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Samstag, 11. Februar 2017

Meine Wohnung soll unter ihnen sein

Beim Abschlussabend des #MDGC16 Movement Day Global Cities fiel der Satz: "Die Bibel beginnt im Garten und endet in der Stadt". Das wird durch die heutige Losung bestätigt.



Als letzter hetzte ich in die Küche. Die Familie saß bereits am Frühstückstisch und begann mit der Verteilung der Croissants. Ich setzte mich und ließ mir die Losung reichen. Eine Tradition, die wir schon seit vielen Jahren pflegen.

Hesekiel 37, 27 und Johannes 1, 14

Die heutigen Texte standen in Hesekiel 37, 27 und in Johannes 1, 14. "Meine Wohnung soll unter ihnen sein, und ich will ihr Gott sein und sie sollen mein Volk sein", las ich vor und dachte an die Wohnung unter uns. Fünf Zimmer auf einhundert Quadratmetern im sechsten Stock. Wer wohnt da jetzt eigentlich? Vor ein paar Wochen hatte ich dort ein Päckchen abgeholt. Es hatte eine kräftige (so das politisch korrekte Attribut) Frau mit blondem Haar geöffnet und mir freundlich die Sendung entgegen gereicht. Freundliche Leute hier im Haus, die ich noch nie bewusst wahrgenommen hatte.

Diese Gedanken waren im Bruchteil von Sekunden abgelaufen. Als ich jedoch "Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns" aus Johannes nachschob, fiel mein Sohn ein und bemerkte: "Also wohnt auch das Fleisch unter uns in der sechsten Etage". Die Assoziation zur Wohngegend war wohl unabhängig voneinander bei allen von uns angeklungen.

Hesekiel 37, 27
Hesekiel 37, 27 - Meine Wohnung soll unter ihnen sein.
Wie erkenne ich meinen Nachbarn?

Während meine Frau von Müttern mit bestimmter Haarfarbe, Kinderanzahl oder Konfektionsgröße berichtet, merke ich mir die Mitbewohner eher an den Autos. "Ist das die Frau von dem mit dem grünsilbernen Octavia?" oder "Ach die Frau, deren Mann den blauen A4 fährt." oder "Na die mit dem weißen X1, dem sie letztens auch die Radnabenabdeckungen geklaut hatten", versuchen wir uns bei der Identifikation der thematisierten Nachbarn anzunähern. Darauf kann beispielsweise ein "Nee, das ist die Frau mit den zwei Kindern, die öfter mit Blumenstrauß im Fahrstuhl steht und in Etage soundso aussteigt" kommen. "Kann nicht sein. Dann wäre das ja die Frau von dem mit dem schwarzen Vito", versuche ich das zu evaluieren.

Erst ergänzende Einwürfe unserer Kinder wie "Mama meint die Lehrerin mit dem Fahrrad aus der elften Etage, die mit dem Sohn, der immer mit der Angelausrüstung rumläuft". "Ach so, du meinst die mit dem dunkelblauen Ford. Und was ist mit denen?"

Ja, so ist das im urbanen Umfeld:

Gott wohnt vielleicht bereits unter uns und wir haben das noch gar nicht mitbekommen.

Hesekiel 37, 27
Hesekiel 37, 27 - Meine Wohnung soll unter ihnen sein.
In unserer Funktion als ehrenamtliche Poststelle des Hauses klingeln bei uns oft der Hermes-Versand oder DHL und hinterlassen Pakete für Nachbarn mit völlig unbekannten Namen. Wer das wohl schon wieder ist? Bei der Abholung stellt sich heraus, dass es sich um die Bezugspersonen zum silbernen Ford, dem schwarzen Audi oder der silbernen E-Klasse handelt. Einst wurde ein Päckchen für unsere direkte Nachbarin abgegeben, deren Namensschild ich noch nie gelesen hatte. Mit ihren über neunzig Jahren hatte sie kein Auto, war aber trotzdem sehr nett.

In Anbetracht dieser Tatsachen irritiert es schon, wenn man am Hauseingang mit Namen begrüßt wird. Noch gravierender sind Situationen, wo ein Mann mit silberner C-Klasse grüßt, obwohl er zwei Hauseingänge weiter wohnt. Meine Frau verwechselte jüngst einen Cabrio-Fahrer aus dem Nachbaraufgang: "Das war doch der, der uns den Täterhinweis gegeben hatte, als uns einer in den parkenden Volvo gefahren war". "Nee, war er nicht", konnte ich mit ziemlicher Sicherheit behaupten. Der verwechselte Nachbar fährt einen dunklen Opel.

Hesekiel 37, 27
Hesekiel 37, 27 - Wohnt Gott unter uns? - Sophistograu vor Manhattan-ähnlicher Fassade

Wie wird es also sein, wenn Gott unter uns wohnt?

Hat das einen Einfluss auf unseren Umgang mit den Nachbarn? Lernen wir deren Namen und grüßen sie sogar damit? Meine Frau hatte schon öfter den Vorschlag gemacht, zu Weihnachten Plätzchen im Hausflur zu backen. Ich fand das eher peinlich und hatte nachbarschaftliche Beziehungen auf den Parkplatz verlagert und dort bei Wind und Wetter über Cabrios, Teileklau und Fahrperformance philosophiert. Da stellt sich die Frage, ob es in der avisierten Stadt aus den letzten Kapiteln der Bibel überhaupt Parkplätze und Autos gibt? Vermutlich: Nein.

Offenbarung 21, 18-23

In der Stadt, in der Gott unter uns wohnen möchte, gibt es keine Straßenbeleuchtung. Fahrzeug-Lackierungen wie Saphirschwarz, Topasblau oder Smaragdschwarz werden dann als originale Edelsteine die Fundamente der Stadtmauer verzieren.

Meine beliebten Metallic-Farben Sophistograu und Sterlinggrau werden genauso wenig eine Rolle spielen wie das in den 1990er Jahren aktuelle Manhattangrau im Badbereich. Die Stadt, in der Gott unter uns wohnt, besteht aus reinem Gold. Mit einem Aufpreis von 980 Euro kann zurzeit Atlaszeder oder Kaschmirsilber für ein Neufahrzeug konfiguriert werden. Das reine Gold aus Offenbarung 21 wird es wohl nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar machen.

Ich bin gespannt!

Zum Mittagessen dankte ich Gott, dass er "bei" uns wohnen möchte. Die anschließenden Blicke erinnerten mich daran, dass nach zwei Au-pairs und einer Austauschschülerin das "bei" uns wohnen eine ganz besondere Bedeutung hat.

Dienstag, 7. Februar 2017

Wortspiel mit Maria und Martha - Lukas 10, 38-42

Maria und Martha sind die ungleichen Schwestern aus den Evangelien, die sich in ihrer Unterschiedlichkeit hervorragend ergänzen. Beim Lesen von Lukas 10 gab es nun weitere Entdeckungen.



Zunächst werden sich alle Martha-Typen freuen, dass Martha in Vers 38 zuerst genannt wird. Martha war es, die Jesus in ihr Haus einlud. Maria wird erst ab Vers 39 erwähnt. Ad hoc fallen mir zwei Frauen ein, die sich mit der aktiven Martha identifizieren und sofort über die "mufflige" Maria herfallen.

Als Mann sollte man sich nicht in einen "Zickenkrieg" einmischen, so dass ich bisher immer das "Eines ist wichtig!" für mich aus dem Text geholt hatte. Die aktive Martha bedient und versorgt die Gäste, redet mit Jesus und beschwert sich über ihre Schwester. Maria sagt gar nichts, sitzt zu Jesu Füßen und hört zu. In Johannes 11 werden die beiden Schwestern noch einmal im Zusammenhang mit ihrem Bruder Lazarus beschrieben. Ihr dortiges Auftreten passt zum Lukas-Text.

Soweit nichts Neues

Zur Abwechslung lese ich das Neue Testament gerade wieder auf Ivrith (modernes Hebräisch). Dabei fiel mir ein interessantes Wortspiel mit dem hebräischen Konsonantenstamm DBR (דבר - davar) auf. Es wird verwendet für: Wort, Sache, Angelegenheit, Sprechen, Sprachfähigkeit, Wortführung oder Anliegen. Davon leiten sich auch schöne Begriffe wie dabran (Schwätzer) oder daberet (krankhafter Redefluss, Geschwätzigkeit) ab.

Lukas 10, 38-42
Jesus bei Maria und Martha - Lukas 10, 38-42
Wie das Wort ausgesprochen wird, hängt von der Vokalisierung ab, die mit Pünktchen und Strichen um die Konsonanten DBR gesetzt werden. So kann das B gelegentlich als V ausgesprochen werden, wenn der Punkt im dicken Bauch des hebräischen Beth fehlt. Beth heißt übrigens Haus, was von Beth El (Haus Gottes) her bekannt sein dürfte.

Maria hört

In Vers 39 lesen wir, dass Maria "seinen Worten" (דברו - devaro) zuhörte. Oder hörte sie den Angelegenheiten zu, von denen Jesus erzählte? Da im Griechischen "logos" steht, gehen wir mal von Worten und Erzählungen aus. Aber hatte Jesus griechisch gesprochen? Wohl kaum, eher aramäisch. Aram steht aber im alttestamentlichen Kontext für Syrien. Warum sollte Jesus syrisch gesprochen haben? Interessanterweise switchen (das ist Englisch) einige neuere Bücher des Alten Testamentes wie Daniel oder Esra mitten im Text auf aramäisch um, was durch das seltsame und im Hebräischen unbekannte Wort "di" postuliert wird. "Di" muss ein Artikel wie der, die das sein und tritt dann mindestens so oft auf, wie das "Ähm" eines Pressesprechers ohne Rhetorikausbildung. Einem solchen  hatten wir einst bei einem Unternehmertag in Potsdam zugehört. Er moderierte eine Diskussionsrunde, bei der innerhalb einer Viertelstunde 113 "Ähms" zu zählen waren.

McCafé

In Vers 41 redet Jesus die aktive Gastgeberin zweimal mit Namen an und stellt fest, dass sie sich über viele Dinge (devarim rabbim) aufregt. Beim Aufregen sind sich die Hebräer und Lateiner in der Wortwahl einig. Interessant ist die Mehrzahl (devarim), die dann noch mit einem "rabbim" verstärkt und damit zu einer Vielzahl wird. Das Wort "Rabbi" wird gerne in kanaanäischen Predigten verwendet. Regt sich Martha nun über viele Worte oder viele Angelegenheiten oder über spezielle Rabbis oder gar über Alles auf? War sie eine antike McCafé? Ausgesprochen: Mecker-Fee.

Eines

In Vers 42 stellt Jesus klar, dass nur ein Wort oder eine Sache (bedavar echad) erforderlich bzw. notwendig sei. Maria habe das Gute erwählt und das werde ihr nicht weggenommen. Echad kennen wir ja vom "Schma Israel" (Höre Israel aus Dtn 6,4), wo es weiter heißt "Adonai Elohenu, Adonai Echad". Der HERR ist unser Gott, der HERR ist Einer.

Sollte uns das nicht zu denken geben? Zumindest so viel, den Blick von den vielen aufregenden Dingen abzuwenden und auf den Einen zu sehen, den Gott in unser Beth, ähm Haus, gebracht hat: Jesus.

Mittwoch, 21. Dezember 2016

3. Johannes und der Trend zum Hals

Der zweite und dritte Johannesbrief werden mit ihren insgesamt nur 28 Versen schnell mal überlesen. Es folgt der Judasbrief und dann die atemberaubende Offenbarung. Gestern schauten wir uns den 3. Johannes etwas genauer an.



"So intensiv hatte ich mich noch nie mit dem 3. Johannesbrief beschäftigt", sagte mir anschließend ein Teilnehmer der recht großen Runde des Gebetsabends. Passend zum Jahresende war das der Abschluss einer längeren Expedition durch die drei Briefe des Apostels.

3. Johannesbrief
3. Johannesbrief ist mit 15 Versen das kürzeste Buch des Neuen Testamentes
Gaius, Diotrephes und Demetrio

In den fünfzehn Versen tauchen drei Hauptakteure auf: Gaius, Diotrephes und Demetrio.

Gaius wird als gastfreundlicher Gemeindeleiter vorgestellt, der sich um reisende Missionare kümmert und von diesen dafür gelobt wird. Auch Demetrius wird von Johannes gelobt. Er bekommt sogar eine dreifache Bestätigung (Zeugnis), nämlich von allen, von der Wahrheit und von den Leuten um Johannes. Neben dem deutschen Wort "Liebe", das in anderen Sprachen wie Griechisch oder Latein noch besser auf Wertschätzung, diakonische Liebe, erotische Liebe oder Geschwisterliebe differenziert wird, spielt bei Johannes auch "Wahrheit" eine sehr große Rolle.

Wahrheit

Der wohl bekannteste Satz dazu steht in Joh 18,38, wo Pilatus die Frage stellt: "Was ist Wahrheit?", obwohl die "Wahrheit" (Joh 14,6) direkt vor ihm steht.

In den Versen neun und zehn geht es um Diotrephes, der "der erste sein möchte". Bei Nestle-Aland lesen wir sogar, dass er es liebt, sich wie der erste zu benehmen (amat primatum gerere). Das erinnert ein wenig an das gelegentlich formulierte Selbstbild des "primus inter pares" (Erster unter Gleichen), was dann in der Praxis eher als "primus supra pares" gelebt wird. Und wenn "supra" (über) nicht klappt, dann eben "iuxta" (neben). Solch ein Primus schafft gerne vollendete Tatsachen an der Gemeinde und deren Leitung vorbei, die das dann aber bitte im Nachhinein zu unterstützen haben.

Mit Wahrheit hat das nichts zu tun. Diotrephes kann folglich auch keine "Brüder" ertragen, die seinen unwahren Behauptungen nicht folgen. Sie werden aus der Gemeinschaft herausgeworfen. Ein Wort, das wir auch von der Eject-Taste des DVD-Players kennen.

Der Hals

Vor einigen Tagen unterhielten wir uns mit einer theologischen Schlüsselperson über die Passgenauigkeit von Persönlichkeitsstrukturen zu gemeindlichen Aufgabenprofilen. Er berichtete, dass wohl insbesondere jüngere Pastoren den Dienst des Alleinunterhalters wiederentdeckt hätten. Die Zuhörer waren erstaunt, zumal es weder mit den Prinzipien von 1. Kor 12 noch mit säkularen Trends der Teambildung harmoniert.

Abgesehen vom drohenden Burnout des Alleinunterhalters stagniert auch das Wachstum der Gemeindemitglieder in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Unwahrheit und Heuchelei werden gefördert. Wer möchte schon gerne wie eine DVD ausgeworfen werden? Der Primus mit dem Anspruch, den ganzen Leib Christi in seiner Person zu verkörpern, macht sich letztlich selbst zum Hals, obwohl dieser in den Metaphern zum gesunden Leib Christi gar nicht erwähnt wird. Der Hals verbindet den Kopf (Jesus) mit dem Körper (Gemeinde) und kontrolliert die Kommunikationswege. Auch eine im südlichen und östlichen Mittelmeerraum agierende Islamistengruppe hat den Hals als geeignetes Körperteil zur Unterbrechung lebenswichtiger Steuerungs- und Nachschubwege entdeckt.

Freundschaft

Gut, wenn Johannes dann in den letzten zwei Versen schreibt, dass er sich gerne persönlich mit Gaius unterhalten möchte und dass er ihm Frieden wünscht. Zweimal redet er im letzten Vers sogar von Freunden, was Gaius in seiner aktuellen Situation die Gewissheit vermittelt, dass er nicht alleine steht.

Dienstag, 17. Mai 2016

Wieder einmal durch - Bibel im Looping

Vom Lesen der Bibel in unterschiedlichen Sprachen und Übersetzungen kann man durchaus profitieren. Wer schnell liest, schafft das Neue Testament in einem Monat und die komplette Bibel in einem halben Jahr. Die Bibel eröffnet in jeder Lebensphase neue Perspektiven, erweitert den Horizont und gibt Anregungen zur Optimierung der eigenen Persönlichkeit.



Der Beerdigungstermin meines Vaters ließ sich gut merken: Achter Neunter, zehn Uhr. Bei der anschließenden Trauerfeier in der Baptistengemeinde meiner Eltern sah ich sie. Groß, braun, attraktiv und für mich unerreichbar. Sie stand dort und wartete auf jemanden. Ich kannte sie nicht und hatte sie zuvor auch nicht wahrgenommen. Ich beobachtete sie. Still stand sie dort und wartete. Uns trennte nur eine Glasscheibe. Ich näherte mich und erfuhr dann ihren Namen: Elberfelder Bibel in großer Schrift.

Die Elberfelder hatte ich noch nie zuvor gelesen, da mir das Schriftbild nicht gefiel. Zudem gab es diesen Hype um die Urtextnähe und das damit verbundene holperige Deutsch. Da ich gerade bei den letzten Kapiteln des Neuen Testamentes von Nestle-Aland war, wollte ich es diesmal mit ihr wagen. Der nahe Geburtstag und der Beginn des neuen Bibelleseloops förderten eine Begehrlichkeit, die meine Mutter wenige Tage später in die praktische Umsetzung von Sprüche 13 Vers 12 (ein erfüllter Wunsch aber ist ein Baum des Lebens) münden ließ.

Die Bibel im Looping zu lesen ist eine interessante Sache. OK, manchmal ist es "nur" das Neue Testament. Aber da man dieselben Texte immer in einer anderen Lebenssituation liest, bekommen sie eine ungeahnte Tiefe. Die Bibel ist für mich vergleichbar mit einem Schloss in St. Petersburg, wo Türen über Türen geöffnet werden, kleine und größere thematisch divergente Räume durchschritten werden und am Ende der Licht durchflutete "Thronsaal" (heißt auch auf Russisch so) mit Rastrelli-Parkett, Goldtäfelung und Spiegeln auf den Touristen wartet, dem beim Anblick von Thron und Pracht die Kinnlade herunterklappt.

Die Bibel als Genussmittel, das auf der Zunge zergeht und wie eine Chili-Schokolade mal süß, mal herb in den Leser eingeht. Der Genuss entfaltet sich besonders dann, wenn sich viel gelesene oder oft in Predigten gehörte Texte ganz neu erschließen. Hilfreich ist deshalb das Lesen in unterschiedlichen Sprachen und Übersetzungen: Schlachter, Bibel in heutigem Deutsch, Gute Nachricht, Luther, New International Version, Vulgata ohne Punkt und Komma, Hebraica, Nestle-Aland Novum Testamentum Graece oder Latine, Volxbibel. Dabei entdeckt man nicht nur inhaltlich viel Neues, sondern fördert die eigene Sprachkompetenz. Auch wenn im letztgenannten Punkt die zweimal neunhundert Seiten Altes Testament der Volxbibel recht anstrengend werden können, so war es doch die Volxbibel, die mir erstmalig die Pointe des Hiob in Kapitel 42 vermitteln konnte. In der ersten Auflage des Neuen Testamentes ist sie zudem nicht so weichgespült wie andere deutsche Übersetzungen. Dieses in der christlichen Szene äußerst umstrittene Buch trifft aus meiner Sicht vielfach sehr gut den Sinn des originalen Textes. Nehmen wir nur einmal Matthäus 7 mit der Überschrift "Beten funzt".

An dieser Stelle werden wohl einige Leser dieses Artikels verärgert ihr Church Checker Abo gelöscht und den Browser geschlossen haben, so dass ich nun noch auf die lückenhaften Erzählungen im Kindergottesdienst eingehen kann. So wurde uns immer ein freudig mit seiner Matte umhergehender Geheilter vom Teich Bethesda vermittelt. Laut Text in Johannes 5 hatte er jedoch eine Menge Ausreden, um gar nicht geheilt zu werden und letztlich trat er noch als miese Petze auf, weil Jesus ihm eine Persönlichkeitsoptimierung anriet (Verse 14-16). Bevor ich mit etwa zwanzig Jahren das erste Mal selbst die Bibel gelesen hatte, wunderte ich mich immer, woher meine Eltern Dinge wissen, über die nie gepredigt wird. OK, von Dina in Sichem (Genesis 34) und den stammesgeschichtlichen Folgen erzählten sie mir auch nichts, aber das sind so Texte, die gerne verschwiegen werden. Wie auch Matthäus 23, Hesekiel 8-11 oder Apostelgeschichte 15.

Besondere Zusammenhänge lassen sich auch entdecken, wenn man die Texte über den fett gedruckten Sinnabschnitt oder die Kapitelgrenze hinweg liest. Bei Lukas 4,38 bis 5,11 könnte man sich die Frage stellen, was Petrus gerade gemacht hatte, als Jesus am Wirken war (Lukas 4,40-41)?

Während ich mich zwecks Textkorrektur bei der Volxbibel-Wiki angemeldet hatte und anhand der Einträge meine Lesegeschwindigkeit evaluieren konnte, entdeckte ich in der Elberfelder nur einen Schreibfehler in Habakuk 3 Vers 13, wo auf dem Innenknick der Seite 1438 ein scharfes "S" fehlte.

Insgesamt hatte das Durchlesen der Elberfelder siebeneinhalb Monate in Anspruch genommen. Erfahrungsgemäß kann man also die gesamte Bibel - egal in welcher Sprache oder Übersetzung - innerhalb von sechs bis zwölf Monaten durchlesen und das Neue Testament in ein bis drei Monaten.

Und welche Bibelausgabe lese ich jetzt?