in welcher Gemeinde die Erwachsenen und Teenager in unserem Altersbereich zu finden seien. Egal, wir fühlten uns hier sehr wohl und verfolgten das weitere Gottesdienst-Geschehen.

In der Predigt ging es um einen Text, den wir gerade im CVJM-Gebetskreis bewegen: 1. Joh 1,5 bis 1. Joh 2,2. Besonders intensiv hatten wir uns mit Vers 7 aus Kapitel 1 beschäftigt, der uns dazu auffordert im Licht zu leben, so wie Gott im Licht ist. Fabi, der kurzfristig eingesprungene Referent, bettete die Predigt in eine Episode aus seiner Schulzeit ein, wo er seinen Eltern gegenüber den guten Schüler mit Vorbildwirkung gespielt hatte, während die Realität ganz anders aussah. Dann kam der Elternsprechtag. Im Angesicht dieses Szenarios brachte er seine Defizite ans Licht und bekam mit viel Peinlichkeit letztlich doch noch die Kurve.

Es folgten einige Lobpreislieder, die Fürbitte und der Segen. Es gab keine Kollekte. Wer die Gemeinde unterstützen wolle, könne die Kontonummer im Begleitblatt nutzen oder etwas in die Kiste an der KaffeeBar legen. Unsere Freunde aus Marzahn kannten mal wieder mehrere Leute aus der Gemeinde. Wir sind immer wieder erstaunt, wie breit vernetzt sie doch sind.

Beim Hinausgehen schlug meine Frau das Il Ritrovo in der Wühlischstraße vor. Bei Pizza Tonno, Afri Cola, Espresso Americano und Pferdefleisch-Pizza unterhielten wir uns über Projekt:Kirche, den gestrigen Männertag in Oberkrämer und die jüngsten Entwicklungen in Marzahn. Wegen des nächsten Sonntages konnten wir uns nicht so recht entscheiden, da noch so viele interessante Gemeinden auf der Agenda stehen.

Samstag, 8. Oktober 2016

Männertag in der EFG Oberkrämer

Der Männertag in der EFG Oberkrämer ist schon seit Jahren das Highlight unseres männlichen Herbstes. Oberkrämer liegt in der Nähe des Autobahnkreuzes Oranienburg und ist damit hervorragend an das Straßennetz Berlins angebunden.



Was der Hebräer als "Rosh Pinnah" und der Lateiner als "caput anguli" bezeichnet, übersetzte Luther mit "Eckstein". Der Hauptreferent des heutigen Männertages in der EFG Oberkrämer war Prof. Dr. Hans-Joachim Eckstein. Hans-Joachim Eckstein ist ein gläubiger Theologe aus Tübingen, der begeistert und wissenschaftlich fundiert über seine Beziehung zu Jesus berichtet.

Der Eckstein

In seinem ersten Vortrag ging es um Hoffnung. Er setzte sich mit der Behauptung auseinander, Hoffnung sei nur ein Vertröstungsinstrument für politisch unterdrückte Bevölkerungsschichten. Dabei berichtete er von seinen ersten Glaubensschritten als Jugendlicher, der die Bibel rein aus Wissbegier durchlas und sofort als "Frommer" abgestempelt wurde. Er lernte dann weitere Christen kennen, die authentisch lebten und erlebte mit ihnen Glücksmomente, die er am liebsten konserviert hätte. Mit diesen Momenten antwortete er auch auf die Publikumsfrage, ob Ewigkeit nicht langweilig sei. Beim Erleben von Glück und Erfüllung gebe es keine Langeweile. Langeweile sei Ausdruck von Unerlöstheit.

"Die Hoffenden sind erfüllt mit einer Freude, von der die anderen noch gar nicht wissen, dass es diese Freude überhaupt gibt", brachte er die Dynamik von Hoffnung auf den Punkt. Er nannte Beispiele für die motivierende Wirkung von Vorfreude auf einen Besucher, ein Ereignis oder eine Sache. Hoffnung sei damit eine Wirklichkeit, die bereits in die Gegenwart hinein wirke.

Der Professor zog dann auch Parallelen zwischen Ewigkeit und Zeitlichkeit. Engel aus der Ewigkeit haben keine Uhren. Sie treffen immer präzise dann in der Zeit ein, wenn es erforderlich ist. Man kann sich das wie bei der Timeline in YouTube vorstellen, wo der Betrachter des Videos jederzeit in eine beliebige Stelle des Videos springen kann.

Zwischenspiel

Zwischen den Programmpunkten spielte die Männerband von Oberkrämer. Die Liedtexte wurden per Beamer eingeblendet. Unten rechts war schon der Anfang der nächsten Textseite zu lesen. Das erinnerte an das hebräische Alte Testament, wo auch immer das erste Wort der nächsten Seite unter dem Text avisiert wird.

Das Mittag und die Versorgung während der Pausen mit Kubikmetern an Kaffee verlief konfliktfrei und in einer guten Atmosphäre. Wir lernten einige neue Leute kennen. Auch aus unserer ehemaligen Gemeinde in Marzahn und sogar aus der LKG Eben Ezer waren Männer angereist. Damit durchmischt sich der starke Brüdergemeinde-Anteil so langsam mit anderen Christen.

Jojo-Effekt

Nach dem Mittag trat der Wahlberliner Jojo Zwingelberg auf. Dass sein echter Name Joachim ist, darf hier leider nicht erwähnt werden, auch nicht der damalige Spitzname von Matthias Burhenne, der als Mitveranstalter aus Wiedenest angereist war. Jojo arbeitet als Geschichtenerzähler und stellte sein Können unter Beweis. Sehr beeindruckend nahm er uns in die Petrus-Szene aus Lk 5,4-11 hinein und leitete dann in die Berufung des Matthäus aus Mt 9,9 über. Ich war sehr bewegt. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.

Heikle Gespräche

Dann ging es in eines der vier Seminare, von denen mich das Thema "Heikle Gespräche führen" interessierte. Im Seminarraum war hebräische Schrift an die Wand geklebt: "Mene Mene Tekel Upharsin". Matthias Burhenne konnte aus Zeitgründen leider nur einen Teil des Themas durchziehen. Das war aber schon interessant genug. So erfülle ein heikles Gespräch drei Bedingungen:  unterschiedliche Meinungen, es steht viel auf dem Spiel und die Emotionen sind intensiv. Ein wichtiges Stichwort war "Selbstbeherrschung". Dabei gelte es, seine Gefühle rechtzeitig(!) wahrzunehmen und mit Selbstbeherrschung zu reagieren. Zur Schärfung der Selbstwahrnehmung in diesem Bereich unter normalen Bedingungen und in Stresssituationen empfahl er den Birkmann-Test. Schade, mich hätte noch die Gesprächsführung mit Menschen interessiert, mit denen wegen zerstörten Vertrauens oder Beratungsresistenz kein Konsens mehr erwartet wird. Das heißt, ein Gespräch zur Anbahnung eines Exits geführt werden soll.

Apropos Exit

Der Männertag in Oberkrämer klang durch einen weiteren Vortrag von Hans-Joachim Eckstein aus. Er entfaltete den Unterschied zwischen Abbild und Ebenbild. Ein Abbild sei eine Kopie, die in der Beziehung von Gott und Mensch nicht funktioniert. Das Ebenbild hingegen sei Ausdruck einer Reflexion oder Darstellung einer anderen Quelle. Beispielsweise mache eine Glühlampe den unsichtbaren Strom sichtbar. Der Mond mache durch seine Reflexion die abwesende Sonne sichtbar. Prof. Eckstein mache durch die Erlaubnis, Gott durch sich wirken zu lassen, Gott sichtbar. "Christus in mir", nannte er das und berichtete über äußerst interessante Erfahrungen mit diesem Leben als Ebenbild Jesu.

Nachdem die USB-Sticks mit den Vorträgen bespielt waren, traten wir den Heimweg an. Fünfzig Kilometer Autobahn waren in weniger als einer halben Stunde gefahren. Die fünf Männer im Auto unterhielten sich immer noch angeregt über die Themen des Tages in Oberkrämer.

Sonntag, 2. Oktober 2016

Mavuno - EFG Lichterfelde

Mavuno ist Swaheli und bedeutet "Ernte". Da uns regelmäßig Leute aus der umbenannten EFG Lichterfelde begegnen, wollten wir uns dort einmal den Gottesdienst ansehen. Der Name lässt auf eine Gemeinde mit starker afrikanischer Prägung schließen. Dem ist nicht so, wie wir beim heutigen Besuch feststellen konnten.



So oft wie wir Gemeinden und Veranstaltungen in Steglitz, Lichterfelde, Lankwitz oder Lichtenrade besuchen, könnte man ja schon fast von einem BBB Berlin Bible Belt reden. Zumal noch weitere Gemeinden in dieser Region auf der Agenda stehen.

Wenigstens war der Gottesdienstbeginn bei Mavuno auf 11:00 Uhr terminiert, so dass die Anfahrt quer durch die Stadt zu einer familienfreundlichen Zeit gestartet werden konnte. Die Fahrt mit ihren unzähligen Ampeln erinnerte an das jüngste Wahlergebnis: Rot-Rot-Grün. Nach einer dreiviertel Stunde erreichten wir das ehemalige amerikanische Militärgelände mit der Kirche im Südstaaten-Stil.

Vor der Tür war ein blauer Tisch aufgebaut, an dem mehrere junge Leute standen und in freudiger Erwartung zu den eintreffenden Fahrzeugen blickten. Am Tisch wurden wir herzlich begrüßt und konnten uns einige Flyer aussuchen. "Ja, Blau ist unsere Farbe", bemerkte die junge Dame als ich sie auf die markante Farbe des Stehtisches ansprach. Die Kapelle selbst war eher in Weiß gehalten und erinnerte auf den ersten Blick an die FCJG Lüdenscheid, die in Platzaufteilung, Art der Stühle und den typischen Kirchenfenstern eine gewisse Ähnlichkeit aufwies.

Wir liefen über den flauschigen blauen Teppichboden und trafen zunächst unsere Bekannten aus Marzahn. Sie waren bereits in ein Gespräch vertieft. Willkommenskultur wird bei Mavuno groß geschrieben. Als unbekannter Gast fühlt man sich sofort mitten drin. Da ich vor dem Losfahren noch einen ganzen Liter Wasser getrunken hatte, war mein erstes Ziel das WC. Dort fiel mir fast die Kinnlade herunter, denn das war ein so auffällig sauberes und helles WC mit Haargel und Eau de Toilette auf der Ablage. Auch die Sprüche am Spiegel regten meine Denkprozesse an: "Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe".

Die Familie nahm in der dritten Reihe links außen Platz. Über die Leinwand flimmerten die letzten Sekunden des Countdowns. Dann begann die Band zu spielen. Diese bestand aus einem Gitarristen und einem E-Schlagzeuger. "Großer Gott, wir loben Dich" in einer gut abgemischten Fassung mit zwei harmonierenden Instrumenten.

Als Pastor Daniel Flechsig seine Einleitung zum heutigen Entedankfest machte, war mir sofort wieder die Bedeutung von Mavuno präsent: Ernte. Wenn der Bauer die Ernte einfahre, verzehre er nicht alles, sondern hebe einen gewissen Teil für die nächste Saat auf. Das sei das klassische Re-Investieren. Darauf folgte die Kollekte und nicht die Predigt zum Thema Mavuno, pardon Ernte.

Da mir einige Gesichter bekannt vorkamen, fragte ich meinen Sohn: "Kennst du hier welche vom SOLA"? Er nickte. Um "sola" ging es heute auch in der Predigt. Mavuno hat das Lutherjahr 2017 schon etwas vorverlegt und behandelt aktuell das Thema "Ich glaube".

sola gratia (allein aus Gnade)
sola fide (allein aus Vertrauen)
sola scriptura (allein die Schrift)
solus Christus (allein Christus)

Ergänzend dazu gibt es noch "Soli Deo Gloria" (allein Gott die Ehre), wobei heute die Gnade, also sola gratia, auf dem Plan stand. Die Predigt begann mit einem Text aus Matthäus 20, 1-16, wo es um die Arbeiter im Weinberg geht, die egal zu welcher Uhrzeit sie angefangen hatten, alle jeweils einen Denar bekamen. Daniel Flechsig stellte die Frage in den Raum, ob solch eine Entlohnung nicht ungerecht sei. Da ich die Auflösung des Textes kannte, erschütterte mich diese Frage nicht weiter. Egal in welchem Alter jemand die Beziehung zu Jesus aufbaut, am Ende bekommt er das ewige Leben. Hauptsache, er hat vor dem Feierabend noch eine Anstellung bekommen. Ist doch gut so!

Der zweite Teil der Predigt war in dreizehn Unterthemen gegliedert, die laut des Predigers alle für sich ganz wichtig seien. Beim achten Punkt waren bereits deutliche Aufmerksamkeitsdefizite bei den heimischen Gottesdienstbesuchern festzustellen. Auf so viel Lehre war auch ich nicht vorbereitet und versuchte mit progressiver Muskelentspannung nach Jacobson die Konzentrationsfähigkeit zu reaktivieren. Einige Frauen schrieben eifrig die genannten Bibelstellen mit. Eine Dame bemerkte anschließend, dass sie noch nie so eine gute Zusammenstellung der Grundlagen und Facetten von Gnade gehört habe. Der Predigt folgten ein Lied mit der Band, der Segen und eine kurze Ansage.

Dann begann der zweite Gemeinschaftsteil mit Kaffee und Gesprächen. Kaffee hatte es auch vorher schon gegeben. Jetzt waren zur besonderen Freude der Kinder auch Kekse dabei. Der Pastor erzählte uns von der jüngeren Geschichte der Gemeinde, dem Namenswechsel, dem Start bei fast Null und der Relevanz für den Kiez. Mit 150 Personen seien die räumlichen Kapazitätsgrenzen erreicht. Am Gottesdienst hatten heute etwa sechzig Besucher teilgenommen. Die Altersstruktur war sehr gut durchmischt. Das Durchschnittsalter muss so bei vierzig liegen.

Da wir noch einen Anschlusstermin in Teltow hatten, verabschiedeten wir uns und fuhren weiter gen Süden.

Sonntag, 25. September 2016

Saddleback auf Deutsch

Der Berlin-Zweig der Saddleback Church wurde erst vor drei Jahren gegründet. Seitdem wächst die Gemeinde und wächst und wächst und wächst. Seit September gibt es zwei neue Gottesdienstformen bei #SaddlebackBLN: einen Jugendgottesdienst und einen Gottesdienst auf Deutsch.



Die Kalkscheune, wo sich die Saddleback Church sonntags trifft, liegt im Inner Circle der Stadt. Das ist insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn wieder einer der unzähligen Marathoni veranstaltet wird. Der Besucher aus dem grünen Stadtrand fühlt sich dann wie die "Christliche Gemeinschaft" am Tag des Mauerbaus. Wir entschieden uns zu einer Anfahrt per S-Bahn.

Kurz vor dem Alexanderplatz überfuhr die Bahn eine Brücke, unter der hunderte bunt gekleideter Athleten den über vierzig Kilometer langen Lauf zelebrierten. Am Bahnhof Friedrichstraße stiegen wir aus und konnten bequem die weiträumig abgesperrte Straße überqueren. Am Friedrichstadtpalast war ein Turm für den RBB aufgebaut und die Lawine der Läufer wälzte sich gerade an Charité und FDP vorbei.

"Wäre doch witzig, wenn der Erste einfach über die Absperrung klettert und zu Saddleback läuft", meinte mein Sohn, während wir zur Kalkscheune abbogen. Gleich am Eingang wurden wir sehr freundlich begrüßt. Das setzte sich im gesamten Haus weiter fort. Letztlich hatten wir ein Programmheft, einen Kugelschreiber und einen Becher Kaffee in der Hand. Der Gottesdienst auf Deutsch war deutlich ausgeschildert und fand in einem Nebenraum gegenüber dem englischen Gottesdienst statt.

Deutsch wurde tatsächlich sehr genau genommen. Alle Lobpreislieder waren ins Deutsche übersetzt. Wir sangen Lieder, von denen ich bisher nur die englische Fassung kannte. Das setzte sich konsequent in den Ansagen fort, die mit einem sehr einladenden Video von Pastor Dave Schnitter eingespielt wurden. Vor zwei Wochen gab es im Hof der Kalkscheune mehrere Taufen, die über und unter Wasser gefilmt worden waren (Video Taufe Juni 2016). Den Rest des Rahmenprogramms erledigten Anna und das Lobpreisteam.

Wie gewohnt gab es eine sehr impulsreiche Predigt. Diesmal von Rick Warren. Natürlich per Video, aber mit deutscher Simultanübersetzung. Wir folgten dem vierten Teil der Predigtreihe "Unerschütterlich" unter dem Motto "Wenn man das Unmögliche von dir fordert".

"Pastor Rick" hangelte sich am Text aus Daniel 2, 10-18 entlang und arbeitete zunächst heraus, woran man echte von falschen Propheten unterscheiden könne. Nebukadnezar wollte ja in den Versen bis 11 sehr konsequent mit den vermeintlichen Propheten seines Beraterstabes umgehen und ihrer Kompetenz auf den Zahn fühlen. Ab Vers 14 tritt Daniel auf und beeindruckt durch sein "ruhiges und überlegenes" Auftreten, das letztlich ihn, seine drei Freunde und seine ganzen Beraterkollegen vor der Hinrichtung bewahrte. Da der Text solch eine Fülle an wichtigen Prinzipien beinhaltet, die der Referent selbst schon oft praktiziert habe, wurden heute nur fünf von acht Grundprinzipien erläutert.

Wir schrieben auf unserem Begleitzettel eigene Gedanken zum Thema auf oder ergänzten Worte in Lückentexten. Das steigerte nicht nur die allgemeine Aufmerksamkeit, sondern ließ das Gesagte sofort aktiv reflektieren. Im Vergleich zu Volkhard Spitzer fragte ich mich, wie das Begabungsprofil von Rick Warren aussehe. Es muss eine starke Kombination aus Predigen und Lehren sein. Zumindest redete er fast die ganze Zeit frei und blickte selten auf einen kleinen Notizzettel auf seinem Stehtisch. Er erklärte gut verständlich die Zusammenhänge und stellte immer wieder passende Bezüge zu unserem Alltagserleben her. Die weiteren drei Prinzipien sollen am nächsten Sonntag beschrieben werden. Ein cleveres Konzept der Kundenbindung. Die Predigten können auf Deutsch per Podcast nachgehört werden.

Im Anschluss redeten wir mit unseren Bekannten über die Prinzipien 4 und 5, wo es um das Einholen von Gebetsunterstützung (Verse 17-18) und ferner darum ging, dass wir beim Beten übernatürliche Hilfe von Gott erwarten sollen. Von dieser Erwartung hatte ich heute schon auf meinem liebevoll beschriebenen Kaffeebecher gelesen: "God answers when you least expect". Ich bin gespannt.

Sonntag, 4. September 2016

Springborn Projekt - Mennoniten in Johannisthal

Das Springborn Projekt der Mennonitischen Brüdergemeinde in Johannisthal gibt es seit knapp sechzehn Jahren. Etwa dreißig Prozent der Besucher sind in ähnlichem Alter. Am Südwestende des Sterndamms treffen sie sich sonntags um 10:30 Uhr zum Gottesdienst.



Die Parallelwelten der christlichen Szene ziehen sich quer durch die Stadt. So bedurfte es des diesjährigen SOLA, um die Mennoniten in Johannisthal überhaupt auf den Radar zu bekommen. Der Gottesdienst beginnt zeitgleich zum Brunch der JKB Treptow, die wir vor einer Woche im benachbarten Kino Astra besucht hatten.

Bahnhof Schöneweide, Filmpalast Astra, unsere damalige Wohnung am Sterndamm, dann einmal rechts und zweimal links. Wir fuhren auf den Parkplatz hinter dem renovierten Mehrzweckbau. Jemand verschwand durch eine geöffnete Tür im Untergeschoss. "Du kannst doch nicht durch die kalte Küche gehen", hörte ich meine Frau noch rufen und schon stand ich im Gemeindesaal des Ground Zero. Offensichtlich trafen sich dort Christen mit russischer Zuwanderungsgeschichte. Sie zeigten uns eine Treppe, die zu den Räumen der Mennoniten führte.

Auf dem Weg kamen wir an einer Fotostrecke zum Umbau des Mehrzweckhauses vorbei. Sehr viel Eigenleistung mit einem bemerkenswerten Ergebnis. Das Haus erinnerte an die EFG Wiedenest und gefiel mir sehr gut. Vorbei an der "warmen Küche" traten wir in den hellen Vorraum. An der Wand lasen wir Jesaja 43, 19.

Pünktliches Erscheinen hat gelegentlich seine Vorteile. Nach einer freundlichen Begrüßung wurde uns nämlich gleich das Haus gezeigt und diverse Informationslücken geschlossen. So erfuhren wir, dass das Springborn Projekt neben einer russischen Gemeinde auch eine Location der Arche (Kinderprojekt) beherberge. Im Saal traf unser Sohn einige SOLA-Leute und unsere Tochter gab die Sitzposition vor. Super, vorletzte Reihe aber immerhin mit direktem Blick zur Plexiglaskanzel. Die Atmosphäre war sehr herzlich.

Während einer ausgiebigen Gemeinschaftszeit wurden Bibeltexte verlesen, die Kollekte eingesammelt und die Aktivitäten der nächsten Woche vorgestellt. Als die Kinder und Jugendlichen nach vorne gebeten wurden, um zum Schulanfang gesegnet zu werden, begaben sich etwa dreißig Prozent der Gottesdienstbesucher auf die Bühne. Es seien noch viele Leute im Urlaub gewesen, wodurch der Saal mit seinen 120 Plätzen wohl normalerweise an der Kapazitätsgrenze rangiert.

In der Predigt ging es darum, wie Gott und das Leid zusammen passen. Es wurden verschiedene Situationen geschildert und immer wieder gefragt, wie das mit dem Glauben in Einklang zu bringen sei. Pastor Andre Pritzkau baute einen "Sandwich" aus Johannes 14, 27 und Johannes 16, 33 auf und legte das Leid dazwischen. Die Texte sagen aus, dass wir zwar "Druck" haben werden, Jesus aber die Welt besiegt hat und uns seinen Frieden gibt. Ja, es gibt ungeplantes und schweres Leid, aber es gibt auch den Frieden Gottes, der dem Leid einen Sinn gemäß 2. Korinther 1, 3-4 geben kann.

Der umrahmende Lobpreis mit Gitarre, Klavier und Schlagzeug hatte solch ein Tempo, dass wir während des Singens über den Text nachdenken konnten. Es wurde sogar ein Kanon gesungen.

Nach dem Gottesdienst gab es Kaffee, Kuchen und Chili con Carne. Dabei war Gelegenheit zu weiterem Networking. Einige Gemeindemitglieder kannten wir aus früheren Zeiten oder wir hatten mit deren Arbeitgebern oder Verwandten zu tun. Im Springborn Projekt treffen sich Jugendliche mehrerer Gemeinden. Singles und Familien aus Britz, Rudow und Johannisthal haben in dieser Kiezgemeinde ihre geistliche Heimat gefunden. Aber wie kommt es, dass eine Mennonitische Brüdergemeinde einen Pastor hat?

Menno, was sind eigentlich Mennoniten?

Die Geschichte der Mennoniten ist noch älter als die der Baptisten. Sie entstanden schon zur Zeit Luthers, favorisierten die Trennung von Kirche und Staat sowie eine Taufe nach bewusster Entscheidung für Jesus. Der Name leitet sich vom friesischen Reformator Menno Simons ab.

Der Baptismus entstand erst einhundert Jahre später in England und hatte vergleichbare Ansichten. Die Erscheinungsformen der Mennoniten sind heute so unterschiedlich wie die der modernen Brüder- oder Baptistengemeinden. Die Grundprinzipien von Glaubenstaufe und politischer Enthaltsamkeit bestehen jedoch weiterhin.

Sonntag, 21. August 2016

CKB City Kirche Berlin mit Volkhard Spitzer

Die CKB City Kirche Berlin International befindet sich in der Nähe des Funkturms und ist daher aus sämtlichen Ecken Berlins gut erreichbar. Der Gottesdienst beginnt um 13:00 Uhr, wird auf diversen TV-Kanälen übertragen und ist wegen der tiefgehenden Predigt auch für Freunde und Bekannte geeignet.



Die CKB City Kirche Berlin International befindet sich an einem verkehrstechnisch gut angebundenen Punkt in der Stadt. Umgeben ist das Haus der St. George Kirche von einer namhaften Nachbarschaft wie dem Funkturm, dem Messegelände, der Residenz des pakistanischen Botschafters, dem Olympiastadion, der BMW-Niederlassung Berlin, dem International Club Berlin, dem Funkhaus von RadioBerlin 88,8 und dem Kabarett "Die Wühlmäuse". Am nahe gelegenen Theodor-Heuss-Platz fand übrigens auch vor etwa sieben Jahren das denkwürdige Ereignis statt, bei dem meine Frau fragte, wieviel Zeit wir noch bis zum Beginn des Kabaretts hätten. Nach halbstündigem Anstehen hatte ich gerade zwei volle Eistüten in der Hand und schaute reflexartig auf die Armbanduhr: "Zwanzig Min ... uups".

Bei der Fahrt über den Kaiserdamm setzte bereits die Mittagsmüdigkeit ein. Der Gottesdienst der CKB startet um 13:00 Uhr, was an einer Mehrfachnutzung der Räume zusammen mit der Anglican Episcopal St. George's Church liegt. Die Webseite avisiert Volkhard Spitzer als regelmäßigen Prediger. Volkhard Spitzer kaufte 1982 als verantwortlicher Pastor des CZB Christlichen Zentrums Berlin die neogotische Kirche am Südstern, deren Gottesdienst wir am letzten Sonntag besuchten. Der Name "Volkhard Spitzer" hat sich in den 52 Jahren seines Wirkens zu einer auch überregional bekannten Marke entwickelt.

"Der Kerl predigt gut", wurde unseren Begleitern mitgeteilt, als sie kurz nach uns das kleine helle Kirchengebäude betraten. Jeder Gast wurde freundlich und persönlich begrüßt und bekam eine Predigt-CD, einen Gutschein für Kaffee und Kuchen sowie einen Begleitzettel mit Liedtexten und den Sendezeiten der Predigt im BibelTV, bei ANIXE, Alex TV, TV Berlin, Schweiz 5, CGN Korea, Gott24.TV, RheinmainTV und im Live-Internetradio. Mein Vater hatte während der letzten Monate seiner Krankheit die virtuellen Gottesdienste mit Volkhard Spitzer im BibelTV verfolgt und wurde dadurch sehr ermutigt. Heute wollten wir ihn endlich einmal selbst hören.

Der agile Mittsiebziger trat im weiß-schwarzen Talar auf die Bühne und leitete den Gottesdienst mit Psalm 113, Gebet und einigen Liedern ein. Im Saal standen etwa einhundertzwanzig Gemeindemitglieder und Gäste. Erst kurz vor der Predigt, wurden die Sitzplätze in den mit britischen Wappen verzierten Holzbänken eingenommen. Der gefühlte Altersdurchschnitt lag bei sechzig, was aus meiner Sicht unangemessen hoch war, denn Volkhard Spitzer redete in heutigem Deutsch und hatte eine generationsübergreifende Botschaft.

Die Predigt war der zentrale Bestandteil des Gottesdienstes. Sie war von Anfang bis Ende auf das bewusste Einklinken in die Werke Gottes fokussiert. Ausgangspunkt war das erste Kapitel aus Nehemia, wo der jüdische Mundschenk des persischen Königs so bewegt war vom desolaten Zustand Jerusalems, dass er fastete, betete und dann im Rahmen einer temporären Freistellung vor Ort aktiv wurde. Interessanterweise führte der Referent als gegenwärtiges Beispiel die 90-jährige Huldah Buntain aus Kalkutta an, die er vor drei Wochen in Düsseldorf getroffen habe. Einen Tag zuvor hatten wir sie in Lüdenscheid erlebt und waren ebenfalls sehr beeindruckt.

Die besonderen Herausforderungen des Baus der Jerusalemer Stadtmauer unter dem Druck feindlich gesinnter Nachbarn und die Neuverpflichtung des Volkes auf das Gesetz schlossen den Bogen eines erfüllten Lebens in Gottes Bahnen. Nehemia war ein prototypischer Leiter. Das manifestierte sich darin, dass ihm die Leute freiwillig folgten und ihm Ressourcen zur Verwirklichung der Ausgangsvision zufielen. Nehemia brachte das Volk von Jerusalem zusammen und sorgte dafür, dass jeder gegenüber des eigenen Hauses die Stadtmauer baute und damit eine erhebliche Eigenmotivation entwickelte. Im abschließend zitierten Kapitel acht geht es um den Priester Esra, der dem Volk aus dem Gesetz vorlas und es an den Bund mit Gott erinnerte. Das Volk war begeistert und antwortete "Amen! Amen!". Und in Vers 10 wurde zum Feiern eingeladen: "Die Freude am Herrn ist eure Stärke".

Ein weiteres Bild brachte Volkhard Spitzer bezüglich der Menschen, die wie Huldah Buntain oder Nehemia voll im Leben und gleichzeitig in regem Kontakt zu Gott stehen:

"Mit beiden Beinen auf der Erde und mit dem Kopf im Himmel".

Wer sich solch eine Haltung für sein Leben wünschte und für einen Wendepunkt im Leben offen sei, sollte nach vorne kommen und für sich beten lassen. Diesem Aufruf folgte über die Hälfte der Anwesenden und alle fassten sich an den Händen und beteten gemeinsam. Bei solch einer gewaltigen Ansprache ist es fast eine logische Folge, dass in zwei Wochen wieder eine Taufe stattfindet, wo elf Menschen ihr Leben bewusst an Jesus übergeben.

Nach dem Gottesdienst lösten wir unsere Kaffee-Coupons ein und unterhielten uns noch etwas über den Gottesdienst. Dann fuhren wir zu meiner Mutter und erzählten ihr von der Gemeinde, die sie bisher nur aus dem BibelTV kannte.

Montag, 15. August 2016

13 Monate Church Checker und eine neue Domain

Seit der Reanimation dieses Blogs ab Juli 2015 ist die Leserschaft stetig gewachsen und die Schilderungen als wertvolles externes Feedback angenommen worden. Wer auf der Suche nach einer passenden Gemeinde ist, kann zunächst in den Berichten stöbern und sich dann gezielt ein eigenes Bild vor Ort machen. Die auf der rechten Seite dargestellten Themen und Empfehlungen lassen bereits eine Vorauswahl zu.



Seit dreizehn Monaten sind wir nun in der bunten christlichen Szene Berlins unterwegs. Reisen und Ausflüge hatten wir zudem mit dem Besuch verschiedener Gottesdienste in Hessen, NRW oder Brandenburg verbunden. Das Auswahlverfahren war so divergent wie die besuchten Gottesdienste selbst. Einmal ging es um die Uhrzeit, einmal um historische Ambitionen, mehrfach um die regionale Nähe, um den internationalen Ruf, um neue Gottesdienstformen, um eine große Jugendgruppe, um ein Allianz-Event und vieles mehr. Wir lernten interessante Gemeindegründer oder Verantwortungsträger kennen, zu deren Besuch wir uns innerhalb weniger Stunden entschieden.

Die Agenda ist sehr lang. Leute aus bisher unbekannten Gemeinden sprechen uns an und laden uns ein. Pastoren und Gemeindeleiter freuen sich über das externe Feedback. Erstaunt sind wir immer wieder, wer zur Leserschaft dieses Blogs gehört. Geschwister, die wir noch nie bewusst wahrgenommen oder persönlich getroffen hatten, zitieren im Gespräch Textpassagen oder Redewendungen aus den Artikeln. Besondere Aufmerksamkeit scheint der Beitrag über Church Hopper und Homebase erregt zu haben.

In einer Baptistengemeinde sprach uns ein junger Mann an, der den Hinweis auf den Blog durch eine Seniorin aus einer anderen EFG erhalten hatte. Meine Frau sagte mir dazu, dass ältere Internetnutzer nicht wüssten, mit wie vielen "CH" der Church Checker geschrieben werde. Spontan antwortete ich "Zwei", hatte dabei aber das CH auf der Ultima im Wort "Church" übersehen. Church Checker enthält also insgesamt drei "CH" und ein "CK".

Während ich so die möglichen Schreibweisen von Church Checker in Gedanken durchlaufen ließ und dabei auf Umlautvarianten wie "Tschörtsch-Tschecker" kam, schaute ich auch mal in der bekannten Suchmaschine nach, was diese bei Eingabe von church checker antwortet. Dieser Blog hatte sich bereits mit mehreren Einträgen an der Poleposition etabliert. Gefolgt wurden die Suchergebnisse von einem Church Checker mit Bewertungssystem aus dem schönen Philadelphia an der Ostküste der USA. Wir liegen hier also voll im internationalen Trend.

Bei dieser Gelegenheit checkte ich die Verfügbarkeit der Domains church-checker.de mit und ohne Bindestrich und meldete diese sofort an. Beide Varianten waren noch frei. Wenn also jemand auf einen Link zu diesem Blog klickt, wird im Domainteil nicht mehr das damals beworbene "marzahn-kirche" als Subdomain von Blogspot gezeigt, sondern "church-checker" als vollwertige Second-Level-Domain. Bei Blogspot lässt sich das recht elegant und schnell einstellen und im eigenen DNS sind lediglich zwei CNAME-Records zu ergänzen. DNS ist in diesem Falle nicht mit der DNA zu verwechseln, wie sie zum Beispiel im Mülheimer Verband zur Definition des einheitlichen geistlichen Grundprofils genutzt wird.

In den letzten Wochen wurden auch der Navigationsbereich mit "Themen" und "Empfehlungen" überarbeitet und optimiert. Wer beispielsweise gerne einmal Freunde oder Kollegen an christliche Themen heranführen möchte, findet unter Freunde eine Auflistung von Gemeinden und Formaten, die einen niederschwelligen und professionellen Zugang ermöglichen. Auch Buchempfehlungen sind dabei sowie Hinweise auf Lobpreis, Willkommenskultur und Predigt.

Wer nach dem Lesen eines Artikels sofort losfahren möchte, kann unterhalb des Textes auf die Adressinformation klicken und wird dann zur Standortbestimmung bei Google-Maps geleitet. Einige Navis lassen sich von dort aus auch gleich mit den Zielkoordinaten versorgen.

Sonntag, 14. August 2016

Kirche am Südstern

Die Kirche am Südstern ist ein markantes Wahrzeichen christlicher Präsenz im Stadtbild Berlins. Die Sprüche zwischen den Doppeltürmen sind weithin sichtbar und auch das Leben in der Kirche ist vom Engagement für den Aufbau von Beziehungen zu Jesus geprägt.



Der letzte Besuch in der Kirche am Südstern muss wohl schon über zwanzig Jahre zurück liegen. Damals fand ein Gottesdienst mit Peter Dippl statt und ich erlebte eines der markantesten Abendmahle. Im akustisch ausgereiften Kirchenschiff wurden dünne Brotfladen, auch Mazzot genannt, verteilt und eine Analogie zwischen den Löchern und Brandmalen des ungesäuerten Brotes zum Leiden Jesu hergestellt. Anschließend wurden die Gottesdienstbesucher zum Essen der hellbeigen Brotstücke aufgefordert. Ein lautes vielstimmiges Knacken hallte durch den Saal und verstärkte die Wirkung der Erinnerung an das, was Jesus vor 2000 Jahren für uns getan hatte.

Heute klang Klaviermusik durch den Saal, als wir zwanzig Minuten vor Gottesdienstbeginn die Kirche betraten. Gegen den Druck der Familie konnte ich die Sitzreihe gerade noch von zehn auf neun verlegen. Dann nahmen wir auf den grünen Polsterstühlen Platz und waren gespannt auf das, was folgen werde. Bereits am Eingang waren wir freundlich begrüßt worden und auch jetzt kamen regelmäßig Leute aus der Gemeinde auf uns zu und schüttelten uns die Hand. "Seid ihr auf der Durchreise" oder "Oh, junge Leute", interessierte man sich für die Gäste.

Auf der rechten Seite des Altarbereiches hatte die Lobpreisband inklusive Schlagzeug ihren festen Platz. Davor stand ein Flügel und darüber hing die Leinwand für die Liedtexte. Der Gottesdienst begann mit einem alten Kirchenlied, das mit aktuellen Instrumenten begleitet wurde. Es folgten Ansagen, durch die wir erfuhren, dass es demnächst eine Gemeindefreizeit und den zweiten Taufgottesdienst in diesem Jahr geben werde. Die Kollekte wurde durch Maria am Klavier mit "What a Wonderful World" begleitet. "Und wer jetzt nichts geben kann, Herr, mache ihn bald zu einem fröhlichen Geber", war ein bisher noch nicht gehörter, aber durchaus sinnvoller Satz in einem Gebet für die Kollekte.

Und dann gab es noch den offiziellen Begrüßungsteil. Ein "Nein" trat über meine Lippen, als die Gemeinde aufgefordert wurde, den jeweiligen Nachbarn zu begrüßen. Allerdings nahm das hier im Südstern afrikanische Verhältnisse an. Die etwa siebzig Gottesdienstbesucher liefen quer durch den Saal und begrüßten sich wechselseitig und auch uns. Wären die weiteren 89% der Stühle im Mittelschiff besetzt gewesen, hätte sich dieser liturgische Teil wahrscheinlich nur auf die unmittelbare Umgebung konzentriert.

In der Predigt ging es um Römer 8 Vers 28 und dass uns trotz Hagel und Unwetter alle Dinge zum Besten dienen. Eberhard Sachse hatte bei den Überschwemmungen Ende Juli drei Pumpen bemühen müssen und dennoch einen feuchten Keller bekommen. Er schlug dann eine Brücke zu 1. Samuel 17, wo sich David auf den Kampf mit Goliath vorbereitet. David war dem Palästinenser körperlich und in der Ausrüstung unterlegen, wusste aber um die Größe und Möglichkeiten Gottes. Besonders interessant fand ich die Stelle mit Davids Schilderungen zum Erlegen von Löwen und Bären in Vers 35, wenn diese ein Schaf von seiner Herde wegtragen wollten. David hatte den Instinkt eines Hirten und war damit genau der richtige Leiter für das Volk Israel. Mit Gott ist also alles möglich, egal wie verfahren die Situation aussieht und egal wie groß die Blessuren sind. Gott holt das Optimum heraus.

Nach einem weiteren Lobpreislied und dem Segen gab es auf der Empore noch Gelegenheit für Kaffee und Gespräche. Da wir uns jedoch bereits auf den avisierten Italiener freuten, bedankten wir uns und verließen die liebevoll gepflegte Kirche. Bei Pizza und Lachsfilet tauschten wir uns am Marheinekeplatz über den Gottesdienst aus.

Samstag, 30. Juli 2016

FCJG Lüdenscheid

Die FCJG Lüdenscheid lässt sich am besten mit den Begriffen Charisma und Weltmission charakterisieren. Ihre Gottesdienste finden samstags statt und laufen unter dem Korintherbrief-Motto "Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeder etwas...".



"Uups, sind wir zu alt", rutschte mir spontan heraus, als wir von drei jungen Damen herzlich am Eingang der FCJG Lüdenscheid begrüßt wurden.

Das Haus Wiedenhof befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des übersichtlichen Bahnhofs von Lüdenscheid. Die Freie christliche Jugendgemeinschaft (FCJG) in Lüdenscheid verbindet den Ruf von Charisma und Weltmission. FCJG-Präsident Walter Heidenreich ist über die Grenzen des Sauerlandes hinweg bekannt und eine befreundete Missionarin in Kambodscha wurde in Lüdenscheid maßgeblich auf ihren Dienst vorbereitet.

Heute wollten wir uns selbst ein Bild von dieser berühmten Gemeinde verschaffen.

OK, wir waren nicht zu alt. Die etwa einhundertfünfzig Besucher des Abendgottesdienstes waren zwischen zwanzig und fünfzig Jahre alt. Darüber hinaus sahen wir etwa zwei Kinder und eine ältere Dame mit amerikanischer Optik. Letztere wurde im Rahmen der Begrüßung als Huldah aus Kalkutta vorgestellt.

Nach dem recht kurzen Begrüßungs- und Ansagenteil ging es in eine Doxologie über, die an den Lobpreis in der Offenbarung erinnerte. Eines der beiden Lieder, die in der ersten Stunde gesungen wurden, sprach den Reiter auf dem weißen Pferd aus Offenbarung 19 ab Vers 11 an. Viele der Anwesenden flankierten den Gesang mit Melodien und Texten, die ihnen ad hoc eingegeben wurden.

Dann trat Huldah Buntain ans Pult. Die 90-jährige Kanadierin blickt auf über sechzig Jahre harter aber gesegneter Arbeit in Kalkutta zurück. Durch den frühen Tod ihres visionären Mannes war ihre besondere Organisationsbegabung gefordert, wodurch inzwischen viele Schulen, Krankenhäuser und Gemeinden in Indien entstanden sind. Huldah rollte ihre kraftvolle Stimme aus und zog die Zuhörer in der nächsten Stunde in den Bann ihrer persönlichen Gotteserfahrungen. Das Fazit war, dass Gott das Wort "impossible" (unmöglich) mag, um seine unbegrenzten Fähigkeiten zu demonstrieren. Die Seniorin machte deutlich, dass sie bis zum letzten Atemzug darauf achten werde, was Gott gerade tue und wo sie sich einklinken könne.

Dieser Bericht ermutigte uns sehr und bestärkte uns in der Bereitschaft, nach den konkreten nächsten Schritten zu fragen. Diese Frage muss wohl allgemein im Raum gestanden haben, da anschließend eine längere Gebetszeit eingeleitet wurde, wo sich die Besucher ganz neu für Gott zur Verfügung stellen konnten. Obwohl es bereits nach 22:00 Uhr war, wollte unser Sohn noch bleiben. Die Leute in der Mitte zeigten körperliche Reaktion wie Zittern, Lachen oder Umfallen. Kissen wurden herbeigetragen und die Zeit mit Musik untermalt.

Gegen 23:00 Uhr verließen wir die FCJG und fuhren durch das nächtliche Sauerland zurück nach Iserlohn. Unterwegs tauschten wir unsere Eindrücke aus. Für jeden von uns war etwas dabei gewesen. Das war der Umkehrschluss des FCJG-Slogans aus 1. Korinther 14 Vers 26 : "Wenn ihr zusammenkommt, hat jeder etwas zur Erbauung der Gemeinde".

Sonntag, 24. Juli 2016

EFG Wiedenest

Wiedenest liegt in der Nähe von Köln und ist bekannt für gute christliche Musik und seine Bibelschule. Auch in den Ferien ist der Gottesdienst der EFG Wiedenest gut besucht.



"Hier ist ja nichtig was los", raunte mir mein Sohn zu, als die umfangreichen Ansagen für die nächste Ferienwoche vorgetragen wurden. Es waren so viele Dinge, dass selbst die Kollekte während dieser Zeit eingesammelt wurde.

Wiedenest ist, wie der Name erahnen lässt, ein kleiner Ort im romantischen Ebbegebirge und liegt 60 km südlich von Dortmund und etwa 30 km östlich von Köln nahe des Kreuzes Olpe/Süd, wo sich A4 und A45 begegnen. Die Anfahrt ist wegen der vielen Kurven insbesondere für Motorradfahrer reizvoll. Parkplätze für Motorräder und Autos stehen reichlich zur Verfügung.

Das helle und freundliche Haus der EFG Wiedenest ist in den Räumen, Treppenhäusern und Fluren mit Piktogrammen dekoriert, zu denen man sich den passenden Bibelvers eingeprägen kann. Die Piktogramme sind teilweise so witzig, dass das VerseIernen einfach Spaß macht.

EFG Wiedenest Baptisten Forum Wiedenest
Bibelverse in der EFG Wiedenest
Beim Betreten des Saales wurden wir freundlich begrüßt. Wir stellten uns gegenseitig vor und erhielten ein Begleitblatt zum Gottesdienst. Der Saal bot Platz für etwa 250 Besucher. Trotz der Ferienzeit waren über zweihundert Leute gekommen. Die aus vier jungen Musikern bestehende Lobpreisband war gut abgemischt. Gut gemischt war auch die Altersstruktur der Gemeinde.

Der Gottesdienst begann mit einer Schweigeminute und Gebet für die Opfer des Amoklaufs in München. Dann folgten gemeinsame Lieder und die eingangs erwähnten Ansagen. Beim Kinderlied kam ich ins Schunkeln. Mein Sohn stieß mich an. Die ältere Dame neben ihm lächelte.

Die EFG Wiedenest beschäftigt sich in der Ferienzeit mit der Themenreihe "Beispiels-Weise" und berichtet über Menschen der Bibel, die im Laufe ihres Lebens deutlich an Weisheit zugenommen hatten. Dem gelben Begleitzettel war zu entnehmen, dass die sechs Themen von sechs verschiedenen Referenten vorgetragen werden.

Die heutige Predigt hielt Bernd Brockhaus. Mit seiner bemerkenswerten Radiostimme rezitierte er zwei Texte aus den Samuelbüchern, deren Zusammenhang wohl selten in einer Predigt behandelt wird. David bekommt darin die Ankündigung der Konsequenzen für seine Bathseba-Entgleisung und erlebt diese schließlich im zweiten Text im Rahmen der Machtergreifung seines Sohnes Absalom. Bernd Brockhaus entfaltete Davids menschliches Machtpotenzial, die persönliche Beziehung zu Gott, die Übernahme der Verantwortung für sein Handeln, die unkonventionelle Hilfe Gottes in dieser Situation und den damit verbundenen Weisheitsgewinn Davids. Die bekannten Regale mit Brockhaus-Lexika lassen auf die Länge der Predigt schließen. Trotz des interessanten Inhaltes übten sich einige Wiedenester in der Stabilisierung ihrer Konzentrationskraft.

Nach dem Segen verteilten sich die Gottesdienstbesucher im Gebäude. Wir schlenderten durch das Untergeschoss, erfreuten uns an den Piktogrammen, schauten in die vielen einladenden Kinderräume und mischten uns unter die Wiedernester, die bei Kaffee, Tee und Wasser ins Gespräch kamen. Dann verließen wir das Haus und freuten uns, dass das Auto nicht zugeparkt war. Die Rückfahrt durch das malerische Ebbegebirge konnte beginnen.

Sonntag, 19. Juni 2016

Kulturwerkstatt Berlin

Die Kulturwerkstatt Berlin trägt schon den Charakter dieser jungen Gemeinde im Namen. Herzliche Aufnahme von Gästen, interessante Menschen, guter Lobpreis, Familienfreundlichkeit, Angebote für den Kiez und eine inhaltsreiche Predigt zeichnen diese evangelische Freikirche aus.


Das akademische Viertel der benachbarten Saddleback Church wäre heute sehr praktisch gewesen. Trotz weiträumiger Umfahrung des Alexanderplatzes wären wir zehn vor elf bei der in die Altbauhäuser der Auguststraße eingepassten Kirche eingetroffen. Ein Sperrschild konnte noch ignoriert werden, die massive Bauabsperrung zum Überqueren der Torstraße jedoch nicht. Der Veranstalter des innerstädtischen Fahrradrennens musste gewusst haben, dass wir uns nur ungerne am Gottesdienstbesuch hindern lassen. 150 Meter vor dem Ziel mussten wir wieder umkehren und in den folgenden zehn Minuten einen Parkplatz außerhalb des Velothon-Ringes suchen. Diesen fanden wir in der Nähe der Christuskirche. Von dort aus benötigten wir weitere zehn Minuten für den Fußweg zur Kulturwerkstatt.

Den ehrwürdigen Backsteinbau betraten wir zusammen mit einer jungen Frau und ihrem Coffee To Go. Im Altarbereich spielte eine Band aus drei Personen. In der Mitte des sakralen Saales hingen drei große Schalltrichter aus Messing. Durch diese konnte man bis zum Altar durchschauen und in deren Spiegelung einen schnellen Blick auf den Sitz der Frisur werfen. Wir setzten uns in den Ostblock der Stuhlreihen und schauten uns die ausgelegten Programmheftchen an. Ein Early Bird zwitscherte uns von hinten aus zu, dass wir bisher nur die Begrüßung verpasst hätten.

Der Gottesdienst lief sehr klar strukturiert in kurzen und knackigen Einheiten ab. Zuerst wurde ein Kind mit Schwarzwälder Zuwanderungsgeschichte gesegnet. Ein Teil seiner Badener Verwandtschaft war angereist und gestaltete einige der damit verbundenen Elemente. Die Segnung durften sich die anwesenden Kinder noch anschauen und wurden dann unter besonderer Beachtung in ihren Kindergottesdienst verabschiedet. Damit waren die Anwesenden im Saal auf 2/3 reduziert, was etwa vierzig Personen entsprach. Vierzig interessante Menschen, die Kreativität und Intelligenz ausstrahlten, so wie Pastor Rainer Schacke, der seine berufliche Laufbahn als Journalist begonnen hatte.

Rainer griff den Segnungstext für den kleinen Neuberliner auf. Dieser stand in Hebräer 11 Vers 1 und leitete damit in eines meiner Lieblingskapitel des Neuen Testamentes ein. Er thematisierte das Kapitel bis Vers 12 und setzte damit eine Predigtreihe fort, in der es darum geht, Teil von Gottes Werk und Wundern zu werden. Immer wieder schlug er eine Brücke zwischen Glauben, Glaubenshelden und dem Vertrauen eines Kindes. Der Aufzählung und kurzen Vorstellung der Glaubenshelden aus Hebräer 11 stellte er abschließend eine Liste von deren Defiziten entgegen. Es waren eben auch nur Menschen wie du und ich.

Vor der Kollekte und dem Segen gab es heute das monatliche Abendmahl. Dieses nehmen wir immer wieder gerne mit Geschwistern unterschiedlicher Gemeinden ein und freuen uns dabei über das Bild des Leibes Christi, wo jedes "Körperteil" seinen speziellen Platz im Gesamtgebilde hat.

Nach dem Gottesdienst wurden wir freundlich begrüßt und sofort in die Unterhaltungen einbezogen. So erfuhren wir viel über die Geschichte der Kulturwerkstatt, aßen sehr leckeren Kuchen und schauten uns auch die gegenüber liegenden Kinderräume an.

Die Evangelische Kulturwerkstatt Berlin (EKW) ist eine Gemeinde für den Kiez. Sie trifft genau die in Mitte wohnende Kreativszene und junge Familien mit ihren speziellen Bedürfnissen. Sie bietet Menschen, die noch keine persönliche Beziehung zu Jesus haben, einen niederschwelligen Zugang und distanziert sich bewusst vom üblichen Transferwachstum. Am nächsten Sonntag finden im Weißen See mehrere Taufen statt. Sehr gut sei der regelmäßige LEGO/Brunch frequentiert, der uns an die LEGO-Bautage bei der EFG Weißensee erinnerte. Hier wären Synergien möglich. Überhaupt ist die Kulturwerkstatt sehr gut in der Stadt vernetzt und setzt gerne auf externen christlichen Angeboten auf. Warum auch das Rad neu erfinden, wenn es bereits die passende Veranstaltung gibt?

Gesättigt mit Kuchen und guten Gesprächen traten wir den sonnigen Fußweg zum Parkplatz an. Meine Tochter trank dabei ihren Tea To Go. Wir überquerten die Absperrungen des Velothons und fanden ein Auto ohne Ticket vor. Diese Parkzone wird nur bis Samstag bewirtschaftet.